Bundesgesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (BRG 76.033)

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Nachdem der Bundesrat 1976 den ehemaligen SS-Angehörigen Menten an seinen Heimatstaat Holland ausgeliefert hatte, obwohl die ihm zur Last gelegten Verbrechen nach schweizerischem Recht verjährt waren, fügte er seinem Antrag zu einem allgemeinen Rechtshilfegesetz eine Ergänzung bei, die aus dem Fall die Konsequenzen zog. Da es sich gezeigt habe, «dass die politischen Realitäten gelegentlich stärker sind als das positive Recht, das diesen nicht Rechnung trägt», wünschte er die Aufhebung der Verjährung für Verbrechen gegen die Menschheit, Kriegsverbrechen und mit diesen vergleichbare Terrorakte. Der Ständerat hiess diese Ergänzung ohne Gegenstimmen gut, fasste aber in anderen Bereichen die Bedingungen für die Rechtshilfe enger; Steuerhinterziehung und Verletzung wirtschaftspolitischer Massnahmen schloss er ohne Einschränkung aus. Dass konkurrierende einzelstaatliche Ansprüche auf Verfolgung von Akteuren des internationalen Untergrunds zu grotesken Situationen führen können, zeigte der Fall der Deutsch-Italienerin Petra Krause. Diese wurde nach mehr als zwei Jahren Untersuchungshaft von den zürcherischen Behörden aus gesundheitlichen Gründen entlassen, aufgrund eines hängigen italienischen Gesuches aber sogleich wieder festgenommen und nach Italien überstellt, wo man sie nach kurzer Zeit wegen ihres angegriffenen Zustandes erneut in Freiheit setzte.

Dossier: Pieter Menten et la modification de la loi fédérale sur l'entraide internationale (1976-1981)

Nach dem Ständerat nahm nun auch der Nationalrat Stellung zum Rechtshilfegesetz, das eine allgemeine Grundlage für die Zusammenarbeit mit anderen Staaten in Strafangelegenheiten schaffen soll. Dabei zeigte er in der Frage der Steuerdelikte grösseres Verständnis für die Anliegen der Regierung als die kleine Kammer. Doch im Unterschied zur Exekutive, die für die Zulässigkeit einer Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung auf das Kriterium des Landesinteresses hatte abstellen wollen, wählte die Ratsmehrheit eine konkretere Voraussetzung: den Steuerbetrug. Noch weitergehende Anträge, die namentlich von der Linken unterstützt wurden, drangen nicht durch. Die Volkskammer genehmigte im übrigen wie die Ständevertreter die vom Bundesrat beantragte Ergänzung des Strafgesetzbuches, nach der besonders schwere Verbrechen (Genozid, Kriegsverbrechen, Terrorakte) unverjährbar sein sollen; verschiedene Stimmen beanstandeten freilich die ungenügende Umschreibung der fraglichen Tatbestände.

Dossier: Pieter Menten et la modification de la loi fédérale sur l'entraide internationale (1976-1981)

Einem Hauptanliegen der SP-Initiative «gegen den Missbrauch des Bankgeheimnisses und der Bankenmacht», nämlich der Lockerung des Bankgeheimnisses bei Vergehen gegen ausländische Steuergesetze, trug der Nationalrat teilweise Rechnung, indem er beschloss, dass die Schweiz in Zukunft bei Fällen von Steuerbetrug (nicht aber bei Steuerhinterziehung) internationale Rechtshilfe leisten könne. Eine weitere Forderung der SP-Initiative besteht in der Verbesserung des Schutzes der Kleinsparer. In dieselbe Richtung zielt auch ein Vorstoss des freisinnigen Nationalrates Schatz (fdp, SG). Seiner Motion (Mo. 78.321), welche die Einführung der Versicherungspflicht für Sparheft- und ähnliche Einlagen bis zu einer begrenzten Höhe verlangt, stimmte nach der Volkskammer auch der Ständerat oppositionslos zu. Nach der Meinung der Bankiervereinigung ist eine derartige Versicherung überflüssig, da durch das Sparerprivileg bei Konkursen solche Anlagen ausreichend geschützt seien.

Dossier: Pieter Menten et la modification de la loi fédérale sur l'entraide internationale (1976-1981)

Die Differenzen bei der Beratung des Rechtshilfegesetzes konnten noch nicht völlig bereinigt werden. Immerhin stimmte der Ständerat einer Ausdehnung der internationalen Zusammenarbeit auf Steuerdelikte zu und akzeptierte für deren Abgrenzung auch das vom Nationalrat 1979 eingeführte Kriterium des Steuerbetrugs.

Dossier: Pieter Menten et la modification de la loi fédérale sur l'entraide internationale (1976-1981)

Durch Nachgeben des Ständerates bei letzten Differenzen konnte das vom Bundesrat 1976 vorgelegte Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen endlich verabschiedet werden. Die Schweiz sieht sich nun in der Lage, mit anderen Staaten auch über die Zusammenarbeit bei Fällen von Steuerbetrug vertragliche Vereinbarungen zu treffen. Im Vordergrund stehen zwei Konventionen des Europarates, denen erst wenige Staaten beigetreten sind. Am Schweizerischen Juristentag wurden die Probleme der internationalen Rechtshilfe aus der unterschiedlichen Sicht des EJPD und des Rechtskonsulenten einer Grossbank beleuchtet. Dabei trat nicht zuletzt die Spannung zwischen der von der Schweiz bezeugten Kooperationsbereitschaft bei der Verbrechensbekämpfung und ihrer Zurückhaltung gegenüber einer zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im Steuerbereich zutage.

Dossier: Pieter Menten et la modification de la loi fédérale sur l'entraide internationale (1976-1981)