Année politique Suisse 2007 : Chronique générale / Finances publiques
Direkte Steuern
Zu den kantonalen Steuervorlagen siehe unten, Teil II, 2b.
Im Gegensatz zum Nationalrat beschloss der Ständerat, nicht auf eine parlamentarische Initiative der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates einzutreten, welche
Einkommen, die das Existenzminimum nicht überschreiten, von der Steuer befreien wollte. Die vorberatende Kommission sah in der Steuerbefreiung des Existenzminimums ein zentrales Element der Strategie gegen Armut. Da die Kantone das Existenzminimum selber hätten bestimmen können, wäre auch nicht in deren Tarifautonomie eingegriffen worden. Der Ständerat lehnte die Initiative ab, obwohl der Nationalrat in der Differenzbereinigung an seiner Entscheidung festgehalten hatte
[1].
Um reiche Steuerzahler anzulocken, hatte der Kanton
Obwalden im Jahr 2005 ein
degressives Steuermodell für hohe Einkommen eingeführt, was insbesondere die Linke heftig kritisiert hatte. Der Waadtländer Nationalrat Zisyadis (pda) verlegte daraufhin seinen Wohnsitz von Lausanne (VD) nach Sarnen (OW), um die neue Regelung anfechten zu können. Das Bundesgericht entschied im Sinne des Anklägers und verbot dem Kanton Obwalden, reiche Steuerzahler zu bevorteilen. Dies, weil gemäss Bundesgericht mit einer degressiven Steuer der Verfassungsgrundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletzt wird. Als Reaktion auf das Bundesgerichtsurteil stellte Obwalden die Flat-Rate-Tax als neues Modell vor, welches ab einem bestimmten Einkommen für alle den gleichen Steuersatz vorsieht
[2].
Der Kanton
Schaffhausen folgte dem Beispiel Obwaldens und verzichtete auf degressive Steuertarife zugunsten einer
Flate-Rate-Tax. Auch der Kanton Uri will auf das Jahr 2009 einen Einheitssteuersatz nach dem Beispiel von Obwalden einführen. Nationalrat Zisyadis (pda, VD) reichte zudem eine parlamentarische Initiative ein, welche die Besteuerung hoher Einkommen nach dem Grundsatz harmonisieren wollte, dass Steuerpflichtige mit einem Einkommen von über 300 000 Fr. von den Kantonen und Gemeinden nach dem gleichen landesweiten Steuersatz mit der gleichen Progression besteuert werden. Eine Studie der Universität St. Gallen, die im Auftrag des Bundes erstellt wurde, zeigte, dass Steuerreformen mit dem Ziel der Wachstumsförderung nicht ohne schmerzhafte soziale Auswirkungen bleiben. Die Studie befasste sich mit einer Reihe von möglichen Szenarien einer Steuerreform, darunter auch die Flate-Rate-Tax, von welcher die oberste Einkommensschicht am meisten profitieren würde. Die unteren und mittleren Einkommen müssten hingegen tiefer in die Tasche greifen
[3].
Das Bundesgerichtsurteil über den degressiven Steuersatz
des Kantons Obwalden führte im Nationalrat zur Einreichung von zahlreichen Interpellationen und Motionen zur Thematik des Steuerwettbewerbes. Während die FDP-Fraktion den Steuerföderalismus und den
Steuerwettbewerb fördern wollte und vom Bundesrat verlangte, diesen auch in der Aussenpolitik offensiv zu vertreten, setzte sich die sozialdemokratische Fraktion dafür ein, dass der aus ihrer Sicht zunehmend aggressive und schädliche Steuerwettbewerb auf ein sozial verträgliches Ausmass eingedämmt wird.Dabei waren die Anliegen der ersteren erfolgreicher und wurden im Gegensatz zu der Motion der SP angenommen. Auch die Kantone hatten sich zu diesem Thema beraten und wollen mit einer Kontrollkommission für einen fairen Steuerwettbewerb sorgen. Für zusätzliche Aufregung in diesem Bereich sorgte die EU-Kommission, welche ihre Drohung wahrmachte und von der Schweiz die Abschaffung bestimmter kantonaler Steuerpraktiken verlangte. Dies, weil aus Sicht der EU eine Vielzahl von Schweizer Kantonen über Steuergesetze verfügen, die nicht mit der ordnungsgemässen Anwendung des 1972 zwischen der EU und der Schweiz abgeschlossenen Freihandelsabkommens vereinbar sind
[4].
