Année politique Suisse 2003 : Politique sociale / Santé, assistance sociale, sport
Gesundheitspolitik
Der Nationalrat nahm ein Postulat seiner SGK an, mit welchem der Bundesrat eingeladen wird, die Prozesse der Umsetzung komplexer Reformvorhaben im Gesundheitswesen zu analysieren und Vorschläge zu unterbreiten, wie künftig eine kohärentere
Vorbereitung und Umsetzung der Reformen unter Einbezug der Partner im Gesundheitswesen sichergestellt werden kann
[1].
Die nationalrätliche SGK vertrat die Auffassung, dass im Rahmen der Aufhebung des Kontrahierungszwangs und der kantonsweisen Festlegung des medizinischen Bedarfs (siehe unten, Medizinalpersonen) eine zuverlässige
Statistik zur medizinischen Demographie unerlässlich wird, die aber nicht auf kantonaler, sondern auf nationaler Ebene erfolgen sollte, weshalb sie den Bundesrat in einem überwiesenen Postulat ersuchte, eine entsprechende Studie in Auftrag zu geben
[2].
Bund und Kantone schlossen eine
Vereinbarung zur nationalen Gesundheitspolitik, die eine engere Zusammenarbeit aller involvierter Kreise anstrebt. Es soll ein regelmässiger Informationsaustausch stattfinden, die gemeinsamen gesundheitspolitischen Felder sollen abgesteckt, Grundlagen-, Vorbereitungs- und Entwicklungsarbeiten festgelegt und gemeinsame Stellungnahmen und Empfehlungen verabschiedet werden. An dem Dialog, der mehrmals jährlich stattfinden wird, beteiligen sich der Vorsteher des EDI und die Vertreter der verantwortlichen Bundesstellen sowie der Vorstand der Gesundheitsdirektorenkonferenz und deren Zentralsekretär
[3].
Im Dezember nahm die neu gegründete Stiftung für
Patientensicherheit ihre Arbeit auf. Sie versteht sich als Antwort auf die nationale und internationale Diskussion über die Patientensicherheit in der stationären und ambulanten medizinischen Versorgung. Die Tätigkeit der Stiftung stützt sich auf die Vorschläge der vom EDI eingesetzten Expertengruppe „Patientensicherheit“ ab. Diese hatte die folgenden Massnahmen empfohlen: Erarbeitung einer Datenbasis zu medizinischen Fehlern, Analyse der Ursachen und Risikofaktoren, Entwicklung von Sicherheitsstrategien und -instrumenten, Kommunikation sowie Wissenstransfer und Unterstützung der von schwerwiegenden Zwischenfällen betroffenen Patientinnen und Patienten und des beteiligten Personals
[4].
Wie eine Studie in mehreren europäischen Ländern zeigte, ist in der Schweiz die
Sterbehilfe ein weit verbreitetes Phänomen. Rund 50% aller hiesigen Todesfälle werden von Sterbehilfe-Entscheiden begleitet; bei einem Drittel kommt der Tod so plötzlich und unerwartet, dass sich die Frage nach Sterbehilfe gar nicht erst stellt, beim verbleibenden Sechstel wird der Tod zwar erwartet, doch ist Sterbehilfe kein Thema. Am häufigsten (28%) wird die passive Sterbehilfe praktiziert, bei der lebenserhaltende Massnahmen bei todkranken Patienten abgebrochen oder gar nicht erst eingeleitet werden. Indirekt aktive Sterbehilfe – darunter fallen Behandlungen, die das Leiden mildern, gleichzeitig aber auch die Überlebenszeit verkürzen können – fanden die Wissenschafter bei 22% der Todesfälle. Suizidbeihilfe führte in 0,4% zum Tod, und die einzige in der Schweiz strafbare Form der Sterbehilfe, die aktive Sterbehilfe, in 0,7% der Fälle. Eigentliche Sterbehilfeorganisationen, wie „Exit“ und „Dignitas“, scheint es lediglich in der Schweiz zu geben, was damit zusammenhängen mag, dass in anderen Ländern jede Sterbehilfe strafbar ist (insbesondere in Südeuropa), oder aber völlig straffrei (wie in den Niederlanden und Belgien), weshalb es dort keine Grauzone gibt
[5].
Ausgehend von mehreren Vorstössen hatte sich der Nationalrat bereits 2001 intensiv mit dem Thema der Sterbehilfe befasst, ohne allerdings eindeutig Stellung zu beziehen. Er hatte lediglich eine Motion überwiesen, die den Bundesrat beauftragte, Gesetzeslücken bei der passiven und der indirekt aktiven Sterbehilfe im Sinn der Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) zu schliessen und zu prüfen, wie die Palliativmedizin speziell gefördert werden könne. Der Ständerat war der Ansicht, der Verweis auf die SAMW sei zu eng gefasst und die Aufforderung zur Unterstützung der palliativen Behandlungsmöglichkeiten zu wenig verbindlich formuliert, weshalb er die nationalrätliche Motion lediglich als Postulat beider Räte verabschiedete, stattdessen aber im Einverständnis mit dem Bundesrat eine analoge Motion seiner Rechtskommission guthiess; diese beauftragt die Regierung in einer offeneren Formulierung, Vorschläge für eine
gesetzliche Regelung der indirekten aktiven und passiven Sterbehilfe zu unterbreiten sowie Massnahmen zur Förderung der Palliativmedizin zu treffen
[6].
Mit 152 zu 9 Stimmen gab der Nationalrat klar einer parlamentarischen Initiative Gross (sp, TG) für die Einführung eines einheitlich ausgestalteten
Patiententestaments Folge. Der Persönlichkeitsschutz gemäss Zivilgesetzbuch soll durch eine Bestimmung ergänzt werden, wonach schriftlichen Weisungen von Patienten und Patientinnen bezüglich medizinischer Behandlungsmassnahmen und des Rechts auf einen würdevollen Tod gesetzlich verbindliche Wirkung zukommt, soweit diese nicht im Widerspruch mit der Rechtsordnung stehen und zum Zeitpunkt des Todes dem aktuellen oder mutmasslichen Willen der Betroffenen noch entsprechen
[7].
