Infrastructure, aménagement, environnement
Energie
L’année sous revue a été marquée par les débats relatifs à la future politique énergétique de la Suisse. – Le Conseil fédéral a adopté un mandat pour des négociations en vue d’un accord sur le transit d’électricité avec l’UE. – Les divergences relatives à la loi fédérale sur l’approvisionnement en électricité n’ont pas pu être aplanies au parlement durant l’année sous revue. – Le Conseil fédéral a adopté le message concernant la nouvelle organisation de la surveillance de la sécurité nucléaire. – L’Office fédéral de l’énergie a présenté un projet de plan de route, qui esquisse les procédures à suivre en cas de recherche d’un site d’entreposage de déchets radioactifs. – La Suisse s’est jointe au partenariat international pour les énergies renouvelables et l’efficacité énergétique (REEP).
Energiepolitik
Im März des Berichtsjahres veröffentlichte das Bundesamt für Energie (BFE) erste Resultate zu seinen
Energieperspektiven für das Jahr 2035. Die Befunde sollen die Grundlage für das vom Parlament verlangte Gesamtenergiekonzept bilden. Das BFE rechnet damit, dass ohne neue Kraftwerke im Jahr 2035 die Stromnachfrage im Inland den Verbrauch um 17 Mia Kilowattstunden übersteigen wird; das entspricht der Produktion von 2 grossen Atomkraftwerken. Laut BFE gibt es verschiedene Optionen um die Stromlücke zu stopfen, die aber alle ihre Nachteile aufweisen: Die Deckung der Nachfrage durch wachsende Importe erhöht die Auslandabhängigkeit; neue Atomkraftwerke erfordern eine lange Planung und sind politisch umstritten; fossile Kraftwerke erhöhen die CO2-Emissionen und stossen daher ebenfalls auf Widerstand
[1].
Die Studien des Bundesamtes für Energie wurden vom
„Forum Energieperspektiven“ begleitet. Das Forum, im dem Vertreter aus Politik, Behörden, Wissenschaft und Verbänden mitgewirkt hatten, präsentierte im Oktober eine Bilanz seiner Überlegungen. Aufgrund der divergierenden Interessen und des Zeitdrucks gelang es aber nicht, einen gemeinsamen Schlussbericht zu verfassen. Der grösste Dissens herrschte bei der Frage des künftigen Strommixes. Linke und Grüne lehnten die weitere Nutzung von Kernenergie strikte ab, während sich Wirtschaft und bürgerliche Parteien die Atomoption offen halten wollten
[2].
SP, SVP und FDP präsentierten 2006 ihre Vorstellungen zur künftigen Stromversorgung. Die
SP will bis 2024 aus der Atomenergie aussteigen und den Atomstrom durch erneuerbare Energien ersetzen sowie den Stromverbrauch mittels Steigerung der Energieeffizienz reduzieren. Die
SVP verlangt den schweizerischen Strommix aus Wasser- und Kernenergie beizubehalten. Zur Wahrung der Unabhängigkeit der Schweiz soll zudem der Anteil der im Inland produzierten Elektrizität erhöht werden. Die
FDP fordert den Bau neuer Atomkraftwerke sowie die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien. Den Bau von Gaskraftwerken lehnt sie wegen den zusätzlichen CO2-Emissionen ab
[3].
Neben den Parteien sind im Berichtsjahr auch Verbände mit ihren Vorstellungen zur schweizerischen Energiezukunft an die Öffentlichkeit getreten.
Die Umweltverbände
Greenpeace, WWF, VCS und Schweizerische Energiestiftung präsentierten eine Studie, in der dargelegt wird, wie die von ihnen anvisierte 2000-Watt-Gesellschaft zu erreichen sei. Faktisch bedeutet dies eine Reduktion des Energieverbrauchs um 2/3. Die Umweltverbände möchten dieses Ziel durch den konsequenten Einsatz der energiesparendsten Technologien erreichen
[4].
