Zuletzt aktualisiert: 03.07.2023, 17:56 Uhr

Dossier: Entwicklungen der Immobilien- und Mietwohnungsmärkte Als PDF speichern

Entwicklungen der Immobilien- und Mietwohnungsmärkte 2021

Die Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt waren 2021 vor allem durch den weiterhin starken Anstieg der Preise für Wohneigentum geprägt. Gemäss dem neuen Immobilienindex des BFS, dem sogenannten Wohnimmobilienpreisindex (IMPI), stiegen die Immobilienpreise in drei der vier Quartale zwischen Q4 2020 und Q3 2021 um über 2 Prozent. Einzig im Q1 2021 resultierte ein kleiner Rückgang von 0.1 Prozent. Laut den Berechnungen von Wüest Partner stiegen die Preise insgesamt sogar um über 7 Prozent. Der Preisanstieg war nicht in allen Segmenten gleich ausgeprägt. Während die Preise für Wohneigentum anstiegen, gerieten diejenigen für Geschäftsimmobilien eher unter Druck – nicht zuletzt wegen der Covid-19-Pandemie, welche den Trend hin zu Online-Shopping noch verstärkte. Doch auch innerhalb der Kategorie der Wohnimmobilien gab es markante Unterschiede im Preisanstieg. Beispielsweise konnten grosse regionale Unterschiede beobachtet werden. So stiegen die Preise in den grossen Städten deutlich stärker als auf dem Land. Im Vergleich der Liegenschaftstypen fiel der Anstieg der Preise von Einfamilienhäusern gegenüber dem Preisanstieg von Eigentumswohnungen stärker aus.

Tatsächlich wurde der Höhenflug der Preise sowohl von Angebots- als auch von Nachfrageseite befeuert. Die Nachfrage nach Wohneigentum blieb 2021 trotz der steigenden Preise ungemindert hoch. Der Hauptgrund dafür waren die weiterhin extrem tiefen Zinsen. Zwar erreichten die Hypothekarzinsen im April aufgrund aufflackernder Inflationsängste kurzfristig einen Zwei-Jahres-Höchststand. Doch der hypothekarische Referenzzinssatz verblieb dennoch das ganze Jahr 2021 bei 1.25%. Dank den tiefen Hypothekarzinsen wirkten die immer höheren Preise von Wohnimmobilien verhältnismässig wenig abschreckend. Auch die Covid-19-Pandemie hatte laut Expertinnen und Experten einen Einfluss auf die Nachfrage nach Wohneigentum. Da deutlich mehr Menschen im Homeoffice arbeiteten, änderten sich für viele die Wohnbedürfnisse. Für viele Menschen hatte das Wohnumfeld nach Monaten im Lockdown oder im Homeoffice einen höheren Stellenwert bekommen. Ausserdem waren viele trotz den grossen pandemiebedingten Einschnitten nicht finanziell schlechter gestellt. Im Gegenteil, da es weniger Möglichkeiten gab, Geld auszugeben, hatten viele sogar mehr Erspartes, welches sie bereit waren, für einen Wohneigentumskauf einzusetzen.

Das Angebot an Wohneigentum vermochte derweil auch 2021 nicht mit der Nachfrage mitzuhalten. Aufgrund der Schweizer Raumplanung blieb Bauland rares Gut. In den letzten zwei Jahren wurden deutlich weniger Baubewilligungen ausgestellt als noch in den zwei Jahren zuvor. So stiegen die Preise für Bauland alleine von Mitte 2020 bis Mitte 2021 im Mittel um 6 Prozent. Mitunter der grösste Faktor für das knappe Angebot von Wohneigentum waren jedoch institutionelle Anleger wie Pensionskassen. Sie verspürten im Tiefzinsumfeld einen hohen Anlagedruck und waren deshalb bereit, hohe Preise für Bauland zu zahlen, um an die stabilen Renditen im Immobilienbereich zu gelangen. Pensionskassen müssen ihr Geld jedoch langfristig anlegen und investierten deshalb nur in den Bau von Mietwohnungen. Bauherren von Eigentumswohnungen sind zudem im Nachteil, da ihnen die Banken bei derart hohen Baulandpreisen seltener Baukredite vergeben, weil ihnen das Risiko zu gross ist, dass keine Abnehmerinnen oder Abnehmer gefunden werden können. Auch das sogenannte «Buy-to-let» – also das Aufkaufen von Wohneigentum durch private, wohlhabende Käuferinnen und Käufer, die ihr Geld in Immobilien anlegen ohne die Absicht, selbst darin zu wohnen –, trug zu einer Verknappung des Angebots bei. «Buy-to-let»-Praktiken waren bis 2019 stark angestiegen, wurden durch die Pandemie aber wieder etwas gebremst. Doch auch die Covid-19-Pandemie trug zur Verknappung des Angebots bei. Erstens löste die Pandemie Störungen in den Lieferketten und vermehrte Einsprachen gegen Bauvorhaben wegen der Lärmbelästigung aus. Beides hatte eine zusätzliche Verringerung der Bautätigkeit zur Folge. Und zweitens verkauften weniger ältere Leute ihre Häuser, da sie den Umzug in ein Altersheim scheuten. Insgesamt sank die durch das BFS erhobene Leerwohnungsziffer 2021 zum ersten Mal seit elf Jahren wieder – von 1.72 auf 1.54 Prozent.

