Verfassungsartikel über Klima- und Stromabgaben

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Am 28. Oktober 2015 richtete der Bundesrat die Botschaft zum Bundesbeschluss über einen Verfassungsartikel über Klima- und Stromabgaben an das Parlament. Der Bundesrat sieht vor, zur Verminderung von Treibhausgasemissionen und zur Förderung eines sparsamen und rationellen Energieverbrauchs Abgaben auf Treibstoffe und Strom zu erheben und möchte entsprechende Artikel in die Verfassung aufnehmen. Die Klimaabgabe soll die bisherige CO2-Abgabe ablösen und die Stromabgabe den Netzzuschlag ersetzen. Die Abgaben sollen so bemessen sein, dass sie einen Lenkungseffekt haben und einen Beitrag zur Erreichung der Klima- und Energieziele des Bundes leisten. Die Mittel aus den Abgaben sollen an Bevölkerung und Wirtschaft zurückfliessen. Erstbehandelnder Rat ist die grosse Kammer.

Ende Januar 2017 beriet die UREK-NR über den Verfassungsartikel über ein Klima- und Energielenkungssystem (KELS). Die Kommission lehnte das als zweites Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 angelegte Lenkungssystem mit 24 zu 0 Stimmen ab (1 Enthaltung). Zwar war das vom Bundesrat in Aussicht gestellte Energielenkungssystem in den Verhandlungen zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 gerade von bürgerlichen Parlamentariern mit Blick auf die Fördermassnahmen als das bessere, weil ökonomisch effizientere Mittel bezeichnet und als Argument zur Befristung der Fördermassnahmen verwendet worden. In der Kommissionsdebatte zum KELS wurde von bürgerlicher Seite nun aber bemängelt, das Lenkungssystem verteure die Energie, insbesondere die Treibstoffe, vor allem für die ländliche Bevölkerung zu sehr und hätte vor dem Volk keine Chance. Das KELS fand auch auf rot-grüner Seite keine Unterstützung, da bezweifelt wurde, dass das Lenkungssystem griffig ausgestaltet werden würde: Die Fördermassnahmen des ersten Massnahmenpakets seien einem halbherzigen oder zahnlosen Lenkungssystem vorzuziehen.

Im März 2017 debattierte der Nationalrat über den Verfassungsartikel über ein Klima- und Energielenkungssystem (KELS). Nachdem die UREK-NR im Januar einstimmig Nichteintreten empfohlen hatte, deklarierten alle Fraktionen der grossen Kammer, dass sie nicht auf die Vorlage eintreten wollen. Die Parteien argumentierten dabei sehr unterschiedlich. Während die SVP ein Energielenkungssystem und die Energie- und Klimaziele insgesamt in Frage stellte, betonten FDP und CVP die Schwierigkeiten für die Wirtschaft, welche das KELS nach sich ziehen würde. Stefan Müller-Altermatt (cvp, SO) sagte für die CVP-Fraktion, das KELS sei „in der besten aller Welten das beste aller Systeme". Da wir aber nicht in der besten aller Welten leben würden, lehne die CVP die Vorlage ab. Eric Nussbaumer (sp, BL) hielt fest, dass es bereits eine Verfassungsgrundlage für Lenkungsabgaben gebe und das KELS deshalb nicht notwendig sei. Grüne und Grünliberale lehnten das KELS ebenfalls ab, betonten aber die Wichtigkeit eines Massnahmenmixes zur Erreichung der Energie- und Klimaziele. Obschon ein Nichteintreten quasi von Beginn der Debatte an feststand, dauerte die Diskussion über zwei Stunden. Dies war vor allem auf die zahlreichen Fragestellungen aus der SVP-Fraktion zurückzuführen: Insgesamt 39 Fragen stellten Mitglieder der SVP-Fraktion den Rednerinnen und Rednern der anderen Fraktionen, zumeist mit dem Ziel, deren Haltung zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 in Frage zu stellen. Die meisten Wortmeldungen kamen dabei von Magdalena Martullo-Blocher, Adrian Amstutz, Albert Rösti, Walter Wobmann, Christian Imark und Toni Brunner. Das abschliessende Votum von Bundesrat Maurer für das KELS änderte nichts: Die grosse Kammer beschloss ohne Gegenantrag Nichteintreten.

Nach dem Nationalrat trat auch der Ständerat nicht auf einen Verfassungsartikel über ein Klima- und Energielenkungssystem ein. Er folgte damit der einstimmigen Empfehlung seiner UREK-SR. Bundesrat Maurer hielt im Rat fest, die Vorlage sei aus ganz unterschiedlichen Gründen zurückgewiesen worden: Einige lehnten ein Lenkungssystem grundsätzlich ab, andere fanden eine Verfassungsgrundlage für ein Lenkungssystem unnötig. Es werde mit der Ablehnung der Vorlage aber „kein einziges Problem gelöst“. Der Bundesrat halte ein Lenkungssystem weiterhin für das effizienteste Mittel zur Senkung des Energieverbrauchs. Mit der oppositionslosen Annahme des Kommissionsantrags auf Zurückweisung wurde die Vorlage vom Ständerat erledigt.