Der
Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) präsentierte eine Vorschau auf die Elektrizitätsversorgung der Schweiz im Zeitraum 2035-2050. Er rechnet damit, dass in der Schweiz ab 2020 eine Stromlücke bestehen wird, weil das Angebot durch die Stilllegung der Atomkraftwerke Mühleberg sowie Beznau I und II und durch das Auslaufen von Importverträgen sinkt, während der Stromverbrauch weiter zunehmen wird. Der VSE möchte die Lücke durch Kernkraft, Erdgas oder einer Kombination davon decken. Während er bei den Optionen Kernenergie und Kombination aus Kernenergie und Erdgas die Realisierbarkeit als schwierig bewertet, schneidet die Variante Erdgas bei den Kosten und beim Umweltbezug schlechter ab
[5].
Im Mai verabschiedete der Bundesrat ein Mandat für
Verhandlungen mit der EU über ein
Stromtransitabkommen. Aus Schweizer Sicht geht es insbesondere darum, sich auf angemessene Entschädigungen für den Stromtransit zu einigen und den Schweizer Stromhändlern den freien Zugang zum europäischen Markt zu sichern. Das Abkommen soll ferner den Handel mit Strom aus erneuerbaren Energien regeln. Hier kämpft die Schweiz für die Anerkennung ihrer Zertifikate für grünen Strom. Knackpunkt der Verhandlungen dürften die langfristigen Verträge zwischen der Schweiz und der französischen Elektrizitätsgesellschaft EdF werden. Nachdem das Kernkraftwerk Kaiseraugst (AG) wegen dem Widerstand der Bevölkerung nicht gebaut werden konnte, beteiligte sich die Schweiz an den Investitionen für neue Atomkraftwerke in Frankreich. Als Gegenleistung darf sie verbilligten französischen Strom beziehen. Die Schweizer Strombranche beharrt darauf, dass in den Verhandlungen mit der EU diese Langfristverträge mit den französischen Kernkraftwerken eingehalten werden
[6].
Im Dezember nahm
die Schweizer Netzgesellschaft „Swissgrid“ ihren Betrieb auf. Sie trägt die Verantwortung für das gesamte Schweizer Höchstspannungsnetz und ist Ansprechpartner für ausländische Netzbetreiber. Dem Verwaltungsrat gehören Vertreter der Netzeigentümer (EOS, Atel, BKW, CKW, EGL, NOK und EWZ) sowie zwei Repräsentanten der Kantone an. Die „Swissgrid“ wurde 2004 geschaffen und der Start war ursprünglich für 2005 vorgesehen. Er wurde aber durch einen Streit um die Frage verzögert, ob die Direktions- und Verwaltungsratsmitglieder der Netzgesellschaft gleichzeitig ein Mandat in einem Elektrizitätsunternehmen ausüben dürfen. Nachdem das Bundesgericht einer Beschwerde der Wettbewerbskommission keine aufschiebende Wirkung erteilt hatte, konnte die Netzgesellschaft ihre Tätigkeit aufnehmen
[7].
Die Wettbewerbskommissionen der Schweiz und der EU gaben grünes Licht für die
Fusion zwischen den Energiekonzernen
EOS und Atel. Die neue Gesellschaft wird in der Schweiz über eine sehr starke Stellung verfügen, auf dem europäischen Markt ist sie mit einem Umsatz vom 8,3 Mia Fr. die Nummer 15
[8].
Im Berichtsjahr wurden die Beratungen über die
Neuordnung des Strommarktes fortgeführt, es konnten jedoch noch nicht alle Differenzen ausgeräumt werden
[9].
Der Ständerat widmete sich dem Geschäft in der Herbstsession. Seine vorberatende Kommission hatte die Vorlage gebündelt und legte dem Plenum nur noch das Stromversorgungsgesetz vor. In dieses wurde die Änderung des Energiegesetzes (Förderung erneuerbarer Energien) als Anhang integriert. Auf die Änderung des Elektrizitätsgesetzes sollte vorerst verzichtet werden. Der Rat trat auf die Vorlage ein.
Gemäss dem Vorschlag seiner Kommission entschied er, den Strommarkt in 2 Schritten zu öffnen; in der ersten Etappe nur für Grossverbraucher und erst nach Ablauf von 5 Jahren auch für KMU und private Haushalte. Der zweite Öffnungsschritt wurde dem fakultativen Referendum unterstellt. Ein Einzelantrag von Slongo (cvp, NW), den Markt sofort für alle Firmen zu öffnen, lehnte der Rat mit 29:7 Stimmen klar ab.
