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Im Januar 2025 entschied die RK-NR mit 14 zu 5 Stimmen (3 Enthaltungen), einer parlamentarischen Initiative Bregy (mitte, VS) für eine Vereinfachung des abgekürzten Verfahrens im Strafprozessrecht Folge zu geben. Das abgekürzte Verfahren kommt zum Zug, wenn die beschuldigte Person den wesentlichen Sachverhalt und die allfälligen Sanktionen (Zivilforderungen und/oder eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als fünf Jahren) anerkennt und ein entsprechendes Gesuch bei der Staatsanwaltschaft stellt. Danach wird die Anklageschrift zum gemeinsamen Urteilsvorschlag von allen Parteien und durch ein Gericht bestätigt. Laut Initiant müsse heute zwingend eine physische Hauptverhandlung vor dem erstinstanzlichen Gericht durchgeführt werden, bevor das abgekürzte Verfahren genehmigt wird. Mit entsprechenden Änderungen in der StPO solle dieses Obligatorium in bestimmten Fällen aufgehoben werden, um den gesamten Prozess zu beschleunigen.

StPO. Ein abgekürztes Verfahren, das auch abgekürzt ist (Pa. Iv. 24.461)

Im Januar 2025 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Änderung des SchKG. Aufgrund der überwiegend positiven Rückmeldungen aus der Vernehmlassung sah sich die Regierung darin bestätigt, mit der Einführung des vereinfachten Nachlassverfahrens und des konkursrechtlichen Sanierungsverfahrens wünschenswerte Effekte für die Betroffenen und die Volkswirtschaft erzielen zu können. Basierend auf den Vernehmlassungsantworten kürzte der Bundesrat die Länge des konkursrechtlichen Sanierungsverfahrens von vier auf drei Jahre und die Sperrfrist nach einem abgeschlossenen Verfahren von 15 auf 10 Jahre. Sollte die verschuldete Person innerhalb einer gewissen Zeit nach dem Sanierungsverfahren zudem von einer unerwarteten Erbschaft oder Schenkung profitieren, käme dies ebenfalls den Gläubigerinnen und Gläubiger zugute. Zudem müssen die Kantone während des Sanierungsverfahrens den betroffenen Personen eine Schulden- und Budgetberatung anbieten. Gleichzeitig beantragte der Bundesrat, die der Gesetzesrevision zugrundeliegenden Motionen (Mo. 18.3510; Mo. 18.3683) abzuschreiben.

Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (Sanierungsverfahren für natürliche Personen; BRG 25.019)

Jahresrückblick 2024: Rechtsordnung

Das Jahr 2024 war im Bereich «Rechtsordnung» von verschiedenen straf- und zivilrechtlichen Fragen geprägt, was sich unter anderem in der gestiegenen Medienberichterstattung im Vergleich zum Vorjahr widerspiegelte (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse). Im Strafrecht parlamentarisch und medial intensiv diskutiert wurden massgebliche Änderungen im Strafgesetzbuch und im Jugendstrafrecht, die sich als Massnahmenpaket Sanktionenvollzug präsentierten. Insbesondere die Dauer und Art der Verwahrung von jugendlichen Straftäterinnen und Straftätern sowie die Aufhebung des begleiteten Hafturlaubs für erwachsene Häftlinge waren Gegenstand harter Debatten im Parlament. Schliesslich hiessen die Räte nur die Änderungen des Jugendstrafrechts gut und lehnten die Strafgesetzbuchrevision in der Schlussabstimmung ab. Ebenfalls für viel Gesprächsstoff sorgte die Einführung eines neuen Straftatbestands für Stalking, der auf eine Kommissionsinitiative aus dem Jahr 2019 zurückgeht und zu dem sich National- und Ständerat im Berichtsjahr in einer ersten Runde äusserten. Gleich fünf gleichlautende und 2024 überwiesene Postulate aus verschiedenen politischen Lagern forderten zudem ein erstes Monitoring der 2023 abgeschlossenen und in Kraft getretenen Revision des Sexualstrafrechts.

Im Zivilrecht fand das Bundesratsgeschäft für Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten seinen Abschluss. Mit der entsprechenden Anpassung des ZGB sollen im Ausland minderjährig verheiratete Personen in der Schweiz neu bis zu ihrem 25. Geburtstag (vorher bis zum 18. Geburtstag) ihre Ehe gerichtlich für ungültig erklären können. Auch die Zivilrechte juristischer Personen standen 2024 auf der politischen Agenda. Durch erneuten Nichteintretensentscheid verwarf der Ständerat die als Teil der zweiten Etappe der Erbrechtsrevision angedachte Vorlage zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge endgültig. Darüber hinaus nahm das Parlament die Beratung zum neuen Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen sowie die Beratung einer Änderung des Zivilgesetzbuches zur Wiedereinführung von Doppelnamen in Angriff. Überdies behandelte das Parlament erstmals den bundesrätlichen Entwurf zum erleichterten Einsatz elektronischer Kommunikation von grenzüberschreitenden Zivilprozessen. Ursprünglich durch eine Motion der ständerätlichen Rechtskommission angestossen, sollen künftig Befragungen einer Person in der Schweiz im Rahmen eines ausländischen Zivilverfahrens auch ohne vorherige behördliche Genehmigung zulässig sein.

Drei Jahre nach dem Volks-Nein zur E-ID schloss das Parlament im Jahr 2024 die Beratung über das neue Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise ab. Im Unterschied zur ersten Vorlage soll die angedachte E-ID künftig nun vollständig vom Staat herausgegeben und verwaltet werden. Mitten in der parlamentarischen Detailberatung befand sich ferner das Bundesgesetz über die Plattformen für die elektronische Kommunikation der Justiz. Weniger schnell voran ging es hingegen in einem weiteren Bereich der digitalen Verwaltung: Das neue Bundesgesetz für einen nationalen Adressdienst kam noch nicht zur Detailberatung, da sich der Nationalrat für eine Rückweisung des Entwurfs aussprach, was der Ständerat jedoch ablehnte.

