Année politique Suisse 2000 : Grundlagen der Staatsordnung
Rechtsordnung
Die Kantone Neuenburg und Jura bauten das Ausländerstimmrecht weiter aus. – Der Strategische Nachrichtendienst wurde aus den militärischen Strukturen herausgelöst und als zivile Verwaltungsstelle im VBS organisiert. – Die zur gewaltbereiten rechtsextremen Szene gehörenden Skinheads machten mit demonstrativen öffentlichen Auftritten verstärkt auf sich aufmerksam. – Das Parlament verabschiedete das neue Bundesgesetz über die Post- und Telefonüberwachung. – Der Bundesrat beantragte, dass bei sexuellen Delikten mit Kindern die zehnjährige Verjährungsfrist erst ab dem 18. Altersjahr des geschädigten Kindes beginnen soll. – Der Bundesrat bereitete ein Gesetz über den Handel im Internet vor, welches insbesondere die rechtliche Anerkennung der digitalen Unterschrift bringen soll.
 
Grundrechte
Als Zweitrat stimmte auch der Ständerat der Ratifizierung des Internationalen Übereinkommens von 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes und der entsprechenden Revision des Strafrechts zu [1]. Ebenfalls als Zweitrat genehmigte die kleine Kammer den Rückzug der seinerzeit zu Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gemachten Vorbehalte und Erklärungen [2]. Das Anliegen der 1998 vom Nationalrat überwiesenen Motion Baumberger (cvp, ZH) für eine Ratifizierung des Zusatzprotokolls von 1952 zur EMRK wurde auch vom Ständerat gutgeheissen, allerdings nur in Postulatsform. Nicht zu übersehen war dabei eine recht starke Opposition, welche in einem der Prinzipien des Protokolls – die regelmässige Durchführung von allgemeinen und geheimen Wahlen – eine Bedrohung der Landsgemeindetradition sah [3].
Aufgrund eines Postulats Bäumlin (sp, BE) legte der Bundesrat einen Bericht über die Menschenrechtspolitik der Schweiz vor. Dieser setzt sich insbesondere auch mit der Frage der Kohärenz dieser Politik mit den übrigen aussen-, wirtschafts- und entwicklungspolitischen Aktivitäten der Schweiz auseinander. Das Parlament nahm diesen Bericht nach eingehender Diskussion zur Kenntnis und der Nationalrat überwies ein Postulat, das für die Zukunft eine regelmässige Berichterstattung fordert [4].
Gegen Jahresende beantragte der Bundesrat dem Parlament, die rechtliche Grundlage für die Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag (sog. Römer Statut) zu genehmigen. Dieses Statut war 1998 von einer UNO-Konferenz beschlossen worden. Der Gerichtshof soll zuständig sein für die Beurteilung besonders schwerer, die internationale Gemeinschaft betreffende Verbrechen wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Er wird nur dann tätig werden, wenn die Staaten, in welchen die Taten begangen wurden, nicht bereit oder nicht in der Lage sind, die Strafverfolgung selbst durchzuführen. Neben der Beteiligung an diesem Gerichtshof beantragte die Regierung auch eine für den Vollzug erforderliche Revision des schweizerischen Strafrechts. Damit soll vor allem die Zusammenarbeit der schweizerischen Behörden mit dem Gerichtshof gewährleistet werden [5].
 
Datenschutz und Statistik
Nach dem Nationalrat hiess auch der Ständerat die im Vorjahr von der Regierung vorgeschlagene Serie von Revisionen von Gesetzesartikeln über die Bearbeitung von Personendateien in der Bundesverwaltung gut [6]. Das Parlament akzeptierte auch entsprechende Anpassungen bei den gesetzlichen Bestimmungen über die Sozialversicherungen [7]. Beide Parlamentskammern überwiesen zudem einstimmig gleichlautende Motionen ihrer Rechtskommissionen, welche eine Teilrevision des Datenschutzgesetzes verlangen. Darin soll die Bestimmung aufgenommen werden, dass Verantwortliche für Datenbanken, welche besonders schützenswerte Personendaten enthalten, bei der Erhebung die betroffenen Personen über die Datei und vor allem auch über deren Zweck zu informieren haben [8].
In einer Vernehmlassung wurde die Absicht des Bundesrates, eine rechtliche Grundlage für die Ausstellung von amtlichen Ausweisen zu schaffen, mehrheitlich begrüsst. Die Absicht, den für das Jahr 2003 vorgesehenen neuen Pass maschinenlesbar zu machen, stiess einzig bei der SP und den Demokratischen Juristen auf Kritik. Diese kritisierten, dass damit der Pass von einem traditionellen Reisedokument zu einem Kontrollinstrument für die in- und ausländischen Polizei- und Grenzbehörden werde [9]. Im Juni legte der Bundesrat seine Vorschläge für ein Bundesgesetz über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige dem Parlament vor. Mit den neuen Bestimmungen soll einerseits die Konformität mit dem Datenschutzgesetz, andererseits aber auch ein besserer Schutz vor Fälschungen und Missbräuchen gewährleistet werden. Praktischer Hintergrund der Reform war aber auch die Politik der USA, in Zukunft nur noch Inhabern von maschinenlesbaren Pässen die visafreie Einreise zu gestatten. Der Ständerat hiess das neue Ausweisgesetz in der Fassung des Bundesrats einstimmig gut [10].
Mit Stichtag 5. Dezember wurde die eidgenössische Volkszählung durchgeführt. Im Gegensatz zur letzten Volkszählung blieben diesmal Boykottaufrufe aus. Erstmals in einem europäischen Land konnten die Fragebogen auch per Internet ausgefüllt und eingereicht werden. Obwohl wegen Überlastung der Netze einige Pannen auftraten, machten rund 220 000 Personen von dieser Möglichkeit Gebrauch [11].
 
Bürgerrecht und Stimmrecht
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Bürgerrecht
Der Nationalrat stimmte mit 77:44 einer Motion Hubmann (sp, ZH) zu, welche fordert, dass in der Schweiz geborene und aufgewachsene ausländische Staatsangehörige auf Gesuch hin automatisch das Bürgerrecht erhalten. Für andere seien die Wohnsitzerfordernis von zwölf auf sechs Jahre zu reduzieren und die Einbürgerungsgebühren auf tiefem Niveau zu harmonisieren. Zu weit ging dem Nationalrat hingegen eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) für eine einmalige Masseneinbürgerungsaktion. Er hatte verlangt, dass alle Ausländer, welche die gesetzlichen Minimalbestimmungen für eine Einbürgerung (d.h. vor allem die minimale Wohnsitzdauer von zwölf Jahren) erfüllen, auf Gesuch hin das Bürgerrecht ohne weitere Formalitäten erhalten sollen. Der Vorschlag fand nur bei der Linken Unterstützung und wurde vom Rat abgelehnt [12].
