Kommunale Wahlen Bern 2012

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Für den 80-köpfigen Stadtrat (Legislative) kandidierten 182 Bernerinnen und 282 Berner auf 18 Listen; damit war der Ansturm etwas geringer als vier Jahre zuvor (491 Kandidierende). 69 Bisherige wollten ihre Sitze verteidigen. Die stark zersplitterte Linke mit der neu antretenden Alternativen Linken (AL), der erstmalige Antritt der Piratenpartei und die erstarkte GLP (bisher: 4 Sitze) bedrohten die Dominanz des Rot-Grün-Mitte-Bündnisses (RGM) aus SP und Juso (20 Sitze), Grüner freier Liste (GFL, 9 Sitze) und Grünem Bündnis (GB, 8 Sitze). Weil die Juso anders als vor vier Jahren mit einer eigenen Liste antrat und die Kleinparteien Junge Alternative (JA, 2 Sitze), PdA (1 Sitz) sowie die Grüne Partei Bern zusammen mit der Demokratischen Alternative (GPB-DA, 2 Sitze) ihre Mandate verteidigen wollten, war das Gerangel im linken Lager gross. Die Linksaussen-Parteien PdA, GPB-DA, und AL verbanden ihre Listen. Ihr Ziel war der Gewinn mindestens eines zusätzlichen Sitzes, um Fraktionsstärke zu erreichen. Der Angriff von Mitte-Rechts war vielversprechend, weil es mit dem Verschwinden zweier Splitterparteien – jene des Altrockers Jimmy Hofer, die 2008 zwei Sitze gewinnen konnte sowie des Bürgerforums „die Mitte“ (1 Sitz) – zu einer Flurbereinigung gekommen war. Die SVP (8 Sitze), die FDP (9 Sitze), die junge FDP (1 Sitz) und die SD (1 Sitz) gingen wie bereits vier Jahre zuvor eine Listenverbindung ein. Die BDP (6 Sitze), die CVP (3 Sitze) und die EVP (2 Sitze) verbanden ihre Listen zusammen mit der GLP. RGM verband sich auch mit der Jungen Alternativen. Nur die EDU (1 Sitz) und die Piratenpartei traten ohne Listenpartner an. Bei den Wahlen Ende November führte die Stadtberner Wahlbevölkerung die Flurbereinigung fort: Neben der FDP (neu: 8 Sitze, 10%), bei der die Mutterpartei einen Sitz abgeben musste und die Jungfreisinnigen ihren 2008 gewonnen Sitz verloren, und der GFL (neu: 8 Sitze, 9,4%), die einen Sitz zugunsten des GB (neu: 9 Sitze, 10,4%) abgeben musste, liessen lediglich die kleinen Parteien Federn. Nach ihrem jeweiligen Sitzverlust nicht mehr im Parlament vertreten sind die SD (0,9%) und die EDU (1,2%). Die kleinen Parteien im linken Spektrum blieben nach internen Verschiebungen auf ihren drei Mandaten: die PdA (1,0%) konnte ihren Sitz halten und die AL (1,5%) einen Sitz gewinnen, aber die GPB-DA musste einen Sitz abgeben (neu 1 Sitz, 1,8%). Auch die JA hatten den Verlust eines ihrer beiden Sitze zu beklagen (neu: 1 Sitz, 2,1%). Der BDP-EVP-CVP-Verbund konnte die insgesamt elf Sitze halten, allerdings kam es auch hier zu leichten Verschiebungen: die EVP (3,1%) konnte ihre beiden Sitze halten, während die CVP (neu 2 Sitze, 2,8%) einen Sitz verlor und die BDP (neu 7 Sitze, 7,8%) einen gewinnen konnte. Eigentliche Profiteure dieser Flurbereinigung – sassen vor den Wahlen noch 18 Gruppierungen im Stadtparlament, waren es für die Legislatur 2013 bis 2016 noch dreizehn – waren die SP, die GLP und die SVP. Die SP konnte drei Sitze gewinnen und war mit 23 Sitzen (26,8%) mit Abstand stärkste Partei. Die Juso (1,1%) verpasste einen Sitz knapp. Die SVP konnte die beiden vor vier Jahren verlorenen Sitze zurückerobern (neu 10 Sitze, 11,1%) und die GLP machte einen Sprung von vier auf sieben Sitze (8,1%). Insgesamt konnte das RGM-Bündnis damit seine Vormachtstellung ein wenig ausbauen. Die Wahlsiegerin SP wird aber nach wie vor auf Bündnispartner angewiesen sein. Die Wahlbeteiligung lag bei 37,7% und war damit geringer als noch vor vier Jahren (43,5%), der Frauenanteil hatte sich hingegen auf 47,5% erhöht (2008: 41,2%).

