Anpassungen an der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs

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Bei der Ende 2002 vom Parlament verabschiedeten, aber vom Bundesrat noch nicht in Kraft gesetzten umfassenden Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs waren im Nachhinein, d.h. bei der Anpassung der kantonalen Rechtsordnungen, Zweifel am Sinn von bestimmten Beschlüssen aufgetaucht. Namentlich bei der Umsetzung der Grundsatzidee, kurze Freiheitsstrafen durch Geldbussen zu ersetzen, ergaben sich Widersprüche zum bestehenden Ordnungsbussensystem. Konkret konnte dies bedeuten, dass im Strassenverkehr für eine Person mit niedrigem Einkommen eine Ordnungsbusse für eine kleine Übertretung höher ausfiel als die – nach Einkommensverhältnissen abgestufte – Busse für ein wesentlich schwereres Vergehen. Der Bundesrat beantragte deshalb, einige Regelungen zu revidieren. Gleichzeitig schlug er auch vor, die in der Strafrechtsreform geschaffenen Bestimmungen über die ordentliche Verwahrung in zwei Punkten zu verschärfen. Erstens soll eine Verwahrung auch für rückfallgefährdete Täter bestimmter Delikte (z.B. sexuelle Handlungen mit Kindern resp. Abhängigen) angeordnet werden können, die zu einer Strafe von mindestens fünf Jahren (statt zehn, wie im revidierten Gesetz vorgesehen) verurteilt worden sind. Zweitens soll es möglich sein, eine ordentliche Verwahrung – nicht aber eine lebenslängliche Verwahrung – nachträglich auch gegen bereits verurteilte Täter auszusprechen. Diese Bestimmung soll zudem rückwirkend angewendet werden, d.h. auch auf Täter, die vor Inkraftsetzung des Gesetzes verurteilt worden sind; gemäss Botschaft allerdings nicht auf psychisch nicht gestörte Ersttäter. Der praktische Hintergrund dieses Vorschlags war, dass ohne diese neuen Bestimmungen mehrere verwahrte rückfallgefährdete Sexualstraftäter und Gewaltverbrecher mit dem Inkrafttreten des revidierten Gesetzes unverzüglich hätten frei gelassen werden müssen. Auf Antrag seiner Rechtskommission hiess der Ständerat die Vorschläge in der Dezembersession weitgehend in der Fassung des Bundesrates gut. Umstritten war die Möglichkeit der nachträglichen, also nach der Verkündung eines Gerichtsurteils verhängten Verwahrung. Nachdem Bundesrat Blocher versichert hatte, es gehe hier nur um diejenigen seltenen Fälle, bei denen bei einem Gewaltverbrecher erst während des Strafvollzugs eine schwere Anomalie entdeckt werde, die ihn zu einem Wiederholungstäter machen könnte, stimmte der Rat mit 21 zu 11 Stimmen auch diesem Passus zu.

Dossier: Revision des StGB, MStG und dem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht (2006)

Als Zweitrat befasste sich der Nationalrat mit den Korrekturen bestimmter Bestimmungen der Ende 2002 vom Parlament verabschiedeten, aber vom Bundesrat noch nicht in Kraft gesetzten umfassenden Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs. Bei der Verwahrung bekämpfte die Linke vergeblich die beiden beantragten Verschärfungen. Wie bereits in der kleinen Kammer stiessen sowohl die ausgeweitete Definition der Straftaten, bei welchen eine Verwahrung angeordnet werden kann (solche, die mit minimal fünf statt, wie ursprünglich beschlossen, zehn Jahren Gefängnis bestraft werden), als auch die Möglichkeit der nachträglichen, also nach der Verkündung eines Gerichtsurteils verhängten Verwahrung auf Zustimmung. Nachdem sich der Ständerat bei den wenigen noch verbliebenen Differenzen den Beschlüssen der grossen Kammer angeschlossen hatte, verabschiedete das Parlament die Zusätze in der Frühjahrssession. Der Bundesrat setzte die neuen Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs auf Anfang 2007 in Kraft.

Dossier: Revision des StGB, MStG und dem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht (2006)