Im Zusammenhang mit den in Volksabstimmungen getroffenen ablehnenden Einbürgerungsentscheiden im Vorjahr war von Juristen und Politikern auch die Verletzung von verfassungsmässigen Grundrechten vermutet worden. Namentlich gegen den Widerstand der SVP überwies der Nationalrat im Berichtsjahr eine Motion, welche vom Bundesrat gesetzliche Vorkehrungen für ein diskriminations- und willkürfreies Einbürgerungsverfahren verlangt. Der Ständerat wandelte den Vorstoss in ein Postulat um. Unter grosser Medienbeachtung wiederholte sich in der Luzerner Vorortsgemeinde Emmen das Geschehen des Vorjahres: Wiederum lehnten die Stimmberechtigten sämtliche Einbürgerungsgesuche von Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien ab und stimmten gleichzeitig den Gesuchen von italienischen Staatsangehörigen zu [13]. In der Basler Vorortsgemeinde Pratteln (BL) war es 1999 zu ähnlichen negativen Einbürgerungsentscheiden gegen Personen aus Südosteuropa gekommen. Eine Beschwerde eines Anwalts der Abgelehnten wegen Willkür und Verstoss gegen das Diskriminierungsverbot war von der Kantonsregierung mit dem Argument abgewiesen worden, dass kein Rechtsanspruch auf Einbürgerung bestehe. Das in der Folge angerufene kantonale Verwaltungsgericht gab den Klägern jedoch Recht und stellte fest, dass der Entscheid der Bürgergemeinde Pratteln willkürlich und diskriminierend gewesen sei. Es hob deshalb das Verdikt auf und wies die Gemeinde an, die Einbürgerungsgesuche nochmals zu beurteilen [14].
Die Exekutive der Stadt Zürich beantragte dem Parlament, die im Dezember 1999 von der SVP eingereichte Volksinitiative für Volksabstimmungen über Einbürgerungsgesuche für ungültig zu erklären. Sie stützte sich dabei auch auf ein Rechtsgutachten, das unter anderem festhielt, dass sich die Ansprüche der Stimmenden auf eine vollständige Information und diejenigen der Gesuchsteller auf Datenschutz nicht vereinbaren liessen. Zudem fehlten im zürcherischen Recht die Voraussetzungen für Urnenabstimmungen über Einbürgerungen (im Gemeindegesetz erwähnt sind als zuständige Organe nur Parlament, Exekutive oder Gemeindeversammlung). Der Gutachter Andreas Auer und auch andere Staatsrechtler vertraten zudem die Meinung, dass bei Volksentscheiden über Einbürgerungen keine Gewähr für ein diskriminierungs- und willkürfreies Verfahren gegeben sei, und sie deshalb der Bundesverfassung widersprechen würden [15]. Auf Antrag der Exekutive lehnte das städtische Parlament zudem die ebenfalls von der SVP eingereichte Volksinitiative für eine Erhöhung der Dauer, welche Einbürgerungswillige in der Stadt Wohnsitz haben müssen, auf zehn Jahre ab. Zu einer Volksabstimmung über diese Initiative wird es aber nicht kommen, da es die SVP unterliess, gegen diesen Beschluss das Referendum zu ergreifen [16].
Die Zahl der Einbürgerungen erreichte mit 30 452 (1999: 21 698) einen neuen Höchststand. Das grösste Kontingent stellte wie bereits in früheren Jahren Italien (6938) gefolgt von Personen aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien (6089) und aus der Türkei (3133) [17]. Die in den letzten Jahren eingetretene massive Zunahme der Einbürgerungsgesuche führte namentlich bei den Bundesstellen zu enormen Pendenzen und entsprechenden Verzögerungen bei der Bearbeitung. Der Nationalrat und nach ihm auch der Ständerat überwiesen ohne Gegenstimme eine Motion der GPK-NR, welche vom Bundesrat Gegenmassnahmen fordert. Kurzfristig könnte dies mit der Einstellung von zusätzlichem Personal geschehen, langfristig sei eine Vereinfachung des heute dreistufigen Verfahrens anzupeilen. Der Ständerat verabschiedete im Rahmen der Budgetdebatte in der Wintersession zudem eine Empfehlung für eine Aufstockung der personellen Ressourcen zum Abbau des Pendenzenbergs [18].
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Stimmrecht
Die Forderung der Jugendverbände und der Jungparteien der SP und der CVP nach einer Senkung des aktiven und passiven Wahlrechtsalters von 18 auf 16 Jahre konnte lediglich einen Teilerfolg verbuchen. Die SPK des Nationalrats gab einer entsprechenden parlamentarischen Initiative der jüngsten Parlamentsabgeordneten, der Sozialdemokratin Ursula Wyss (BE), zwar keine Folge, formulierte aber eine eigene Motion, welche nur das aktive Wahlrechtsalter senken will. Die Wahl von Sechzenhnjährigen in politische Ämter mache hingegen angesichts des zivilen Mündigkeitsalters von 18 Jahren wenig Sinn. Der Nationalrat lehnte jedoch diese Motion mit 89:79 Stimmen ab, nachdem die Befürworter einer Senkung nicht bereit gewesen waren, sich mit der Überweisung in Postulatsform zu begnügen [19]. Ebenfalls keine Chance hatte eine parlamentarische Initiative Zwygart (evp, BE) für die Einführung eines Familienstimmrechts, das Eltern als Vertreter ihrer Kinder zusätzliche Stimmen eingeräumt hätte [20].
Die Einführung des Ausländerstimmrechts kam im Berichtsjahr einige kleine Schritte voran. Im Kanton Neuenburg, der das kommunale Ausländerstimmrecht bereits kennt, beschloss das Parlament im Rahmen der Verfassungstotalrevision ohne Gegenstimme, dieses Recht auch für kantonale Angelegenheiten zu gewähren. Am 24. September hiessen die Stimmberechtigten die neue Verfassung und damit auch das kantonale Ausländerstimm- und -wahlrecht mit einem Ja-Stimmenanteil von 77% gut. Nachdem 1998 im Kanton Jura das Parlament beschlossen hatte, dass Ausländer in Gemeindeparlamente gewählt werden können, führten die Gemeinden Delsberg, Porrentruy, Bassecourt und Les Bois diese Neuerung ein. Im Herbst wurden in Delsberg vier Ausländer in das 51köpfige Parlament gewählt [21]. In Genf, wo die Kantonsregierung 1998 die Einführung des fakultativen Ausländerstimmrechts auf Gemeindeebene vorgeschlagen hatte, entschied sich die linke Parlamentsmehrheit für eine weiter gehende Lösung. Der Grosse Rat beschloss die obligatorische Einführung sowohl des aktiven als auch des passiven kommunalen Ausländerstimm- und -wahlrechts [22]. Im Kanton Schaffhausen hiess der Grosse Rat in 1. Lesung die neue totalrevidierte Kantonsverfassung gut, welche unter anderem auch das kommunale fakultative Ausländerstimmrecht enthält. Im Kanton St. Gallen war ein entsprechender Passus in der 1. Lesung vom Grossen Rat ebenfalls gutgeheissen, in der 2. Lesung dann aber wieder aus dem Entwurf für die neue Kantonsverfassung gestrichen worden [23].