Erstmals wurden – wenn auch in mehr journalistischer denn wissenschaftlicher Form – die
Folgekosten des Suizidgeschehens in der Schweiz beziffert. Die rund 1300 Selbsttötungen des Jahres 1998 verursachten pro Fall rund 4000 Fr. Kosten bei Polizei und Rechtsmedizin. Die versicherungsrechtlichen Suizidfolgekosten (Witwen- und Waisenrenten sowie Leistungen aus Lebensversicherungen) wurden auf 65 Mio Fr. veranschlagt. Weit kostspieliger als erfolgreiche Selbsttötungen sind Suizidversuche mit gesundheitlichen Folgen (rund die Hälfte der geschätzten 30 000 Fälle). Die Untersuchung schätzte die jährlichen Kosten des gesamten Suizidgeschehens auf 2,3 Mia Fr., wovon ungefähr 2 Mia Fr. allein durch das Entstehen von rund 500 neuen lebenslangen Pflegefällen ausgelöst werden
[8].
Die Statistiker des BFS werteten alles verfügbare Zahlenmaterial zur Entwicklung der schweizerischen Gesundheitskosten von 1960 bis 2000 aus. Dabei relativierten sie das von Politikern gerne verwendete dramatische Bild der „Kostenexplosion“: Die Kostenentwicklung sei kein Vulkanausbruch jüngeren Datums, sondern ein seit 40 Jahren stetig verlaufendes Phänomen. In den 90er Jahren, als die Politik sich mit neuer Intensität dem Gesundheitswesen zuwandte, war die teuerungsbereinigte Kostenzunahme mit jährlich 2,3% sogar geringer als in den untersuchten Jahrzehnten zuvor: Zwischen 1960 und 1990 belief sie sich auf 3,9%. Die Gesundheitskosten stiegen losgelöst von Wirtschaftszyklen, aber auch weitgehend unbeeinflusst vom seit 1996 geltenden KVG. Gemäss BFS beruht der Kostenanstieg auf einem komplexen Geflecht von Ursachen. Erwähnt wurden auf der Angebotsseite die wachsende Spezialisierung und Technisierung, die steigende Zahl von Ärzten in freier Praxis und die Entwicklung neuer, kostspieliger Medikamente. Auf der Nachfrageseite verwiesen die Statistiker auf den (dank KVG) verbesserten Zugang der Bevölkerung zu qualitativ hoch stehender Versorgung, die gestiegene Anspruchshaltung und andere Merkmale des gesellschaftlichen Wandels.
Der
Gesellschaftswandel spiegelt sich anschaulich in der Kostenentwicklung der stationären Versorgung. Der Anteil der Spitäler, Alters- und Pflegeheime, Behinderteninstitutionen, sozialpsychiatrischen Einrichtungen und Suchtbehandlungsstellen an den Gesamtkosten stieg von 39,7% im Jahr 1960 auf 51,8% im Jahr 2000. Das BFS erklärte diesen Trend mit der Alterung der Bevölkerung, mit loser gewordenen familiären und nachbarschaftlichen Solidaritätsnetzen, höheren Komfortansprüchen und sozialen Ausgrenzungserscheinungen. Die teilweise Übernahme der Pflegekosten durch das KVG wirkte sich gemäss Statistik hingegen kaum aus; der grösste Schub in diesem Bereich fand schon vor 1996 statt, insbesondere zwischen 1960 und 1971. Das neue Zahlenwerk beleuchtete neben dem Kostenwachstum auch die
Verteilung der Finanzierungslast und damit das zweite grosse Problem des schweizerischen Gesundheitssystems: Der Anteil der öffentlichen Hand sank zwischen 1960 und 2000 von 31,4% auf 25,3%. Im Gegenzug stieg die Belastung der Haushalte immer weiter, von 55,4% (1971) auf 68,2% (2000). Das erklärt sich im Wesentlichen mit den proportional gesunkenen Kantonssubventionen für die Spitäler
[9].
Mit etwas über 77% Ja nahmen die Stimmberechtigten am 9. Februar das im Vorjahr im Dringlichkeitsverfahren erlassene
Bundesgesetz über die Spitalkostenfinanzierung deutlich an. Dieses war nach einem Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts von 2001 notwendig geworden. Gegen den Beschluss, der die Kantone verpflichtet, ab 2002 stufenweise den Sockelbeitrag für die stationäre Behandlung in einem öffentlichen oder öffentlich-subventionierten Spital auch für jene Patientinnen und Patienten zu übernehmen, die eine Zusatzversicherung abgeschlossen haben, war von der Krankenkasse Assura, die geltend machte, der EVG-Entscheid sei bereits 2002 vollumfänglich anzuwenden, das Referendum eingereicht worden. Der Bundesrat, die Kantone, alle namhaften Parteien sowie mit Ausnahme von Assura und Supra sämtliche Krankenversicherer warben für ein Ja zum Bundesbeschluss, da es bei einer Ablehnung zu endlosen Rechtsstreitigkeiten und voraussichtlich zu Steuererhöhungen in den Kantonen gekommen wäre. Da dem Ansinnen der Assura von Anfang an keine Chancen eingeräumt wurden, warf die Abstimmungskampagne keine hohen Wellen. Am deutlichsten wurde das Bundesgesetz in den Kantonen Genf, Neuenburg, Basel-Stadt, Luzern und Graubünden angenommen, die Ja-Mehrheiten von über 80% auswiesen. Die geringste Ablehnung (gut 30% Nein-Stimmen) erfolgte im Kanton Waadt, in dem die Assura als Krankenversicherer besonders präsent ist
[10].
Bundesgesetz über die Anpassung der kantonalen Beiträge für die innerkantonalen stationären Behandlungen nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung
Abstimmung vom 9. Februar 2003
Beteiligung: 28,7%
Ja: 1 028 673 (77,3%)
Nein: 301 128 (22,7%)
Parolen:
– Ja: CVP, EVP, FDP, GP, Lega, LP, SD, SP, SVP (2*); SGB, Travail Suisse, SBV, SGV, Santésuisse, SDK.