Zusätzlich zu straf- und zivilrechtlichen Fragen beschäftigten 2024 weiterhin vor allem die anhaltenden Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten die nationale Sicherheitspolitik. Dies zeigte sich unter anderem bei der Debatte um die Wiedereinführung der Rechtsberatung für durch die EU sanktionierte russische Unternehmen oder in den jährlichen Berichten des NDB zur Bedrohungslage, welcher zusammen mit anderen Ereignissen auch Brennstoff für Diskussionen um russische Spionage in der Schweiz bot. Aufgrund der steigenden Anzahl antisemitischer Vorfälle überwies das Parlament im Berichtsjahr zudem eine Motion für ein Verbot von nationalsozialistischen Symbolen in der Öffentlichkeit. Zwei parlamentarische Initiativen zum gleichen Thema sind noch in Beratung.

2024 beschäftigten auch die Bürgerrechte die Schweizer Politik. Besonders das Demonstrationsrecht wurde im Zusammenhang mit der Pro-Palästina-Proteste von Studierenden im Mai medial und politisch intensiv diskutiert (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse). Zudem kam die Volksinitiative «für ein modernes Bürgerrecht» im November 2024 zustande und dürfte aufgrund der geforderten Vereinfachung des Einbürgerungsverfahrens im Parlament und möglicherweise vor dem Stimmvolk für neue Kontroversen sorgen.

Jahresrückblick 2024: Rechtsordnung
Dossier: Jahresrückblick 2024

Im Dezember 2024 überwies der Nationalrat stillschweigend ein Postulat von Roger Golay (mcg, GE), welches vom Bundesrat einen Bericht über die Rechtmässigkeit und Legitimität der Durchführung von Personensicherheitsprüfungen (PSP) im Jahr 2024 verlangte. Konkret sollte ein ausserhalb der Verwaltung erstelltes Rechtsgutachten diverse Fragen prüfen, etwa ob und wie die Privatsphäre und persönliche Freiheit betroffener Personen geschützt sowie allfällige negative Effekte einer Überprüfung reduziert werden können. Die Regierung hatte die Annahme des Vorstosses empfohlen.

Personensicherheitsprüfungen (PSP): Staatliche Interessen versus persönliche Freiheit? (Po. 24.4203)

Der Ständerat behandelte im Dezember 2024 als Erstrat den ersten Teil des neuen Bundesgesetzes zur Transparenz juristischer Personen (TJPG), welcher das geplante Transparenzregister für wirtschaftlich berechtigte Personen beinhaltete. Ein solches Transparenzregister bezweckt eine raschere Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen, um den Strafverfolgungsbehörden Informationen zu liefern, die zur Erkennung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung notwendig sind. Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) votierte im Plenum für Eintreten und die von der RK-SR beantragte Aufteilung in zwei separate Vorlagen (Transparenzregister und Sorgfaltspflichten für Beraterinnen und Berater). Eine Minderheit um Mauro Poggia (mcg, GE) beantragte indes Nichteintreten, da die Schweiz aus ihrer Sicht bereits genügend gegen Geldwäscherei tue und die Vorlage über internationale Vorgaben hinausgehe. Mit 30 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschloss die Kantonskammer schliesslich, auf die Vorlage einzutreten, wobei die Vertreterinnen und Vertreter der SVP und Fabio Regazzi (mitte, TI) unterlagen.

In der anschliessenden Detailberatung wurden diverse Änderungen zur bundesrätlichen Botschaft beschlossen: Mit 27 zu 11 Stimmen folgte der Ständerat einem Antrag einer Kommissionsmehrheit, mit welchem Stiftungen und Vereine, die im Handelsregister eingetragen sind, vom Transparenzregister ausgeschlossen werden. Laut Kommissionssprecher Jositsch würden diese bereits flächendeckend kontrolliert und verfügten durch das verselbständigte Vermögen gar nicht über die Möglichkeit zur Geldwäscherei. Eine Minderheit um Sommaruga (sp, GE) hatte bei der bundesrätlichen Variante bleiben wollen, um nicht Schlupflöcher für diejenigen Vereine zu eröffnen, die in grossem Ausmass Gelder im Ausland sammeln würden. Ebenfalls angenommen wurde ein Einzelantrag von Erich Ettlin (mitte, OW) zur Streichung eines Abschnitts, der Meldepflichten von Gesellschaften bezüglich Treuhandverhältnissen ins Handelsregister vorsah, und aus Sicht des Antragstellers einen unnötigen bürokratischen Aufwand generiert hätte. Vergeblich hatte Finanzministerin Keller-Sutter auf die entsprechende FATF-Empfehlung und die Wichtigkeit der Bestimmungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung verwiesen. Ebenfalls erfolgreich war ein Minderheitsantrag Fässler (mitte, AI), der für das Transparenzregister eine Richtigkeitsvermutung einführen und somit die Verantwortung der Korrektheit eines Eintrags dem Bund übertragen wollte. Damit solle die fehlende Beweiskraft und das Potenzial eines Vertrauensverlusts in das Register verhindert werden, so Fässler im Plenum. Bundesrätin Keller-Sutter sowie die Kommissionsmehrheit hatten für einen Verbleib bei der Selbstdeklaration argumentiert und vor einem erheblichen Kontrollaufwand für die Behörden und die Unternehmen gewarnt. Einstimmig angenommen wurde überdies die Präzisierung der RK-SR zur Meldung von Fehlern oder Unvollständigkeiten im Transparenzregister durch die betroffenen juristischen Personen selbst. Der Bundesrat solle dabei auf dem Verordnungsweg ein einfaches Verfahren vorsehen, um die entsprechenden Korrekturen beantragen zu können.

Indessen scheiterten zwei weitere Minderheiten Sommaruga, um sowohl den Steuerbehörden von Bund, Gemeinden und Kantonen als auch den Medien und gewissen NGO den Zugriff auf das Transparenzregister zu ermöglichen. Eine bürgerliche Mehrheit im Rat und in der Kommission hatten dies abgelehnt, weil die Bekämpfung von Steuerhinterziehung nicht Teil der Vorlage sei und die breite Öffentlichkeit explizit keinen Zugang zum Register erhalten soll. Zudem scheiterte eine Minderheit Schwander (svp, SZ) mit ihrem Anliegen, Finanzintermediären den Zugang zum Register zu untersagen. Der Minderheitssprecher argumentierte im Plenum, Finanzintermediäre könnten von den wirtschaftlich Berechtigten auch direkt einen Auszug aus dem Transparenzregister verlangen, ohne dass eine zweite Anfrage beim Register nötig sei. Eine Mehrheit folgte jedoch der Argumentation der Kommissionsmehrheit und des Bundesrats, welche den Zugriff als wichtiges Kontrollinstrument zur Qualitätskontrolle durch die Finanzintermediäre betrachteten.