 
Staatsschutz
Im Nachgang zur Betrugsaffäre Bellasi im VBS hatte die Fraktion der Grünen im Nationalrat die Einsetzung einer PUK zur Abklärung der Funktion und Organisation der militärischen Nachrichtendienste gefordert. Gegen die Stimmen der Linken lehnte der Nationalrat eine entsprechende parlamentarische Initiative ab. Nicht besser erging es einer Motion Grobet (pda, GE), der gleich die Abschaffung des militärischen Nachrichtendienstes forderte [24]. Vom Ständerat angenommen wurde hingegen eine Motion seiner GPK, welche eine klare gesetzliche Definition der Aufgaben und der Stellung des strategischen Nachrichtendienstes im Rahmen der Staatsführung fordert [25]. Im Februar hatte die im Vorjahr von der Regierung eingesetzte und von Edouard Brunner geleitete Expertengruppe ihren Bericht vorgelegt. Die Quintessenz ihrer Analyse war, dass die Schweiz auch in Zukunft auf einen effizienten Nachrichtendienst angewiesen sei, dass dieser aber nicht mehr Teil der militärischen Strukturen sein soll. Gestützt auf diesen Bericht beschloss der Bundesrat im Herbst, den Strategischen Nachrichtendienst aus der Untergruppe Nachrichtendienst des Generalstabs herauszulösen und als zivile Verwaltungsstelle unter der Obhut des Generalsekretariats des VBS zu organisieren. Direktor dieser neuen Stelle wurde der Berner Hans Wegmüller. Der Generalstab der Armee soll allerdings, wie auch die Luftwaffe, weiterhin über einen eigenen Nachrichtendienst verfügen [26]. Auf den im Vorjahr beschlossenen neuen Posten des „Nachrichtenkoordinators“ berief der Bundesrat den Walliser Jacques Pitteloud. Dieser Koordinator leitet die Stabsstelle der „Lenkungsgruppe“ genannten Zusammenfassung der Chefs der verschiedenen mit Nachrichtendiensten befassten Bundesstellen [27].
Im Gegensatz zum Nationalrat sah der Ständerat keine Veranlassung, die Beziehungen von schweizerischen Personen und Unternehmen zur Staatssicherheitspolizei der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi) von Staates wegen wissenschaftlich erforschen zu lassen. Er beschloss mit 23:9 Stimmen, auf einen mit einer parlamentarischen Initiative Frey (svp, ZH) geforderten Bundesbeschluss nicht einzutreten. Mit den Worten des Sprechers der Rechtskommission der kleinen Kammer soll die Politik der historischen Forschung gute Rahmenbedingungen gewähren, sie aber bei der Wahl ihrer Themen selbst gewähren lassen. Die Rechtskommission des Nationalrats gab sich allerdings noch nicht geschlagen und beschloss, ihrer Kammer eine Bestätigung des ursprünglichen Beschlusses zu beantragen [28].
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Polizei
Die knappen Personalbestände des Grenzwachtkorps hatten in den letzten Jahren zu einer Reduktion der Überwachungstätigkeit an der Grenze geführt. Die Kontrolle beschränkte sich zunehmend auf Stichproben beim einreisenden Strassenverkehr und auf die Beobachtung von besonders zur illegalen Einreise geeigneten Stellen der sogenannten grünen Grenze. Nach Ansicht der SVP geht von dieser Reduktion eine Gefährdung der inneren Sicherheit aus. Nationalrat Baumann (svp, TG) verlangte als Gegenmassnahme mit einer Motion eine Personalaufstockung oder als Alternative dazu den vermehrten Einsatz der Armee. Nachdem der Bundesrat darauf hingewiesen hatte, dass auch eine massive Personalaufstockung eine lückenlose Grenzüberwachung nicht erlauben würde, dass aber in Zusammenarbeit mit den Kantonen das Kontrollsystem überprüft werde, lehnte der Rat die Motion ab; eine Motion Schmied (svp, BE), welche eine derartige Überprüfung gefordert hatte, war kurz zuvor überwiesen worden [29].
Auf Anfang 2001 wurde die 1999 von Justizministerin Metzler in Angriff genommene Reorganisation des Polizeibereichs des Bundes abgeschlossen. Im Vorjahr war die Bundespolizei von der Bundesanwaltschaft getrennt worden. Im Berichtsjahr erfolgte die Trennung der beiden bisher bei der Bundespolizei angesiedelten Dienste präventive Informationsbeschaffung und gerichtspolizeilichen Ermittlung. Für erstere wird in Zukunft der Dienst für Analyse und Prävention, für letztere die Bundeskriminalpolizei zuständig sein [30].
 
Politische Manifestationen
Die Zahl der Grossdemonstrationen mit 1000 und mehr Beteiligten belief sich auf 16 und hat sich im Vergleich zum Vorjahr halbiert (1999: 31). Verantwortlich dafür war der massive Rückgang der Anlässe, an welchen Tausende in der Schweiz lebende Ausländer gegen die Verhältnisse in ihren Herkunftsländern protestiert hatten. Ihre Zahl ging von 17 auf eine einzige, von Tamilen durchgeführte Kundgebung zurück. Die Zahl der Demonstrationen von Ausländern blieb zwar hoch; da sich daran aber jeweils bloss höchstens einige hundert Personen beteiligten, sind sie hier nicht registriert. Wie bereits im Vorjahr hatten die grössten Demonstrationen die Arbeitsverhältnisse zum Thema. Die mit 20 000 Teilnehmenden am besten besuchte, führten die Gewerkschaften des SGB zugunsten von allgemeinen Lohnerhöhungen und gegen einen Stellenabbau bei den Staatsbetrieben durch. Am häufigsten kam es in der Bundesstadt Bern zu Grossdemonstrationen (5); in Zürich waren es 4, in Genf 2, in Biel, Lausanne, Liestal und St. Gallen je eine [31].