Dossier: Kommunale Wahlen 2012

Für den fünfköpfigen, im Proporzverfahren zu wählenden Gemeinderat (Exekutive) waren drei Sitze vakant. Die in den Nationalrat gewählte Regula Rytz (kommunal: gb; national gp) sowie Edith Olibet (sp) und Barbara Hayoz (fdp) traten nicht mehr an. Obwohl Hayoz fast zwei Jahre vor den Wahlen ihren Rücktritt auf Ende Legislatur angekündigt hatte, ging es lange, bis die FDP mögliche Nachfolger präsentieren konnte. Bernhard Eicher, Fraktionspräsident der FDP im Stadtrat und Alexandre Schmidt wurden Mitte Januar auf den Schild gehoben. Auch die SVP musste, nachdem der als gemässigt geltende Bernd Schildger abgesagt hatte, lange nach Kandidierenden suchen. Die FDP wollte mit der SVP mit einer gemeinsamen Liste antreten, machte dieser aber die Auflage, gemässigte Vertreterinnen und Vertreter zu portieren. Damit wurde eine Kandidatur des als Hardliner bekannten Erich Hess zum vornherein verhindert. Mit Beat Schori, der bereits früher erfolglos zu Gemeinderatswahlen angetreten und vor zwei Jahren eigentlich aus der Politik zurückgetreten war, Rudolf Friedli und Sylvia Lafranchi nominierte die SVP dann gleich drei Kandidierende, was bei der FDP prompt zu Irritation führte, da abgemacht gewesen sei, dass man sich gemeinsam um die Besetzung des fünften Listenplatzes kümmern wolle. Nur wenige Tage nach der Nomination trat Lafranchi allerdings von ihrer Nomination zurück und aus der SVP aus. Nachnominiert wurde Karin Hess-Meyer, die erst kurz nach der Nomination der SVP beitrat. Nachdem die Differenzen zwischen FDP und SVP bereinigt waren, traten die beiden unter dem Namen bürgerliches Bündnis auf. Auf der Mitte-Liste fanden sich neben dem bisherigen Reto Nause, der für die CVP antrat, Stadtrat Matthias Stürmer (evp), Claude Grosjean (glp) und Grossrätin Vania Kohli (bdp). Auf den fünften Listenplatz wurde Mitte Juni Statdrätin Béatrice Wertli (cvp), die 2012 das Amt der CVP Generalsekretärin wieder übernahm, gesetzt. Für die SP stiegen der amtierende Stadtpräsident Alexander Tschäppät und Nationalrätin Ursula Wyss ins Rennen. Um die restlichen drei Plätze auf der Liste des seit 20 Jahren in Mehrheit regierenden Rot-Grün-Mitte-Bündnisses (RGM) entbrannte sowohl innerhalb des Grünen Bündnisses (GB) als auch innerhalb der Grünen Freien Liste (GFL) ein Konkurrenzkampf. Hauchdünn entschied sich die GFL schliesslich für Tania Espinoza und für das GB wurde Nationalrätin Franziska Teuscher nominiert. Der fünfte Platz blieb leer. Einen eigentlichen Eiertanz gab es um das Amt des Stadtpräsidiums. Klar war, dass der amtierende Tschäppät (sp) wieder antreten würde. Mitte Juni kündigte Vania Kohli (bdp) an, ebenfalls für das Präsidium kandidieren zu wollen, falls weder FDP noch SVP einen Kandidaten nominieren würden. Da beide Parteien dies aber umgehend taten – Schori (svp) und Schmidt (fdp) stellten sich unter der Bedingung zur Verfügung, dass Kohli ebenfalls antritt – zog die BDP-Politikerin ihre Kandidatur zwei Tage später wieder zurück. Die beiden Kandidaten des bürgerlichen Bündnisses traten hingegen gegen Tschäppät an. Der Wahlkampf wurde als langweilig empfunden, zu klar war die Favoritenrolle des RGM-Bündnisses, dem auch aufgrund der bisher geleisteten Arbeit Respekt von bürgerlicher Seite gezollt wurde, und als zu schwach wurde die bürgerliche Herausforderung betrachtet. Erstaunlicherweise wurden drängende Fragen zu Reithalle, Hauptstadtregion, Fachhochschulstandort, Stadttheater oder Finanzprobleme im Wahlkampf kaum erörtert. Die drei vakanten Sitze änderten bei den Wahlen Ende November dann auch tatsächlich nichts an der rot-grünen Mehrheit im Gemeinderat. Sowohl Alexander Tschäppät (20'932 Stimmen) als auch Reto Nause (9'320 Stimmen) wurden wiedergewählt. Am meisten Stimmen holte hingegen die neu angetretene Ursula Wyss (21'318 Stimmen), die ankündigte, in der Wintersession aus dem Nationalrat zurückzutreten. Den Sitz des Grünen Bündnisses verteidigte Franziska Teuscher: mit 19'512 Stimmen lag sie auf dem dritten Platz in der Wählergunst. Auch die FDP konnte ihren Gemeinderatssitz mit Alexandre Schmidt (8'123 Stimmen) halten. Das RGM-Bündnis erhielt insgesamt 59% der Stimmen; im Vergleich zum Vorjahr konnte es seine Unterstützung also noch um drei Prozentpunkte steigern. Keine Chance hatten die Herausforderer: das bürgerliche Bündnis erhielt 22,8% der Wählerstimmen und die Mitte-Liste erzielte 18,2%. Reto Nauses Wiederwahl gelang unter anderem auch aufgrund von zahlreichen Panaschierstimmen. Alexander Tschäppät war wie schon vier Jahre zuvor (damals hinter Regula Rytz) zwar nur auf dem zweiten Platz seiner Liste, wurde aber deutlich wieder zum Stadtpräsidenten gewählt. Er erhielt 69,9% der Stimmen für das Stadtpräsidium. Beat Schori (16,8%) und Alexandre Schmidt (13,3%) hatten wie erwartet keine Chance gegen den Sozialdemokraten, der damit seine letzte Amtsperiode antrat. Neu wies der Gemeinderat keine Frauenmehrheit mehr auf.

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