In der Gesamtabstimmung passierte die Vorlage den Ständerat mit 26 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen, wobei die ablehnenden Stimmen von Vertretern der SVP und der Mitte stammten. Das Geschäft ging somit in den Nationalrat.

Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen (BRG 24.046)
Dossier: Geldwäschereigesetz

Im Dezember 2024 behandelte der Nationalrat als Zweitrat eine Motion von Beat Rieder (mitte, VS) zur Aufhebung des Rechtsberatungsverbots für sanktionierte Personen und Unternehmen im Rahmen des übernommenen Sanktionspakets der Europäischen Union. Nachdem der Ständerat der Motion im September 2024 zugestimmt hatte, beantragte die zuständige RK-NR deren Annahme mit geändertem Wortlaut. Wie Kommissionssprecher Philipp Bregy (mitte, VS) ausführte, nahm die nationalrätliche Rechtskommission Kenntnis vom im Oktober 2024 gefällten Urteil des EuGH zur Grundrechtsmässigkeit der Sanktionen und verlangte eine Modifizierung des generellen Rechtsberatungsverbots durch den Bundesrat, um die (Kern-)Anwaltstätigkeiten aus den übernommenen Sanktionen zu streichen. Konkret gehe es dabei um vor- oder extraprozessuale Beratungsdienstleistungen, welche im Gegensatz zu treuhänderischen Tätigkeiten oder der Vermögensberatung grundrechtlich schützenswert seien. Eine Minderheit um Tamara Funiciello (sp, BE) beantragte analog zum Bundesrat die Ablehnung der Motion. Aus ihrer Sicht beträfen die Sanktionen ausdrücklich juristische Personen mit Sitz in Russland und die russische Regierung. Zudem habe der EuGH die Rechtmässigkeit der Sanktionen eindeutig bestätigt. Eine Annahme der Motion würde ein falsches Signal an die internationale Gemeinschaft senden und den Einsatz der Schweiz für die Einhaltung des Völkerrechts infrage stellen, so Funiciello im Plenum. Die negative aussenpolitische Wirkung betonte auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin im Rat, stellte aber ebenso klar, dass die Regierung die abgeänderte Version der RK-NR dem ursprünglichen Wortlaut klar vorziehen würde. Die Volkskammer folgte anschliessend dem Antrag der Rechtskommission und bestätigte die Annahme der Motion im geänderten Wortlaut mit 110 zu 71 Stimmen bei 12 Enthaltungen, wobei die geschlossen stimmende Fraktion der SVP gemeinsam mit einer Mehrheit von FDP, GLP und Mitte eine Mitte-Minderheit und die links-grünen Ratsmitglieder überstimmten. Die Enthaltungen stammten hauptsächlich aus der FDP-Fraktion sowie von je einem Mitglied der Mitte- und GLP-Fraktion. Die Motion geht nun in geändertem Wortlaut erneut zur Beratung in den Ständerat.

Rechtstaatlichkeit wiederherstellen (Mo. 23.4531)

Gleichzeitig mit einem zweiten Vorstoss zum Thema Fangewalt (Mo. 24.4253) reichte die SiK-SR im Oktober 2024 eine Motion ein, welche die Einführung einer Arbeitsgruppe zwischen Bund und den Kantonen zur Bekämpfung von Gewalt bei Sportveranstaltungen verlangte. Wie Kommissionssprecher Mauro Poggia (mcg, GE) im Plenum ausführte, sollen in dieser Arbeitsgruppe allfällige Gesetzesänderungen auf Bundesebene zur Unterstützung der Kantone evaluiert werden. Der Entscheid zur Einreichung der Motion fiel in der Kommission mit 3 zu 3 Stimmen bei 4 Enthaltungen und Stichentscheid der Kommissionspräsidentin Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU). Bundesrat Beat Jans empfahl namens der Regierung den Vorstoss zur Ablehnung, da der Austausch mit den Kantonen bereits stattfinde und eine entsprechende Evaluation der Situation bereits im Sommer 2024 durchgeführt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, warum die neue Arbeitsgruppe zu anderen Ergebnissen kommen sollte. Der Ständerat folgte jedoch seiner Kommission und nahm die Motion in der Wintersession 2024 mit 29 zu 12 Stimmen bei 1 Enthaltung an. Dagegen votierten eine Mehrheit der SP-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der FDP, SVP und Grünen.

Mit den Kantonen die aktuellen Mittel zur Bekämpfung des Hooliganismus evaluieren (Mo. 24.4254)

Im Dezember 2024 behandelte der Nationalrat als Erstrat die Vorlage zum Flugpassagierdatengesetz (FPG). Damit sollen in der Schweiz neu die Daten von Flugpassagierinnen und -passagieren, welche von den Fluggesellschaften bei der Buchung von Flügen erfasst werden, zur Bekämpfung von schwerer Kriminalität und Terrorismus genutzt werden dürfen.
Wie von der SiK-NR beantragt, trat die Volkskammer auf die Vorlage ein; sie tat dies einstimmig. Bei der anschliessenden Detailberatung übernahm der Nationalrat mehrere Präzisierungsvorschläge seiner Rechtskommission, unter anderem eine Vereinfachung der Datenweitergabe für Fluggesellschaften an Staaten mit entsprechenden Sicherheitsgarantien oder eine Fristsetzung für Bundesgerichtsentscheide bei missbräuchlicher Datenverwendung durch den Bund. Justizminister Beat Jans begrüsste die Änderungen der Kommission und wies darauf hin, dass die Vorlage bezüglich Datenschutzbedenken und sicherheitstechnischer Notwendigkeit sorgfältig austariert worden sei. Dem pflichteten die bürgerlichen Parteien bei. Etwa Heinz Theiler (fdp, SZ) sprach stellvertretend für die FDP-Fraktion von einem notwendigen Gesetz, ohne welches die Schweiz zur Sicherheitslücke werde und Schweizer Fluggesellschaften sogar Landerechte in anderen Staaten verlieren könnten.