Die öffentlichen Auftritte von Anhängern rechtsradikaler und faschistischer Ideen häuften sich. Bereits in seinem Staatsschutzbericht für 1999 hatte das EJPD zunehmende Aktivitäten der gewaltbereiten rechtsextremen Szene konstatiert. Die Anzahl der dazugehörenden Personen wurde auf 6-700 geschätzt. Nicht zuletzt dank dem Internet seien diese im entsprechenden internationalen Umfeld gut verankert. Für grosses Aufsehen sorgte das Erscheinen von ca. 100 rechtsextremen Skinheads an der Bundesfeier zum 1. August auf dem Rütli, wo sie die Rede von Bundesrat Villiger mit Zwischenrufen störten [32]. Im Nationalrat führten Interpellationen der Fraktionen der SP, der CVP und der Grünen, welche sich nach Massnahmen gegen den Rechtsradikalismus erkundigten, zu einer angeregten Diskussion. Der Bundesrat hielt fest, dass Rassismus und anderes intolerantes Verhalten bekämpft werden müssen. Auf internationaler Ebene seien neue Massnahmen zur Verhinderung der grenzüberschreitenden Propagierung derartiger Ideen namentlich via Internet erforderlich. Die Gefahr, welche von diesen Gruppierungen ausgehe, schätze er in Übereinstimmung mit dem Staatsschutzbericht momentan aber nicht als gross ein. Sie seien jedoch unter Beobachtung der Bundespolizei, und Verstösse gegen einschlägige Gesetze (v.a. Antirassismusnorm) würden selbstverständlich geahndet [33].
Während es in der Schweiz auch früher zu Aktionen von gewaltbereiten Rechtsradikalen gekommen war (v.a. Angriffe auf Asylbewerber und ihre Unterkünfte), war das demonstrative öffentliche Auftreten doch relativ neu. Diese Präsenz führte auch zu Gegenmanifestationen. An mehreren Orten der Deutschschweiz wurden, meist nach provokativen Auftritten von Skinheads, Protestdemonstrationen gegen Rassismus und Rechtsradikalismus durchgeführt (u.a. in Basel, Burgdorf, Liestal, Luzern, Malters/LU und St. Gallen). Vereinzelt kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Skinheads und der linksextremen Szene zuzuordnenden sogenannten „Antifa“-Gruppen (als selbst gewähltes Kürzel für antifaschistisch). In Bern konnte die Polizei Ausschreitungen zwischen rund 800 Teilnehmern an einem „Antifaschistischen Spaziergang“ und 250 rechtsradikalen Gegendemonstranten verhindern. Einen ähnlichen Einsatz hatte die Polizei auch in Zürich zu leisten [34].
Zu Auseinandersetzungen mit der Polizei und Sachbeschädigungen kam es anlässlich einer unbewilligten Protestdemonstration gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos. An diesem privaten Kongress nahmen neben Wirtschaftsführern auch US-Präsident Clinton und weitere hochrangige Politiker teil. An diesem gegen die Globalisierung gerichteten Protest beteiligten sich zum Teil dieselben Kreise, welche im Vorjahr mit Demonstrationen und anderen Aktionen versucht hatten, die Durchführung der WTO-Tagung in Seattle (US) zu verhindern [35]. Zu Ausschreitungen kam es wie üblich auch bei der sogenannten Nachdemo des linksextremen „Schwarzen Blocks“ am 1. Mai in Zürich [36].
 
Strafrecht
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Ermittlungsmethoden
Als Zweitrat behandelte der Ständerat das neue Bundesgesetz über die Post- und Telefonüberwachung. Er hielt sich weitgehend an die Beschlüsse der grossen Kammer aus dem Vorjahr. Er verschärfte die Bedingungen bezüglich der Überwachung von Berufsgeheimnisträgern noch etwas, indem er festhielt, dass diese Informationen nicht nur aus den Akten ausgesondert werden müssen und im Strafverfahren nicht verwendet werden dürfen, sondern dass sie sofort zu vernichten seien. Zudem nahm er auf Wunsch des Bundesrats die Bestimmung auf, dass Telekommunikationsfirmen verpflichtet sind, ihre Kunden, d.h. auch diejenigen, welche kein Abonnement besitzen, sondern sog. Prepaid-Karten benutzen, zu identifizieren und zu registrieren. Der Nationalrat stimmte in der Differenzbereinigung der restriktiveren Fassung bei Berufsgeheimnisträgern zu, lehnte hingegen mit dem Argument des unzumutbaren Aufwands die neuen Vorschriften für die Telekommunikationsanbieter ab. Da man sich in dieser letzten Frage nicht einigen konnte, entschied schliesslich die Einigungskonferenz. Sie tat dies im Sinne des Nationalrats; die Vorlage konnte in der Herbstsession verabschiedet werden [37].
Die Vereinbarungen mit Deutschland, Österreich und Liechtenstein über die grenzüberschreitende Polizeiarbeit passierten das Parlament nicht ganz problemlos. Die Linke beantragte Nichteintreten, weil der Vertrag mit Deutschland unter gewissen Umständen (die zuwenig genau definiert seien) die grenzüberschreitende verdeckte Fahndung erlauben würde und auch der Informationsaustausch den beteiligten Polizeikräften zu viele Kompetenzen einräume. Dieser Nichteintretensantrag wurde zwar mit 104:56 Stimmen abgelehnt; aber bereits bei Art. 1.1.c kam es zu einer Rückweisung an die Kommission. Umstritten war die Bestimmung, dass in Abweichung vom sonst international mehrheitlich geltenden Recht, Deutschland eine Auslieferungen verlangen kann, wenn die Tat in der Schweiz zwar auch strafbar, aber bereits verjährt ist. Im zweiten Anlauf stimmte der Rat dieser Bestimmung zu, unter anderem auch mit dem Argument, dass die internationale Tendenz in die Richtung gehe, dass generell die Verjährungsfristen des um Auslieferung ersuchenden Staates massgebend sein sollen, um die Flucht von Straftätern in Staaten mit kürzeren Verjährungsfristen zu verhindern. Der Ständerat hiess die Vorlage einstimmig und diskussionslos gut [38].
Der Bundesrat beantragte dem Parlament im weiteren die Ratifizierung eines 1999 mit Ungarn abgeschlossenen Abkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität. Es handelt sich dabei um das erste derartige Abkommen mit einem nicht an die Schweiz angrenzenden Land [39].