Auf Antrag seiner Kommission beschloss der Ständerat einstimmig, dass die grossen Elektrizitätswerke ihre Netze in Aktiengesellschaften überführen und diese innert fünf Jahren in eine nationale Netzgesellschaft integrieren müssen. Damit kam er sowohl den Linken als auch den Anhängern eines unverfälschten Marktes entgegen, schaffte aber eine weitere Differenz zum Nationalrat.
Bereits die Eintretensdebatte zu den erneuerbaren Energien zeigte grundsätzliche Differenzen zwischen Ratsrechter und Ratslinker. Während linke und grüne Votanten eine weitergehende Unterstützung forderten, warnten bürgerliche Vertreter vor zu grossen Erwartungen und erklärten, man könne die Atomkraftwerke nicht einfach beiseite lassen. Der Rat beschloss, dass die Wasserkraft bis zum Jahr 2030 um 5% ausgebaut werden soll. Die Kommission hatte eine Steigerung von 7-8% angestrebt. Eine knappe Mehrheit mit Sommaruga (sp, BE) an der Spitze lehnte diesen Vorschlag ab, weil sie befürchteten, dass dadurch der Gewässerschutz noch stärker unter Druck geraten könnte. Als weitere Differenz zum Nationalrat beschloss der Ständerat ein Sparziel. Der Endenergieverbrauch der privaten Haushalte soll bis zum Jahr 2030 mindestens auf dem heutigen Niveau stabilisiert werden. Den weitergehenden Antrag von Fetz (sp, BS), den Haushalt-Stromverbrauch bis 2030 um 15% zu senken, lehnte die kleine Kammer deutlich ab. Nach kurzer Diskussion nahm der Rat sodann einen Einzelantrag von Lauri (svp, BE) an, wonach im Gesetz unterstrichen werden soll, dass neue Anlagen zur Energieerzeugung nur an geeigneten Standorten errichtet werden dürfen. Dem Antragssteller ging es dabei in erster Linie um Windkraftwerke.
Bei der Einspeisevergütung für die Übernahme von Strom aus erneuerbaren Energien entschied der Ständerat mit 31:4 Stimmen, dass die Konsumenten einen Zuschlag von bis zu 0,5 Rappen pro Kilowattstunden zahlen sollen. Die Kommission wollte Unternehmen mit Elektrizitätskosten von mehr als 10% der Bruttowertschöpfung ganz von der Abgabe zur Finanzierung der Einspeisevergütung befreien. Der Rat sprach sich mit 26:12 Stimmen dafür aus, Unternehmen mit hohem Elektrizitätsverbrauch nur teilweise von dieser Gebühr zu entlasten. Im Gegensatz zum Nationalrat möchte er auch den Strom aus neuen kleinen Wasserkraftwerken mit einer Leistung bis zu 10 Megawatt kostengerecht vergüten und damit einen finanziellen Anreiz zum Ausbau der Wasserkraft schaffen.
Stark umstritten war die
Verteilung der Fördergelder auf die verschiedenen erneuerbaren Energien. Die Kommission wollte die maximale Vergütung pro eingespeister Kilowattstunde (kWh) auf das dreifache des Marktpreises beschränken. Da bei der Fotovoltaik die Produktionskosten weit über dem dreifachen Strompreis liegen, wäre diese Vergütung für sie nicht kostendeckend. Sommaruga (sp, BE) plädierte dafür, die Fotovoltaik nicht durch diese Obergrenze faktisch von einer Weiterentwicklung auszuschliessen, sondern einen fixen Anteil von höchstens15% der Einnahmen aus der Einspeisevergütung für ihre Förderung einzusetzen. Dieser Vorschlag unterlag mit 23:22 Stimmen, wobei Ratspräsident Büttiker (fdp, SO) den Stichentscheid fällte. Der Rat beschloss mit 25:18 Stimmen dem Antrag von Epiney (cvp, VS) zu folgen und die maximale Vergütung pro eingespeister kWh anfänglich auf das Fünffache, später auf das Vierfache und nach 11 Jahren auf das Dreifache des Marktpreises zu beschränken
[10].
Der Ständerat befasste sich zudem mit zwei im Vorjahr vom Nationalrat gutgeheissenen Motionen von Lustenberger (cvp, LU). Er lehnte die Motion über die
Förderung erneuerbarer Energien als erfüllt ab und nahm jene für ein
Gesamt-Energiekonzept für die nächsten 25 Jahre an
[11].