Wie bereits 2006 bei den Abstimmungen bezüglich des Bundesgesetzes über die
Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen, blieb die sozialdemokratische Fraktion auch mit einer Motion zur Aufhebung der von ihr als ungerecht bezeichneten Praxis bei der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen erfolglos. Diese wollte den Bundesrat beauftragen, Massnahmen einzuleiten, welche sicherstellen, dass bei der Besteuerung von Aktien und Optionen für Mitarbeiter die steuerrechtlichen Grundsätze der Besteuerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Reinvermögenszuwachses und der Gleichmässigkeit der Besteuerung eingehalten werden. Sicherzustellen sei insbesondere, dass alle Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen gleichermassen besteuert werden.Der Nationalrat lehnte die Motion gemäss Empfehlung des Bundesrates ab
[5].
Das Thema der
Pauschalbesteuerung sorgte im Berichtsjahr für viel Aufregung in der Öffentlichkeit. Diese Art der Besteuerung ersetzt die ordentliche Einkommens- und Vermögenssteuer und steht natürlichen Personen offen, die erstmals oder nach einer Landesabwesenheit von mindestens 10 Jahren in der Schweiz Wohnsitz oder Aufenthalt nehmen und hier keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Es wurden zwei Motionen und eine parlamentarische Initiative beim Parlament eingereicht, welche sich mit dem Thema der Pauschalbesteuerung beschäftigen. Eine Motion Leutenegger Oberholzer (sp, BL) verlangte, dass die Besteuerung nach Aufwand (Pauschalbesteuerung) aufgehoben wird. Der Bundesrat wies darauf hin, dass die Besteuerung nach Aufwand nicht als Privileg gedacht sei, sondern eine zweckmässige Methode darstelle, um den anvisierten Personenkreis, nämlich Personen mit Einkünften und Vermögen vorwiegend im Ausland, sachgerecht zu veranlagen. Die Motion wurde entsprechend der Empfehlung des Bundesrates abgelehnt. Eine parlamentarische Initiative von Leutenegger Oberholzer, wollte die Steuergesetze so abändern, dass das Ermessen der Veranlagungsbehörden bei der Aufwandbesteuerung verringert wird. Die untere Grenze für die Aufwandbesteuerung sollte im Gesetz festgehalten werden. Neu würde die Steuer mindestens das 20-Fache der Mietkosten betragen. Eine Motion Zisyadis (pda, VD) forderte den Bundesrat auf, schnellstmöglich Schritte zu unternehmen, damit die Kantone für Steuerpflichtige, die den Wohnsitz von einem Kanton in einen anderen verlegen und an ihrem alten Wohnsitz ordentlich besteuert wurden, nicht zur Pauschalbesteuerung übergehen können. Der Nationalrat sprach sich gegen alle drei Vorstösse aus. Auch die kantonalen Finanzdirektoren diskutierten über die Pauschalbesteuerung und erwägten Anpassungen. Diskutiert wurde vor allem der Vorschlag, dass Kantone Richtlinien zur Pauschalbesteuerung ausarbeiten sollen, die zwar nicht verbindlich, aber doch in der Art eines Ehrenkodexes sein sollten. Konkret ging es darum, die Steuern so anzuheben, dass ein durchschnittlicher Steuerertrag von 150 000 Fr. pro Person und Jahr anfällt und nicht wie bisher nur 75 000 Fr.
[6].