Der Bundesrat legte im November seine Botschaft über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifikation von unbekannten oder vermissten Personen vor. Nachdem bereits in einzelnen Kantonen und auf Bundesebene (seit Sommer 2000) versuchsweise entsprechende Datenbanken eingerichtet worden waren, erachtete der Bundesrat eine rasche und einheitliche Regelung der Rahmenbestimmungen für sinnvoll. Das neue Gesetz sieht vor, dass solche Informationen bei der Ermittlungsarbeit genutzt werden dürfen und die Probeentnahme von der Polizei angeordnet werden kann. Weigert sich die betroffene Person, ist eine richterliche Anordnung erforderlich. Nur auf richterliche Anordnung darf eine Massenuntersuchung zur Ermittlung von Straftätern vorgenommen werden (sog. Flächenfahndung). Die ursprünglich vorgesehene Beschränkung dieser Methode auf schwere Straftaten wurde fallengelassen. Die aufgrund der Proben erstellte Datenbank unterliegt den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes und nicht den Sonderbestimmungen über die polizeilichen Informationssysteme. Grundsätzlich sollen die Informationen bei Wegfall des Tatverdachts, bei Freispruch oder bei Ableben der erfassten Personen gelöscht werden [40].
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Strafprozessordnung
Als Zweitrat hatte sich der Ständerat Ende 1999 mit dem neuen Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte befasst. Am umstrittensten war die von der grossen Kammer aufgenommene Bestimmung, dass ein ins Register eingetragener Anwalt unabhängig sein muss, d.h. nicht einer Person unterstellt sein darf, die nicht selbst eingetragen ist. Grundsätzlich stimmte er dieser Regelung zu, nahm aber auf Antrag Schiesser (fdp, GL) Anwälte, die von nichtgewinnorientierten Organisationen (z.B. Berufsverbände, Umweltschutz- oder Mieterorganisationen) angestellt sind, davon aus. In der Differenzbereinigung beschloss der Nationalrat gegen die Stimmen der Linken, dass diese Ausnahme nur für anerkannte gemeinnützige Organisationen, nicht aber für Interessenverbände gelten soll. Diese restriktivere Regelung benachteiligt gemäss ihren Befürwortern die Interessenorganisationen kaum, da sie ihre Mitglieder weitgehend in Spezialgerichten vertreten (z.B. Arbeitsgericht, Mietgericht). Für diese gibt es in keinem Kanton ein Anwaltsmonopol; d.h. ein Eintrag ins Anwaltsregister ist nicht erforderlich. Mit Stichentscheid des Präsidenten schloss sich der Ständerat dem Nationalratsbeschluss an. In der Sommersession konnte das neue Freizügigkeitsgesetz verabschiedet werden. Im Nationalrat geschah dies gegen die Stimmen der SP, welche sich mit den Vorschriften über die Unabhängigkeit der Anwälte nicht anfreunden konnte [41].
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Strafmass und Vollzug
Der Ständerat setzte im Berichtsjahr die Beratung der Revision des Strafgesetzbuchs und des Militärstrafgesetzes fort. Es galt nun noch, die Bestimmungen des Militärstrafgesetzes an die Reform anzupassen und das totalrevidierte und neu in einem eigenen Gesetz festgehaltene Jugendstrafrecht zu beraten. Er hielt sich beim Jugendstrafrecht weitgehend an die Vorgaben des Bundesrates und nahm einige Präzisierungen vor. Als Neuerung führte er die Mediation ein, die bei geringfügigen Vergehen und mit dem Einverständnis aller Beteiligten anstelle einer Strafe treten kann [42].
Die nach einem brutalen Sexualverbrechen an einem Kind im Jahre 1998 von betroffenen Eltern und Verwandten lancierte Volksinitiative „für eine lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewalttäter“ konnte im Mai eingereicht werden. Nachdem es noch zu Jahresbeginn danach ausgesehen hatte, als ob sie scheitern würde, wurden nach einem öffentlichen Aufruf in kürzester Zeit noch fast 150 000 zusätzliche Unterschriften gesammelt, was das Total der Unterzeichnenden auf mehr als 190 000 ansteigen liess [43].
Der im Jahr 1997 mit Thailand abgeschlossene Vertrag über die Überstellung von Straftätern wurde vom Parlament ratifiziert [44].
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Sexuelle Handlungen mit Kindern
Nachdem er mit parlamentarischen Vorstössen zu entsprechenden Aktivitäten verpflichtet worden war und 1998 eine Vernehmlassung durchgeführt hatte, legte der Bundesrat seine Vorschläge zu einer Verbesserung der Stellung der Opfer von sexuellen Delikten mit Kindern vor. Er beantragte, dass die zehnjährige Verjährungsfrist erst ab dem 18. Altersjahr des geschädigten Kindes beginnen soll. Er begründete diesen Vorschlag mit dem Umstand, dass die von sexueller Ausbeutung betroffenen Kinder oft unter Druck stehen (v.a. wenn es sich um Täter aus dem Familienkreis handelt) und erst lange nach der Tat den Schritt an die Öffentlichkeit wagen. Er schlug zudem vor, die bisher für Inzest (Beischlaf mit Blutsverwandten) geltende Verjährungsfrist von zwei auf fünf Jahre zu erhöhen. Analog zur Regelung bei sexuellen Handlungen soll bei der Beteiligung von Kindern unter sechzehn Jahren die Verjährung ebenfalls erst ab dem Erreichen des Mündigkeitsalters zu laufen beginnen [45].
In der gleichen Botschaft beantragte die Regierung auch eine Verschärfung der Vorschriften gegen die unerlaubte Pornografie und gegen extreme Gewaltdarstellungen. Derartige Massnahmen waren nicht nur vom Parlament verlangt worden, sie entsprechen auch den Empfehlungen der UNESCO und anderen internationalen Organisationen und sind in den meisten Industriestaaten bereits eingeführt worden. Demnach soll zukünftig nicht nur Herstellung und Vertrieb, sondern bereits der Erwerb und der Besitz derartiger Produkte bestraft werden. Allerdings gilt dies nicht für alle harten pornografischen Darstellungen, sondern, wie in der Vernehmlassung mehrheitlich verlangt wurde, nur für die Kinderpornografie [46].
Als Ergänzung zur Neuregelung der Verjährungsbestimmungen bei sexuellen Delikten mit Kindern beantragte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats eine Verbesserung des Schutzes dieser Opfer während des Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens. Sie tat dies in Ausführung einer 1996 vom Nationalrat grösstenteils angenommenen parlamentarischen Initiative Goll (sp, ZH). Da die Strafrechtsordnung noch in die Kompetenz der Kantone fällt, wurden die neuen Bestimmungen ins Opferhilfegesetzes aufgenommen. Inhaltlich geht es insbesondere auch um den Schutz vor psychischen Belastungen bei Befragungen und bei Gegenüberstellungen mit dem Täter. Der Nationalrat hiess die Vorschläge oppositionslos gut [47].