Die Vorlage ging zur Differenzbereinigung zurück an den Nationalrat. Dieser schloss sich in der Wintersession in den wesentlichen Punkten dem Ständerat an. Er war mit der Bündelung des Geschäfts in einer einzigen Vorlage, mit der nationalen Netzgesellschaft und mit dem Ziel der Verbrauchsstabilisierung bis 2035 einverstanden.
Beim Netzzugang blieb hingegen eine gewichtige Differenz zur kleinen Kammer bestehen. Der Nationalrat befürwortete zwar, den Strommarkt in zwei Schritten zu öffnen und die vollständige Liberalisierung dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Gegen den Widerstand der linken Ratsmitglieder stimmte er aber mit 91:85 Stimmen einem Minderheitsantrag von Rutschmann (svp, ZH) zu. Gemäss diesem Entscheid können sich Kleinunternehmen zusammenschliessen und bereits in der ersten Liberalisierungsetappe vom freien Marktzugang profitieren, falls sie einen gemeinsamen Jahresverbrauch von mindestens 100 Megawattstunden aufweisen.
Eine weitere Differenz blieb beim Artikel über Massnahmen zur Sicherstellung der Stromversorgung bestehen. Der Nationalrat folgte dem Kommissionsvorschlag und beschloss, erneuerbare Energien bei der Strombeschaffung zu bevorzugen. Ein Minderheitsantrag von Rutschmann (svp, ZH), der forderte, in diesem Punkt der kleinen Kammer zu folgen und erneuerbare Energien nicht zu privilegieren, wurde mit 103:75 Stimmen abgelehnt.
Bei der
Förderung von erneuerbaren Energien folgte der Nationalrat dem Antrag seiner Kommission und beschloss, die Mehrkosten für den Ökostrom auf die Strompreise aller Konsumenten zu überwälzen und einen Zuschlag von 0,6 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) zu erheben. Der Ständerat hatte einen Zuschlag von 0,5 Rappen beschlossen. Ein Minderheitsantrag, der besonders stromintensive Unternehmen vom Zuschlag ausnehmen wollte, wurde im Nationalrat mit 116:57 Stimmen verworfen. Ebenfalls abgelehnt wurden zwei Minderheitsanträge die anstrebten, den Zuschlag bei 0,3 bzw. bei 0,5 Rappen pro kWh festzusetzen
[12].
Der
Gesamtenergieverbrauch der Schweiz lag 2006 bei
888 330 Terajoule und war damit 0,5% tiefer als im Vorjahr. Als Grund für den Rückgang wurden vor allem das warme Wetter (die Zahl der Heiztage lag 7,7% unter dem Vorjahresniveau) und die hohen Erdölpreise angegeben. Mengenmässig ins Gewicht fiel vor allem der Rückgang bei Heizöl extraleicht um 4,8% und bei Erdgas um 1,9%. Zugenommen hat dagegen der
Elektrizitätsverbrauch, er stieg um 0,8% auf einen Rekordstand von
57,8 Mia Kilowattstunden und lag damit 10,3% über dem Stand von 2000
[13].
Noch stärker als der Verbrauch stieg 2006 die
Stromproduktion der inländischen Kraftwerke, nämlich um 7,5% auf 62,1 Mia Kilowattstunden (kWh). Nach dem monatelangen Ausfall des Kernkraftwerks Leibstadt im Jahr 2005 nahm vor allem die Produktion der Atomkraftwerke stark zu (+19,2%) und erreichte mit 26,2 Mia kWh einen Höchstwert. Die Wasserkraftwerke erzeugten dagegen 0,6% weniger Strom als im Vorjahr. Die Schweiz hat 2006 zum zweiten Mal in Folge mehr Strom importiert als exportiert. Allerdings war der Importüberschuss mit 2,7 Mia kWh deutlich geringer als 2005 (6,4 Mia kWh)
[14].