In der
Vernehmlassung über die vier Modelle für die definitive Lösung der
Ehepaarbesteuerung waren sich die Parteien, Kantone und Verbände zumindest darin einig, dass Ehepaare steuerlich entlastet werden müssen. Zur Diskussion standen einerseits das Modell der Individualbesteuerung, bei welchem jeder Ehegatte sein eigenes Einkommen versteuert, dasjenige des Vollsplitting, bei dem das gemeinsame Einkommen zum Steuersatz des halben Gesamteinkommens besteuert wird, das Modell der freien Wahl, bei dem die Ehepaare zwischen einem Teilsplitting und der reinen Individualbesteuerung auswählen können und als letztes Modell dasjenige des Status quo, wo es bei der heutigen Veranlagung mit zwei verschiedenen Tarifen für Ehepaare und Unverheiratete bleibt, aber der Tarifverlauf neu festgelegt wird. Während die Linke die Einführung der Individualbesteuerung verlangte, schwankten die Bürgerlichen zwischen der Variante des Vollsplitting und derjenigen der freien Wahl. Der Gewerkschaftsbund, Travail Suisse, Pro Familia, die SP und die Grünen hätten allerdings am liebsten ein fünftes Modell, bei dem nicht Ehepaare, sondern Eltern tiefer besteuert würden. Dass diese Forderung mehrheitsfähig sein könnte, zeigten auch die Vernehmlassungsantworten der anderen Parteien: SVP, CVP und EVP forderten ebenfalls Erleichterungen für Familien mit Kindern. In die gleiche Richtung zielte auch ein Postulat Meier-Schatz (cvp, SG), welches den Bundesrat aufforderte, einen Bericht zu erstellen, in welchem er Modelle einer Familienbesteuerung vorschlägt, bei denen das Kind als Ausgangspunkt genommen wird. Dieses wurde vom Nationalrat knapp mit 94 zu 84 Stimmen angenommen
[7].
Eine Motion Hutter (svp, SG), welche Mütter beziehungsweise Väter, die ihre Kinder im Familienkreis betreuen und keine Drittbetreuung in Anspruch nehmen, steuerlich entlasten wollte, lehnte der Nationalrat mit 77 zu 95 Stimmen ab
[8]. Ebenfalls abgelehnt wurde eine Motion Meier-Schatz (cvp, SG), welche den Bundesrat aufforderte, den Umfang und die Voraussetzungen für die
Verwandtenunterstützung neu festzulegen und die Grenzwerte erheblich zu erhöhen. Der Bundesrat erachtete ein weiteres Zurückdrängen der Verwandtenunterstützung als nicht angezeigt und würde es als stossend empfinden, wenn sich vermögende nahe Verwandte zulasten der Sozialhilfe aus ihrer Verantwortung für in Not geratene Familienmitglieder stehlen könnten
[9].
Im Gegensatz dazu wurde eine Motion Parmelin (svp, VD) vom Ständerat angenommen, welche den Bundesrat beauftragte, die
steuerliche Ungleichbehandlung von geschiedenen oder in Trennung lebenden Steuerpflichtigen, welche gemeinsam das Sorgerecht für ihre Kinder ausüben und diese abwechselnd betreuen, aufzuheben. Der Nationalrat hatte die Motion bereits im Jahr 2005 gutgeheissen
[10].
Der Nationalrat lehnte eine Motion Kohler Pierre (cvp, JU) ab, welche ähnlich wie eine Motion Frick (cvp, SZ) im Jahr zuvor verlangte, dass die
Alimente auch dann von den Steuern abgezogen werden kann, wenn das Kind älter als 18 Jahre ist und sich noch in der Ausbildung befindet. Der Bundesrat war allerdings der Meinung, dass die vom Motionär geforderte Gleichbehandlung der Alimentenzahlungen zugunsten mündiger und unmündiger Kinder nur zu einer scheinbaren Gleichbehandlung führen würde. Vielmehr würden die Ungleichbehandlungen gegenüber Ehepaaren, die in intakter Ehe leben, ausgedehnt
[11].
Im Frühling nahmen die beiden Räte die Beratungen zur
Unternehmenssteuerreform II wieder auf. Während das Bundesgesetz über dringende Anpassungen bei der Unternehmensbesteuerung bereits im Vorjahr verabschiedet worden war, mussten nun auch die Verhandlungen zum Bundesgesetz über die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten und Investitionen (Unternehmenssteuerreformgesetz II) zu Ende geführt werden. Bei dieser Vorlage ging es im Wesentlichen darum, eine steuerliche Entlastung von Risikokapital zu erreichen, die primär den Investoren, welche sich unternehmerisch beteiligen, zugute kommen soll. Andererseits zielte die Reform auch auf die steuerliche Entlastung der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ab. Diese wird erreicht durch eine tiefere Besteuerung der ausgeschütteten Unternehmensgewinne. Bei der direkten Bundessteuer sollte eine Teilbesteuerung der Dividenden eingeführt werden
[12].