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Organisiertes Verbrechen
Bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens, des Drogenhandels, der Geldwäscherei und bei Fällen von schwerer Wirtschaftskriminalität erhielt der Bund im Vorjahr neue Kompetenzen bei der Strafuntersuchung zugesprochen. Da diese neue Kompetenzverteilung den Bund finanziell massiv mehr belasten und die Kantone entlasten wird, überwies der Nationalrat eine Motion seiner Finanzkommission für ein System der Kostenaufteilung zwischen dem Bund und den Kantonen. Gefordert wird darin vom Bundesrat, in Verhandlungen mit den Kantonen zu einer Kostenübernahme zu mindestens zwei Dritteln durch letztere zu gelangen [48].
Im Juli gab der Bundesrat einen Entwurf für die Aufteilung eingezogener Vermögenswerte in die Vernehmlassung. Ein derartiges Gesetz war vom Parlament im Vorjahr mit einer Motion verlangt worden. Der Verteilschlüssel für konfiszierte Vermögenswerte ab 500 000 Fr. sieht vor, dass der Bund auf jeden Fall drei Zehntel erhalten soll, da er mit den oben erwähnten neuen Kompetenzen die Kantone bei der Bekämpfung der Kriminalität stark entlastet. Fünf Zehntel sollen demjenigen „Gemeinwesen“ (Bund oder federführender Kanton) zukommen, welches die Ermittlungen hauptsächlich geleitet und die Einziehung angeordnet hat; die restlichen zwei Zehntel gehen an diejenigen Kantone, in welchen die Gelder deponiert worden sind. Bei internationalen Ermittlungen sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Bundesbehörden ermächtigt werden, mit den anderen beteiligten Staaten Verteilschlüssel zu vereinbaren, wobei im Normalfall die Werte zu gleichen Teilen aufgeteilt werden sollen; für den an die Schweiz fallenden Anteil würde dann wieder der oben dargestellte Verteilschlüssel gelten. Auf die vom Nationalrat mit einem Postulat vorgeschlagene Zweckbindung von beschlagnahmten Geldern aus Drogendelikten will der Bundesrat verzichten. Die Kantone wären bei der Verwendung der ihnen zugesprochenen Mittel allerdings frei, d.h. sie könnten sich für eine Zweckbindung entscheiden [49].
Seit 1998 sind neben den Banken auch die Finanzintermediäre, d.h. Personen und Firmen, die gegen Entgelt fremde Vermögenswerte annehmen oder bei der Anlage oder Übertragung helfen, dem Gesetz über die Geldwäscherei unterstellt und müssen die Herkunft der Gelder abklären und verdächtige Bewegungen melden. Bis zum 31. März 2000 mussten sie angeben, bei welcher Kontroll- und Meldestelle sie angeschlossen sind. Neben den von den Wirtschaftsbranchen nach dem Prinzip der Selbstregulierung eingerichteten Stellen schuf auch der Bund beim Finanzdepartement eine Meldestelle. Von den vermuteten 8-10 000 Finanzintermediären waren bis zum Herbst erst rund 5500 registriert, und bei der zentralen Meldestelle des Bundes stauten sich die pendenten Anmeldungen. Um diesen Vollzugsnotstand zu beheben, stockte das EFD deren Personalbestand auf. Im weiteren liess es abklären, ob im Rahmen des Gesetzes Schwellenwerte für die Meldepflicht eingeführt werden können [50].
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Waffenerwerb
Mit der unbestrittenen Überweisung einer Motion seiner Sicherheitskommission forderte der Nationalrat die Regierung auf, gesetzliche Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen mit Waffennachbildungen und sog. soft-air-guns vorzuschlagen. Eine parlamentarische Initiative Günter (sp, BE) für eine anders motivierte Teilrevision des erst zwei Jahre alten Waffengesetzes fand im Nationalrat hingegen keine Mehrheit. Er hatte verlangt, dass die Bestimmungen für den Kauf einer Waffe von einer Privatperson resp. den Erwerb durch Erbgang so verschärft werden, dass sie den Vorschriften für den Waffenkauf in einem Geschäft entsprechen. Eine Standesinitiative des Kantons Genf mit ähnlicher Stossrichtung wurde vom Ständerat abgelehnt. Dessen Sicherheitskommission sah zwar Handlungsbedarf, lehnte aber insbesondere die Alternativforderung der Genfer Initiative ab, wonach als Ersatz für eine zentrale Regelung die Kantone restriktivere Bestimmungen sollen erlassen dürfen. Mit einer Motion wollte die Kommission die Regierung jedoch beauftragen, strengere Vorschriften für den Waffenhandel unter Privaten vorzuschlagen. Auf Antrag Frick (cvp, SZ), der eine Gesetzesrevision verfrüht fand, wandelte der Rat den Vorstoss in ein Postulat um [51].
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Schmiergelder
Die 1999 eingereichte Motion Jans (sp, ZG), welche auch Schmiergelder an Private nicht mehr als steuerrelevante Geschäftsunkosten gelten lassen wollte, wurde vom Nationalrat abgelehnt. Der Bundesrat hatte dagegen geltend gemacht, dass dies ein für die Wirtschaft schädlicher Alleingang der Schweiz bedeuten würde, da andere Industriestaaten vergleichbare Bestimmungen kennen [52].
 
Zivilrecht
Nach der Bereinigung der letzten Differenzen beim Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilrechtsachen wurden die neuen Bestimmungen in der Frühjahrssession vom Parlament verabschiedet und vom Bundesrat auf Anfang 2001 in Kraft gesetzt [53].
Als Zweitrat stimmte auch der Ständerat der Motion Nabholz (fdp, ZH) für die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für den Umgang mit digitalen Unterschriften und Urkunden zu. Bereits zuvor hatte der Bundesrat mit einer neuen Verordnung die Leitplanken gesetzt für die Verwaltung der öffentlichen Schlüssel, welche die Echtheit der Unterschriften zertifizieren. Diese Aufgabe soll in der Schweiz von einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft (Swisskey AG) übernommen werden. Bei der Anerkennung der digitalen Unterschrift steht die Schweiz unter Wettbewerbsdruck, hat doch die EU anfangs Jahr mit einer Richtlinie die allgemeinen Bedingungen in Kraft gesetzt, welche ihre Mitgliedstaaten bis Mitte 2001 ins nationale Recht umsetzen müssen. Der Direktor des Bundesamts für Justiz, Heinrich Koller, skizzierte zwar im Oktober den Inhalt des entsprechenden neuen Gesetzes, das neben der Gleichstellung der digitalen mit der handschriftlichen Signatur auch Konsumentenschutzbestimmungen für im Internet abgeschlossene Kauf- und Mietverträge bringen soll. Die angekündigte Vernehmlassung wurde aber erst Anfang 2001 gestartet [54].
Im Herbst eröffnete der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren über eine Vereinheitlichung des in 30 Gesetzen verstreuten Haftpflichtrechts. Als wichtige Neuerung ist die Verdoppelung der Verjährungsfrist für Schadenersatzforderungen auf 20 Jahre vorgesehen [55].