Kernenergie
Eine Umfrage des Instituts Demoscope im Auftrag von Swissnuclear, dem Zusammenschluss der Kernkraftwerkbetreiber, kam zum Ergebnis,
dass die Mehrheit der Bevölkerung (70%) die Atomenergie als notwendig für die Energieversorgung der Schweiz betrachtet. Der Ersatz der bestehenden Atomkraftwerke durch neue Anlagen, wenn diese den Betrieb einstellen müssen, wurde aber nur von 46% der Befragten befürwortet. Fast 54% der Befragten vertraten die Ansicht, die Lagerung hochradioaktiver Abfälle könne geregelt werden, 2001 waren es 46,3% gewesen
[15].
Im Oktober verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur
Neuorganisation der nuklearen Sicherheitsaufsicht. Der Entwurf des Bundesrats sieht vor, die Hauptabteilung für die Sicherheit von Kernanlagen aus dem Bundesamt für Energie auszugliedern und in ein unabhängiges Eidgenössisches Nuklear-Sicherheitsinspektorat umzuwandeln. Gleichzeitig soll die Kommission für die Sicherheit von Kernanlagen (KSA) abgeschafft werden. Die KSA ist ein beratendes Organ des Bundesrats und hat heute die Aufgabe, Fragen der Sicherheit zu prüfen, den Betrieb der Kernanlagen zu verfolgen und zu Bewilligungsgesuchen Stellung zu nehmen. Mit der rechtlichen Verselbständigung der Aufsicht über die Atomkraftwerke erfüllt die Schweiz ein internationales Übereinkommen, das vorschreibt, dass Aufsichtsbehörden und Stellen, die sich mit Nutzungs- und Wirtschaftsaspekten der Kernenergie befassen, getrennt werden müssen. In der Vernehmlassung war die Neuordnung der Atomaufsicht grundsätzlich befürwortet worden, bei atomkritischen Kreisen stiess aber die Abschaffung der KSA auf Kritik. Die KSA hatte sich als eigenständiges, unabhängiges Gremium profiliert und daher befürchteten sie, dass durch ihre Abschaffung die Atomaufsicht in die Hände von atomenergiefreundlichen Fachleuten fallen würde
[16].
Im Juli traten vier neue
Kernenergieverordnungen in Kraft. Diese betreffen die Mindestanforderungen an die Qualifikation und Ausbildung des Personals von Kernanlagen, die Personensicherheitsprüfungen, die Ausrüstung und Bewaffnung von Wachen sowie spezifische Anforderungen an die druckführenden Teile von Kernanlagen
[17].
Weil die
Betriebsbewilligung für das Kernkraftwerk Mühleberg (BE) 2012 ausläuft, reichte die BKW 2005 beim UVEK ein Gesuch für eine unbefristete Betriebsbewilligung ein. Das UVEK lehnte im Berichtsjahr das Gesuch ab und verlangte, dass für den Betrieb des Kernkraftwerks über das Jahr 2012 hinaus ein atomrechtliches Bewilligungsverfahren nach dem neuen Atomgesetz durchzuführen sei. Die BKW legte gegen den Entscheid Rekurs ein. Sie vertrat die Ansicht, dass das alte verfahrensrechtlich weniger aufwändige Atomgesetz für ihr Gesuch noch anwendbar sei
[18].
Das neue Kernenergiegesetz verpflichtet die Schweizer Kernkraftwerkbetreiber ihre Bestände an radioaktivem Material im Ausland beim Bundesamt für Energie zu deklarieren. Gemäss den Angaben wurden im Berichtsjahr
2000 Tonnen Uran und knapp 2500 Kilogramm Plutonium im Ausland gelagert. Das Kernmaterial befand sich in Deutschland, Frankreich, Schweden, Grossbritannien und den USA. Der grösste Teil des Schweizer Kernmaterials im Ausland, nämlich 1642 Tonnen Natururan, war noch nicht in der Schweiz, es handelt sich um Material, das zur Herstellung von neuen Brennelementen eingekauft wurde
[19].
Gemäss der Kernenergieverordnung von 2005 muss der Bund einen
Sachplan für die Lagerung von radioaktiven Abfällen in geologischen Tiefenlagern ausarbeiten. Im März 2006 legte das Bundesamt für Energie (BFE) einen Entwurf für einen Fahrplan vor, nach dem zu verfahren ist, um einen Entscheid über einen Standort für ein geologisches Tiefenlager zu ermöglichen und mehrheitsfähig zu machen. Das BFE konsultierte anschliessend die kantonalen Fachstellen für Raumplanung und ergänzte den Entwurf mit ihren Anregungen. Der überarbeitete Entwurf wurde den betroffenen Behörden des Bundes und den Nachbarstaaten ab November zur Stellungnahme vorgelegt, die Vernehmlassung war am Ende des Berichtsjahres noch nicht abgeschlossen
[20].