– Nein: FP, EDU.
– Stimmfreigabe: PdA; SAGV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen.
Einen Hauptbestandteil der 2. KVG-Revision (siehe unten, Teil I, 7c, Krankenversicherung) bildete die Überführung dieser Regelung in geltendes Recht, d.h. der definitive Übergang zu leistungsbezogenen Pauschalen und zu einer
dual-fixen Spitalfinanzierung, bei der Kantone und Versicherer zu gleichen Teilen für die Investitions- und Betriebskosten der öffentlichen und privaten Listenspitäler aufkommen. Im Ständerat, der die Vorlage als Erstrat behandelte, wollte eine Minderheit Stähelin (cvp, TG) bereits in dieser Revisionsetappe zur monistischen Finanzierung übergehen, bei der es nur noch eine Zahlstelle (Kassen) gibt und die kantonalen Subventionen nicht mehr an die Leistungserbringer, sondern an die Zahlstelle fliessen. Obgleich Einigkeit darüber herrschte, dass die monistische Finanzierung dereinst kommen soll, war der Ständerat doch der Ansicht, dieser Systemwechsel wäre im heutigen Zeitpunkt zu abrupt, weshalb er den Antrag mit 22 zu 16 Stimmen ablehnte. Der Nationalrat stimmte der Neuregelung diskussionslos zu. Da die KVG-Revision im Nationalrat definitiv scheiterte, sind diese Beschlüsse hinfällig
[11].
Der Nationalrat stimmte einem Postulat Rossini (sp, VS) zu, welches den Bundesrat ersucht, die Erarbeitung von Kriterien zu veranlassen, auf deren Grundlage die optimale Grösse von Akutspitälern festgelegt werden kann, sowie fundierte Modelle für eine echte, zwischen dem Bund und den Kantonen abgestimmte
Spitalplanung zu entwickeln. Er hiess ebenfalls ein Postulat Wirz-von Planta (lp, BS) gut, das den Bundesrat beauftragt, im Bereich der Planung der stationären Versorgung die Bildung von Versorgungsregionen zu prüfen
[12].
Gegen den Willen des Bundesrates, der Umwandlung in ein Postulat beantragt hatte, nahm der Nationalrat mit 137 zu 5 Stimmen eine Motion seiner SGK an, die verlangt, den entsprechenden Artikel der KV-Verordnung so zu ändern, dass
allein stehende Personen – in Bezug auf die finanzielle Belastung – gegenüber Personen, die mit anderen Personen in einem gemeinsamen Haushalt leben, nicht benachteiligt werden. Heute müssen die Versicherten neben Selbstbehalt und Franchise einen nach der finanziellen Belastung der Familie abgestuften Beitrag an die Kosten eines Spitalaufenthalts bezahlen. Die Verordnung setzt diesen Beitrag für allein stehende Personen auf 10 Fr. pro Tag fest, da davon ausgegangen wird, dass ihnen während dieser Zeit keine Kosten für Mahlzeiten entstehen, während die Aufwendungen in mehrköpfigen Haushalten weiterlaufen
[13].
Bis Ende 2002 mussten die Krankenkassen lediglich einen Beitrag an die in
Pflegeheimen und im Spitexbereich erbrachten Leistungen der Grundpflege bezahlen. Durch eine Verordnungsänderung wurden die Leistungen der Versicherer per Anfang 2003 insofern ausgeweitet, als sie verpflichtet wurden, die tatsächlichen Pflegekosten zu übernehmen. Die Krankenkassen schätzten, dass ihnen dies Mehrkosten von rund einer Mia Fr. bescheren würde, was die Prämien entsprechend ansteigen liesse. Bei der Beratung der 2. KVG-Revision wollte der Ständerat den Versicherern insofern entgegen kommen, als er eine Bestimmung ins Gesetz einfügte, die es dem Bundesrat erlaubt hätte, umgehend wieder den Status quo ante herzustellen resp. die Belastung der Versicherer auf dem Stand von Anfang 2003 einzufrieren. Auch der Nationalrat war der Ansicht, dass hier Handlungsbedarf besteht, sprach sich aber gegen die vom Ständerat gewählte, die künftige Entwicklung präjudizierende Formulierung aus. Er beschloss im Sommer, die Klärung dieser Frage auf die 3. KVG-Revision resp. auf eine separate Vorlage zu verschieben
[14].
Nach umfangreichen Hearings beantragte die Kommission des Ständerates dem Plenum, die Pflegefinanzierung
nicht mit der laufenden Revision zu ändern, um nicht die gesamte Vorlage wegen dieser Frage scheitern zu lassen. Sie legte aber eine Motion vor, welche den Bundesrat beauftragte, dem Parlament bereits 2004 die Botschaft zu einer neuen Finanzierung der Krankenpflege in Koordination mit der Leistungspflicht anderer Sozialversicherungen einschliesslich der Ergänzungsleistungen zur AHV zu unterbreiten. Die Motion wurde vom Ständerat angenommen, vom Nationalrat aber abgelehnt, weil sie das heutige Finanzierungsvolumen der Krankenversicherer festschreiben wollte. Stattdessen überwies der Nationalrat eine Motion seiner SGK mit gleichem Wortlaut, allerdings ohne Einfrieren der Tarife
[15].