 
Weiterführende Literatur
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Grundrechte
Dieth, Eric, Politisiertes Recht oder verrechtlichte Politik?, Zürich (Diss. jur.) 2000.
Wiederkehr, René, Die Kerngarantie am Beispiel kantonaler Grundrechte, Bern 2000.
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Statistik
Fellegi, Ivan / Ryten, Jacob, Le système statistique suisse: examen par les pairs, Neuchâtel (OFS) 2000.
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Einbürgerung
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Grisel, Etienne, Egalité: les garanties de la Constitution fédérale du 18 mai 1999, Berne 2000.
Häberle, Peter / Müller, Jürg-Paul (Hg.), Menschenrechte und Bürgerrechte in einer vielgestaltigen Welt, Basel 2000.
Piguet, Etienne / Wanner, Philippe, Die Einbürgerungen in der Schweiz: Unterschiede zwischen Nationalitäten, Kantonen und Gemeinden, Neuenburg (BFS) 2000.
Previtali, Adriano, „Naturalisation: sur quelles critères?“, in Plädoyer, 2000, Nr. 3, S. 48-51.
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Öffentliche Ordnung und Strafrecht
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Hauser, Gerhard, „Schweizerische Rechts- und Amtshilfe beim Zigarettenschmuggel“, in Aktuelle juristische Praxis, 2000, S. 1391-95.
Huber, Peter, „Ausländerkriminalität in der Schweiz“, in Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht, 2000, Nr. 3, S. 220-44.
Meier, Isaak, „Bundesanwaltsgesetz: Probleme in der Praxis“, in Plädoyer, 2000, Nr. 5, S. 30-41.
Gamma, Marco, Möglichkeiten und Grenzen der Privatisierung polizeilicher Gefahrenabwehr, Bern (Haupt) 2000.
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Spahr, Christoph, Internet und Recht, Zürich 2000.
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H.H.
 
[1] AB SR, 2000, S. 62 ff. und 226; AB NR, 2000, S. 459; BBl, 2000, S. 2168 ff. Vgl. SPJ 1999, S. 22 f.1
[2] AB SR, 2000, S. 41 f. Vgl. SPJ 1999, S. 23.2
[3] AB SR, 2000, S. 67 ff. Vgl. SPJ 1998, S. 25.3
[4] Bericht des Bundesrats über die Menschenrechtspolitik der Schweiz in BBl, 2000, S. 2586 ff.; AB NR, 2000, S. 1092 ff. und 1108 (Postulat); AB SR, 2000, S. 631 ff.; Presse vom 4.10.00.4
[5] BBl, 2001, S. 391 ff. Vgl. SPJ 1998, S. 83 f.5
[6] AB SR, 2000, S. 7 ff. und 229; AB NR, 2000, S. 463; BBl, 2000, S. 2136 ff. und 2160 ff. Vgl. SPJ 1999, S. 24.6
[7] AB SR, 2000, S. 191 ff., 386 f. und 478; AB NR, 2000, S. 639 ff. und 852 f. Vgl. SPJ 1999, S. 24.7
[8] AB NR, 2000, S. 1180; AB SR, 2000, S. 10.8
[9] NZZ, 4.2.00; Blick, 3.1. und 4.1.00; BaZ, 29.11.00.9
[10] BBl, 2000, S. 4751 ff.; AB SR, 2000, S. 748 ff.10
[11] BaZ, 28.9. und 2.12.00; TA, 29.11.00 (Pannen); NZZ, 18.12.00 (Internet). Vgl. SPJ 1990, S. 22 f.11
[12] AB NR, 2000, S. 676 ff. (Hubmann) und 1538 ff. (Zisyadis). Allg. zur Einbürgerungsproblematik siehe NZZ, 15.8.00 sowie eine vom BfS veröffentlichte Studie (vgl. Presse vom 7.11.00 und Lit. Piguet).12
[13] AB NR, 2000, S. 813 f.; AB SR, 2000, S. 657 f. Emmen: Blick, 24.2. und 13.3.00; TA, 21.3.00. Zur These der Grundrechtsverletzung siehe auch TG, 24.3.00 und NZZ, 27.3.00 (Andreas Auer) sowie Lit. Auer.Vgl. auch die Diskussionen im Parlament im Anschluss an Interpellationen zur Einbürgerungspraxis in Emmen in AB NR, 2000, S. 677 ff. und AB SR, 2000, S. 274 f. Siehe SPJ 1999, S. 24 f.13
[14] BaZ, 25.3., 30.3. und 20.5.00; NZZ, 30.3.00.14
[15] TA, 7.1., 14.1., 3.11. (Staatsrechtler) und 16.12.00; NZZ, 31.8.00 (Exekutive). Vgl. SPJ 1999, S. 25.15
[16] NZZ, 7.4. und 2.11.00; TA, 13.12.00 (Referendum). Gemäss Zürcher Gemeindeordnung kommen Volksinitiativen nicht automatisch vor das Volk. Vgl. SPJ 1999, S. 25.16
[17] Bund, 18.4.01.17
[18] AB NR, 2000, S. 412; AB SR, 2000, S. 560 (Motion) und 846 (Empfehlung).18
[19] Bund und NZZ, 19.5.00; NZZ, 30.5.00; AB NR, 2000, S. 494 ff. (Wyss hatte ihre Initiative zugunsten der Motion zurückgezogen); Presse vom 6.6.00. Die ursprünglich ebenfalls im Unterstützungskomitee vertretenen Jungfreisinnigen zogen sich nach einer Konsultation ihrer Sektionen und Mitglieder zurück (LNN, 19.5.00; NZZ, 5.6.00).19
[20] AB NR, 2000, S. 498 f. (die Ablehnung erfolgte mit 100:11 Stimmen).20
[21] NE: LT, 7.3.00; Express, 25.9.00. JU: LT, 22.5.00; TA, 21.11.00; WoZ, 30.11.00. Vgl. SPJ 1998, S. 27.21
[22] LT, 14.9. und 25.9.00.22
[23] SH: NZZ, 29.5.00. SG: SGT, 27.9.00.23
[24] AB NR, 2000, S. 819 ff. (pa. Iv.) und 733 f. (Motion). Vgl. auch die Interpellationen Teuscher (gb, BE) und Bühlmann (gp, LU) zu diesem Thema in AB NR, 2000, S. 734 ff. und 738 ff. Zur Affäre Bellasi siehe SPJ 1999, S. 26.24