Kritik an dieser Einschätzung kam aus den Reihen der SP, Grünen und GLP, welche mit sechs Minderheitsanträgen zur Stärkung des Datenschutzes im Plenum scheiterten. So verlangte eine Minderheit um Hasan Candan (sp, LU) eine Ausweitung des FPG auch auf die Privatfliegerei, um ein «Sicherheitsloch» und einen allfälligen Umstieg von Schwerstkriminellen auf Privatflieger zu verhindern. Die SP erhielt dabei lediglich Unterstützung von der GLP-Fraktion. Für die Kommissionsmehrheit hatte Thomas Hurter (svp, SH) argumentiert, dass die nicht-kommerzielle Luftfahrt nicht klar definiert und ein Einbezug daher praktisch nicht umsetzbar sei. Zwei Minderheiten Andrey (gp, VD) forderten erfolglos die unmittelbare Pseudonymisierung der erhobenen Daten ohne Verdachtspotenzial ab dem Zeitpunkt der Erhebung statt nach einer einmonatigen Frist sowie den kompletten Verzicht auf die Vorratsdatenhaltung ebendieser Daten. Letzteres hatte die SPK-NR ebenfalls bereits in einem Mitbericht an die SiK-NR gefordert, was bei der Rechtskommission jedoch nicht auf offene Ohren gestossen war. Wie Kommissionssprecher Fabien Fivaz (gp, NE) im Plenum erläuterte, müsste aus Sicht der Kommissionsmehrheit eine Interessenabwägung zugunsten der Sicherheit gegenüber dem Datenschutz gemacht werden. Schliesslich scheiterte eine erste Minderheit Hässig (glp, ZH) zur Verhinderung eines pauschalen Fokus auf grosse Personengruppen ebenfalls am Widerstand aus den Fraktionen der FDP, SVP und Mitte. Der zweite Minderheitsantrag Hässig hätte die Überprüfung der Verhältnismässigkeit der Risikoprofile für die Datenanalyse dem Bundesverwaltungsgericht übertragen wollen, was die bürgerliche Mehrheit ebenfalls ablehnte, denn dies sei eine «klassische Aufsichtsaufgabe des Bundesrates» und besser in einer Verordnung zu regeln, so Thomas Hurter im Plenum. Ein Präzisierungsantrag, durch den völkerrechtliche Vertragsabschlüsse für die Weitergabe von Flugpassagierdaten nur unter Einhaltung eines «angemessenen» gesetzgeberischen Datenschutzes auf Seiten der ausländischen Vertragspartnerinnen und -partner ermöglicht werden sollte, scheiterte in Form einer dritten Minderheit Hässig an der gleichen Gegnerschaft. Als Kommissionssprecher brachte Fivaz das Gegenargument der Kommissionsmehrheit und des Bundesrates vor; letztere befürchteten, dass schweizerische Transportunternehmen dadurch gegenüber der ausländischen Konkurrenz benachteiligt sein könnten.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat das leicht angepasste FPG mit 166 zu 25 Stimmen bei 4 Enthaltungen an, wobei die Gegenstimmen von der geschlossenen Grünen-Fraktion und zwei SP-Fraktionsmitgliedern stammten.

Flugpassagierdatengesetz (BRG 23.079)

In der Wintersession 2024 behandelte die kleine Kammer als Zweitrat erstmals die bundesrätliche Vorlage zum erleichterten Einsatz elektronischer Kommunikation bei grenzüberschreitenden Zivilprozessen. Die RK-SR beantragte einstimmig, die Anpassung der betroffenen Artikel im Haager Beweiserhebungsübereinkommen (HBewÜ) und im IPRG anzunehmen. Wie Kommissionssprecherin Mathilde Crevoisier (sp, JU) erläuterte, komme der Verzicht auf eine Genehmigungspflicht für Telefon- oder Videokonferenzen für Personen in der Schweiz im Rahmen eines ausländischen Zivilverfahrens einem Effizienzgewinn für solche Verfahren gleich, da sowohl die Kosten für die Teilnehmenden als auch der bürokratischer Aufwand reduziert würden. Im Gegensatz zum Nationalrat, wo es noch vereinzelten Widerstand von Mitgliedern der SVP-Fraktion gab, nahm der Ständerat die Vorlage einstimmig an und schrieb gleichzeitig die der Vorlage zugrundeliegende Motion der Rechtskommission (Mo. 20.4266) ab.

In der Schlussabstimmung wurde der bundesrätliche Entwurf von beiden Räten angenommen. Er passierte den Nationalrat mit 132 zu 59 Stimmen bei 6 Enthaltungen und den Ständerat mit 43 zu 1 Stimmen, wobei jeweils Vertreterinnen und Vertreter der SVP-Fraktion dagegen votierten.

Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel in grenzüberschreitenden Zivilprozessen (BRG 24.035)
Dossier: Revision der Zivilprozessordnung (2018–)

Im Dezember 2024 behandelte die kleine Kammer als Zweitrat die Einführung eines eigenen Straftatbestandes «Stalking», wie dies von der RK-NR gefordert worden war. Der Ständerat beschloss mit 32 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung Eintreten, wobei eine Minderheit um Pirmin Schwander (svp, SZ) unterlag. Dieser hatte vergeblich gegen Eintreten argumentiert, da ein neuer Straftatbestand aus seiner Sicht in der Realität nichts zum Schutz von Opfern beitrage und die zu Stalking gehörenden Straftatbestände im StGB bereits existierten. Kommissionssprecherin Céline Vara (gp, NE) hatte ihrerseits betont, dass Stalking aufgrund der sozialen Medien zugenommen habe und der Handlungsbedarf in der Vernehmlassung bestätigt worden sei.
In der Detailberatung folgte die kleine Kammer den Anträgen ihrer Kommission und schuf damit zwei Differenzen zum Nationalrat, mit welchen der neue Straftatbestand nur auf Antrag des Opfers hin strafrechtlich verfolgt und somit von einer Strafverfolgung von Amtes wegen für Fälle innerhalb von Paarbeziehungen abgesehen werden soll. Zudem wurde die Definition des Straftatbestandes dahingehend geändert, dass die Verhaltensweise des Täters oder der Täterin an sich strafbar werde, wenn sie die Lebensweise des Opfers potenziell einschränken könnte. Dieses sogenannte Gefährdungsdelikt verhindere, dass das Opfer eine Einschränkung der freien Lebensweise nachweisen muss, so Kommissionssprecherin Vara.
Namens des Bundesrates hatte sich Beat Jans im Plenum gegen diese Änderungen ausgesprochen und gleichzeitig vor generell überhöhten Erwartungen gegenüber der Strafnorm gewarnt: In der gerichtlichen Praxis werde auch mit der neuen Gesetzgebung eine Verurteilung aufgrund von Beweisschwierigkeiten und der Abgrenzung zu bestehenden Strafnormen schwierig bleiben. Der vom Nationalrat gemachte Vorschlag der Streichung des Straftatbestandes im MStG wurde stillschweigend übernommen.
In der Gesamtabstimmung stimmten einzig die Vertreterinnen und Vertreter der SVP-Fraktion sowie Daniel Jositsch (sp, ZH) gegen den Entwurf, welcher mit 32 zu 7 Stimmen angenommen wurde. Das Geschäft ging damit zurück an den Nationalrat.

