Vorentwurf zum neuen Zollgesetz in die Vernehmlassung

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Im Februar gab der Bundesrat einen Vorentwurf zum neuen Zollgesetz in die Vernehmlassung, welcher das Zollgesetz von 1925 den geänderten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen anpasst. Der Entwurf lehnt sich an das Zollrecht der EU an. Die weitgehende 2Übereinstimmung vereinfache den grenzüberschreitenden Warenverkehr und diene somit vor allem der Wirtschaft.

Der Vorentwurf zum neuen Zollgesetz stiess in der Vernehmlassung weitgehend auf Zustimmung. Begrüsst wurden insbesondere die EU-kompatiblen Verfahren. Umstritten war jedoch, dass das Grenzwachkorps auch Kontrollen im Landesinnern durchführen soll und zwar in einem Raum von 30 km, was in vielen Grenzkantonen einen Grossteil des Gebiets ausmacht. Zahlreiche Kantone sahen deshalb ihre Polizeihoheit in Gefahr. Aus diesem Grund schlug der Bundesrat vor, das Einsatzgebiet und die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen im Grenzraum wie bisher mit Einzelabkommen zu regeln.

Im Dezember präsentierte der Bundesrat seine Botschaft über ein neues Zollgesetz. Die erstmalige Revision des schweizerischen Zollrechts von 1925 passt die schweizerischen Bestimmungen jenen der EU an: Die Veranlagungsverfahren werden europakompatibel ausgestaltet und die Rechte der Betroffenen ausgebaut. So können irrtümlich abgegebene oder falsch formulierte Zollanmeldungen leichter berichtigt oder zurückgezogen werden. Die sicherheitspolizeilichen Aufgaben im Grenzraum werden, wie im Vernehmlassungsverfahren gewünscht, zwischen dem Grenzwachtkorps des Bundes und den Polizeikorps der Kantone koordiniert.

In der Frühlingssession nahm die kleine Kammer die Beratungen zum neuen Zollgesetz in Angriff und folgte dabei bis auf wenige Punkte der Vorlage des Bundesrates: Stärker als dieser erleichterte sie den passiven Veredelungsverkehr (bei dem Waren aus der Schweiz im Ausland bearbeitet und wieder importiert werden). Als Grenzzone legte sie einen Gebietsstreifen von 10 km dies- und jenseits der Zollgrenze fest (Parallelzone) – der Bundesrat hatte hingegen an der geltenden Regelung der Radialzone, d.h. einem Gebiet im Umkreis von 10 km um die nächstgelegene Zollstelle, festgehalten, um die schweizerischen Grenzbauern, die wegen höherer Absatzpreise die deutschen Bauern überbieten können, nicht zusätzlich zu privilegieren. Ausserdem beschloss der Ständerat mit 15:13 Stimmen, dass die Zollfreilager nur über sensible eingelagerte Waren Bestandesaufzeichnungen zu führen haben und nicht über alle Waren. Statt wie bisher nach fünfzehn Jahren soll eine Zollschuld bereits nach acht Jahren verjährt sein. Das Gesetz passierte die Gesamtabstimmung einstimmig.

Bei der Behandlung des Zollgesetzes In der Herbstsession lehnte der Nationalrat einen Antrag der SVP-Kommissionsminderheit ab, die Beratungen bis zum Zeitpunkt zu verschieben, an dem klar ist, ob das Schengener Abkommen in Kraft tritt oder nicht. In der Detailberatung schloss sich der Rat in der Veredelungsfrage der kleinen Kammer an und sprach sich generell für das Äquivalenzprinzip aus, nach dem inländische Waren, die wieder ausgeführt werden, von gleicher Menge, Beschaffenheit und Qualität, nicht aber identisch sein müssen. Bei den Ausfuhren zur Veredelung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Produkten hielt er jedoch am Identitätsprinzip fest und baute gegen den Widerstand der Linken einen Schutzmechanismus ein: Danach soll die Zollverwaltung auf eine Zollbefreiung verzichten können, wenn wesentliche Interessen der Wirtschaft im Inland auf dem Spiel stehen. Bei der Definition der Grenzräume folgte der Nationalrat dem Erstrat (Parallelzone), hielt jedoch für Landwirtschaftsprodukte am Prinzip der Radialzone fest. Abgelehnt wurden Anträge der Linken und Grünen, Verdächtige nur durch Personen des gleichen Geschlechts abtasten zu lassen, den Waffeneinsatz des Grenzwachtkorps einzuschränken und den Gebrauch von Waffen in Notwehr und im Notstand, nicht mehr aber als letztes Mittel zur Erfüllung eines Auftrages zu erlauben. Schliesslich verzichtete die grosse Kammer im Gegensatz zum Ständerat darauf, die Verjährungsfrist für Zollschulden von fünfzehn auf acht Jahre zu reduzieren. In der Gesamtabstimmung wurde das Zollgesetz mit 73:30 Stimmen bei 44 Enthaltungen hauptsächlich gegen den Widerstand der SP-Fraktion angenommen.

In der zweiten Lesung zum Zollgesetz hielt der Ständerat weitgehend an seinen Positionen fest: Beim aktiven Veredelungsverkehr (bei dem Waren zollbegünstigt importiert, in der Schweiz bearbeitet und wieder exportiert werden) sprach er sich für einen konsequenten Übergang zum Äquivalenzprinzip aus und lockerte die Voraussetzungen für Zollbegünstigungen oder Zollbefreiung auch bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, da nach dem vom Nationalrat beschlossenen Identitätsprinzip separate Verarbeitungsstrassen hätten eingerichtet werden müssen, was zur Marktabschottung beitrage. Auch bei der passiven Veredelung beharrte der Rat auf konsequenten Zollermässigungen und lehnte den Schutzmechanismus bei der Landwirtschaft ab. Um Schweizer Firmen nicht gleich ins kalte Wasser zu werfen, beschloss er eine Übergangsfrist bis Ende 2011. Bei der Definition der Grenzzone sprach sich der Ständerat erneut für Parallelzonen aus; die vom Nationalrat befürwortete Spezialregelung für die Landwirtschaft (Prinzip der Radialzone) fand keine Mehrheit. Auf die Linie der grossen Kammer schwenkte der Ständerat hingegen bei der Frage der Verjährung von Zollschulden ein (fünfzehn statt acht Jahre).

In der Frühlingssession räumte der Nationalrat die letzten Differenzen beim Zollgesetz aus, indem er sich in allen Punkten der kleinen Kammer anschloss: Beim aktiven Veredelungsverkehr (der Einfuhr von Waren zur Verarbeitung und Wiederausfuhr) gilt künftig das liberalere Äquivalenzprinzip. Damit profitieren nicht nur identische, sondern auch gleichwertige Waren von Zollvergünstigungen; nach dem vom Nationalrat ursprünglich bevorzugten Identitätsprinzip hätten separate Verarbeitungsstrassen eingerichtet werden müssen. Ausnahmen zugunsten inländischer Landwirtschaftsprodukte wurden mit 79:73 Stimmen verworfen. Für den passiven Veredelungsverkehr (dem Export von Waren zur Weiterverarbeitung im Ausland und anschliessendem Reimport) gestand der Rat der verarbeitenden Industrie eine Übergangsfrist bis 2011 zu, um den Strukturwandel abzufedern. Bei der Definition der Grenzzone gilt das Prinzip der Parallelzone, ohne Spezialregelung für die Landwirtschaft; hier hatte der Rat ursprünglich für die Radialzone optiert. Die Vorlage passierte die Schlussabstimmung einstimmig.