Zu den härtesten Arbeitsvertragsverhandlungen des Berichtsjahres kam es im graphischen Gewerbe, wo der 1988 zwischen dem Schweizerischen Verband Graphischer Unternehmer (SVGU) einerseits und der Gewerkschaft Druck und Papier (GDP), der Schweizerischen Graphischen Gewerkschaft (SGG) und dem Schweizerischen Lithographenbund (SLB) abgeschlossene GAV Ende August auslief. Nachdem eine erste Verhandlungsrunde gescheitert war, sprachen sich die Gewerkschafter in einer Urabstimmung zu 95% (bei einer Stimmbeteiligung von rund 46%) für Kampfmassnahmen aus. Nach ersten Protestaktionen gegen die vom SVGU geplante Senkung der Schichtzulagen und der Mindestlöhne, welche durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten noch verschärft werden sollten, kam es am 3. November zu einem landesweiten 24-stündigen Warnstreik, der die graphischen Betriebe und insbesondere die Zeitungsverlage stark beeinträchtigte. Über 10 000 Druckerinnen und Drucker legten die Arbeit in dieser grössten Streikbewegung seit 1980 nieder.
Die Arbeitgeber, welche den Gewerkschaften diese Mobilisierungskraft offenbar nicht zugetraut hatten, boten diesen umgehend ein erweitertes Verhandlungsangebot an, welches Nachgeben bei den Schichtzulagen und den Mindestlöhnen, nicht aber bei den Arbeitszeiten signalisierte. Ende November erarbeitete eine Arbeitsgruppe der Sozialpartner einen Vertragstext, welcher in den Hauptpunkten den "nachgebesserten" Vorschlägen der Arbeitgeber entsprach. Bis zum Ende des Berichtsjahres konnte jedoch keine definitive Einigung erzielt werden.