Vereinfachung des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer (BRG 08.053)

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Der Bundesrat hatte dem Parament im Jahr 2008 eine Botschaft zur Reform des Mehrwertsteuergesetzes vorgelegt. Die Botschaft enthält zwei Teile, wobei Teil A der Vorlage 2009 vom Parlament verabschiedet worden war. Darin ging es um rund 50 materielle Änderungen, die zu einer wesentlichen Vereinfachung des Besteuerungssystems führen sollen. Teil B geht über diesen Massnahmenplan hinaus, indem er die Vereinfachung der Mehrwertsteuer weiterführt und einen einheitlichen Steuersatz von 6,5% vorschlägt. Weiter sollen die meisten Ausnahmen aufgehoben werden und Ausnahmen nur dort bestehen bleiben, wo der administrative Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag steht oder wo eine korrekte Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage technisch nicht machbar ist. Konkret schlug der Bundesrat Ausnahmen in folgenden Bereichen vor: Finanz- und Versicherungsbranche, Verkauf und Vermietung von Immobilien, Urprodukte (u.a. Landwirtschaft- und Forstwirtschaft), Glücksspiele sowie Leistungen innerhalb des gleichen Gemeinwesens. Die vorberatende Kommission des Nationalrates anerkannte, dass das vorliegende Geschäft mit seinen zahlreichen Vereinfachungen die Rechtsicherheit verbessere Die Kommissionsmitglieder waren sich aber uneins, ob die Einführung eines Einheitssatzes die beste Lösung sei. Insbesondere wurde das Vorhaben als unrealistisch und politisch nicht durchführbar beurteilt. Auch äusserte eine Minderheit der Kommission Sorge darüber, dass eine Änderung der heutigen Situation unvermeidlich zu einer Benachteiligung der Bevölkerungsschichten mit niedrigem Einkommen führen würde. Die Kommission beantragte deshalb bei ihrem Rat die Rückweisung der Vorlage mit dem Auftrag, dem Parlament eine Vorlage für eine MWST-Revision nach einem 2-Satz-Modell mit Ausnahmen zu unterbreiten. Insbesondere sollen die folgenden Bereiche als Ausnahmen vorgesehen werden: das Gesundheitswesen, das Bildungswesen, die Kultur, Leistungen/Veranstaltungen im Sportbereich sowie wohltätigen Institutionen. Weiterhin soll für Nahrungsmittel, das Gastgewerbe sowie die Beherbergung ein reduzierter Satz gelten. Im Nationalrat war das Eintreten auf die Vorlage umstritten, die Sozialdemokraten und die Grünen verlangten Nicht-Eintreten. Der Rat folgte jedoch seiner Kommission und beschloss das Eintreten auf die Vorlage mit 113 zu 58 Stimmen. In der nachfolgenden Debatte über den Rückweisungsantrag wurde die Vorlage wiederholt als „Totgeburt“ und illusorisch gebrandmarkt und ausser der FDP sprach sich niemand für die Vorlage aus. Während die CVP, SVP und die BDP für den Rückweisungsantrag votierten, stimmten die SP und die Grünen gegen den Rückweisungsantrag, da sie auch das vorgeschlagene 2-Satz System ablehnten. Dem Rückweisungsantrag der Kommission wurde schliesslich mit 106:62 Stimmen stattgegeben. Damit geht die Vorlage zurück an den Bundesrat.

Dossier: Simplification du système fiscal

Die Reform des Mehrwertsteuergesetzes erlitt einen weiteren Rückschlag. Im Dezember 2010 hatte der Nationalrat die Einführung eines Einheitssatzes (Teil B) an den Bundesrat zurückgewiesen. Auch im Ständerat hatte das Anliegen einen schweren Stand. In der Frühjahrssession sprach sich indessen eine Mehrheit von 19 zu 18 Stimmen knapp gegen den Rückweisungsantrag aus. In der Wintersession hielt der Nationalrat mit 128 zu 58 Stimmen jedoch an seinem Entscheid vom Vorjahr fest, wodurch die Vorlage definitiv an den Bundesrat zurückgewiesen wurde. Eine Mehrheit aus SP, Grünen, CVP und SVP störte sich daran, dass die Reform die Güter des Grundbedarfs verteuert hätte. Mit dem Systemwechsel wären auch der Gesundheits- und der Bildungsbereich der Mehrwertsteuer unterstellt worden. Die Befürworter wiesen vergeblich auf den beträchtlichen Abbau von administrativen und Regulierungskosten hin.

Dossier: Simplification du système fiscal

Im Januar verabschiedete der Bundesrat eine Zusatzbotschaft zur Reform des Mehrwertsteuergesetzes, die sich mit dem Zwei-Satz-Modell auseinander setzte. Dadurch kam die Landesregierung widerwillig einem Auftrag nach, der vom Parlament im Zusammenhang mit der Rückweisung der Einführung eines Einheitssatzes im Jahre 2011 formuliert worden war. Gemäss dem Zwei-Satz-Modell sollten Gastronomie und Hotellerie in Genuss einer gegenüber dem Mehrwertsteuer-Normalsatz reduzierten Steuer kommen und die meisten der 29 Steuerausnahmen beibehalten werden. Allerdings gab der Bundesrat zu bedenken, dass damit weder die administrativen Kosten der Wirtschaft gesenkt noch ein gesamtwirtschaftlicher Wachstumsimpuls erwartet werden konnte. Der Bundesrat legte bezüglich der Höhe des reduzierten Satzes zwei Varianten vor, die beide ertragsneutral ausgestaltet waren, indem sie die Kompensation von Mindereinnahmen vorsahen. Wie aus den mehrheitlich negativen parteipolitischen Reaktionen auf die Zusatzbotschaft erwartet werden konnte, beschloss der Nationalrat in der Sommersession, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Mehrheit der grossen Kammer gelangte zur Einsicht, dass das Zwei-Satz-Modell keinen wesentlichen Zusatznutzen brachte. Im Rahmen der Herbstsession sprach sich auch der Ständerat für ein Nichteintreten aus, womit nach dem Einheitssteuersatz ein zweites Reformvorhaben im Bereich der Mehrwertsteuer scheiterte.

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