Wahl der Mitglieder des Bundesrates für die Amtsdauer 1991-1995

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Die neukonstituierte Bundesversammlung trat am 4. Dezember zur Wahl der Mitglieder des Bundesrates für die Amtsdauer 1991-1995 zusammen. Die grüne Fraktion hielt als einzige an der Forderung nach einem gemeinsamen Regierungsprogramm fest und verlangte die Verschiebung der Wahl bis zum Vorliegen eines solchen Programmes, was jedoch mit 203:29 Stimmen abgelehnt wurde. Kaum grossen Einfluss auf das Wahlergebnis hatte die Empfehlung der Auto-Partei, die SP aus der Regierung zu werfen und Koller und Cotti durch andere CVP-Vertreter zu ersetzen. Der Sozialdemokrat Stich, welcher als Amtsältester zuerst antreten musste, schnitt mit 145 Stimmen zwar um 40 Stimmen schlechter ab als vor vier Jahren, schaffte aber das absolute Mehr von 114 Stimmen problemlos. Auch der zweite Sozialdemokrat, Felber, erzielte mit 144 Stimmen ein achtbares Resultat und blieb nur knapp hinter Ogi (151 Stimmen) zurück. Mehr Mühe bekundeten die Vertreter der CVP: Cotti erhielt 135, Koller sogar nur 132 Stimmen. Der am Schluss an die Reihe kommende Freisinnige Villiger musste für diese offensichtlich mangelnde Solidarität im Lager der bürgerlichen Regierungsparteien büssen: lediglich 127 der anwesenden 238 Abgeordneten gaben ihm ihre Stimme. Sein Parteikollege Delamuraz, der noch vor der Wahl der beiden CVP-Vertreter antreten durfte, hatte mit 172 Stimmen das beste Resulat aller Kandidaten erzielt. Mitverantwortlich für dieses Spitzenergebnis war sicher auch die Solidaritätswelle, welcher sich Delamuraz erfreuen durfte, nachdem die Zeitung "Blick" das Gerücht kolportiert hatte, dass seine — und Felbers — Trinkgewohnheiten anlässlich der Gespräche der Regierungsparteien kritisiert worden seien. Unter anderem musste sich auch Nationalrat Blocher (svp, ZH) dafür entschuldigen, dieses Thema aufs Tapet gebracht zu haben.

Damit hatten zwar alle bisherigen Bundesräte die Wiederwahl geschafft, ihre Stimmenzahlen waren aber deutlich unter denjenigen früherer Bestätigungswahlen zurückgeblieben. Diese Einbussen von 20 (Delamuraz) bis 70 (Cotti) Stimmen gegenüber 1987 sind zu gross, als dass sie sich allein mit dem Erstarken der Nichtregierungsparteien erklären liessen. Mitgespielt haben mag auch eine gewisse Verärgerung innerhalb der Regierungsparteien über das Auftreten des Bundesrates im Wahljahr. So wurde ihm vorgeworfen, durch sein unentschlossenes und führungsschwaches Handeln den Wahlerfolg der populistischen Rechtsparteien begünstigt zu haben. Immerhin waren die Verluste relativ gleichmässig verteilt: die Differenz von 45 Stimmen zwischen dem besten und dem schlechtesten Ergebnis war zwar etwas grösser als 1987 (39), blieb aber deutlich unter den Spitzenwerten von 1971 (106) und 1979 (90).