Laut dem Konzept des Bundesamts für Energie soll bei der
Standortsuche für ein geologisches Tiefenlager maximale Transparenz herrschen, zudem sollen die betroffene Bevölkerung, politische Gruppierungen und ausländische Behörden mitwirken können. Ein Standortentscheid könnte demnach in 8-10 Jahren gefällt werden. In einer ersten Phase will der Bund geeignete Regionen evaluieren, dabei stehen sicherheitstechnische Kriterien im Vordergrund. In einem zweiten Schritt sollen je mindestens 2 potentielle Standorte für schwach- und mittelaktive sowie für hochradioaktive Abfälle ausgeschieden werden. Neben sicherheitstechnischen Gesichtspunkten sollen auch raumplanerische und sozioökonomische Aspekte berücksichtigt werden. Hierbei ist die Mitwirkung der betroffenen Regionen vorgesehen. In einer letzten Etappe wird der Bundesrat je einen Standort für schwach- und mittelaktive sowie für hochradioaktive Abfälle bezeichnen. Dieser Vorschlag muss vom Parlament genehmigt werden und untersteht dem fakultativen Referendum
[21].
Die
Kernkraftbefürworter begrüssten die Vorschläge des Bundes zur Lösung der Endlagerfrage. Sie betrachten das Problem der Lagerung von radioaktiven Abfällen als zentrales Hindernis für den Bau neuer Atomkraftwerke und möchten eine möglichst rasche Klärung dieser Frage. Kritisiert wurde der Sachplanentwurf dagegen von der
atomkritischen Schweizerischen Energiestiftung. Sie beanstandete unter anderem die ungenügenden Mitwirkungsmöglichkeiten der betroffenen Bevölkerung
[22].
Im Juni akzeptierte der Bundesrat den
Entsorgungsnachweis der Nagra für radioaktive Abfälle. Der Entsorgungsnachweis war 2002 eingereicht worden und basiert auf den Nagra-Untersuchungen im Opalinuston des Zürcher Weinlands. Zwischen 2003 und 2005 wurde er von den zuständigen Bundesbehörden und Fachkommissionen umfassend geprüft. Trotz einiger Kritikpunkte kamen sie zum Schluss, dass der Nachweis grundsätzlich erbracht sei. Der Bundesrat betonte, dass mit dem Entsorgungsnachweis lediglich die grundsätzliche Machbarkeit der Entsorgung radioaktiver Abfälle in einer bestimmten Schicht bejaht werde, dass damit aber noch kein Standortentscheid für ein geologisches Tiefenlager gefällt werde
[23].
Wasserkraft
Pro Natura startete im Berichtsjahr eine Kampagne, in der die Energieproduzenten dazu aufgefordert wurden, das
Wasserschutzgesetz von 1992 anzuwenden und die Bestimmungen zu den Restwassermengen einzuhalten. Die Kampagne wendete sich auch an die Kantone; ihnen wurde vorgeworfen, dass sie zuwenig Druck auf die Energieproduzenten ausüben, weil sie durch ihre Beteiligungen an den Unternehmen von deren Gewinnen profitieren können. Die Kampagne dauert drei Jahre und ist mit einem Budget von insgesamt 150 000 Franken ausgestattet
[24].
Für die Volksinitiative „Lebendiges Wasser“ (Renaturierungsinitiative) siehe unten, Teil I, 6d (Gewässerschutz).
Erdöl und Erdgas
Der Gasimporteur Swissgas, der 76% des in der Schweiz konsumierten Gases importiert, will seine
Bezugsquellen stärker diversifizieren und damit die Versorgungssicherheit der Schweiz verbessern. Das Erdgas aus Russland (15-20% der Importe von Swissgas) soll teilweise durch Gas aus Aserbaidschan, Turkmenistan, Kasachstan und Usbekistan ersetzt werden
[25].