Ältere, pflegebedürftige Patienten erhalten oft nicht jene medizinische Behandlung, die ihrem Zustand angemessen wäre. Gemäss internationalen Studien ist bei einer grossen Zahl von alten Menschen, die in Heimen betreut werden, die Schmerztherapie ungenügend, die Rehabilitation unzureichend und die medikamentöse Behandlung inadäquat. Heutzutage stellt nicht mehr die Überbehandlung älterer Menschen ein Problem dar, sondern die Unterbehandlung. Kostendruck, Fallpauschalen und gesellschaftliche Vorurteile dem hohen Alter gegenüber verstärken diese Tendenzen. Als Reaktion darauf verabschiedete die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) Richtlinien und Empfehlungen zur «Behandlung und Betreuung älterer pflegebedürftiger Menschen». Die Richtlinien wurden von einer Expertengruppe mit Vertretenden der Ärzteschaft, der Pflege, der Heime, der Seniorenverbände, der Rechtswissenschaft und der Ethik entwickelt. Erstmals wurde damit auf nationaler Ebene ein Dokument vorgelegt, das die
Rechte von älteren pflegebedürftigen Personen klärt. Zentrale Punkte der Richtlinien betreffen die Kontinuität und Qualität der Betreuung, die Entscheidungsprozesse bei fehlender Urteilsfähigkeit, die Anwendung freiheitsbeschränkender Massnahmen, Fragen zu Sterben, Palliation und Beihilfe zum Suizid sowie die Forderung nach adäquater Aus-, Weiter- und Fortbildung des Fachpersonals
[16].
Bundesrätin Dreifuss hatte den starren Vertragszwang im ambulanten Bereich nur mittelfristig aufheben wollen. Ihr Nachfolger im EDI, Bundespräsident Couchepin, machte hingegen gleich nach seinem Amtsantritt Dampf in dieser Sache. Anstatt einer generellen
Aufhebung des Vertragszwangs zwischen Ärzteschaft und Versicherern brachte er ein neues Modell in die Diskussion, das von der vorberatenden Kommission des Ständerates noch verfeinert wurde. Demnach sollten die Kantone festlegen, wie viele Leistungserbringende der einzelnen Sparten es unter Berücksichtigung des Angebots in den Nachbarkantonen auf ihrem Gebiet braucht. Die Krankenversicherer sollten lediglich noch verpflichtet sein, mit mindestens dieser Zahl von Leistungserbringern zusammenzuarbeiten, und zwar mittels Verträgen von jeweils vier Jahren und einer Kündigungsfrist von 18 Monaten vor Auslaufen des Vertrags. Bereits zu Lasten der sozialen Krankenversicherung praktizierende Ärztinnen und Ärzte sollten bei Inkrafttreten der Gesetzesrevision Anrecht auf einen ersten Vertrag von vier Jahren haben. Alte Patientinnen und Patienten mit einer langjährigen Arztbeziehung und einem schweren Leiden sollten ihren Arzt aber auf jeden Fall behalten können. Ärzte, die sich in einem kostengünstigen
Netzwerk mit Budgetverantwortung zusammenschliessen, sollten beim Abschluss eines Vertrages von den Versicherern bevorzugt werden. Die Kommission wollte den Übertritt der Versicherten in die Netzwerke dadurch fördern, dass für diese der
Selbstbehalt bei 10% belassen, für alle anderen Versicherten auf 20% angehoben werden sollte. Das Plenum des Ständerates, das sich bereits 2001 grundsätzlich für die Aufhebung des Vertragszwangs ausgesprochen hatte, stimmte dem neuen Modell oppositionslos zu
[17].
Der
Nationalrat, der im Vorjahr eine Aufhebung des Vertragszwangs noch abgelehnt hatte, sagte nun mit 153 zu 18 Stimmen Ja zum neuen Modell, schwächte die Lockerung allerdings noch etwas ab. Er entschied, dass chronisch Kranke ihren Arzt behalten dürfen, auch wenn dieser mit ihrer Kasse keinen Vertrag mehr hat.
Ärztenetze mit Budgetverantwortung sollten von den Kassen nicht nur bevorzugt, sondern automatisch mit einem Vertrag versehen werden. Auf Antrag der SVP, die argumentierte, damit würde die freie Arztwahl „bestraft“, verzichtete er aber mit 134 zu 23 Stimmen auf eine Anhebung des Selbstbehaltes für die Versicherten in traditionellen Versicherungsformen
[18].
Da er den Anreiz für einen Wechsel zu den besonderen Versicherungsformen unbedingt aufrechterhalten wollte, beschloss der Ständerat mit 24 zu 10 Stimmen Festhalten. Er signalisierte aber zuhanden der sich abzeichnenden Einigungskonferenz gleichzeitig seine Bereitschaft, die Verdoppelung des Selbstbehalts nicht im Gesetz zu verankern, sondern nur festzuschreiben, dass eine Differenzierung erfolgen muss, deren Ausmass aber der
Kompetenz des Bundesrates zu überlassen. Diese Lösung setzte sich in der Einigungskonferenz dann auch durch. Da die 2. KVG-Revision im Nationalrat definitiv scheiterte, sind diese Beschlüsse hinfällig
[19].
Die stufenweise Einführung der neuen, einheitlichen Tarifstruktur
TarMed – 1.5.2003 für den Invaliden-, Militär- und
Unfallversicherungsbereich und 1.1.2004 für den Krankenversicherungsbereich – verlief harzig und war von Misstönen begleitet. Insbesondere die Vereinigung der invasiv und operativ tätigen Ärzteschaft (FMS) gab ihren grundsätzlichen Widerstand gegen das neue Tarifwerk, welches die intellektuelle Leistung der Ärzte etwas höher, die technischen und operativen Massnahmen dafür etwas tiefer bewertet, nicht auf. Nach einer ersten Weigerung, den TarMed anzuwenden, reichte sie Ende Jahr zwei Klagen ein. Die eine richtet sich gegen die beiden Vertragsparteien FHM und Santésuisse und verlangt eine Neuaushandlung des gesamten TarMed, die andere betrifft die SUVA und fordert einen Anwendungsstopp im Unfallversicherungsbereich
[20].
