Olympische Winterspiele 2006 (BRG 97.069)

Sauvegarder en format PDF

Für die Verfechter einer Walliser Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2002 war rasch klar, dass sie trotz diesem Misserfolg die Bewerbung Sittens – allerdings neu für das Jahr 2006 – aufrechterhalten würden. Dabei wollen sie auch das Konzept überarbeiten. Die Austragungsorte für die Wettkämpfe sollen nicht mehr auf den ganzen Kanton verteilt, sondern auf einige wenige Orte konzentriert werden, weshalb die Organisatoren schon bald mit den Bauarbeiten für neue Infrastrukturanlagen beginnen möchten. Die Kosten für das neue Projekt wurden auf rund CHF 1 Mrd. veranschlagt, 50 Prozent mehr als für die Kandidatur von 2002. Bei ihrem zweiten Anlauf wollen sich die Verantwortlichen nicht mehr mit einer einmaligen Leistung und Defizitgarantien der öffentlichen Hand begnügen, sondern auf längerfristige Subventionen setzen. Nachdem der Walliser Staatsrat seine moralische und finanzielle Unterstützung zugesagt hatte, beschloss der Gemeinderat von Sitten einstimmig, für die Winterspiele 2006 zu kandidieren. Das Exekutivkomitee des Schweizerischen Olympischen Komitees stellte sich hinter die Kandidatur Sittens und sprach sich damit gegen Interlaken (BE) und Raron (VS) aus, welche von privaten Trägerschaften ins Gespräch gebracht worden waren.

Dossier: Candidatures olympiques

Die Walliser Bevölkerung befürwortet mehrheitlich die Kandidatur der Stadt Sitten für die Olympischen Winterspiele 2006. Anfangs Juni votierten 67% der Stimmenden für die dazu notwendige Kostenbeteiligung des Kantons und eine allfällige Defizitgarantie von insgesamt 60 Mio. Fr. Sämtliche Kantonsteile stimmten zu.

Dossier: Candidatures olympiques

Der Bundesrat hatte schon im März signalisiert, dass er bereit sei, die erneute Kandidatur Sittens zu unterstützen, allerdings unter der Bedingung, dass die Walliser Bevölkerung der nötigen Finanzhilfe und Defizitgarantie zustimme. Nach dem Ja des Walliser Souveräns setzte die Landesregierung ihr Versprechen um und erlaubte Bundesrat Ogi, den Vorsitz des Nationalen Komitees für die Winterspiele "Sion-Valais-Wallis-Switzerland-2006" zu genehmigen. Um keine Unvereinbarkeiten mit Ogis Amt als Bundesrat und Vorsteher des VBS zu schaffen, wird Ogi jedoch keine operativen Funktionen bei der Vorbereitung und der Präsentation des Sittener Olympia-Dossiers übernehmen. Dies wird dem Verein Olympische Winterspiele und dessen Co-Präsidenten FIFA-Generalsekretär Sepp Blatter und PTT-Generaldirektor Jean-Noël Rey vorbehalten sein. Neben Ogi, Blatter und Rey sind im Nationalen Komitee mit Botschafter Edouard Brunner und Divisionär Jean-Daniel Mudry auch die Diplomatie und die Armee vertreten. Brunner wird die Kommission für internationale Beziehungen präsidieren und Bundesrat Ogi direkt unterstellt sein.

Dossier: Candidatures olympiques

Im September leitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft über die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Winterspielen 2006 zu. Unter dem Vorbehalt der Akzeptanz in der Bevölkerung und der umweltschonenden Durchführung ist die Landesregierung bereit, sich mit Geld- und Sachleistungen in der gleichen Höhe wie der Kanton Wallis und die beteiligten Gemeinden an der Finanzierung zu beteiligen. Er beantragte deshalb dem Parlament, einen Beitrag von 1,2 Mio Fr. an die Kosten der Kandidatur sowie eine Defizitgarantie in der Höhe eines Drittels des ausgewiesenen Defizits, jedoch höchstens von 30 Mio Fr. zu übernehmen. Hinzu kommen ein Beitrag von höchstens 20 Mio. Fr. zur Finanzierung der Sportanlagen von nationaler Bedeutung (Nasak) sowie nicht in Rechnung gestellte Leistungen von maximal 10 Mio. Fr. (beispielsweise für den Einsatz von Militär zu Ordnungszwecken). In der Wintersession stimmte der Ständerat nach kurzer Diskussion und einstimmig dem Antrag des Bundesrates zu.