StGB-Tatbestände mit Stalking ergänzen (Pa.Iv. 19.433)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Der Ständerat folgte im Dezember 2024 der Empfehlung seiner Rechtskommission und lehnte die Genfer Standesinitiative für eine ausdrückliche Sanktionierung von «Stealthing» ab. Vergeblich argumentierte Carlo Sommaruga (sp, GE) für die Initiative und somit für eine explizite Formulierung des entsprechenden Straftatbestandes. Eine solche habe Signalwirkung und mache die Straftat sichtbar, auch wenn die Handlung an sich bereits in der Revision des Sexualstrafrechts integriert worden sei, so der Genfer Ständerat. Dies überzeugte jedoch nur eine Minderheit bestehend aus Vertreterinnen und Vertreter von SP und Grünen, die den Mitgliedern der übrigen Fraktionen mit 19 zu 10 Stimmen unterlagen.

Sanktionierung der Praktik des «Stealthing» (Kt. Iv. 23.321)

In Erfüllung eines Postulats der RK-SR veröffentlichte der Bundesrat im Dezember 2024 einen Bericht zur Überprüfung der Regeln zur Gesamtstrafenbildung. Darin hielt die Regierung fest, dass heute tatsächlich ein Missstand bei der Gesamtstrafenbildung von Geldstraftaten bestehe. So würden Straftäterinnen und Straftäter, welche während der Probezeit mit einer gleichen Straftat rückfällig werden, insgesamt milder bestraft als solche, die erst nach Ablauf der Probezeit wieder rückfällig würden. Als gangbarste Lösung zur Aufhebung dieses Missstandes sei eine Änderung entsprechender Artikel im StGB und MStG, um die Bildung einer Gesamtstrafe im Falle einer Nichtbewährung während der Probezeit nicht mehr vorzusehen, so der Bundesrat. Dies entspreche der Regelung, wie sie bis zur Revision des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs von 2007 gegolten habe.

Überprüfung der Regeln zur Gesamtstrafenbildung (Po. 20.3009)

In Erfüllung eines Postulats von Marco Romano (mitte, TI) veröffentlichte der Bundesrat im Dezember 2024 einen Bericht zur Anti-Mafia-Zertifikatspflicht im öffentlichen Beschaffungswesen. Darin ging die Regierung der aufgeworfenen Frage einer Anpassung im Beschaffungsrecht nach, um das italienische Anti-Mafia-Zertifikat bei Auftragsvergaben der öffentlichen Hand an italienische Firmen verpflichtend einzufordern. Laut Bundesrat sei dies aus mehreren Punkten nicht sinnvoll; einerseits würde eine Regelung spezifisch für italienische Unternehmen das Gebot der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung verletzen, andererseits stehe den öffentlichen Stellen bereits heute die Möglichkeit offen, bei der Überprüfung eingegangener Angebote ein entsprechendes Zertifikat zu verlangen. Da sich der Bezug solcher Zertifikate durch italienische Unternehmen für Ausschreibungen in der Schweiz jedoch oftmals als kompliziert herausstelle, benötige der Vorgang die aufwändige Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden und der schweizerischen Botschaft, so die Regierung. Bei sicherheitsempfindlichen Ausschreibungen sehe zudem das ISG bereits heute Sicherheitsprüfungen vor und künftig soll durch das Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen (TJPG) den öffentlichen Stellen ein Abrufrecht auf das geplante Transparenzregister gewährt werden. Überdies stellten die BKB und die KBOB schon jetzt diverse Instrumente zur Kontrolle zur Verfügung und es sei daher von einer gesetzlichen Anpassung abzusehen.

Das Anti-Mafia-Zertifikat, ausgestellt vom italienischen Staat, soll auch für das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz Pflicht werden (Po. 22.3658)

In der Wintersession 2024 begann der Nationalrat mit der Differenzbereinigung zum Bundesgesetz über die Plattformen für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ). Die meisten Änderungen des Ständerats wurden stillschweigend gutgeheissen. Die Volkskammer entschied jedoch – entgegen dem ständerätlichen Vorschlag –, die Registrierungspflicht im Anwaltsregister für die Nutzung der Plattform beizubehalten. Auch dem vorgängigen Entscheid der kleinen Kammer, dass Nutzende die Metadaten von überwiesenen Dokumenten nachträglich auf Antrag noch verändern oder löschen können, erteilte der Nationalrat eine Absage. Der Nationalrat befürwortete ausserdem eine flexible Übergangsfrist von ein bis fünf Jahren nach Inkrafttreten des BEKJ, bevor die Nutzung der Plattformen obligatorisch wird. Damit werde den Kantonen eine gewisse Freiheit bei der Implementierung gewährt und der Vorschlag sei als Kompromiss zwischen den Kantonen und der Anwaltschaft zu betrachten, so Kommissionssprecherin Min Li Marti (sp, ZH). Die Anwaltschaft hatte im vorgängigen Vernehmlassungsverfahren auf eine längere Implementierungsfrist gepocht.