2021 wurden aufgrund der Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt auch einige Warnungen vor einer Blasenentwicklung laut. Der teuerungsbereinigte Preis von Einfamilienhäusern egalisierte im Herbst das Rekord-Level von 1989. Damals war kurz darauf eine grosse Preiskorrektur und eine Immobilienkrise gefolgt. Die Vermögen von Herrn und Frau Schweizer stiegen 2021 im Mittel auf mehr als das Siebenfache der Jahreseinkommen – hauptsächlich wegen der steigenden Immobilienpreise und den in der Pandemie unter Druck geratenen Löhne. Die Hypothekarverschuldung betrug in der Schweiz über 150 Prozent des BIP, was sowohl im internationalen als auch im historischen nationalen Vergleich einen hohen Wert darstellt. Der Vizepräsident der Nationalbank, Fritz Zurbrügg, äusserte gegen Ende des Sommers seine Sorge zur aktuellen Situation und warnte vor einer möglichen Preiskorrektur. Er sehe Anzeichen für eine nicht nachhaltige Kreditvergabe. Tatsächlich zeigte der im September veröffentlichte Finanzstabilitätsbericht der SNB, dass bei einem Anstieg der Hypothekarzinsen auf 3 Prozent rund ein Fünftel der Personen, welche im letzten Jahr ein Haus gekauft hatten, in Finanzierungsschwierigkeiten geraten könnten, da bei ihnen die Amortisations-, Unterhalts- und Zinskosten einen Drittel des Einkommens übersteigen würden. Der UBS-Bubble Index stieg im Sommer auf 1.90 Punkte und kam damit der Blasenzone ab 2 Punkten gefährlich nahe. Kurz darauf begann er aufgrund der starken Wirtschaftsleistung jedoch wieder zu fallen und betrug im dritten Quartal nur noch 1.34 Punkte. Der Real Estate Risk Index (RERI) von MoneyPark verblieb im gleichen Quartal auf 3.3 Punkten, was einem «mittleren Risiko» entspricht. Dass das Risiko einer Immobilienblase nicht grösser ist, hat laut der Sonntagszeitung mit verschiedenen Faktoren zu tun: erstens hielten Expertinnen und Experten einen starken Zinsanstieg für unwahrscheinlich – und selbst wenn, sollten die meisten Eigenheimbesitzerinnen- und -besitzer aufgrund der strikten Tragbarkeitshürden bei der Hypothekenvergabe einen Anstieg verkraften können. Zweitens seien die Konjunkturaussichten positiv. Drittens begännen die meisten Immobilienkrisen damit, dass Banken in Schieflage gerieten, was derzeit in der Schweiz nicht drohe. Schliesslich sei eine starke Preiskorrektur aufgrund des knappen Angebots von Wohneigentum sehr unwahrscheinlich.

Die Schweizer Zeitungen berichteten häufig über die Preisanstiege auf dem Immobilienmarkt und monierten dabei insbesondere, dass dadurch Wohneigentum für einen grossen Teil der Bevölkerung unerschwinglich geworden sei. Dies habe jedoch nicht nur mit den Preisen zu tun sondern insbesondere auch mit den in der Schweiz sehr strikten regulatorischen Eigenkapital- und Tragbarkeitshürden, so die NZZ. Kein anderes Land in Europa sei so restriktiv in der Vergabe von Hypotheken wie die Schweiz und insbesondere junge Leute hätten Mühe, sich ein Haus zu kaufen.