Bei der
Differenzbereinigung im Ständerat beschloss dieser, die Bestimmungen zum Quasi-Wertschriftenhandel aufgrund der zahlreichen offenen Fragen herauszulösen und in einer separaten Vorlage zu behandeln. Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage war mittels zweier Rechtsgutachten geprüft worden, welche jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Bei der Frage der Teilbesteuerung beschloss der Ständerat die Quote beim Privatvermögen gegenüber seinem ersten Beschluss von 60 auf 70% zu erhöhen
[13].
Der
Nationalrat billigte den Entscheid der kleinen Kammer, die Fragen zum Quasi-Wertschriftenhandel von der jetzigen Vorlage abzukoppeln und separat zu beraten. Bei der Teilbesteuerung arbeitete er einen Kompromissvorschlag aus, der den Steuersatz von Dividenden im Privatvermögen von 50 auf 60% erhöhen wollte. Der Rat folgte der Kommissionsmehrheit und wollte es den Kantonen überlassen, mit welchen Verfahren sie die Entlastung bei der wirtschaftlichen Doppelbelastung vornehmen. Im Gegensatz dazu scheiterten verschiedene Minderheitsanträge aus dem links-grünen Lager, die den Spielraum der Kantone im Steuerharmonisierungsgesetz einschränken wollten
[14].
Der Ständerat willigte schliesslich in die vom Nationalrat beschlossene Teilbesteuerung von Dividenden im Privatvermögen auf 60% ein und stimmte auch in Bezug darauf, den Kantonen beim anzuwendenden Verfahren keine Vorschriften zu machen, mit dem Nationalrat überein. In der Schlussabstimmung hiess der Nationalrat die Reform mit 120:72 Stimmen und der Ständerat mit 35:8 gut. Die Gegenstimmen kamen von der SP und der GP, welche die Vorlage geschlossen ablehnten. Das
verabschiedete Bundesgesetz enthält nun folgende
Kernpunkte: Inhaber von Beteiligungen werden von einer Steuererleichterung profitieren, wenn sie eine Mindestbeteiligung von 10% am Unternehmenskapital halten. Der Teilsteuersatz beträgt für das Geschäftsvermögen 50% und für das Privatvermögen 60%. Nur die Mindestbeteiligung von 10% wird im Gesetz verankert, die Sätze können die Kantone selbst bestimmen und daher variieren. Die Möglichkeit des Schuldenzinsenabzuges bis zum Betrag des um 50 000 Fr. erhöhten steuerbaren Vermögens wird beibehalten. Ausserdem besteht die Möglichkeit für die Kantone, die Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer anzurechnen. Die Mindereinnahmen für den Bund werden sich mit den geplanten Massnahmen auf 56 Mio Fr. belaufen
[15].
Gegen das oben beschriebene Bundesgesetz über die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten und Investitionen ergriff eine Linksallianz wie bereits im Jahr 2006 angekündigt das
Referendum und reichte dieses mit mehr als 57 000 gültigen Unterschriften ein. Die bürgerlichen Parteien starteten eine Gegenkampagne. Der Linksallianz gehören unter anderen die SP, der Gewerkschaftsbund (SGB) und die Grünen an. Das Volk wird anfangs 2008 über die Vorlage abstimmen können
[16].
Eine Motion der FDP wollte mit einer zusätzlichen Unternehmenssteuerreform die
Wettbewerbsfähigkeit und die Standortattraktivität der Schweiz stärken. Dazu sollte der Gewinnsteuersatz für Unternehmen gesenkt werden und eine Flexibilisierung der Besteuerung unterschiedlicher Ertragsarten erreicht werden. Begründet wurde dieses Anliegen damit, dass die Schweiz im Bereich der steuerlichen Attraktivität als Folge der OECD-weiten Steuersenkungen der letzten Jahre zunehmend unter Druck gerate. Auch der Bundesrat erachtete steuerliche Massnahmen auf der Stufe des Unternehmens als zielführend und empfahl daher die Annahme der Motion. Dem leistete der Nationalrat Folge
[17].