Eine weitere Querele – diesmal zwischen dem Branchenverband der Schweizer Spitäler H+ und Santésuisse – betraf den Taxpunktwert (TPW) für
ambulante Leistungen der Spitäler. Bundesrat und Preisüberwacher hatten im Vorfeld der Verhandlungen die Empfehlung abgegeben, zur Wahrung der angestrebten Kostenneutralität der TarMed-Einführung sollten die TWP die Obergrenze von einem Franken nicht überschreiten. H+ stimmte dem für die öffentlichen Spitäler zu, weshalb Ende Jahr in 16 Kantonen die Verträge abgeschlossen werden konnten, verlangte aber für die nicht subventionierten Privatkliniken TWP, die deutlich darüber lagen. H+ argumentierte, im Mittel würden die TWP der öffentlichen und der privaten Spitäler immer noch knapp unter einem Franken liegen, Santésuisse weigerte sich aber, im Einzelfall über die postulierte Obergrenze hinauszugehen. Als Santésuisse die Verhandlungen für gescheitert erklärte und die Kantone aufforderte, TPW zu verordnen, reichte H+ eine Klage gegen die Versicherer ein, die Ende Jahr noch hängig war. Eine Einigung über die TWP konnte Santésuisse hingegen mit sämtlichen kantonalen Ärztegesellschaften erzielen; diese werden für die 18-monatige Einführungsphase von TarMed zwischen 78 Rp. (Wallis) und 98 Rp. (Genf) liegen
[21].
Der Bundesrat unterstützte die Forderung von Preisüberwachung und Konsumentinnenorganisationen, wonach die
Zahnarzttarife offen gelegt werden müssen. Seiner Auffassung nach haben Patientinnen und Patienten ein berechtigtes Interesse daran, über die Preise für eine zahnärztliche Dienstleistung vor der Behandlung informiert zu werden. Er erliess deshalb im Oktober eine entsprechende Änderung der Preisbekanntgabeverordnung
[22].
In der zweiten Runde der KVG-Revision stimmte der Ständerat mit 21 zu 8 Stimmen einem Antrag der Kommission zu, wonach im Sinn der Kostendämpfung bei gleicher Eignung das preisgünstigere Medikament zu verabreichen sei. Schiesser (fdp, GL) versuchte vergebens, dies zu verhindern. Er machte geltend, dies würde einem „Zwang“ gleichkommen,
Generika abzugeben. Auch Bundespräsident Couchepin sprach sich gegen eine derartige Verpflichtung für die Ärzte und Apotheker aus, mit dem Argument, der Spareffekt durch Generika sei derart gering (rund 80 Mio Fr. pro Jahr), dass es sich nicht lohne, dafür die therapeutische Freiheit der Ärzte zu beschneiden
[23]. Der Nationalrat ergänzte den Beschluss der kleinen Kammer mit der Bestimmung, dass Apotheken auch bei Verschreibung eines Originalpräparats dieses durch ein Generikum ersetzen können, falls der Arzt nicht ausdrücklich die Abgabe des Originals verlangt. Im Vorjahr hatte er noch knapp einen Antrag Goll (sp, ZH) angenommen, wonach die Ärzte nur noch Wirkstoffe hätten verschreiben dürfen, worauf dann die Apotheken bei gleichwertigem Angebot das kostengünstigste Medikament abzugeben hätten. Goll reichte ihren Antrag erneut ein, scheiterte aber mit 100 zu 56 Stimmen deutlich. Da die KVG-Revision vom Nationalrat letztlich abgelehnt wurde, sind diese Bestimmungen hinfällig
[24].
Im Juni kündigte Santésuisse einseitig den LOA-Vertrag mit den Apothekern per Ende 2003. Dieser Vertrag regelt die Entschädigung der
Apotheken für die Abgabe von Medikamenten aus der Grundversicherung. Erst Mitte November wurde eine Einigung erzielt, die verhinderte, dass die Patientinnen und Patienten ab Anfang 2004 das Geld für ärztlich verschriebene Medikamente hätten vorstrecken und selber mit den Krankenkassen abrechnen müssen. Für 2005 soll aber ein neuer Vertrag ausgehandelt werden
[25].
Als erster behandelte der
Nationalrat in der Wintersession den Vorschlag des Bundesrates zu einem Transplantationsgesetz, welches unter anderem den Bundesbeschluss von 1999 über Blut, Blutprodukte und Transplantate in ordentliches Recht überführt. Das Gesetz regelt den Umgang mit Organen, Geweben und Zellen menschlichen und tierischen Ursprungs und verbietet deren Handel. Voraussetzung für die Organspende ist die Zustimmung des Spenders oder, wenn dieser vor seinem Tod keinen Willen geäussert hat, jene seiner nächsten Angehörigen (
erweiterte Zustimmungslösung). Der Rat trat oppositionslos auf die Vorlage ein. In der Detailberatung gab vor allem das von den Grünen beantragte Verbot der Xenotransplantation zu reden, resp. der Antrag der SP auf ein zehnjähriges Moratorium für die (einer Bewilligungspflicht unterstellten) Übertragung tierischer Organe, Gewebe und Zellen auf den Menschen. Der Antrag Graf (gp, BL) wurde mit 108 zu 25 Stimmen klar abgelehnt, die Moratoriumsanträge der SP im Verhältnis 3:2. Unbestritten war die von der Kommission vorgenommene Verschärfung bei den Bestimmungen für die Lebendspende bei urteilsunfähigen Personen, ebenso die eingefügte Sicherstellung eines obligatorischen Versicherungsschutzes des Spenders. Lebhaft diskutiert wurde hingegen die bei der Organentnahme bei Verstorbenen wichtige Frage des
Todeskriteriums. Eine Mehrheit folgte dem Bundesrat und definierte erstmals in einem Schweizer Gesetz den Tod. Demnach gilt ein Mensch als „tot, wenn die Funktionen seines Hirns einschliesslich des Hirnstamms irreversibel ausgefallen sind“. Ebenfalls nicht unumstritten war der Antrag der Kommission, dass bei gleicher medizinischer Dringlichkeit Patientinnen und Patienten mit Wohnsitz in der Schweiz bei der Organzuteilung Vorrang vor im Ausland ansässigen Personen haben sollen. Trotz Opposition von Linken und Grünen wurde diese Bestimmung mit 80 zu 69 Stimmen angenommen. In der Gesamtabstimmung wurde das Gesetz mit 133 zu 5 Stimmen gutgeheissen
[26].