2006 lagen in der Schweiz konkrete Pläne für den
Bau von grossen Gaskraftwerken mit einer Leistung von je 400 Megawatt vor: Die BKW hatte in Uzenstorf (BE) eine Anlage projektiert, die Groupe E wollte in Corneaux (NE) bauen und die EOS-Gruppe plante ein Kraftwerk in Chavalon (VS). Allerdings beschloss der Ständerat in der Wintersession, dass die Gaskraftwerke ihren CO2-Ausstoss durch Klimaschutzprojekte vollständig kompensieren müssen und zwar höchstens bis zu 30% im billigeren Ausland. Falls der Nationalrat diesem Entscheid folgt, dürfte dies die Anlagen wirtschaftlich unattraktiv machen
[26].
Zum Mineralölsteuergesetz siehe unten, Teil I, 6d (Luftreinhaltung).
Alternativenergien
Die Schweiz schloss sich 2006 der
internationalen Partnerschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz (REEP) an. Diese Vereinigung aus Regierungen, Unternehmen und Organisationen verfolgt das Ziel, energiepolitische Entscheidungsträger zu sensibilisieren, die Regierungen bei Nachhaltigkeitsstrategien zu unterstützen und die Marktbedingungen für erneuerbare Energien zu verbessern
[27].
Das UVEK setzte im Berichtsjahr eine Verordnung in Kraft, nach der künftig
Herkunft und Produktionsart von erneuerbaren Energien klar deklariert werden müssen. Sie soll den internationalen Handel erleichtern und ist insbesondere bei den Wasserkraft-Exporten nach Italien von Bedeutung. Gleichzeitig dient sie der Elektrizitätswirtschaft als Nachweis für die Stromkennzeichnung. Seit Anfang des Berichtsjahres müssen die Endkunden über die Herkunft des Stroms informiert werden
[28].
Die BKW Energie AG, die Genossenschaft Ökostrom Schweiz, der Bernische Bauernverband (Lobag) und der Schweizerische Bauernverband haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam die
Organisation und die Produktion von Ökostrom in der Landwirtschaft voranzutreiben. Die Zusammenarbeit zielt auf die Unterstützung der Bauern bei der Planung und beim Betrieb von Biogasanlagen und auf eine Verbesserung der staatlichen Rahmenbedingungen ab
[29].
In der Maisession überwies der Nationalrat eine Motion von Hegetschweiler (fdp, ZH), in der gefordert wird, dass das
Monopol des Bundes hinsichtlich Einfuhr gebrannter Wasser auf den Alkohol der zur Herstellung von Getränken dient beschränkt wird. Alkohol, der zur Produktion von Bioethanol verwendet wird, soll dagegen vom Monopol ausgenommen werden
[30].
Im Juli wurde in Winterthur (ZH) die erste
Bioethanol-Tankstelle der Schweiz eröffnet. Der an der Tankstelle angebotene Treibstoff ist ein Gemisch aus 85% Bioethanol und 15% Benzin. Die damit betriebenen Fahrzeuge stossen 80% weniger CO2 aus
[31].
Das Bundesgericht hob den Entscheid des Verwaltungsgerichts Neuenburg gegen den Bau des
Windparks Crêt-Meuron auf. Die Neuenburger Justiz hatte 2005 den Gegnern des Projekts Recht gegeben und den Bau von Windturbinen in einer Schutzzone des Juras untersagt. Das Bundesgericht machte in seinem Urteil geltend, Windkraftanlagen könnten nicht aus Gründen des Landschaftsschutzes von vornherein verboten werden. Damit hat es nicht nur das Projekt rehabilitiert, sondern gleichzeitig deutlich gemacht, dass die Förderung von Windenergie im öffentlichen Interesse liegt
[32].
Die Bohrungen im Rahmen eines Pilotprojekts für ein
Geothermie-Kraftwerk in Basel lösten im November ein spürbares Erdbeben mit einer Stärke von 3,4 auf der Richterskala aus. Nach dem Zwischenfall wurde das Projekt vorübergehend eingestellt, und die Projektleitung beauftragte unabhängige Fachleute mit der Klärung der Vorgänge. Auf Unverständnis stiess insbesondere der Umstand, dass die Bevölkerung nicht vollständig über das Erdbebenrisiko aufgeklärt worden war, obwohl die Betreiberfirma die Gefahr kannte und daher auch den Schweizer Erdbebendienst engagiert hatte. Am Ende des Berichtsjahres war die Zukunft des Projekts unklar. Seine definitive Einstellung wäre ein herber Rückschlag für die Geothermie, deren theoretisches Potential in der Schweiz für das Jahr 2050 gleich gross eingeschätzt wird, wie dasjenige aller anderen erneuerbaren Energien zusammen
[33].