Die SVP wollte mit einer Motion den
Gewinnsteuersatz für Unternehmen bei der direkten Bundessteuer von 8.5% auf 5% senken, da dies einem internationalen Trend entspreche. In der Senkung des Gewinnsteuersatzes für Unternehmen sah die SVP eine einfache und wirksame Massnahme, um die steuerliche Attraktivität des Unternehmensstandortes der Schweiz zu erhalten und im Rahmen des internationalen Wettbewerbes zu verbessern. Entgegen der Empfehlung des Bundesrates, welcher darauf hinwies, dass die Senkung der Gewinnsteuer Mindereinnahmen von 3,7 Mia Fr. bringen würde, nahm der Nationalrat die Motion an
[18].
Ebenfalls angenommen wurde im Ständerat ein Postulat seiner Kommission für Wirtschaft und Abgaben, welches den Bundesrat ersucht, dem Parlament einen Bericht über neue
Unternehmenssteuermodelle im Ausland vorzulegen, insbesondere bezüglich wichtiger Handelspartner und der dortigen Unternehmensbeihilfen
[19].
Eine weitere 2006 vom Nationalrat überwiesene Motion der FDP wollte die steuerliche Behandlung der
Firmennachfolge freundlicher ausgestalten. Die WAK des Ständerates beantragte die Ablehnung der Motion, da ein Teil davon (indirekte Teilliquidation) bereits vorgezogen worden war. Entsprechend lehnte der Ständerat die Motion ab
[20].
Eine Motion der FDP und eine Motion Pfisterer (fdp, AG) sowie eine Standesinitiative aus dem Kanton Solothurn und eine aus dem Kanton Aargau verlangten eine
Vereinfachung der Besteuerung von natürlichen Personen. Während die FDP sich lediglich für eine Vereinfachung der Besteuerung der natürlichen Personen einsetzte, schlug der Ständerat Pfisterer eine Flat-Rate-Tax oder eine Reduktion auf wenige Tarifstufen vor, liess aber die Wahl des definitiven Modells zur Vereinfachung offen. Auch der Kanton Solothurn schlug eine Flat-Rate-Tax vor, während der Kanton Aargau in seiner Standesinitiative das zu wählende Modell zur Vereinfachung der Besteuerung von natürlichen Personen ebenfalls offenliess. Abgesehen von der Motion Pfisterer lehnte das Parlament alle Vorstösse ab. Die beiden Standesinitiativen waren zwar zunächst vom Nationalrat angenommen worden, der Ständerat lehnte diese aber anschliessend wieder ab
[21].
Eine Motion Kiener Nellen (sp, BE) forderte den Bundesrat auf, Artikel 71 Absatz 3 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden umgehend umzusetzen. Dieser besagt, dass für die Steuererklärung und die dazugehörigen Beilagen für die ganze Schweiz einheitliche Formulare zu verwenden sind. Der Bundesrat wies darauf hin, dass in diesem Bereich bereits wesentliche Fortschritte erzielt werden konnten. Der Nationalrat lehnte die Motion mit 67 zu 108 Stimmen ab.
Nachdem der Bundesrat im Herbst 2006 seine
Botschaft zum Bundesgesetz über die Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und die Einführung der straflosen Selbstanzeige vorgelegt hatte, behandelte diese nun das Parlament. Mit dem Gesetzesentwurf sollte die Nachbesteuerung der Erbinnen und Erben vereinfacht werden. Die Selbstanzeige wäre so ausgestaltet gewesen, dass bei der erstmaligen Anzeige der Steuerhinterziehung Straffreiheit gewährt wird. Die Erben sollten also einen Anreiz erhalten, das vom Erblasser hinterzogene Vermögen und die daraus fliessenden Erträge der Legalität zuzuführen. Mit dem Gesetzesentwurf wäre zudem eine individuelle Amnestie (straflose Selbstanzeige) für natürliche und juristische Personen eingeführt worden
[23].
Im
Ständerat blieb das Eintreten auf die Vorlage unbestritten. Vergeblich versuchte eine linke Kommissionsminderheit bezüglich der Nachsteuer der Erben zu erwirken, dass bei einer deklarierten Steuerhinterziehung Nachsteuern und Verzugszinsen nicht nur für die letzten drei, sondern für die letzten fünf Jahre vor dem Todesjahr des Erblassers zu bezahlen sind. Die Vorlage passierte die Gesamtabstimmung schliesslich bei fünf Enthaltungen mit nur einer Gegenstimme
[24].
