EWR-Nein führt zu Graben zwischen West- und Restschweiz

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Das wuchtige EWR-Nein der meisten deutschsprachigen Kantone riss zwischen der Deutschschweiz und der Romandie eine Kluft auf, wie sie die Schweiz seit dem 1. Weltkrieg kaum mehr erlebt hatte. "Les Romands ont mal à la Suisse" diagnostizierte im Nationalrat der Genfer Eggly (lp). Obgleich politologische Analysen zeigten, dass das Erklärungsmuster "Röschtigraben" offensichtlich zu kurz griff und die Haltung zum EWR nicht allein von der Sprachkultur, sondern ebensosehr vom Gegensatz Stadt-Land geprägt gewesen war, regten doch Politiker aus allen Lagern Massnahmen an, welche ein weiteres sprachlich-kulturelles und politisches Auseinanderdriften der beiden Landesteile verhindern sollten. Dabei taten sich in erster Linie die Genfer Abgeordneten Brunner (sp), Tschopp (fdp) und Ziegler (sp) hervor, aber auch jener Teil der SVP (Zimmerli/BE sowie der Generalsekretär der Partei), welcher sich im Gegensatz zur Gesamtpartei für den EWR engagiert hatte. Unter anderem wurde die Einsetzung eines Rats der Weisen oder die Einberufung einer Art "Etats généraux" der kulturellen Kräfte bzw. einer nationalen Einigungskonferenz vorgeschlagen, ein dritter Bundesrat für die Romandie und die Schaffung eines ständigen Gremiums zur Diskussion gestellt, welches alle Parlamentsgeschäfte auf ihre Auswirkungen auf die Romandie durchleuchten sollte.

Die Büros beider Räte beriefen je eine parlamentarische ad-hoc-Kommission ein, die sich mit den Gründen sowie den Auswegen aus dem "Sprachengraben" befassen sollen. Der Nationalratskommission gehören 15 Mitglieder unter dem Präsidium des Waadtländers Leuba (lp) an, der Ständeratskommission sieben Mitglieder unter der Leitung des Deutschfreiburgers Piller (sp). Die beiden Kommission werden vorerst einen Bericht zur Lage erstellen und dann bis zum Herbst 1993 Vorschläge zur Überwindung des "Sprachengrabens" vorlegen.