Nach mehrfacher Verlängerung der Behandlungsfrist befasste sich der Nationalrat in der Wintersession 2023 als Zweitrat mit der Landschaftsinitiative, welche zum Ziel hat, die Trennung zwischen Bau- und Nichtbaugebiet zu verstärken und die Anzahl Bauten ausserhalb der Bauzone zu plafonieren. Die Initiative war im November 2023 im Rahmen der zweiten Etappe der Teilrevision des RPG bedingt zurückgezogen worden. Die Mehrheit der nationalrätlichen UREK beantragte ihrem Rat, die Volksinitiative zur Ablehnung zu empfehlen. Kommissionssprecher Mike Egger (svp, SG) hob insbesondere die Verabschiedung der zweiten Etappe der Teilrevision des RPG als ausschlaggebenden Grund für den Entschluss der UREK-NR vor. Insbesondere das darin verankerte Stabilisierungsziel und die klare Trennung zwischen Bau- und Nichtbauzone würden die Forderungen der Landschaftsinitiative umsetzen, weshalb die Vorlage auch zum indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative erklärt worden sei. Eine Minderheit Clivaz (gp, VS) weibelte in der grossen Kammer für eine Ja-Empfehlung, da der indirekte Gegenvorschlag zu wenig ehrgeizig sei.
Die SP und Grünen sicherten der Initiative in der Ratsdebatte ihre Unterstützung zu, zogen aber deren bedingten Rückzug zugunsten des indirekten Gegenvorschlags vor. Grünen-Fraktionssprecher Bastien Girod (gp, ZH) lobte die Arbeit der Räte in der Teilrevision des RPG, mit der die Grundziele der Initiative aufgegriffen worden seien. Man habe genügend Vertrauen in den Bundesrat, dass das Gesetz rasch und akkurat umgesetzt werde. Im unwahrscheinlichen Falle einer «Wiederbelebung» der Volksinitiative rate die Mitte-Fraktion zu deren Ablehnung, erklärte Mitte-Fraktionssprecher Nicolo Paganini (mitte, SG). Auch die Grünliberale Fraktion beantragte, die Initiative abzulehnen, da die Umsetzung des Begehrens aufwändiger wäre als die bereits angenommene RPG-Revision. Auch die Fraktionen der FDP und SVP erachteten die in der RPG-Revision vorgesehenen Gesetzesanpassungen als ausreichend. Dabei betonte unter anderem Martin Hübscher (svp, ZH), dass die Initiative die Entwicklung in ländlichen Gebieten stark behindern würde.
Da das Eintreten auf die Vorlage obligatorisch war, entschied der Nationalrat direkt über die Abstimmungsempfehlung. Mit 123 zu 59 Stimmen (bei 1 Enthaltung) bestätigte die grosse Kammer den Entscheid des Ständerats und empfahl die Initiative – entgegen den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und Grünen – zur Ablehnung. In der Schlussabstimmung sprachen sich der Nationalrat mit 132 zu 65 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und der Ständerat mit 37 zu 6 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) für eine Ablehnungsempfehlung aus.
Dossier: Construction hors zone à bâtir