Der Ständerat behandelte in der Frühjahrssession als erster das Embryonenforschungsgesetz (EFG), mit dem der Bundesrat bis zum Vorliegen des geplanten Gesetzes über die Forschung am Menschen sowohl die Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen als auch die Forschung an embryonalen Stammzellen sowie an überzähligen Embryonen regeln wollte. Er begründete den Einbezug der Embryonenforschung mit dem sachlichen Zusammenhang: Sowohl für die Forschung an Embryonen als auch für die Gewinnung embryonaler Stammzellen werden Embryonen verwendet, die im Rahmen der medizinisch assistierten Fortpflanzung als überzählig anfallen und deshalb keine Entwicklungschance haben. Der Ständerat erachtete diesen Zusammenhang aber nicht als zwingend gegeben und beschloss, den Geltungsbereich des Gesetzes auf die Gewinnung von embryonalen Stammzellen und deren Erforschung zu beschränken, die Regelung der gemäss Kommissionssprecher „moralisch und rechtlich heiklen und deswegen besonders begründungsbedürftigen Forschung an überzähligen Embryonen“ hingegen dem künftigen Gesetz zuzuweisen. Sinngemäss wurde gleich zu Beginn der Detailberatung das Gesetz in Stammzellenforschungsgesetz (SFG) umbenannt. Gegen die Abspaltung der Embryonenforschung sprachen sich lediglich die Vertreter der FDP aus.
Für den Bereich der Stammzellenforschung setzte die kleine Kammer wie der Bundesrat enge Grenzen. Die Verwendung von Embryonen bedarf der Zustimmung der Eltern. Forschungsprojekte müssen wesentlichen Erkenntnissen dienen, die nicht auf anderem Weg gewonnen werden können; sie müssen von einer Ethikkommission beurteilt und vom BAG bewilligt werden. Mit 26 gegen neun Stimmen wurde ein Antrag Fünfschilling (fdp, BL) abgelehnt, die Gewinnung von embryonalen Stammzellen auch dann zuzulassen, wenn kein konkretes Projekt vorliegt. Mit dem gleichen Stimmenverhältnis scheiterte David (cvp, SG) mit seinem Antrag, auf die Entschädigung der Aufwendungen für Gewinnung, Bearbeitung, Aufbewahrung oder Weitergabe von embryonalen Stammzellen zu verzichten. Der Handel allerdings ist verboten. Im Patentgesetz wurde zudem die Patentierbarkeit unveränderter Stammzellen sowie von Verfahren zum Klonen von Menschen, zur Herstellung von Mischformen Mensch/Tier und zur Genmanipulation in der menschlichen Keimbahn verboten.
Eine nennenswerte Kontroverse entstand lediglich bei der Frage, ob die rund 1000 altrechtlichen Embryonen, die vor dem Inkrafttreten des Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMG) (1.1.2001) angefallen sind und eingefroren wurden, und die laut FMG bis Ende 2003 vernichtet werden sollten, weiter für die Stammzellenforschung verwendet werden dürfen. Die Mehrheit entschied sich auch hier mit 22 zu 12 Stimmen für eine restriktive Linie. Die Frist
wurde nicht verlängert. Der Forschung sollten somit nur überzählige
Embryonen zugeführt werden, die in der Fortpflanzungsmedizin
neu entstehen. Beerli (fdp, BE) setzte sich vergebens dafür ein, die Frist bis zum Inkrafttreten des SFG zu verlängern, da in der Praxis die Meinungen auseinandergehen, wie viele Embryonen für die Forschung nötig sind
[27].
Dem Nationalrat lagen zu Beginn seiner Beratungen in der Herbstsession ein Nichteintretensantrag sowie zwei Rückweisungsanträge vor, die von linken, grünen und christlich orientierten Abgeordneten unterstützt wurden, doch hatten sie alle keine Chance. Eintreten wurde mit 91 zu 45 Stimmen beschlossen. Die Beschränkung auf die Stammzellenforschung wurde stillschweigend gutgeheissen. Aber auch die radikalen Verfechter der Forschungsfreiheit – Gutzwiller (fdp, ZH) und Kommissionssprecher Randegger (fdp, BS) – konnten sich in der Detailberatung nicht durchsetzen. Mit 60 zu 57 Stimmen verbot der Nationalrat zusätzlich zum Ständerat die Entwicklung von Parthenoten (Organismen, die sich aus einer unbefruchteten Zellteilung entwickeln), um daraus Stammzellen zu gewinnen. Auch die verschärften Auflagen für die Forschung (Erlaubnis zur Entnahme von Stammzellen nur, wenn keine geeigneten Zellen im Inland vorhanden sind) resp. die Zustimmung zum Ständerat (Forschung nur zugelassen, wenn kein anderes Verfahren gleichwertige Erkenntnisse ermöglicht), die Gutzwiller als „Gefängnis für die Forschenden“ bezeichnete, wurden, wenn auch knapp mit 80 zu 69 resp. 75 zu 72 Stimmen angenommen. Forschungsfreundlicher zeigte sich der Rat in der Frage der Patentierbarkeit veränderter Stammzellen. Mit 81 zu 73 Stimmen folgte er einem Minderheitsantrag Gutzwiller und stimmte dem Ständerat zu, lediglich die Patentierbarkeit von unveränderten Stammzellen zu verbieten. Die Mehrheit der Kommission hatte beantragt, auch die veränderten Stammzellen und die Stammzellinien von der Patentierbarkeit auszuschliessen.