[25] AB SR, 2000, S. 326.25
[26] Bericht Brunner: Presse vom 14.2.00; vgl. dazu auch SPJ 1999, S. 26. BR: NZZ, 7.9. und 26.10.00; TG, 5.12.00.26
[27] LT, 21.3.00; Lib., 3.4.00. Vgl. SPJ 1999, S. 25 f.27
[28] AB SR, 2000, S. 508 f.; NZZ, 24.11.00 (NR-Komm.). Vgl. SPJ 1999, S. 26 f.28
[29] AB NR, 2000, S. 1144 f. (Baumann) und 1065 ff. (Schmied). Vgl. auch die Antwort des BR auf diverse Interpellationen Freund (svp, AR) in AB NR, 2000, S. 1065 ff. und 1145. Siehe auch TG, 6.4.00.29
[30] Bund, 4.5.00; NZZ, 2.12.00. Vgl. SPJ 1999, S. 32.30
[31] Bern: So-Blick, 23.1. (1500/gegen Adtranz-Schliessung); Bund, 9.6. (2000/gegen kantonale Sparmassnahmen in der Bildung); Bund, 10.7. (3000/Homosexuelle für gleiche Rechte); Bund, 7.9. (1200/Angestellte von Kraftwerken gegen AKW-Verbot); Bund, 6.11. (20 000/Gewerkschafter für Lohnerhöhungen und gegen Abbau des Service public). Zürich: NZZ, 5.5. (7000/Spitalpersonal); NZZ, 26.6. (2000/Homosexuelle für gleiche Rechte); NZZ, 11.9. (1500/für Haschisch-Legalisierung); TA, 28.9. (5000/Staatspersonal). Genf: NZZ, 4.4. (4000/Tamilen); 24h, 26.6. (5000/Gegen WTO und Globalisierung). Lausanne: Lib,. 4.2. (7000/Staatsangestellte). Luzern: NZZ, 18.9. (2500/gegen Rechtsradikale). St. Gallen: Blick, 30.8. (1500/gegen Rechtsradikale). Biel: Bund, 15.11. (1200/Lehrer für mehr Lohn). Liestal: BaZ, 11.9. (1000/gegen Rechtsradikale). 31
[32] Bericht: NZZ und TA, 16.5.00; NZZ, 20.9.00. Rütli: Blick, 2.8.00. Allg. zu den Skinheads siehe auch NZZ, 10.8.00; Baz, 15.8.00; Lit. Schweiz. Bundespolizei.32
[33] AB NR, 2000, S. 1156 ff. Zur Bekämpfung illegaler Inhalte auf dem Internet siehe unten, Teil I, 8c (Neue Kommunikationstechnologien).33
[34] Bern: Bund, 24.1.00. Zürich: NZZ, 25.9.00.34
[35] Presse vom 31.1.00.3
[36] NZZ und TA, 2.5.00.36
[37] AB SR, 2000, S. 400 ff., 560 ff., 659 ff., 718 f. und 720; AB NR, 2000, S. 866 ff., 1021 ff., 1156 und 1207; BBl, 2000, S. 5128 ff. Vgl. SPJ 1999, S. 28. Die vom BR in derselben Botschaft beantragten Regeln für die verdeckte Ermittlung sind vom Parlament noch nicht behandelt worden.37
[38] AB NR, 2000, S. 388, 406 ff. und 661 ff.; AB SR, 2000, S. 583 ff. Vgl. SPJ 1999, S. 28.38
[39] BBl, 2000, S. 4927 ff.39
[40] BBl, 2001, S. 29 ff.; Presse vom 10.11.00. Vgl. SPJ 1999, S. 29.40
[41] AB SR, 1999, S. 1158 ff.; AB SR, 2000, S. 112 f., 233 ff., 398 f. und 479; AB NR, 2000, S. 37 ff., 659 f. und 853; BBl, 2000, S. 3594 ff. Vgl. SPJ 1999, S. 29. Siehe auch Lit. Meier.41
[42] AB SR, 2000, S. 28 ff. (Militärstrafrecht) und 737 ff. (Jugendstrafrecht). Vgl. SPJ 1999, S. 30. Zum Strafvollzug siehe Lit. Besozzi (vgl. dazu auch Bund, 15.1.00 und Besozzi in NZZ, 22.4.00), zum Jugendstrafrecht NZZ, 14.9. und 20.11.00 sowie TA, 21.9.00 (Mediation).42
[43] BBl, 2000, S. 3336 ff.; Bund, 17.2.00 (Aufruf); SGT, 10.3.00; Presse vom 4.5.00 (Einreichung). Für den besonderen Erfolg der Initiative im Wallis, wo auf Initiative von ebenfalls von einem Gewaltverbrechen betroffenen Eltern über 40 000 Unterschriften gesammelt wurden, siehe auch NF, 19.2. und 5.4.00. Vgl. SPJ 1998, S. 32.43
[44] AB SR, 2000, S. 39 f.; AB NR, 2000, S. 660. Vgl. SPJ 1999, S. 30 f.44
[45] BBl, 2000, S. 2943 ff.; Presse vom 11.5.00. Vgl. SPJ 1999, S. 31.45
[46] BBl, 2000, S. 2943 ff.; Presse vom 11.5.00. Vgl. SPJ 1999, S. 31.46
[47] BBl, 2000, S. 3744 ff. und 3766 ff. (Stellung des BR); AB NR, 2000, S. 1171 ff.; TA, 6.10.00. Siehe SPJ 1996, S. 26.47
[48] AB NR, 2000, S. 306 f.; SPJ 1999, S. 31. Der Bund plant, in den nächsten vier Jahren mehr als 400 neue Ermittler einzustellen und rechnet mit jährlichen Zusatzkosten von gut 80 Mio Fr. (Bund, 19.10.00; NZZ, 20.10.00).48
[49] NZZ, 11.7.00. Zur Forderung nach einer Zweckbindung siehe auch TA, 12.10.00. Vgl. SPJ 1999, S. 32.49
[50] BaZ, 30.11.00. Siehe SPJ 1997, S. 34. Siehe dazu auch die Antwort des BR auf eine Interpellation Marty (fdp, TI) in AB SR, 2000, S. 873 ff.50
[51] AB NR, 2000, S. 1192 (Motion) und 1128 ff. (Günter); AB SR, 2000, S. 912 ff. Vgl. auch Ww, 13.4.00.51
[52] AB NR, 2000, S. 1527 f. Vgl. SPJ 1999, S. 33.52
[53] AB SR, 2000, S. 27 f. und 227; AB NR, 2000, S. 388 f. und 460; BBl, 2000, S. 2183 ff.; NZZ, 12.12.00. Vgl. SPJ 1999, S. 33.53
[54] Motion: AB SR, 2000, S. 224. Unterschrift: TA, 25.10.00. Verordnung: NZZ, 20.4. und 26.9.00. Allgemein dazu siehe BaZ, 16.6.00. Vgl. SPJ 1999, S. 33 f.54
[55] NZZ, 10.10.00.55
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