Während die Volksinitiative des Gewerbeverbandes vom Parlament klar abgelehnt wurde, stiess der indirekte Gegenentwurf der ständerätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) auf Interesse. Die Kommissionsinitiative (Pa.Iv. 95.423) sieht eine Verlagerung von der direkten Bundessteuer hin zur Mehrwertsteuer vor und möchte die steile Progression im mittleren Einkommensbereich mildern sowie die fiskalische Benachteiligung der Ehepaare gegenüber den Konkubinatspaaren eliminieren. Zur Kompensation der Einnahmenausfälle bei der direkten Bundessteuer von CHF 1.65 Mrd. sieht die WAK eine Erhöhung der MWSt von 1% beim Normalsatz und 0,3% beim reduzierten Satz vor. Der Bundesrat bestritt in seiner Stellungnahme nicht, dass die Progressionskurve und die Nachteile von verheirateten Doppelverdienern gegenüber Konkubinatspaaren mit zwei Einkommen diskussionswürdig seien. Er warnte aber davor, dass die Empfänger niedriger und mittlerer Einkommen auf Grund des Vorschlags per saldo mehr Steuern bezahlen müssten als heute. Entlastet, teilweise sogar massiv, würden verheiratete Steuerpflichtige ab einem Jahresbruttoeinkommen von CHF 150'000. Der Versuch, den Konkubinatseffekt zu entschärfen, führe zudem zu einer überproportionalen Mehrbelastung der Alleinstehenden. Der Bundesrat empfahl, das Revisionsvorhaben so lange hinauszuschieben, bis der Bundeshaushalt wieder einigermassen im Gleichgewicht sei, was frühestens in der nächsten Legislaturperiode der Fall sein dürfte. In der Frühlingssession beurteilte auch der Ständerat den Zeitpunkt als ungünstig. Er trat mit 19:15 Stimmen zwar auf die Kommissionsinitiative ein, folgte mit 22:4 Stimmen aber einem «Vermittlungsantrag» Spoerry (fdp, ZH), das Geschäft erst dann wieder aufzugreifen, wenn es im Rahmen des finanzpolitischen Gesamtkonzepts des Bundesrates beurteilt werden kann.
- Schlagworte
- Datum
- 28. Mai 1996
- Prozesstyp
- Bundesratsgeschäft
- Geschäftsnr.
- 95.423
- Akteure
- Quellen
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- AB SR, 1996, S. 120 ff.
- BBl, 1996, II, S. 943 ff.
- Presse vom 29.2. und 14.3.96
von Eva Müller
Aktualisiert am 19.06.2019
Aktualisiert am 19.06.2019