Die Kantone haben sehr unterschiedliche Strategien, was die Unterstützung von Gemeindefusionen betrifft. Neben steuerlichen Anreizen, wie sie etwa in den Kantonen Bern und Aargau eingesetzt werden, sind auch Top-Down-Vorgehen im Sinne von kantonalen Strukturreformen zu beobachten. Die in den letzten Jahren wohl umfassendste Reform dieser Art wurde im Kanton Glarus mit der Schaffung von nur noch drei Gemeinden vollzogen.
Weniger rasant verändert sich der Kanton Graubünden. Die von der Bevölkerung des Ostschweizer Kantons bereits 2012 und 2014 beschlossene Gebietsreform soll auf den 1. Januar 2016 in Kraft treten. Dies beschloss die Bündner Regierung Anfang 2015. Die bestehende, komplexe Struktur aus 39 Kreisen, 14 Regionalverbänden und elf Bezirken wird dann abgelöst durch elf neue Regionen, die als mittlere Ebene zwischen Gemeinden und Kanton dienen sollen.
Der radikalste Vorschlag wurde 2015 im Kanton Schaffhausen diskutiert. Der Schaffhauser Regierungsrat legte in Beantwortung eines Postulates einen Bericht mit zwei Varianten für eine Reform der Gemeindestrukturen vor. Ein Vorschlag sah dabei vor, alle 26 Gemeinden aufzuheben und einen Einheitskanton zu schaffen. Die zweite Variante sah eine Verringerung der Zahl an Gemeinden auf etwa 10 Einheiten vor. Die Befürworter der radikalen Variante machten geltend, dass Dienstleistungen besser von einer einzigen Administration erbracht würden. Die kleinen Gemeinden seien hingegen nicht einmal mehr in der Lage, genügend Personal für alle politischen Ämter aufzutreiben. Dies sei auch der Wirtschaft geschuldet: Unternehmen seien immer seltener bereit, ihre Angestellten für Milizaufgaben freizustellen. Die Gegner der Reform interpretierten die Idee des Einheitskantons als Angriff auf die direkte Demokratie. Mit dem Verlust der Gemeindeautonomie gehe die Möglichkeit lokaler und unmittelbarer politischer Mitsprache verloren. Ein angefordertes Gutachten des Bundesamtes für Justiz sah keine Einwände gegen einen Einheitskanton. Ein Kanton müsse keine Gemeinden einrichten; er sei vielmehr autonom in der Organisation seines Gebietes. Eine Volksabstimmung über die beiden Vorlagen wurde auf 2016 angesetzt.

Dossier: Gemeindefusionen

Ende Februar 2016 stimmte die Bevölkerung des Kantons Schaffhausen über die beiden Varianten für eine kantonale Strukturreform ab. Zur Auswahl standen die Schaffung eines Einheitskantons mit der Auflösung aller 26 Gemeinden oder ein im Detail noch auszuarbeitendes Modell, das eine Verringerung der Anzahl Gemeinden vorsah, um diese möglichst leistungsfähig zu machen. Zu beiden Vorschlägen konnte die Stimmbevölkerung Ja oder Nein sagen. Einig war man sich zwar, dass eine Strukturreform notwendig sei. Das im Vorfeld erwartete doppelte Nein überraschte dennoch niemanden. Dazu beigetragen hatte wohl auch der Umstand, dass weder der Kantonsrat noch die Regierung im Vorfeld der Abstimmung eine Empfehlung abgegeben hatten. Der Anteil von 81.6% Nein-Stimmen gegen den Einheitskanton war ein deutliches Zeichen gegen eine radikale Top-Down-Reform. Der vergleichsweise knappe Anteil an 54.4% Nein-Stimmen gegen die zweite Variante wurde hingegen als grundlegende Reformwilligkeit interpretiert. Das Gros der Stimmenden schien der Ansicht zu sein, dass eine als notwendig erachtete Reform eher von unten wachsen müsse statt von oben aufgezwängt zu werden. Auf kommunaler Ebene beschlossenen Fusionen williger Nachbargemeinden werden mehr Chancen eingeräumt als einer von oben erzwungenen Auflösung der Gemeindeautonomie. In der Tat finden zwischen verschiedenen Gemeinden Fusionsverhandlungen statt.

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