Zuletzt aktualisiert: 05.03.2024, 10:07 Uhr

Dossier: Transparenz bei den Arbeitslosenkassen Als PDF speichern

Transparenz bei den Arbeitslosenkassen (Mo. 20.3665)

Mehr Transparenz bei den Arbeitslosenkassen forderte Damian Müller (fdp, LU) in einer Motion im Juni 2020. Dazu sah er verschiedene Massnahmen vor. So sollten die Kassen dem Seco diverse Kennzahlen wie Leistungsindikatoren, Betriebsaufwand, -ertrag und -überschuss, Durchschnittskotsen je Leistungspunkt oder die Verwaltungskosten liefern. Das Seco solle die Benchmarking-Ergebnisse pro Kasse jährlich veröffentlichen, wobei effiziente Kassen belohnt und die ineffizienten Kassen sanktioniert werden sollten. Der Tätigkeitsbereich von Arbeitslosenkassen dürfe zukünftig nicht mehr auf ein Gebiet und/oder einen Personen- oder Berufskreis beschränkt werden. Und schliesslich seien Pauschalentschädigungen pro erbrachten Leistungspunkt abzuschaffen; es dürften zukünftig nur noch die effektiven Verwaltungskosten verrechnet werden. In der Herbstsession 2020 verdeutlichte Motionär Müller das eigentliche Ziel der Motion: Einzig die Arbeitslosenkasse der Unia, welche von der Gewerkschaft geführt wird und die grösste Arbeitslosenkasse der Schweiz darstellt, rechne die Leistungen als Pauschale ab und verdiene dabei an den Verwaltungskosten, kritisierte er. Dies solle zukünftig nicht mehr möglich sein, forderte er.
Der Bundesrat erklärte in seiner Stellungnahme, dass der Grossteil der Forderungen von Müller bereits erfüllt seien: Die geforderten Angaben würden bereits geliefert, das Bonus-Malus-System entspreche bereits den Anforderungen des Motionärs und Beschränkungen auf einen Personen- oder Berufskreis gebe es nicht. Die Gebietseinschränkungen hätten sich hingegen bewährt. Die Transparenz sei darüber hinaus auch bei der Pauschalentschädigung der Verwaltungskosten mittelfristig sichergestellt, da die Kassen auch in diesem Fall auf Anfrage Angaben zu den effektiven Kosten vorlegen müssten. Die Höhe der Pauschale werde jährlich der durchschnittlichen Kostenentwicklung angepasst. Somit böten Pauschalen den stärksten Anreiz für eine kosteneffiziente Leistungserbringung, ihre Abschaffung hätte also gar kontraproduktive Folgen. Folglich empfahl der Bundesrat die Motion zur Ablehnung.
Mit 24 zu 13 Stimmen (1 Enthaltung) sprach sich die kleine Kammer hingegen für eine Annahme des Vorstosses aus.

Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (BRG 23.084)

Im November 2023 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zur Teilrevision des AVIG, welche in der überwiesenen Motion 20.3665 gefordert worden war.
Das Hauptziel der vorliegenden Teilrevision des AVIG bestand darin, grössere Transparenz, Effizienz und Rechtsklarheit in Bezug auf das Entschädigungssystem der Verwaltungskosten der Arbeitslosenkassen herzustellen. Pauschale Entschädigungen sollen abgeschafft werden und neu sollen die Arbeitslosenkassen nur für diejenigen Verwaltungskosten entschädigt werden, die von ihnen in den obligatorischen jährlichen Veröffentlichungen der Leistungskennzahlen als effektiv angefallene Verwaltungskosten ausgewiesen werden. Zudem wurde vorgeschlagen, dass besonders effiziente Arbeitslosenkassen einen Bonus erhalten, während ineffiziente Arbeitslosenkassen zusätzlich zur Kasse gebeten werden sollen. Zusätzlich schlug der Bundesrat auch wenige materielle Änderungen vor, wie etwa die Erweiterung der Möglichkeit zur Teilnahme an Berufspraktika oder die Erarbeitung von Grundlagen für einen verbesserten Datenaustausch.

