Ausführungsgesetzgebung zur NFA

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Ende September löste der Bundesrat sein während den parlamentarischen Beratungen zur NFA abgegebenes Versprechen ein und gab noch vor der Volksabstimmung über die Verfassungsänderung die Ausführungsgesetzgebung zur NFA in die Vernehmlassung. Die Änderungen von insgesamt gut 30 Bundesgesetzen werden in Form eines referendumsfähigen Mantelerlasses zusammengefasst, dem „Bundesgesetz über die Schaffung und die Änderung von Erlassen zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA)“. Einerseits handelt es sich um punktuelle Modifikationen, in einzelnen Politikbereichen wie den heutigen kollektiven IV-Leistungen hingegen schlägt der Bundesrat ein neues Rahmengesetz zur sozialen Integration Invalider vor.

Im Herbst präsentierte der Bundesrat seine Botschaft betreffend die Ausführungsgesetzgebung zu der vom Volk im Vorjahr gutgeheissenen neuen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA). Die ebenfalls dazu gehörenden neuen gesetzlichen Bestimmungen über den Finanzausgleich wurden für später angekündigt. Sie sollen aber gemäss den Plänen der Landesregierung gleichzeitig mit der Aufgabenverteilung auf Anfang 2008 in Kraft treten.Das Paket ist als „Mantelerlass“ konzipiert, der als ganzes dem fakultativen Referendum untersteht, und umfasst Änderungen von insgesamt 30 Bundesgesetzen in den Bereichen amtliche Vermessung, Straf- und Massnahmenvollzug, Bildung, Natur- und Heimatschutz, Landesverteidigung, öffentliche Finanzen, öffentliche Werke und Verkehr, Umwelt, soziale Sicherheit, Landwirtschaft sowie Wald, Jagd und Fischerei; neu geregelt werden das Stipendienwesen, die Eingliederung von invaliden Personen und die Ergänzungsleistungen zur AHV. In der zu Jahresbeginn durchgeführten Vernehmlassung waren namentlich einige Vorschläge im Verkehrsbereich umstritten gewesen. Die Linke hatte zudem erneut verlangt, dass der Bund den Kantonen die im Sozialbereich (Eingliederungsmassnahmen für Invalide) zu erbringenden Leistungen detailliert vorschreibt. Der Bundesrat berücksichtigte im Fall der Auslagerung des Nationalstrassenbetriebs und -unterhalts die Einwände der Kantone und beauftragte das Bundesamt für Strassen und nicht eine neue Stelle ausserhalb der Bundesverwaltung mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe.

Im Berichtsjahr verabschiedete das Parlament die im Vorjahr von der Regierung vorgelegte Ausführungsgesetzgebung zur neuen Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA). Sie umfasst Änderungen von insgesamt 30 Bundesgesetzen und regelt das Stipendienwesen, die Eingliederung invalider Personen und die AHV-Ergänzungsleistungen neu. Hauptinstrumente der NFA bilden die Programmvereinbarungen und als finanzielles Gegenstück die Globalbeiträge: Im Bereich der Verbundaufgaben zwischen Bund und Kantonen regelt eine Programmvereinbarung die strategischen Ziele, die Finanzbeiträge des Bundes und die Finanzaufsicht. Sie liefert die Grundlage für die Gewährung von Bundesbeiträgen in Form von Globalbeiträgen; Einzelbeiträge werden nur noch ausnahmsweise, bspw. beim Natur- und Heimatschutz, bewilligt. Damit vergrössert sich einerseits der Entscheidungsspielraum der Kantone, andererseits bestehen kaum mehr Anreize, ein Projekt nur auszuführen, um Bundesbeiträge zu erhalten. (Zur Volksabstimmung über die NFA siehe hier)

Im Ständerat warnte Kommissionssprecher Schiesser (fdp, GL) davor, mit Anträgen, die mit der Ausführung der NFA nichts zu tun haben, in die Kompetenz der parlamentarischen Fachkommissionen einzugreifen und „die Büchse der Pandora zu öffnen“. In der Detailberatung hiess der Rat die meisten Bundesgesetze des Mantelerlasses ohne grosse Erörterungen gut, so auch das neue Gesetz über die Eingliederung der Behinderten, das klare Leistungsstandards für die Behindertenbetreuung festlegt; vor allem dieser Teil der Vorlage hatte im Vorfeld der Abstimmung zur NFA-Verfassungsgrundlage für Widerstand gegen das gesamte Projekt gesorgt. Beim Nationalstrassenbau entsprach der Ständerat jedoch gegen den Antrag des Bundesrates dem Anliegen der kantonalen Baudirektoren, dass der künftig allein zuständige Bund nicht nur beim kleineren projektfreien Unterhalt, sondern auch beim projektgestützten grösseren Unterhalt die Kantone einbinden und mit ihnen Leistungsvereinbarungen abschliessen kann. Beim Krankenversicherungsgesetz, in dem die Prämienverbilligung für Versicherte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen weiterhin eine Verbundaufgabe von Bund und Kantonen darstellt, beschloss die kleine Kammer, dass sich der Bund neu pauschal mit 25% der Gesundheitskosten an der Grundversicherung für 30% der Bevölkerung beteiligt. Mit dieser Systemänderung vermindert sich der direkte Bundesbeitrag gegenüber heute um 600 Mio Fr. Vor diesem Hintergrund versuchte eine linke Kommissionsminderheit vergeblich, die Kantone dazu zu verpflichten, die bisher von Bund und Kantonen entrichteten Beiträge ab Inkrafttreten der NFA während mindestens drei Jahren in bisheriger Höhe weiter zu leisten. Bundesrat Merz betonte, dass der Bund die Mittel zugunsten der Kantone für die Krankenversicherung zwar um 600 Mio Fr. zurückfahre, den Kantonen aber zur Kompensation neue, frei verfügbare Mittel zur Verfügung stünden. Beim Stipendiengesetz lehnte der Rat Anträge der Linken für eine materielle Harmonisierung der Stipendien und Darlehen ab. Die Mehrheit sah zwar Handlungsbedarf, doch sei die NFA der falsche Ort für eine Stipendiendiskussion. Chancenlos blieben deshalb linke Minderheitsanträge, welche die Erst-, Zweit- und Weiterbildung definieren resp. die Beiträge des Bundes an die Aufwendungen der Kantone für Ausgabenbeihilfen auf 16% festlegen wollten. Neu basieren die Bundeskredite zugunsten der Kantone für Stipendien nicht mehr auf dem Durchschnittswert der Aufwendungen der letzten Jahre, sondern auf der Bevölkerungszahl der Kantone. Der Ständerat hiess die Ausführungsgesetzgebung zur NFA mit 25:5 Stimmen bei 2 Enthaltungen gut.