Der Ständerat begrüsste daraufhin alle Änderungen des Nationalrats bis auf die Registrierungspflicht im Anwaltsregister, wo sich die Kantonskammer gegen ein Obligatorium und somit auch gegen die Haltung des Bundesrats wehrte. Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) erläuterte den einstimmigen Antrag der RK-SR im Plenum und führte aus, dass es nicht nachvollziehbar sei, warum Anwältinnen und Anwälte, die nicht an gerichtlichen Verfahren teilnehmen, sich trotzdem registrieren müssten. Dies verursache überflüssige monetäre und zeitliche Kosten. Überdies wurde eine zweite Differenz zur Volkskammer mit einem einstimmig angenommenen Einzelantrag von Mathias Zopfi (gp, GL) geschaffen. Der Antrag verlangte eine Erhöhung der Übergangsfrist von zwei (statt einem) auf fünf Jahre bis zum Umsetzungsobligatorium für die Kantone und eine Erhöhung der Umstellungsfrist von drei auf zwölf Monate für die Anwaltschaft im Anschluss an die Einführung durch den jeweiligen Kanton.

Die beiden verbliebenen Differenzen zur Registrierungspflicht und einer verlängerten Übergangsfrist bis zur Einführung wurden anschliessend im Nationalrat beibehalten. Eine mit Stichentscheid der Präsidentin Riniker (fdp, AG) zustande gekommene Ratsmehrheit folgte dabei den Fraktionen der SP, Grünen, GLP und FDP.Die Liberalen sowie der ebenfalls knappen Kommissionsmehrheit, womit der Nationalrat an einer Übergangsfrist von mindestens einem Jahr festhielt. Wie Kommissionssprecher Mahaim (gp, VD) erläuterte, würde eine Verlängerung um ein Jahr insbesondere diejenigen Kantone ausbremsen, die bereits Investitionen in diesem Bereich getätigt hätten. Mit 98 zu 91 Stimmen bei einer Enthaltung fiel zudem der Entscheid, weiterhin eine Registrierungspflicht für alle Anwältinnen und Anwälte eines Kantons vorzusehen, wobei erneut die Fraktionen der SVP und der Mitte unterlagen. Philippe Nantermod (fdp, VS) argumentierte dabei stellvertretend für die Kommissionsmehrheit, dass eine solche Registrierung nur einen geringfügigen Aufwand darstelle und ein Weiterbetrieb analoger Strukturen zu einer unnötigen Verlangsamung der gesamten Kommunikation in der Justiz führen würde.

Da der Ständerat auf Empfehlung seiner Kommission in beiden Punkten bei seiner Haltung blieb, kam es zur Einigungskonferenz. Diese schlug vor, die Übergangsfrist auf ein Jahr festzusetzen und somit dem Antrag des Nationalrates zu folgen. Dafür sollte die Registrierungspflicht für Anwältinnen und Anwälte, welche nicht forensisch tätig sind, fallen. Dies war so vom Ständerat vorgeschlagen worden. Beide Anträge wurden anschliessend von den Räten gutgeheissen. Während der Nationalrat dies mit 135 zu 54 Stimmen gegen den Widerstand von zwei Mitgliedern der Mitte-Fraktion und einer Mehrheit der SVP-Fraktion tat, unterstützte der Ständerat den Vorschlag der Einigungskonferenz einstimmig.

In der Schlussabstimmung wurde das neue Bundesgesetz von beiden Räten angenommen. Sowohl im Nationalrat wie auch im Ständerat stimmte ein Teil der SVP-Fraktion gegen die Vorlage.

Bundesgesetz über die Plattformen für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BRG 23.022)
Dossier: Einführung der elektronischen Kommunikation in der Justiz

Mit einer im Sommer 2024 einstimmig eingereichten Motion wollte die SiK-NR den Bundesrat beauftragen, die gesetzliche Grundlage für eine Meldepflicht an den Bund zu schaffen, wenn kantonale Behörden gegen eine minderjährige Person ein Strafverfahren wegen einer terroristischen Straftat eröffnen. Man müsse auf die zunehmende Radikalisierung von Minderjährigen reagieren, so die Kommission in ihrer Medienmitteilung. Die schweizweite Terrorismusbekämpfung könne dazu durch einen vollständigen Überblick der zuständigen Bundesbehörden gestärkt werden. Der Bundesrat empfahl die Annahme der Motion, welche in der Wintersession 2024 vom Nationalrat stillschweigend gutgeheissen wurde.

Strafverfahren gegen eine minderjährige Person wegen einer terroristischen Straftat. Einführung einer Meldepflicht (Mo. 24.3819)

Mitte November wurde die Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)» mit 104'782 Unterschriften, wovon deren 104'569 gültig waren, eingereicht. Die Bundeskanzlei bestätigte kurz darauf das Zustandekommen des Volksbegehrens. Der Einreichung ging eine turbulente Schlussphase im Sammelstadium voraus, welche zeitlich mit der medialen Diskussion um mutmasslich missbräuchliche Unterschriftensammlungen durch kommerzielle Firmen zusammenfiel. Die Aktion Vierviertel betonte daraufhin in einem Artikel der WOZ, keine kommerziellen Anbieter zur Unterschriftensammlung beigezogen zu haben. Der Verein bekundete jedoch Mühe, genügend Unterschriften zu sammeln, was mitunter an der ungenügenden Unterstützung der SP, der Grünen und der Gewerkschaften gelegen habe.

Demokratie-Initiative

In Erfüllung eines Postulats von Edith Graf-Litscher (sp, TG) veröffentlichte der Bundesrat im September 2024 einen Bericht zu Massnahmen gegen Ransomware-Angriffe. Darin betont er, dass die Schweizer Unternehmen und Behörden aufgrund ihrer relativ hohen Zahlungskraft im internationalen Vergleich ein attraktives Ziel für Cyberkriminelle darstellen. Aus diesem Grund gebe es bereits heute zahlreiche rechtliche Vorgaben und behördliche Informationen zur Cybersicherheit sowie Anleitungen und Richtlinien zu IT-Schutzmassnahmen, so die Regierung. Diese Instrumente sollen im Bedarfsfall weiterentwickelt werden. Dabei sei von neuen Vorgaben zu Ransomware abzusehen, denn der Bund könne aufgrund der föderalen Kompetenzzuordnung keine flächendeckenden verbindlichen Schutzvorgaben für kantonale oder kommunale Organisationen mit öffentlichem Auftrag erlassen. Überdies habe die Prüfung einer möglichen Meldepflicht für Lösegeldzahlungen bei Cyberangriffen ergeben, dass eine Förderung des freiwilligen Informationsaustauschs zwischen gefährdeten Unternehmen und der öffentlichen Hand die Resilienz gegenüber Ransomware-Angriffen mehr stärken würde als eine neue Vorschrift. Im Bericht stellte die Regierung daher in Aussicht, diesen Informationsaustausch und die gemeinsame Abwehr von Ransomware-Angriffen durch eine koordinierende Rolle voranzutreiben. Sollten diese Massnahmen nicht die erhoffte Wirkung entfalten, seien bei Angriffen dennoch verbindlichere Massnahmen wie eine anonyme Meldepflicht für Versichernde betroffener Unternehmen, Finanzintermediäre sowie Sicherheitsdienstleistende in Betracht zu ziehen.