Dossier: Candidatures olympiques

Nach mehreren Voten, die alle die Bedeutung der Kandidatur für die Durchführung der Olympischen Winterspiele “Sion-Valais-Wallis-Switzerland-2006” unterstrichen, stimmte auch der Nationalrat gegen einzelne kritische Stimmen aus der GP und der SP mit 145 zu 11 Stimmen der finanziellen Unterstützung dieses Grossanlasses durch den Bund zu. Ergänzend zum Vorschlag des Bundesrates wurde die Bestimmung aufgenommen, dass in dieser Angelegenheit das VBS federführend sein soll, um Doppelspurigkeiten zwischen den allenfalls sonst noch involvierten Departementen auszuschliessen. Dieser Präzisierung stimmte der Ständerat diskussionslos zu.

Dossier: Candidatures olympiques

Der Vorsitz des Vereins Olympische Winterspiele 2006 erfuhr im Berichtsjahr einen einschneidenden Aderlass. Zuerst trat der über verschiedene Affären gestolperte PTT-Direktor Jean-Noël Rey aus dem Co-Präsidium zurück, dann Sepp Blatter, der zum neuen Präsidenten des Weltfussballverbandes Fifa gewählt worden war. Rasch ertönte der Ruf, Bundesrat Ogi solle den Vorsitz des Kandidaturkomitees für die Spiele im Wallis übernehmen. Dieser erklärte sich auch umgehend dazu bereit, wollte aber zuerst das Einverständnis seiner Kollegen in der Landesregierung einholen. Nach einem positiv ausgefallenen Gutachten des Bundesamtes für Justiz, das allerdings auf die Problematik der Doppelbelastung hinwies, stimmte der Gesamtbundesrat dem Engagements Ogis bis nach der Vergabe der Winterspiele zu, die 1999 in Seoul erfolgen soll. Gemäss den Worten der Bundeskanzlei unterstrich der Bundesrat mit seinem Entscheid die Bedeutung, die er dieser Kandidatur für das Land beimisst; Ogi verfüge über die nötigen persönlichen Kontakte, um der Kandidatur der Schweiz das entsprechende politische Gewicht zu verleihen.

Dossier: Candidatures olympiques

Nachdem Sion (VS) von der Evaluationskommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOK) für seine Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2006 nur die allerbesten Noten erhalten hatte, durfte sich die Schweiz reelle Chancen für die Durchführung dieses sportlichen Grossanlasses ausrechnen, um so mehr als das IOK die Korruptionsvorwürfe seines Schweizer Mitglieds Hodler ernst zu nehmen schien und für die weitere Vergabe von Austragungsorten „saubere“ Verhältnisse in Aussicht stellte.

Um so grösser war die Enttäuschung, als das IOK mit 53 zu 36 Stimmen den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2006 der norditalienischen Stadt Turin erteilte, obgleich die Evaluationskommision diese Kandidatur wegen der langen Transportwege eher negativ beurteilt hatte. Als Hauptgrund für die Vergabe an Italien wurde in den Schweizer Medien die Finanzkraft des Turiner Fiat-Moguls Agnelli sowie dessen persönliche enge Beziehungen zu IOC-Präsident Samaranch genannt, aber auch der Umstand, dass die Bewerbung Roms für den Olympischen Sommerspielen 2004 trotz eines exzellenten Dossiers das Nachsehen gegenüber Athen hatte. Hinter vorgehaltener Hand wurden aber auch Schweizer Sündenböcke ausgemacht: Marc Hodler, der den IOC-Skandal aufgedeckt hatte, die Debatte über die von Ogi stark favorisierten Mehrwertsteuergeschenke an das IOC sowie die internationale Isolation der Schweiz.

Dossier: Candidatures olympiques