Im Nationalrat blieb ein Rückweisungsantrag einer Kommissionsminderheit Goll (sp, ZH), welcher ein stärkeres Engagement des Bundes im Sozialbereich und gesamtschweizerische Minimalstandards für das Stipendienwesen verlangt hatte, chancenlos. In der Detailberatung lehnte es der Rat beim Nationalstrassenbau anders als die kleine Kammer ab, grosse Unterhaltsarbeiten auch den Kantonen zu übertragen. Verworfen wurde ferner ein Antrag der Linken, das fakultative Referendum für Parlamentsbeschlüsse zur allgemeinen Linienführung und zur Art von Nationalstrassen einzuführen und den Nationalstrassenbau so analog zu den grossen Eisenbahnprojekten zu behandeln. Durchzusetzen vermochten sich SP und Grüne jedoch beim IV-Gesetz, wonach der Bund logopädische und psychomotorische Therapien zugunsten der Eingliederung Invalider zu unterstützen habe; der Bundesrat wollte diese Massnahmen ausnehmen, da die IV sie schon bisher nicht als medizinische, sondern als sozial- und sonderpädagogische Behandlungen eingestuft hatte, welche die NFA neu den Kantonen überträgt. Beim KVG wehrte sich die Linke erfolglos gegen die Senkung der zukünftigen Bundesbeiträge und forderte eine dreijährige Übergangsfrist. Beim Stipendiengesetz schloss sich der Nationalrat der kleinen Kammer an, wonach die Bundesbeiträge für Stipendien und Studiendarlehen nach der Bevölkerungszahl auf die Kantone zu verteilen sind. Abgelehnt wurden jedoch Anträge zu einer Harmonisierung der Beiträge, zur stärkeren Verlagerung der Stipendien zugunsten von Darlehen resp. umgekehrt, zur Aufhebung der Alterslimite resp. deren Erhöhung bis zum 35. Altersjahr sowie zu Vorgaben betreffend die Höhe von Ausbildungsbeiträgen. Bei den AHV/IV-Ergänzungsleistungen beschloss die grosse Kammer mit Zustimmung des Bundesrats, dass die Kantone auch vom Arzt verordnete Bade- und Erholungskuren vergüten müssen. Ausserdem muss sich der Bund stärker an den Kosten für Personen beteiligen, die in Heimen und Spitälern wohnen. Die grosse Kammer hiess die NFA-Ausführungsgesetzgebung mit 104:63 Stimmen gut.

In der Differenzbereinigung setzte sich der Nationalrat beim Nationalstrassenbau durch und schloss die Kantone von den grossen Unterhaltsarbeiten aus. Im Bereich der Ergänzungsleistungen stimmte er hingegen einer stärkeren Belastung der Kantone zu: Demnach übernimmt der Bund sowohl bei Personen, die sich zu Hause aufhalten als auch bei jenen in einem Heim je fünf Achtel der Kosten, und die Kantone müssen Beträge, die im Heim oder im Spital über die Existenzsicherung hinausgehen, zu 100% übernehmen. Bei den logopädischen und psychomotorischen Therapien verzichtete der Rat ebenfalls auf seine Lösung und strich sie von der Liste jener Massnahmen, die der Bund zu bezahlen hat. Die Vorlage passierte die Schlussabstimmung im Ständerat mit 37:5 Stimmen bei 2 Enthaltungen, im Nationalrat mit 123:62 Stimmen bei 4 Enthaltungen; SP und Grüne hatten sie abgelehnt.

Im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen verabschiedete das Parlament ein total revidiertes Stipendiengesetz; Stipendien und Studiendarlehen wurden dabei als Verbundaufgabe von Bund und Kantonen ausgestaltet. Neu basieren die Bundeskredite zugunsten der Kantone nicht mehr auf dem Durchschnittswert der Aufwendungen der letzten Jahre, sondern auf der Bevölkerungszahl der Kantone. Eine materielle Harmonisierung der Stipendien und Darlehen lehnten die Räte im Rahmen der NFA ab.