Die Grossratswahlen 2012 fanden auf der Basis eines neuen Wahlregimes statt. Das Baselstädter Parlament hatte 2011 beschlossen, die Sitzverteilung nicht mehr nach dem Hagenbach-Bischoff-Verfahren sondern nach dem Sainte-Laguë-Prinzip vorzunehmen. Damit verbunden waren die Abschaffung der Möglichkeit von Listenverbindungen sowie die Einführung einer neuen Wahlhürdenregelung. Galt bisher das Überschreiten von fünf Prozent in wenigstens einem der fünf Wahlkreisen als Bedingung für die Berücksichtigung bei der Sitzverteilung in allen Wahlkreisen, so erhielt eine Partei ab den Gesamterneuerungswahlen 2102 nur noch in jenen Wahlkreisen Sitze, in denen sie vier Prozent überspringt (ohne Erfordernis der Überschreitung von fünf Prozent in mindestens einem Wahlkreis). Noch während der Legislatur vor den Wahlen 2012 war es zwischen den neun im Grossen Rat vertretenen Parteien zu einigen Verschiebungen gekommen. Die SVP (nach den Wahlen 2008: 14 Mandate) hatte 2009 Zuwachs gekriegt, weil der EVP-Präsident und Grossrat Heinrich Ueberwasser in die Volkspartei übergetreten war, verlor aber kurz vor den Wahlen im April 2012 wieder ein Mandat durch einen Übertritt von Grossrat Felix Meier in die CVP. Die SVP hatte vor den Wahlen also 14 Grossratsmandate inne. Die EVP (2008: 4 Mandate) hatte entsprechend drei Sitze zu verteidigen und die CVP neun Mandate (2008: 8 Sitze). Auch zwischen der FDP (2008: 11 Sitze) und der GLP (2008: 5 Sitze) war es zu Verschiebungen gekommen. 2010 wechselte Emmanuel Ullmann von der FDP zur GLP (vor den Wahlen 6 Sitze). Der Verlust der FDP wurde allerdings noch kurz vor den Wahlen durch einen Übertritt von Peter Bochsler wieder kompensiert. Bochsler trat von der 2009 aufgelösten Demokratisch-Sozialen-Partei (DSP), einer 1986 gegründeten rechten Abspaltung der SP, in die FDP über, die vor den Wahlen damit also 11 Mandate innehatte. Ebenfalls noch vor den Wahlen von der Auflösung der DSP profitieren konnte die Liberal-Demokratische Partei (LP, 2008: 9 Sitze), die im Kanton Basel-Stadt weiterhin nicht mit der FDP fusionieren will: Felix Eymann trat von der DSP in die LP über, die damit vor den Wahlen 2012 zehn Grossratssitze besetzte. Keine Wechsel gab es in der SP (32 Sitze) und in der GP (bzw. Grünes Bündnis; 13 Sitze). Ebenfalls im Grossrat vertreten war die 2002 gegründete Vereinigung „Aktives Bettingen“. Neben diesen neun amtierenden Parteien traten die EDU, die BDP (im Kanton Basel-Stadt erst 2011 gegründet), die Piratenpartei und die „Volksaktion gegen zu viele Ausländer und Asylanten in unserer Heimat (VA)“ an, eine Gruppierung um den ehemaligen NA-Grossrat Eric Weber. Weitere kleinere Gruppierungen, wie „freistaat unteres kleinbasel (fuk)“, „Für Basel“ oder „Deine Wahl“ versuchten ebenfalls, Sitze im Grossen Rat zu erobern. Im Einerwahlkreis Bettingen kämpfte der Bisherige Vertreter von „Aktives Bettingen“ gegen einen Herausforderer von „Neues Bettingen“ um den einzigen Sitz. Im Wahlkampf machten die Bürgerlichen mobil gegen die rot-grüne Regierung. Mindestziel war es, die knappe bürgerliche Mehrheit im Parlament zu halten. Die SP hingegen wollte mit bekannten Persönlichkeiten und einem im Gegensatz zu den Bürgerlichen hohen Frauenanteil die Schlappe bei den Nationalratswahlen vom Vorjahr wettmachen, als die Partei mehr als 6 Prozentpunkte ihrer Wählerschaft einbüsste. Auch die 2011 abgewählte Nationalrätin der GP, Anita Lachenmeier, trat für die Wahlen in den Grossen Rat an, in welchem sie die Baselstädter Bevölkerung bereits von 1997 bis 2007 vertreten hatte. Die GP traten auf einer gemeinsamen Liste Grünes Bündnis mit BastA! und dem Jungen Grünen Bündnis an. Laut offiziellen Angaben wendeten die Parteien rund 900'000 Franken für den Parlamentswahlkampf auf. Die SP wollte 240'000 Franken für Wahlwerbung ausgeben, gefolgt von der CVP (140'000 CHF), der FDP (100'000 CHF) der LP und den Grünen (je 80'000 CHF) sowie der GLP (55'000 CHF). Freilich waren die Aufwendungen wohl um einiges höher, wendeten doch vor allem die bürgerlichen Kandidaten viele Eigenmittel für ihren persönlichen Wahlkampf auf. Wichtiges Wahlkampfthemen waren die Sicherheit und die Übernahme der BaZ durch Christoph Blocher. Für Wirbel sorgte zudem ein Plakat der Juso, das einen Neonazi mit einem SVP-Emblem auf dem Oberarm seiner Bomberjacke zeigte. Die SVP und die Juso warfen sich in der Folge gegenseitig Niveaulosigkeit vor. Insgesamt stand der Wahlkampf um den Grossrat aber etwas im Schatten der Regierungswahlen.