Im
Nationalrat beantragte die grüne Fraktion das Nichteintreten auf die Vorlage, weil diese der Steuergerechtigkeit widerspreche. Die sozialdemokratische Fraktion kritisierte die Zugeständnisse als zu weitgehend, während sich das bürgerliche Lager hinter die Vorlage stellte. Der Nichteintretensantrag wurde klar abgelehnt. Ein Minderheitsantrag der Linken, welcher einen Verzicht auf die vereinfachte Nachbesteuerung von Erben verlangte, lehnte der Nationalrat ebenso ab wie jener auf eine Verlängerung der Nachsteuerperiode auf fünf Jahre. Im Kontext der straflosen Selbstanzeige bekämpften linke und grüne Vertreter die Fortführung der Regelung bezüglich wiederholter Steuerhinterziehung, wonach die Busse von in der Regel 100% auf einen Fünftel der hinterzogenen Steuern reduziert wird. Linke und Grüne wehrten sich zudem dagegen, dass der Mechanismus der straflosen Selbstanzeige auch für juristische Personen gilt. In diesem Punkt beschloss der Nationalrat abweichend vom Bundesrat und der kleinen Kammer, die Straffreiheit und den Wegfall der Solidarhaftung nicht nur für das anzeigende ausgeschiedene Organ bzw. den anzeigenden ausgeschiedenen Vertreter, sondern auch für die aktiven Mitglieder der Organe. Die Vorlage wurde in der Gesamtabstimmung gegen den Widerstand des links-grünen Lagers klar angenommen
[25].
Eine Motion Studer (evp, AG) wollte das Schweizerische Strafgesetzbuch dahingehend ändern, dass die
Steuerhinterziehung zum Vergehen erklärt wird. Dadurch würde eine internationale Rechtshilfe und damit die Aufhebung des Bankgeheimnisses auch für das Delikt der Steuerhinterziehung zum Einsatz kommen. Nach geltendem Recht ist diese Rechtshilfe nur beim Vorliegen eines Abgabebetruges möglich. Die Motion wurde von der grossen Kammer mit 68 zu 106 Stimmen abgelehnt
[26].
Eine Motion Kiener Nellen (sp, BE) und eine Motion Sommaruga (sp, BE) wollten eine
Meldepflicht bei unerklärlichem Einkommens- und Vermögenszuwachs beziehungsweise eine Meldepflicht bei
Steuerhinterziehung und Steuerbetrug einführen. Während erstere den Bundesrat aufforderte, die Steuerbehörden zur Meldung an die Justizbehörden bei unerklärlichem Einkommens- oder Vermögenszuwachs von natürlichen oder juristischen Personen zu verpflichten, verlangte die zweite Motion, dass gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, die sicherstellen, dass bei Nachsteuerverfahren die nichtentrichteten Sozialversicherungsbeiträge vollständig eingefordert und zu Unrecht bezogene öffentliche Leistungen zurückgefordert werden können. Die Motion Kiener Nellen lehnte der Nationalrat deutlich mit 64 zu 115 Stimmen ab. Die Motion Sommaruga hingegen verfehlte nur knapp die Annahme im Ständerat mit 16 zu 17 Stimmen
[27].
Der Nationalrat lehnte sowohl eine Motion als auch eine parlamentarische Initiative des Nationalrates Robbiani (cvp, TI) bezüglich der Quellenbesteuerung von Vorsorgeleistungen ab. Die Initiative hatte zum Ziel, dass im Ausland wohnhafte und in der Schweiz erwerbstätige Personen im Kanton, in dem sie arbeiten, zum Zeitpunkt besteuert werden, wenn sie ihr Guthaben der beruflichen Vorsorge ausbezahlt bekommen. Heute liegt die Befugnis für die Quellensteuererhebung und das Rückerstattungsverfahren bei jenem Kanton, in dem die Vorsorgeeinrichtung ihren Sitz hat. Diese Regelung führt dazu, dass die Quellensteuererträge aus Vorsorgeleistungen (2. Säule und Säule 3a) vor allem in den Kantonen mit grossen Sammelstiftungen anfallen. Ein ähnliches Ziel verfolgte auch die Motion, welche ein vereinfachtes Verfahren bei der Rückerstattung der Quellensteuer an die Kantone, in denen die versicherte Person erwerbstätig war, ausarbeiten wollte. Der Bundesrat empfahl in seiner Stellungnahme das Nichteintreten, weil er der Meinung war, dass die vorgeschlagenen Änderungen keine Vereinfachung bringe, sondern komplizierter sei als die heutige Regelung und die geltende Rechtsordnung auch aus steuersystematischen Gründen vorzuziehen sei
[28].