Massnahmen für einen besseren Schutz gegen Ransomware-Angriffe (Po. 21.4512)
Dossier: Cyber Defence

Im Herbst 2023 hatte der Grosse Rat des Kantons Genf eine Standesinitiative zum Thema «Stealthing» eingereicht. Er verlangte damit die Einführung einer ausdrücklichen Strafbestimmung für die Praktik, während des einvernehmlichen Geschlechtsverkehr heimlich und ohne Einwilligung der Partnerin oder des Partners das Präservativ zu entfernen. Aus Sicht des kantonalen Parlaments wurde dieser Sachverhalt bei der vergangen Revision des Sexualstrafrechts nur ungenügend einbezogen. Entgegen der Argumentation der Genfer Legislative war die RK-SR jedoch der Meinung, dass «Stealthing» seit der Revision bereits durch die allgemeinen Strafnormen zum Schutz der sexuellen Integrität abgedeckt werde und empfahl dementsprechend mit 10 zu 3 Stimmen der Standesinitiative keine Folge zu geben. Das Geschäft geht nun zur Vorprüfung in den Ständerat.

Sanktionierung der Praktik des «Stealthing» (Kt. Iv. 23.321)

Unter Kenntnis des Vernehmlassungsberichtes entschied die RK-SR mit 5 zu 4 Stimmen, dem Ständerat den Entwurf zur Verankerung der Unverjährbarkeit von Mord im StGB und MStG unverändert zu unterbreiten. Eine Minderheit beantragte, nicht auf die Vorlage einzutreten. Gleichzeitig entschied die Kommission, die Beratung der Motion Egger (svp, SG) bezüglich Unverjährbarkeit von sexuellem Missbrauch von Minderjährigen vorerst auszusetzen. Dies mit der Begründung, zuerst die Stellungnahme des Bundesrates zur Standesinitiative abzuwarten.

Keine Verjährungsfristen für Schwerstverbrecher (Kt.Iv. 19.300)

Im Oktober 2024 entschied sich die RK-SR mit 7 zu 4 Stimmen, die Vorlage des Bundesrates über die Transparenz juristischer Personen (TJPG) in zwei separate Entwürfe aufzuteilen. Neu sollen die Grundlagen für ein eidgenössisches Transparenzregister der wirtschaftlich berechtigten juristischen Personen getrennt von den geplanten Sorgfaltspflichten für Beraterinnen und Berater behandelt werden. Während Ersteres rasch umgesetzt werden soll, beauftragte die Kommission die Verwaltung, für Zweiteres einen neuen Vorschlag auszuarbeiten. Dieser soll ausschliesslich die Kernrisiken risikobehafteter Tätigkeiten von Beraterinnen und Beratern dem GwG unterstellen. Die Kommission reagierte damit auf die in der Vernehmlassung geäusserte Kritik der betroffenen Berufsgruppen.

Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen (BRG 24.046)
Dossier: Geldwäschereigesetz

Nachdem die RK-NR der Initiative Steinemann (svp, ZH) «die Polizei vor Racheanzeigen und rechtlichen Schikanen schützen» knapp Folge gegeben hatte, verzichtete die RK-SR im Oktober 2024 mit 6 zu 4 Stimmen auf Folgegeben. Wie der Medienmitteilung zu entnehmen ist, anerkannte die Mehrheit der ständerätlichen Rechtskommission zwar die Problematik solcher Anzeigen, bezweifelte jedoch die Notwendigkeit einer Revision der Bundesgesetzgebung zur Lösung dieses Problems.

Die Polizei vor Racheanzeigen und rechtlichen Schikanen schützen (Pa.Iv. 22.478)

Eine im Juni 2023 eingereichte Motion Python (gp, VD) verlangte vom Bundesrat eine Anpassung des ArG zur Verstärkung des Kinderschutzes vor übermässiger Exponierung im Internet. Konkret ging es Python dabei um die Phänomene «Sharenting» und «Influence Marketing», bei welchen Fotos oder Videos von Kindern durch die Eltern kommerziell im Internet verwendet werden. Um den nötigten Schutz zu erreichen, müsse die Strategie «Digitale Schweiz» entsprechend präzisiert werden, so die Motionärin in ihrer Begründung. Der Bundesrat verlangte die Ablehnung der Motion. Wie Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider im Plenum der Herbstsession 2024 erläuterte, können exponierte Kinder nicht als Arbeitnehmende betrachtet werden und das Arbeitsgesetz sei somit ungeeignet für das Anliegen. Da die Eltern grundsätzlich über die Verwendung der Daten ihrer Kinder entscheiden könnten, sei bei Überschreitung des gesetzlichen Vertretungsrechts oder der Erziehungspflicht die KESB zuständig. Zudem sei auch die Strategie «Digitale Schweiz» für die erwähnte Präzisierung ungeeignet, da diese nur allgemeine Themen anspreche, so Baume-Schneider. Wie er bereits bei der Antwort auf eine Interpellation Pointet (glp, VD; Ip. 22.4192) ausgeführt hatte, erachtete der Bundesrat die bestehenden gesetzlichen Grundlagen als ausreichend, stellte jedoch bei einer allfälligen Annahme der Motion in Aussicht, im Zweitrat einen Antrag auf Umwandlung der Motion in einen Prüfungsauftrag einzubringen. Raphaël Mahaim (gp, VD), der den Vorstoss von Python übernommen hatte, räumte im Plenum ein, dass das Arbeitsgesetz möglicherweise nicht der geeignetste Ort für die Gesetzesänderung sei. Er bat aber im Hinblick auf die Brisanz des Anliegens, die Motion trotzdem anzunehmen. Der Nationalrat folgte ihm und nahm den Vorstoss mit 98 zu 92 Stimmen knapp an, wobei die Fraktionen der SP, Grünen, GLP und Mitte die geschlossen dagegen votierenden Fraktionen der SVP und FDP überstimmten.

