Transparenz bei Einkünften aus Nebentätigkeiten von Parlamentarierinnen und Parlamentariern (Pa.Iv. 22.485)

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Sollen Einkünfte aus Nebentätigkeiten von Parlamentarierinnen und Parlamentariern transparenter werden? Diese bereits seit Jahrzehnten gestellte Frage nahm mit einer aus der Feder Lisa Mazzones (gp, GE) stammenden parlamentarischen Initiative einen neuen Anlauf, beantwortet zu werden. Mazzone nahm Bezug auf eine kürzlich gescheiterte parlamentarische Initiative (Pa.Iv. 19.414), der zwar zuerst Folge gegeben, auf deren Umsetzung dann allerdings verzichtet worden war. Ein damals angefertigtes Rechtsgutachten des Bundesamtes für Justiz habe jedoch gezeigt, dass die Forderung nach mehr Transparenz bei Nebeneinkünften verfassungskonform sei, so Mazzone. Mit ihrem Vorschlag von Spannbreiten für die Entschädigungen, in welche die Nebeneinkünfte kategorisiert werden könnten (CHF 0 bis CHF 6000; CHF 6000 bis CHF 12'000, etc. bis zu über CHF 200'000) wäre trotzdem «eine gewisse Vertraulichkeit» über die genaue Höhe der Entschädigung gegeben. Ihr neuer Anlauf sei aber nicht nur gerechtfertigt, sondern würde vor allem das Vertrauen der Bevölkerung ins Parlament erhöhen.

Die SPK-SR nahm dieses Argument auf und gab der Initiative im Oktober 2023 mit 7 zu 4 Stimmen Folge. Eine solche Regelung greife nicht übermässig stark in die Privatsphäre ein, da auch nicht gefordert werde, die Einkünfte aus hauptberuflicher Tätigkeit vorlegen zu müssen, so die Begründung. Die Kommissionsminderheit sprach sich gegen mehr Transparenz aus, da dies mit dem Milizsystem nicht vereinbar sei, das erwarte, dass man neben der politischen Tätigkeit auch einem Beruf nachgehe.

Im Januar 2024 stellte sich eine knappe Mehrheit der SPK-NR mit 13 zu 12 Stimmen gegen den Entscheid der Schwesterkommission und empfahl, der Initiative keine Folge zu geben. Mit der geltenden Regelung zur Offenlegung der beruflichen und nebenberuflichen Tätigkeiten herrsche bereits genügend Transparenz, so die Begründung der Kommissionsmehrheit. Es wäre zudem schwierig, Einkünfte aus Haupt- und Nebenerwerb strikt zu trennen, wie dies die parlamentarische Initiative verlange. Zudem bestehe in der Bevölkerung wohl kaum ein Interesse an der Höhe der Einkünfte. Die starke Kommissionsminderheit wies hingegen darauf hin, dass eine Zuordnung der Nebeneinkünfte in verschiedene Kategorien eine Gewichtung der Mandate ermöglichen würde. Das Anliegen geht damit zurück zur Vorprüfung an die SPK-SR.

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Nachdem die SPK-NR der parlamentarischen Initiative von Lisa Mazzone (gp, GE) für mehr Transparenz bei Einkünften aus Nebentätigkeiten von Parlamentarierinnen und Parlamentariern keine Folge hatte geben wollen, krebste auch die SPK-SR zurück: Obwohl sie dem Anliegen im Oktober 2023 mit 7 zu 4 Stimmen noch positiv gegenübergestanden hatte, entschied sie im April 2024 mit 7 zu 5 Stimmen, dem Anliegen keine Folge mehr geben zu wollen. Die Medien mutmassten, dass die ständerätliche Kommission vor den eidgenössischen Wahlen 2023 noch positive Signale habe aussenden wollen, sich nach den Wahlen aber nicht mehr transparent geben wollte.
Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) sah den Hauptgrund für den neuen Entscheid der Kommission hingegen nicht in deren neuer Zusammensetzung, sondern im Milizprinzip des Parlaments, wie er in der Ratsdebatte in der Sommersession 2024 ausführte. Haupt- und Nebentätigkeiten seien in einem Nicht-Berufsparlament normal. Die Kommission und er selber wehrten sich dagegen, dass ein Parlamentsmitglied schrittweise immer mehr preisgeben und irgendwann «alles, gewissermassen bis zu meinen Unterhosen, zeigen» müsse. Es gehe zudem nicht an, dass man mit solchen Ideen zu verstehen gebe, dass es anrüchig sei, wenn man neben dem (Miliz-)Parlamentsmandat auch noch einer anderen bezahlten Tätigkeit nachgehe.
Die Kommissionsminderheit, welche die kleine Kammer von Folgegeben überzeugen wollte, wurde von Mathias Zopfi (gp, GL) vertreten. Er verwies auf zwei parlamentarische Initiativen Rieder (mitte, VS; Pa.Iv. 19.414) und Quadri (lega, TI; Pa.Iv. 22.474), denen Folge gegeben worden sei, obwohl sie viel weiter gegangen seien als der Vorstoss von Lisa Mazzone. Durch Angabe der Höhe der Entschädigung von Nebeneinkünften in Kategorien auf der bereits veröffentlichten Liste der Interessenbindungen könne gezeigt werden, dass ein Nebenmandat gar nicht so viel Geld einbringe, wie in der Öffentlichkeit oft vermutet werde. Auch Heidi Z'graggen (mitte. UR) sprach in der Folge für die Minderheit und argumentierte, dass Transparenz zu mehr Vertrauen in der Bevölkerung führe. Wiederum für die Mehrheit schloss Benjamin Mühlemann (fdp, GL) die Diskussion mit dem Argument, dass Transparenz nur wirksam sei, wenn auch überprüft werde, ob die Angaben stimmten, was aber einen hohen Verwaltungsaufwand bedeuten würde. Schliesslich entschied die kleine Kammer mit 22 Stimmen zu 18 Stimmen (1 Enthaltung), der Initiative Mazzone keine Folge zu geben.
Die Medien kritisierten den Entscheid teilweise stark. So sprach der Tages-Anzeiger etwa von «Vernebeln» und mangelnder «Ehrlichkeit gegenüber den Wählenden». Es werde wohl eine Volksinitiative brauchen, bis endlich Transparenz herrsche. Auch in der Aargauer Zeitung wurde der Entscheid kritisiert; obwohl sich «sogar im konservativen Kanton Schwyz» die Bevölkerung für mehr Transparenz ausgesprochen habe. Es werde wohl nicht mehr lange dauern, bis «Licht in die Dunkelkammer» komme.

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