Betreffend die
Benachteiligung des international tätigen Schweizer Flugpersonals behandelten die beiden Räte eine Motion Lombardi (cvp, TI) und ein Postulat Kaufmann (svp, ZH). Das Postulat wollte, dass Wege aufgezeigt werden, wie die Benachteiligungen des in der Schweiz wohnhaften und in Deutschland arbeitenden Flugpersonals infolge des deutschen Steueränderungsgesetzes ab 1. Januar 2007 gemildert oder kompensiert werden können. Die Motion verlangte vom Bundesrat, eine Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland zu verhandeln und abzuschliessen, welche eine gerechte Besteuerung für Schweizer Flugpersonal bei deutschen Flugunternehmen sicherstellt. Das Postulat wurde im Nationalrat und die Motion von beiden Räten angenommen
[29]. Ausserdem nahm der Nationalrat ein Postulat der sozialdemokratischen Fraktion an, welches den Bundesrat aufforderte, zu prüfen, wie der internationale Flugverkehr angemessen besteuert werden kann
[30].
Zwei parlamentarische Initiativen setzten sich mit der Thematik der
Transparenz in Sachen Steuerbefreiung auseinander. Einerseits die parlamentarische Initiative Savary (sp, VD), welche die Steuergesetzgebung so abändern wollte, dass die internationalen Sportorganisationen ihre Bilanz, die Löhne ihrer Direktionsmitglieder und die Lohnskala offenlegen müssen. Andererseits die parlamentarische Initiative Müller (gp, AG), welche den Bundesrat beauftragte, dem Parlament ein Gesetz vorzulegen, das die volle finanzielle und organisatorische Transparenz aller steuerbefreiten Organisationen sicherstellt. Beide Initiativen wurden vom Nationalrat abgelehnt
[31].
Eine parlamentarische Initiative Imfeld (cvp, OW) wollte das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) um einen neuen Artikel mit einer
gesetzlichen Bescheinigungspflicht ergänzen, welcher die Versicherer verpflichten würde, den versicherten Personen jeweils nach Ablauf eines Jahres zuhanden der Steuerbehörden die bezahlten Krankenkassenprämien, die bezahlten Franchisen und die bezahlten Selbstbehalte zu bescheinigen. Der Nationalrat lehnte die Initiative entsprechend der Empfehlung der Kommission ab, welche den Aufwand für eine Regelung auf Gesetzesstufe als unverhältnismässig hoch einschätzte
[32].
Eine Motion Dupraz (fdp, GE) wollte der
effektiven Prämienbelastung, welche den Versicherten durch die obligatorische Krankenversicherung erwächst, Rechnung tragen und die Obergrenze des von den Einkünften abziehbaren Gesamtbetrages in Zukunft jährlich anpassen, wobei sich die Anpassung nach dem durchschnittlichen Anstieg der Prämien richten sollte. Der Bundesrat lehnte die Motion ab, weil das Herausbrechen eines einzelnen Abzuges aus dem grundsätzlichen Rhythmus des Teuerungsausgleiches zu einer Verkomplizierung des Steuerrechts führen würde. Dem folgte auch der Nationalrat und lehnte die Motion ab
[33].
Nationalrätin Kiener Nellen (sp, BE) verlangte mit einer Motion, dass die
Leistungen aus Kapitalversicherungen der Einkommenssteuer unterstellt werden. Dies betrifft den Ertragsteil aus dem Vermögensanfall aus rückkauffähigen Kapitalversicherungen und zwar weil diese gegenüber Leistungen aus der Risikoversicherung privilegiert sind. Der Bundesrat wies darauf hin, dass eine rechtsgleiche Besteuerung tatsächlich gleichwertiger Vorsorgeanstrengungen nur im Rahmen einer Gesamtbetrachtung und unter Miteinbeziehen der Stempelabgabe auf Lebensversicherungen möglich sei, nicht aber alleine mit der in der Motion vorgeschlagenen punktuellen Massnahme. Entsprechend wurde die Motion im Nationalrat abgelehnt
[34].