Entwicklungen der Immobilien- und Mietwohnungsmärkte 2022

2022 kam viel Bewegung in den Schweizer Immobilienmarkt. Die wohl grösste Änderung war der Zinsanstieg und dessen Auswirkungen. Aufgrund der steigenden Inflation erhöhte die Nationalbank die Leitzinsen – zuerst von -0.75 Prozent auf -0.25 Prozent im Juni und dann im September auf 0.5 Prozent. Dieser Anstieg führte auch zu einem markanten Anstieg der Hypothekarzinsen. Zehnjährige Festhypotheken wurden zu Beginn des Jahres laut MoneyPark noch mit Zinsen von 1.35 Prozent verkauft. Im Oktober stiegen die Zinsen für die gleiche Festhypothek zwischenzeitlich auf 3.84 Prozent. Aufgrund des Anstiegs der Preise von Festhypotheken stieg die Nachfrage nach variablen Hypotheken – also Hypotheken, die alle drei oder sechs Monate an das geltende Zinsniveau angepasst werden. Solche Hypotheken nutzten seit 1. Januar 2022 den SARON als Referenzsatz. Der SARON löste damit den zuvor benutzten LIBOR als Referenzsatz für Hypotheken mit variablem Zins ab. Die Zürcher Kantonalbank berichtete, dass der Anteil von SARON-Hypotheken bei den neu vergebenen Hypotheken zwischen Januar und April von rund 20 Prozent auf über 50 Prozent angestiegen war. SARON-Hypotheken verblieben bis Mitte September auf unter 1 Prozent, doch mit dem Ende der Negativzinsen der Nationalbank stiegen auch ihre Zinsen an. Ab Mitte Oktober betrugen die Zinsen auf SARON-Hypotheken rund 1.4 Prozent.

Die tiefen Zinsen hatten in den letzten Jahren entscheidend zum Boom auf dem Immobilienmarkt beigetragen. Doch aufgrund des Zinsanstiegs war der Kauf von Immobilien nicht mehr automatisch billiger als deren Miete. Eine im November veröffentlichte Auswertung der Immobilienberatungsfirma Iazi zeigte, dass es seit der Zinswende aufgrund der hohen Hypothekarzinsen in den meisten Gemeinden attraktiver war, ein Objekt zu mieten, als es zu kaufen. Zu den steigenden Zinsen kam hinzu, dass der Stellenwert vom Wohnen nach der Pandemie wieder abgenommen habe, wie eine Umfrage der Immobilienberatungsfirma Wüest Partner ergab. So nahm Auswertungen zu Suchabos von Wüest und Partner zufolge denn auch die Nachfrage nach Wohneigentum ab. Dennoch stiegen die Preise für Wohneigentum insgesamt weiter an, laut Iazi im dritten Quartal 2022 um 1.4 Prozent gegenüber dem Vorquartal und um 5.5 Prozent gegenüber dem dritten Quartal von 2021. Doch Iazi schätzte die Lage im Oktober so ein, dass der Immobilienboom bald zu Ende kommen werde, auch wenn dies gegenüber dem Zinsanstieg verzögert passiere. Die Zürcher Kantonalbank ging – ebenfalls im Oktober – davon aus, dass die Preise weiterhin steigen werden, jedoch weniger stark als bisher.

Auch der Mietmarkt kam 2022 in Bewegung. Zwar blieb der hypothekarische Referenzzinssatz, der als Orientierung für die Berechnung der Mieten dient, trotz der Zinswende unverändert auf 1.25 Prozent und damit auf dem gleichen Stand wie seit März 2020. Der Grund dafür ist, dass der Referenzzinssatz berechnet wird, indem der Durchschnitt aller laufenden Hypothekarkredite ausgerechnet wird. Da in der Schweiz rund 80 Prozent der Hypotheken eine feste Laufzeit von durchschnittlich rund fünf Jahren haben, wird sich der Anstieg der Hypothekarzinsen erst in einigen Jahren vollständig auf den Referenzzinssatz auswirken. Dennoch stiegen die Mietpreise 2022 deutlich an – hauptsächlich wegen des reduzierten Angebots. Gemäss Wüest Partner gingen die Leerstände von Mietobjekten seit 2020 um 22 Prozent zurück. Hauptproblem sei die niedrige Bautätigkeit, welche laut Wüest Partner rund 15 Prozent höher liegen müsste, damit die Nachfrage gedeckt werden könne. Laut der Credit Suisse seien in den vergangenen zwei Jahren rund 4'800 Baubewilligungen weniger ausgestellt worden als im gleichen Zeitraum davor. Auch die starke Netto-Zuwanderung habe einen Anteil daran, dass das Angebot an Mietwohnungen knapper werde. Für Mieterinnen und Mieter drohten neben steigenden Mietzinsen zudem auch noch höhere Nebenkosten – dies wegen dem Anstieg der Energiepreise im Zuge des Ukrainekrieges.