Bei der Frage des Umgangs mit den vor 2001 entstandenen
altrechtlichen Embryonen, setzte sich der Antrag der Kommission durch. Mit 90 gegen 38 beschloss die grosse Kammer, die Frist für deren Vernichtung bis Ende 2005 für die Fortpflanzungsmedizin und bis Ende 2008 für Forschungszwecke zu verlängern; dazu bedarf es allerdings der schriftlichen Einwilligung des betroffenen Paares
[28]. Der Ständerat stimmte dieser Regelung zu, worauf das Fortpflanzungsmedizingesetz in diesem Punkt mit Dringlichkeitsrecht revidiert wurde, um die Vernichtung der altrechtlichen Embryonen per Ende 2003 zu verhindern
[29]. Beim Stammzellenforschungsgesetz stimmte der Ständerat bei der einzigen wesentlichen Differenz (Verbot der Parthenoten) dem Nationalrat zu, verlangte aber, dass diese Frage im Rahmen der kommenden Gesetzgebung über die Forschung am Menschen nochmals eingehend geprüft wird. In der Schlussabstimmung wurde das SFG vom Ständerat mit 35 zu 1 Stimmen angenommen, vom Nationalrat mit 103 zu 57 Stimmen bei 25 Enthaltungen; die Nein-Stimmen stammten von den geschlossenen GP- und EVP/EDU-Fraktionen, von einer Mehrheit der SP- (die auch das Gros der Enthaltungen stellte) und einer starken Minderheit der CVP-Fraktion. Gegen das neue Gesetz wurde vom Basler Appell gegen Gentechnologie das
Referendum ergriffen; dass das Referendum von Organisationen im Bereich des Lebensschutzes unterstützt werden würde, hatte Studer (evp, AG) bereits bei der Schlussabstimmung im Nationalrat angekündigt
[30].
Im Anschluss an seine erste Beratung des Gesetzes überwies der Ständerat diskussionslos und im Einverständnis mit dem Bundesrat eine Motion seiner WBK, die den Bundesrat beauftragt, eine
Verfassungsbestimmung zur Forschung am Menschen vorzubereiten. Damit soll der Bund eine ausdrückliche gesetzgeberische Zuständigkeit für das gesamte Gebiet der Forschung am Menschen erhalten. Zudem sollen unter Beachtung des Grundrechtes der Wissenschaftsfreiheit wesentliche Grundsätze für die Forschung am Menschen verankert werden, mit denen die Menschenwürde, die Persönlichkeit und die Gesundheit geschützt werden. Der Nationalrat nahm die Motion ebenfalls an
[31].
Nachdem eine obskure Sekte Ende 2002 verkündet hatte, mit ihrer Hilfe sei erstmals das Klonen eines Menschen gelungen, wurde der Bundesrat zu seiner Haltung in dieser Frage befragt. In Beantwortung einer von weiteren 29 Abgeordneten unterzeichneten Interpellation von Ständerätin Berger (fdp, NE) erklärte er, er lehne das
reproduktive Klonen von Menschen als grundlegenden Verstoss gegen die Menschenwürde strikt ab und unterstütze deshalb auch auf internationaler Ebene sämtliche Bemühungen, die auf ein verbindliches Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen abzielen. In der UNO habe sich die Schweiz formell für eine rasche Aushandlung einer Konvention über das weltweite Verbot des reproduktiven Klonens menschlicher Lebewesen engagiert. Dabei habe sie den Vorschlag Frankreichs und Deutschlands, welcher ein sofortiges Verbot des reproduktiven Klonens bezweckt, vollumfänglich unterstützt, und sie werde für dieses Anliegen auch in den weiteren Verhandlungen aktiv einstehen
[32].
[1]
AB NR, 2003, S. 1899. Zur Rochade der Abteilung Kranken- und Unfallversicherung vom BSV ins BAG, um ein eigentliches gesundheitspolitisches Kompetenzzentrum zu realisieren, siehe unten, Teil I, 7c (Allgemeine Fragen).
[2]
AB NR, 2003, S. 1139.
[4]
CHSS, 2004, S. 4. Unter den Gründern der Stiftung sind die SAMW, die Eidgenossenschaft (vertreten durch BAG und BaV) sowie die FMH. Siehe
SPJ 2001, S. 177.
[5] Presse vom 19.6.03. Die Studie beruhte lediglich auf Daten aus der Deutschschweiz, weshalb bei einer Extrapolation auf die Westschweiz und das Tessin Vorsicht geboten sein dürfte; aber auch in der Romandie wird das Thema zunehmend diskutiert:
LT, 9.2. und 6.3.03;
24h, 24.2.03. Zu Sterbehilfe und Palliativmedizin siehe auch
TA, 23.1.03;
NZZ, 18.6., 19.6., 12.7., 13.7. und 12.8.03. Vgl.
SPJ 2002, S. 193.
[6]
AB SR, 2003, S. 616 ff. Siehe dazu auch eine Interpellation Gross (sp, TG) in
AB NR, 2003, Beilagen V, S. 391 ff. Vgl.
SPJ 2001, S. 176 f.
[7]
AB NR, 2003, S. 171 ff.
[8]
Lit. Hollenstein; Presse vom 12.9.03. Siehe dazu auch eine vom SR dem BR zur Kenntnisnahme übermittelte Petition des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds und des Instituts für Sozialethik mit dem Titel „Für eine wirksame Suizidverhütung“ (
AB SR, 2003, S. 1242). Vgl.
SPJ 2002, S. 193 f.
[10]
BBl, 2003, S. 3111 ff.; Presse vom 10.1.-10.2.03. Siehe
SPJ 2002, S. 194 f.
[11]
AB SR, 2003, S. 195 ff.;
AB NR, 2003, S. 1059 ff. und 1072 ff. Der NR hiess zwei Postulate seiner SGK gut, welche den BR ersuchen, zusammen mit der Vorlage zur monistischen Spitalfinanzierung einen Bericht über die Vertragsfreiheit für die ambulante und stationäre Pflege vorzulegen sowie neben dem monistischen Modell auch eines auszuarbeiten, welches auf einem durchgehend dual-fixen Prinzip (Pflegeheime inklusive) beruhen würde (
AB NR, 2003, S. 1899). Siehe auch ein überwiesenes Postulat Zisyadis (pda, VD) für einen Bericht zur monistischen Finanzierung:
a.a.O., S. 504.