Weiterführende Literatur
Balmer, Markus e.a., Schweizer Wasserkraftwerke im Wettbewerb: eine Analyse im Rahmen des europäischen Elektrizitätsversorgungssystems, Zürich 2006.
Bartle, Ian, „Europeans outside the EU: telecommunications and electricity reform in Norway and Switzerland“, in Governance, Nr. 3, S. 407-36.
Bodmer, Frank, Welche Energieabgaben für die Schweiz?, Basel (Wirtschaftswissenschaftliches Zentrum) 2006.
Die
Volkswirtschaft, 2006, Nr. 3, S. 3-45 (Monatsthema: Erdölabhängigkeit der Schweiz).
Wyer, Hans, Die öffentlichen Abgaben der Wasserkraftnutzung im Alpenraum: rechtliche Natur und wirtschaftliche Bedeutung, Zürich 2006.
[2]
AZ,
NZZ und
SGT, 27.10.06.
[3]
BaZ,
TA und
24h, 25.4.06;
WoZ, 27.4.06 (SP);
Lib., NZZ und
TA, 22.7.06 (SVP);
NLZ, 28.9.06;
NZZ, 24.11.06;
BaZ, 6.12.06 (FDP).
[4]
AZ,
NZZ und
SGT, 5.5.06.
[6]
Bund und
LT, 18.5.06;
SGT, 22.11.06
[7]
LT, 13.6. und 6.7.06;
QJ, 6.7.06;
24h, 9.12.06. Vgl. auch
SPJ 2005, S. 134.
[8]
LT, 25.2.06;
TG, 28.2.06.
[9]
AB SR, 2006, S. 822 ff.;
AB NR, 2006, S. 1752 ff. Vgl. auch
SPJ 2005, S. 135 f.
[10]
AB SR, 2006, S. 822 ff., 863 ff. und 889 ff.
[11]
AB SR, 2006, S. 907;
AB NR, 2005, S. 452 und 1974.
[12]
AB NR, 2006, S. 1752 ff.
[13]
NZZ, 29.6.07 (Gesamtenergieverbrauch);
AZ und
BZ, 14.4.07 (Elektrizitätsverbrauch).
[14]
AZ und
BZ, 14.4.07. Vgl.
SPJ 2005, S. 136.
[15]
TG und
24h, 15.5.06;
NZZ, 20.5.06.
[16]
BBl, 2006, S. 8831 ff.
; NZZ, 22.3.06;
TA, 21.4.06;
LT, 19.10.06.
[18]
LT,
NZZ und
24h, 15.6.06;
QJ und
24h, 15.7.06. Vgl.
SPJ 2005, S. 137 f.
[19]
NZZ und
QJ, 24.4.06. Zum neuen Kernenergiegesetz vgl.
SPJ 2003, S. 150 f.
[20]
BaZ, 16.2.06;
NZZ, 2.11.06.
[21]
BaZ, 16.2.06;
AZ und
TA, 16.3.06. Vgl.
SPJ 2004, S. 123.
[22]
TA, 15.3.06;
NZZ, 16.3.06.
[23]
AZ,
NZZ und
TA, 29.6.06. Vgl.
SPJ 2005, S. 138.
[26]
AB SR, 2006, S. 1145 ff.;
Bund, 29.6.06;
BaZ, 21.7.06;
SoZ, 29.10.06. Vgl. für das CO2-Gesetz unten, Teil I, 6d (Luftreinhaltung).
[27]
LT und
NZZ, 18.1.06.
[28]
SGT, 14.10.06;
NZZ und
24h, 21.12.06.
[30]
AB NR, 2006, S. 612 f.
[31]
BZ, 19.7.06;
NZZ und
24h, 21.7.06;
Bund, 29.7.06.
[32]
Lib. und
LT, 1.9.06;
BaZ, 23.9.06. Vgl.
SPJ 2005, S. 140.
[33]
AZ, 11.12. und 14.12.06;
Bund und
TA, 11.12.06.