Übermässige Exponierung von Kindern im Internet (Sharenting und kommerzielle Nutzung von Bildern; Mo. 23.3693)

Der Ständerat behandelte in der Herbstsession 2024 als Zweitrat den Entwurf der parlamentarischen Initiative der RK-NR zur Behandlung von kantonalen oder kommunalen Solidaritätsbeiträgen gemäss AFZFG. Wie schon im Nationalrat wurde die Gesetzesänderung sowohl von der zuständigen Kommission als auch von allen Fraktionen begrüsst und dementsprechend einstimmig angenommen. Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) erläuterte im Plenum die allgemeine Überzeugung der Kommission, dass die Schwesterkommission einen offensichtlichen Missstand erkannt habe und die Solidaritätsbeiträge für die Betroffenen fürsorgerischen Zwangsmassnahmen mit dem vorliegenden Entwurf künftig schweizweit gleich behandelt würden. In der Schlussabstimmung passierte das Geschäft ebenfalls beide Räte einstimmig.

Behandlung von kantonalen oder kommunalen Solidaritätsbeiträgen gemäss AFZFG (Pa. Iv. 23.472)

Mit einer im Dezember 2023 eingereichten Motion verlangte Beat Rieder (mitte, VS) vom Bundesrat, das Rechtsberatungsverbot aus dem übernommenen Sanktionspaket der Europäischen Union gegen Russland zu streichen. Somit sollen sanktionierte Personen und Unternehmen nicht mehr von der Rechtsberatung im Schweizerischen Rechtssystem ausgeschlossen werden. Dies stelle einen Grundrechtseingriff dar und ob die bestehenden gesetzlichen Grundlagen dafür ausreichen, sei fraglich, so der Motionär in seiner Vorstossbegründung.

Wie unter anderem die NZZ und der Tagesanzeiger berichteten, wurde der Vorstoss vom SAV unterstützt und der Behandlung im Rat ging ein öffentlicher Schlagabtausch zwischen Rieder und Bundesrat Guy Parmelin voraus, wobei Rieder dem Bundesrat nach dessen Vorstossbeantwortung eine Verletzung des Strafrechts als «Pfeiler der Verfassung» vorwarf.

Nachdem die Motion auf Ordnungsantrag von Carlo Sommaruga (sp, GE) an die RK-SR stillschweigend zur Vorprüfung zugewiesen worden war, befasste sich der Ständerat in der Herbstsession 2024 mit dem Vorstoss. Eine Mehrheit von acht Mitgliedern der Rechtskommission sah mit dem integrierten Rechtsberatungsverbot, welches mit dem achten EU-Sanktionspaket übernommen wurde, grundsätzlich ein rechtsstaatliches Problem, auch wenn es nur in wenigen Fällen angewendet würde. Die Rechtsberatung müsse «selbst der schlimmste Kriminelle geniessen» können und sei daher nicht aus diplomatischen oder politischen Überlegungen auszusetzen, so Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH). Eine Kommissionsminderheit um Carlo Sommaruga (sp, GE) wollte bei der gängigen Regelung bleiben. Das bestehende Verbot gelte nur für spezifische Fälle, in denen eine Beratung eindeutig darauf abzielt, der russischen Regierung oder Unternehmen mit Sitz in Russland bei der Umgehung von Sanktionen zu helfen. Sollte der EuGH bei seiner Urteilsverkündung nach der Klage verschiedener europäischer Anwaltskammern gegen die entsprechende Sanktionsverordnung Anfang Oktober zu einem anderen Schluss kommen, werde die Schweiz dies entsprechend unmittelbar anpassen, erklärte Sommaruga im Plenum. Ähnlicher Meinung war Bundesrat Guy Parmelin, der die gesetzliche Basis der Sanktionen (BRG 00.095) hervorhob, das Augenmass der Regierung bei der Einschränkung von Grundrechten betonte, und vor einem schlechten Signal gegenüber den europäischen Partnerländern warnte.
Eine Mehrheit der kleinen Kammer folgte jedoch den prinzipiellen Bedenken von Rieder und nahm die Motion mit 34 zu 10 Stimmen an, wobei die Gegenstimmen allesamt von Vertreterinnen und Vertreter der SP, Grünen und der GLP stammten. Das Geschäft geht nun zur Beratung in den Nationalrat.

Rechtstaatlichkeit wiederherstellen (Mo. 23.4531)

Das im Juni 2023 eingereichte Postulat Locher Benguerel (sp, GR), welches von Min Li Marti (sp, ZH) übernommen worden war, verlangte vom Bundesrat einen Bericht zu den Auswirkungen retuschierter Körperbilder in den klassischen und sozialen Medien auf die Entwicklung junger Menschen. Zudem solle ein Vergleich mit der Rechtsprechung anderer europäischer Länder angestrebt werden, um allfällige Massnahmen wie Aufklärungskampagnen oder regulatorische Grundlagen für eine Kennzeichnungspflicht retuschierter Körperbilder zu prüfen. Wie schon in der Antwort auf eine Interpellation (Ip. 22.3916) der Postulantin ausgeführt worden war, erscheine es verfrüht, die teilweise erst kürzlich eingeführten Regelungen in anderen europäischen Ländern zu analysieren, führte Bundesrätin Baume-Schneider die ablehnende Haltung der Regierung aus. Zudem setze sich der Bundesrat bereits im Rahmen der Förderung verschiedenster Sensibilisierungsprojekte aktiv für Präventionsarbeit ein und ein zusätzlicher Bericht bringe daher keinen Mehrwert. Der Nationalrat folgte der Empfehlung der Regierung in der Herbstsession 2024 und lehnte das Postulat mit 123 zu 64 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Einzig für den Vorstoss votierten die Fraktionen der SP und der Grünen; das Geschäft ist somit erledigt.

Kennzeichnungspflicht für retuschierte Personenbilder (Po. 23.3620)