[12]
AB NR, 2003, S. 504 und 1226. Vgl.
SPJ 2002, S. 196.
[13]
AB NR, 2003, S. 1899 und Beilagen V, S. 136.
[14]
AB SR, 2003, S. 208 ff.;
AB NR, 2003, S. 1075 ff. Siehe
SPJ 2002, S. 196.
[15]
AB SR, 2003, S. 734 ff., 1096 ff. und 1104;
AB NR, 2003, S. 1898;
NZZ, 23.10.03. Zur Forderung nach Zusatzprämien für Alterspflegekosten siehe
NLZ, 16.5.03;
BZ, 27.6.03. Vgl.
SPJ 2002, S. 196 f.
[17]
AB SR, 2003, S. 213 f.;
NLZ, 26.2.03 und
NZZ, 14.3.03 (Interviews Couchepin). Siehe
SPJ 2001, S. 179.
[18]
AB NR, 2003, S. 1118 ff. Noch bevor die parlamentarischen Beratungen abgeschlossen waren, beschloss die Ärztekammer der FMH, wegen der Lockerung des Vertragszwangs das Referendum zu ergreifen (
NZZ, 3.5. und 24.10.03; Presse vom 13.10.03).
[19]
AB SR, 2003, S. 744. Siehe dazu unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung).
[20]
LT, 9.5., 16.5. und 28.5.03;
TA, 15.5.03;
NLZ, 17.6.03;
BZ, 24.6.03;
NZZ, 14.7., 27.8., 6.11. und 20.11.03. Zu den Auswirkungen des TarMed auf das Einkommen der verschiedenen Ärztegruppen siehe
BaZ, 21.5.03.
[21] Presse vom 11.7. und 13.12.03;
NZZ, 12.8. und 4.9.03;
TA, 13.9.03. Das Gericht wies die Klage von H+ im Januar 2004 aus formalen Gründen ab. Es hielt sich nicht für zuständig, da der TarMed-Rahmenvertrag nicht einen Tarifvertrag, sondern eine Einigung über die Tarifstruktur darstelle; diese sei bereits im Herbst 2002 vom Bundesrat genehmigt worden (Presse vom 13.1.04). Zur Einführung des TarMed siehe auch die Antwort des BR auf eine Frage Sommaruga (sp, BE) in
AB NR, 2003, S. 149. Zu Bedenken des Eidg. Datenschutzbeauftragten gegenüber der Weitergabe von sensiblen Personendaten auf den neuen TarMed-Rechnungsformularen siehe
NZZ, 5.12.03. Vgl.
SPJ 2001, S. 177.
[22] Presse vom 16.1., 23.4. und 16.10.03. Siehe
SPJ 2002, S. 199.
[23]
AB SR, 2003, S. 223 f.
[24]
AB NR, 2003, S. 1075 ff. Vgl.
SPJ 2002, S. 200. Eine Motion Joder (svp, BE), welche verlangte, dass die Aufnahme eines Medikaments auf die Spezialitätenliste auch vom Nachweis der Abgabe in kleinen und therapiegerechten Verpackungsgrössen abhängig gemacht werden soll, wurde auf Antrag des BR, der darauf verwies, dass die Überprüfung (allerdings nicht als Bedingung) ohnehin erfolge, lediglich als Postulat angenommen (
AB NR, 2003, S. 1900). Zu den weiteren Punkten der 2. KVG-Revision siehe oben (Medizinalpersonen) sowie unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung). Für die Zunahme der Generikaverkäufe siehe Presse vom 2.3.04.
[25] Presse vom 1.7. und 14.11.03.
[26]
AB NR, 2003, S. 2055 ff. und 2062 ff.; Presse vom 1.11. (Kommission) und 18.12.03;
NZZ, 21.11.03. Vgl.
SPJ 2001, S. 182.
[27]
BBl, 2003, S. 1163 ff.;
AB SR, 2003, S. 165 ff.;
NZZ, 17.1., 1.2. und 7.4.03;
TA, 11.3.03; Presse vom 12.3. und 13.3.03. Vgl.
SPJ 2002, S. 201 f. Zu Unklarheiten über die Zahl der jährlich neu anfallenden überzähligen Embryonen siehe
NZZ, 3.4. und 15.4.03. Für einen internationalen Vergleich der Regeln in der Reproduktionsmedizin vgl.
NZZ, 13.8.03.
[28]
AB NR, 2003, S. 1347 ff., 1363 ff, 1370 ff. und 1390 ff. Bereits 2001 hatte Dormann (cvp, LU) eine pa.Iv. eingereicht, welche bis zum Vorliegen des Gesetzes über Forschung am Menschen ein Moratorium für die verbrauchende Embryonenforschung verlangte; dieses wurde nun mit 91:75 Stimmen abgelehnt (
AB NR, 2003, S. 183 ff.). Zur Vernichtung der altrechtlichen Embryonen siehe auch die Antwort des BR auf eine Interpellation Randegger (fdp, BS):
a.a.O., Beilagen III, S. 503 f.
[29]
AB SR, 2003, S. 998 f., 1017 und 1035;
AB NR, 2003, S. 1655 und 1751;
AS, 2003, S. 3681 f. Zur Frage von importierten embryonalen Stammzellen siehe die Antwort des BR auf eine Interpellation Sommaruga (sp, BE) in
AB NR, 2003, Beilagen II, S. 377 ff.
[30]
AB SR, 2003, S. 1115 ff. und 1247;
AB NR, 2003, S. 2130 f.;
BBl, 2003, S. 8211 ff.; Presse vom 24.12.03 (Referendum).
[31]
AB SR, 2003, S. 190;
AB NR, 2003, S. 1389.
[32]
AB SR, 2003, Beilagen II, S. 101. Zu den allfälligen strafrechtlichen Folgen eines menschlichen Klonversuchs in der Schweiz siehe die Antwort des BR auf eine Einfache Anfrage Guisan (fdp, VD) in
AB NR, 2003, Beilagen III, S. 284 ff.
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