Ein Postulat der SVP wie auch eines der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates beauftragten den Bundesrat je einen Bericht zu erstellen. Während das erste Postulat einen Überblick über zusätzliche Belastungen durch Steuern, Abgaben und Gebühren verlangte, forderte das andere einen Bericht über die
Über- und Unterbesteuerung der privaten Altersvorsorge. Der Nationalrat nahm beide Postulate an
[35].
[1]
AB SR, 2007, S. 543 ff. und 849 f.
; AB NR, 2007, S. 1342 ff
.; vgl.
SPJ 2006, S. 117
.
[2]Presse vom 2.6. und 9.6.07; vgl.
SPJ 2006, S. 117.
[3]Presse vom 8.8.07;
NZZ, 11.10. und 20.12.07;
AB NR, 2007, S. 2050 ff.
[4]
AB NR, 2007, S. 1515 f.; Presse vom 20.1., 10.2. und 14.2.07.
[5]
AB NR, 2007, S. 1520; vgl.
SPJ 2006, S. 118.
[6]
AB NR, 2007, S. 1512 (Motion Leutenegger Oberholzer), 1519 (Motion Zisyadis) und 2029 (pa.Iv. Leutenegger Oberholzer);
NZZ, 15.1.07;
SGT, 16.1.07.
[7]Vernehmlassung:
NZZ, 30.6.06; für die einzelnen Modelle, welche der BR vorgeschlagen hatte, siehe
SPJ 2006, S. 119 f. Postulat:
AB NR, 2007, S. 1517.
[8]
AB NR, 2007, S. 1519.
[9]
AB NR, 2007, S. 2007.
[10]
AB SR, 2007, S. 867; vgl.
SPJ 2005, S. 119.
[11]
AB NR, 2007, S. 1520; vgl.
SPJ 2006, S. 120.
[12]Vgl.
SPJ 2006, S. 120 ff.
[13]
AB SR, 2007, S. 12 ff. und 212 ff.
[14]
AB NR, 2007, S. 309 ff. und 594 ff.
[15]
AB SR, 2007, S. 309.
[16]
BBl, 2007, S. 6073; Presse vom 10.7.07; vgl.
SPJ
2006, S. 123.
[17]
AB NR, 2007, S. 1513.
[18]
AB NR, 2007, S. 1513. Siehe
SPJ 2006, S. 121 (FN 15).
[21]
AB NR, 2007, S. 1515 (Motion FDP);
AB SR, 2007, S. 1125 ff. (Motion Pfisterer);
AB NR, 2007, S. 2027 und
AB SR, 2007, S. 852 ff. (Standesinitiativen).
[23]
BBl, 2006, S. 8795 ff.; vgl.
SPJ 2006, S. 124.
[24]
AB SR, 2007, S. 941 ff.
[25]
AB NR, 2007, S. 2011 ff. und 2018 ff.
[26]
AB NR, 2007, S. 197 f.
[27]
AB NR, 2007, S. 1518 und 1127.
[28]
AB NR, 2007, S. 1512 (Motion);
BBl, 2007, S. 1191 ff.;
AB NR, 2007, S. 618 ff. (pa.Iv.); vgl.
SPJ 2006, S. 124.
[29]
AB NR, 2007, S. 1518 (Postulat);
AB NR, 2007, S. 1375 und
AB SR, 2007, S. 98 ff. (Motion).
[30]
AB NR, 2007, S. 1716.
[31]
AB NR, 2007, S. 2031 ff. (pa.Iv. Savary) und 2031 ff. (pa.Iv. Müller).
[32]
AB NR, 2007, S. 566 und Beilagen I, S. 86 ff.
[33]
AB NR, 2007, S. 1517.
[34]
AB NR, 2007, S. 1523.
[35]
AB NR, 2007, S. 1523 (SVP-Fraktion) und 1512 (WAK-NR).
Copyright 2014 by Année politique suisse