Sowohl die SP als auch die SVP konnten bei den Wahlen um je einen Sitz zulegen. Die SP (neu: 30.7%, 33 Sitze) konnte 2,5 Prozentpunkte gutmachen. Die SVP gewann 1,1 Prozentpunkte Wähleranteil hinzu (neu: 15,0%; 15 Sitze). Auch die FDP konnte einen Sitzgewinn bejubeln. Die LP konnte ihren kurz vor den Wahlen erhaltenen zehnten Sitz verteidigen und im Vergleich zu den Wahlen 2008 also ebenfalls um einen Sitz zulegen. In Basel-Stadt scheinen sich die beiden liberalen Parteien offensichtlich nicht direkt zu konkurrenzieren. Sowohl die FDP (neu 11,1%, 12 Sitze) als auch die LP (neu 9,6%, 10 Sitze) konnten ihren Wähleranteil um einen bzw. um 0,6 Prozentpunkte steigern. In der Mitte gab es gegenüber den Wahlen von 2008 keine Veränderungen: die CVP büsste zwar ganze zwei Prozentpunkte an Wählerschaft ein, konnte aber ihre acht Sitze halten (neu 7,3%, 8 Sitze), verlor damit aber ihren während der Legislatur 2008 bis 2102 geerbten Sitz wieder. Tatsächlich wurde der übergelaufene Felix Meier nicht wiedergewählt. Die GLP blieb ebenfalls auf ihren bei den Vorwahlen gewonnen 5 Sitzen, und konnte damit ihren während der Legislatur von der FDP geerbten Sitz ebenfalls nicht verteidigen (5,0%, 5 Sitze). Der übergetretene Ullmann wurde wiedergewählt, über die Klippe springen musste dafür der kantonale GLP-Parteipräsident David Wüst-Rudin. Für die GLP schien, im Gegensatz zu den nationalen Gegebenheiten, die Konkurrenz in der Mitte vor allem durch die auf nationaler Ebene mit der FDP fusionierte LP relativ stark gewesen zu sein. Auch das Grüne Bündnis blieb auf seinen 13 Sitzen und musste eine Einbusse der Wählerschaft um 1,2 Prozentpunkte verkraften (neu: 11,8%). Anita Lachenmeier schaffte das Comeback. In Bettingen machte der Bisherige Vertreter der Gruppierung Aktives Bettingen das Rennen (1 Sitz). Opfer der neuen Wahlhürdenregelung war die EVP, die nur noch in einem Wahlkreis die Vierprozenthürde überspringen konnte und damit gleich drei Sitze einbüsste. Neu hält die EVP nur noch einen Sitz im Baselstädtischen Grossrat (4,2%). Für die grösste Überraschung sorgte jedoch Eric Weber, der mit seiner Volksaktion nur in Kleinbasel angetreten war, dort aber nicht nur die Wahlhürde übersprang, sondern gleich zwei Sitze eroberte (1,2%). Der rechtsradikale Weber sass am Wahlsonntag aufgrund eines Verdachts auf wiederholte Wahlfälschung in Untersuchungshaft. Ausser den Piraten (1,3%) erhielt keine der kleinen Parteien und Gruppierungen mehr als ein Prozent Wähleranteil. Trotz den leichten bürgerlichen Erfolgen, wird es auch in Basel weiterhin aufgrund der Mitte-Parteien CVP und GLP je nach Thema zu wechselnden Mehrheiten kommen. Die Wahlbeteiligung war mit 41,6% leicht höher als noch vor vier Jahren (39,0%). Der Frauenanteil brach von 37% (2008) auf 31% ein. Die FDP und die SVP hatten gar keine Mandatsträgerinnen mehr und der Frauenanteil der SP war erstmals seit den Wahlen 2000 wieder knapp unter 50% gerutscht (48,5%).

Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2012
Dossier: Kantonale Wahlen - Basel-Stadt