Forderungen zur Einführung einer Kapitalgewinnsteuer

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Dagegen forderten die Sozialdemokraten einmal mehr die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer für Privatpersonen. Die Forderung erhielt durch explodierende Aktienkurse fusionierender Grosskonzerne und die Tatsache, dass in der Schweiz die Buchgewinne an den Börsen erstmals die Arbeitseinkommen überstiegen, zusätzlichen Auftrieb. Sogar FDP-Exponenten wie Parteipräsident Franz Steinegger sprachen sich für eine Besteuerung von Kapitalgewinnen aus. Nachdem der Bundesrat von einer Kapitalgewinnsteuer noch im letzten Jahr nichts wissen wollte, beauftragte er die im Vorjahr eingesetzte Kommission Behnisch, auch Wege gegen die Abwanderung von Börsengeschäften aufzuzeigen und Kompensationsmöglichkeiten für Steuerausfälle, darunter auch eine Kapitalgewinnsteuer, zu prüfen. Die Frage der Ergiebigkeit ist jedoch umstritten. Auf eine einfache Anfrage Jans (sp, ZG) hin schätzte der Bundesrat die Erträge einer Kapitalgewinnsteuer von durchschnittlich 15% auch in guten Börsenzeiten auf «höchstens 100 bis 400 Mio». Andere Besteuerungsmodelle zur Kompensation einer allfälligen Abschaffung des Börsenstempels werden geprüft. So reichte Ständerat Schüle (fdp, SH) ein Postulat ein, das vom Bundesrat die Prüfung einer Vermögenszuwachssteuer verlangt, die auch den Wertzuwachs noch nicht verkaufter Aktien und anderer Wertschriften erfassen würde. Andere Parlamentarier möchten das Wertschriftendepot (Depotabgabe) mit einer Abgabe belasten.
Zu den steuerpolitischen Forderungen und dem Ruf nach einer Sondersession der SP siehe unten, Teil IIIa (SP).

Eine vom EFD eingesetzte Expertenkommission unter der Leitung des Berner Steuer- und Wirtschaftsjuristen Urs Behnisch kam in ihrem Bericht zum Schluss, dass die Steuerfreiheit für realisierte private Kapitalgewinne ein erheblicher Mangel im System darstelle. Es verstosse gegen die Rechtsgleichheit, dass Dividenden und Zinsen der Einkommenssteuer unterliegen, nicht aber Kursgewinne. Sie empfahl daher mehrheitlich, Kapitalgewinne von Privaten ebenfalls als Einkommen zu besteuern. Eine Minderheit sprach sich hauptsächlich wegen der administrativen und finanzpolitischen Schwierigkeiten gegen die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer aus. Zum umgekehrten Schluss kam ein zweites in Auftrag gegebenes Gutachten des Basler Ökonomen Peter Kugler, der von einer Kapitalgewinnsteuer abrät, weil es Bund und Kantone jährlich zwar CHF 700 Mio. einbringe, aber zu einem dreiprozentigen Rückgang des realen Volkseinkommens führen könne.
Zur Umsetzung der Empfehlungen des Behnisch-Berichts durch das EFD siehe den Artikel zum Stabilisierungsprogramm 98.