Der Ständerat beriet als Erstrat in der Frühjahrssession 2024 die Teilrevision des AVIG, nachdem ihr die SGK-SR einstimmig mit 11 zu 0 Stimmen (1 Enthaltung) zugestimmt hatte. Für die Kommission erläuterte Damian Müller (fdp, LU) die Vorzüge der Teilrevision: Sie schaffe Rechtsklarheit und «mehr Effizienz und Transparenz» beim Entschädigungssystem der Verwaltungskosten von Arbeitslosenkassen (ALK). Weitere Neuerungen seien die Einführung des Bonus-Malus-Systems, die Verpflichtung für Ausgleichsstellen, ihre Kennzahlen zu den Verwaltungskosten zu veröffentlichen, und ein erleichterter Zugang zu Berufspraktika für junge Erwachsene. Die Teilrevision setze ausserdem seine eigene Motion Müller (Mo. 20.3665) weitestgehend um, weshalb der Bundesrat und die Kommission die Abschreibung ebendieser forderten. Auch Bundesrat Guy Parmelin erläuterte, dass besagte Motion durch die Teilrevision grösstenteils erfüllt werde. Einzig einem Teilaspekt des Vorstosses, der forderte, dass ALK nicht mehr die Möglichkeit haben sollten, ihren Tätigkeitsbereich einzuschränken, stehe der Bundesrat kritisch gegenüber, weswegen er auf die entsprechende Anpassung des AVIG verzichten wolle. Diese Haltung sei auch in der Vernehmlassung mehrheitlich begrüsst worden.
Die kleine Kammer trat zuerst ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein und stimmte anschliessend einstimmig mit 41 zu 0 für Annahme des Entwurfs. Im Vergleich zur Version des Bundesrats nahm der Ständerat einzig eine minimale, formale Korrektur vor und strich einen Absatz: Der besagte Passus stand mit einem anderen, zeitlich befristeten Gesetz in Zusammenhang und war nicht mehr länger anwendbar, da die befristete Bestimmung zum besagten Zeitpunkt ausgelaufen war.

Der Nationalrat beriet in der Sommersession 2024 als Zweitrat über die Teilrevision des AVIG, nachdem im April des gleichen Jahres auch die SGK-NR einstimmig – analog zu ihrer Schwesterkommission – der Vorlage zugestimmt hatte. Benjamin Roduit (mitte, VS) und Kris Vietze (fdp, TG) präsentierten für die Kommission die Vorteile der Teilrevision, die primär in einer «Erhöhung der Effizienz und Transparenz bei den Arbeitslosenkassen» beständen, was vor allem mit der Einführung des Bonus-Malus-Systems und der jährlichen Veröffentlichung der ALK-Kennzahlen geschehen solle. Zudem werde das AVIG im Zuge der Teilrevision noch mit weiteren Änderungen optimiert, wie einem verbesserten Zugang zu Berufspraktika oder einer verstärkten Interoperabilität der Informationssysteme. Der bisher geschmeidige Weg der Teilrevision setzte sich auch im Nationalrat fort, der in der Folge ohne Gegenantrag beschloss, auf das Geschäft einzutreten. Die verschiedenen formalen Korrekturen des Ständerats wurden von der grossen Kammer stillschweigend angenommen. Auch in der Gesamtabstimmung waren sich die Ratsmitglieder einig und beschlossen einstimmig mit 171 zu 0 Stimmen (keine Enthaltung) die Annahme des Entwurfs.

Die zwei Wochen später stattfindende Schlussabstimmung änderte erwartungsgemäss nichts an der Geschlossenheit der Räte: Der Ständerat nahm den Entwurf einstimmig mit 45 zu 0 Stimmen (keine Enthaltung) an und der Nationalrat tat dies ebenso mit 197 zu 0 Stimmen (1 Enthaltung), womit der Erlass zustande gekommen war.