Revisionsentwurf des Patentgesetzes

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Der Bundesrat schickte einen Revisionsentwurf des Patentgesetzes (PatG) in die Vernehmlassung, der eine grundsätzliche Bewilligung des Patentierens von GVO vorsieht, davon aber Patente auf unzulässige Verfahren wie das menschliche Klonen oder die Veränderung des menschlichen Erbguts ausnimmt. Ziel der Teilrevision ist es, das Patentgesetz an die EU-Richtlinien anzugleichen und einheitliche Grundsätze für den Schutz biotechnologischer Erfindungen zu schaffen.

Der Revisionsentwurf des Bundesrates zum Patentgesetz, der vorsieht, dass gentechnisch veränderte Lebewesen wie Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen, aber auch menschliche Gene und Gensequenzen unter bestimmten Bedingungen patentiert werden dürfen, stiess zum Teil auf heftigen Widerstand. Gentechnologie kritische Kreise, aber auch die Eidgenössische Ethikkommission für die Gentechnik (EKAH) machten geltend, es handle sich dabei um Entdeckungen, die im Gegensatz zu Erfindungen vom Grundsatz her nicht patentierbar seien. Gene zählten zum «Erbe der Menschheit», gehörten also allen, weshalb es moralisch nicht vertretbar sei, dass Pharmafirmen während 20 Jahren ein Monopolrecht auf Teile des Menschen erhielten. Die Zulassung des therapeutischen Klonens zur Patentierbarkeit widerspreche zudem dem Verbot in der Verfassung, mit Erzeugnissen aus Embryonen Handel zu treiben.

Für die SP würde die Ausdehnung des Patentrechts auf menschliches, tierisches und pflanzliches Leben grundlegende ethische Prinzipien verletzen. Die Grünen vertraten die Ansicht, die belebte Natur erlaube keine Patente. Die Ärzteschaft (FMH und SAMW) sah in der Patentierung von Genen einen Verstoss gegen die Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens. Gemeinsam wiesen über 30 Bauern-, Konsumentinnen- und Entwicklungsorganisationen darauf hin, erst vier EU-Mitglieder hätten die europäische Bio-Richtlinie angenommen; der Vorentwurf des EJPD komme einem Akt des vorauseilenden Gehorsams gegenüber Brüssel gleich. Für die Stiftung für Konsumentenschutz sprechen auch wirtschaftliche Gründe gegen die Revision. Die Patentierung diene in erster Linie dazu, Monopole zu errichten; statt gefördert, werde die Forschung dadurch behindert. FDP und SVP begrüssten die vorgeschlagene Revision. Die Änderungen würden einen angemessenen Erfinderschutz im Bereich der Biotechnologie gewähren. Die FDP erachtete vor allem die Europakompatibilität des Schweizer Patentschutzes als dringlich. Diese Auffassung vertrat auch die SVP. Sie betonte zudem, die Revision gebe der forschenden Industrie, allen voran den KMU, die nötige rechtliche Sicherheit. Ähnlich argumentierte auch der Wirtschaftsverband Economiesuisse: für viele Start-up-Firmen sei die Erfindung das einzige Kapital; Die Revision bringe keine Ausweitung der Patentierbarkeit, sondern lege lediglich deren rechtliche und ethische Schranken im Bereich biotechnologischer Erfindungen fest. Volle Zustimmung fand der Revisionsentwurf bei der Interessenorganisation der Gentechnologie Gen Suisse.

Ende Juni gab der Bundesrat die Revision des Patentgesetzes in eine zweite Vernehmlassung. Die Vorlage soll in Anlehnung an die entsprechende EU-Richtlinie einen ausgewogenen Patentschutz für Innovationen auf dem Gebiet der Biotechnologie gewährleisten. Aufgrund der Ergebnisse aus der ersten Konsultation von 2002 und des anschliessenden Dialogs nahm der Bundesrat folgende Änderungen im Vergleich zum ersten Gesetzesentwurf vor: Erstens) Offenlegung der Quelle von genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen, auf denen die Erfindung beruht; zweitens) Veröffentlichung aller Patentgesuche und Einführung eines kostengünstigen, für alle zugänglichen Einspruchsverfahrens; drittens) Begrenzung des Schutzumfangs für Patente auf den konkret offenbarten Zweck der gemachten Erfindung zur Vermeidung von Forschungshemmnissen; viertens) Ausweitung der Handlungen, die trotz Patentschutz erlaubt sind; unter anderem ist ein breites, vertraglich nicht einschränkbares Forschungsprivileg vorgesehen sowie die Freistellung von Erfindungen zu Unterrichtszwecken oder zum Zwecke der Züchtung neuer Pflanzensorten. Der Gesetzesentwurf erlaubt zudem Zwangslizenzen für den Export patentgeschützter pharmazeutischer Produkte in Entwicklungsländer, deren Bevölkerung unter schweren Gesundheitsproblemen leidet, und die selbst über keine ausreichenden Produktionskapazitäten verfügen.

Sowohl die forschende Pharmaindustrie und der Wirtschaftsdachverband economiesuisse als auch eine Reihe von Organisationen aus dem ökologischen, sozialen und entwicklungspolitischen Umfeld wiesen den Entwurf zurück. Erstere fürchteten aufgrund des eingeschränkten Patentschutzes bei Erfindungen, die eine Gensequenz zum Gegenstand haben, um die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Branche. Genau diese Einschränkung stiess hingegen bei den insgesamt 35 in der «Koalition gegen Patente auf Leben und für ein gerechtes Patentgesetz» zusammengeschlossenen Organisationen (darunter die Ärztinnen und Ärzte für den Umweltschutz, die Bauernorganisation IP Suisse, die «Erklärung von Bern» und Tierschutzvereinigungen) auf Anklang. Kritik äusserte die Koordination aber an der expliziten Festschreibung der Patentierbarkeit des Lebens; der Entwurf deklariere Gene als Erfindungen (und nicht als Entdeckungen) und erkläre transgene Tiere und Pflanzen für patentierbar, womit er einseitig die industriellen Interessen schütze.

Ende November präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zur Revision des Patentrechts. Diese soll in Anlehnung an die entsprechende EU-Richtlinie einen ausgewogenen Schutz für biotechnologische Erfindungen sicherstellen. Die Vorlage entspricht im wesentlichen dem in Konsultation gegebenen Vorentwurf. Aufgrund der gegensätzlichen Reaktionen in der Vernehmlassung nahm die Regierung jedoch eine Präzisierung beim Patentschutz für Gensequenzen vor: Dieser erstreckt sich neu nur auf jene Sequenzabschnitte (Nukleotide), welche für die in der Anmeldung konkret beschriebenen Eigenschaften und Verwendungszwecke (Funktionen) wesentlich sind. Zudem sieht der Gesetzesentwurf vor, patentiertes biologisches Material, das im Bereich der Landwirtschaft zufällig oder technisch nicht vermeidbar vermehrt wurde, von den Wirkungen des Patents auszunehmen, um Landwirte vor einer übermässigen Inanspruchnahme zu schützen. Zu den weiteren Reformen gehören Massnahmen zur Bekämpfung der Piraterie an Geistigem Eigentum sowie eine Regelung zur Vermeidung von Konflikten bei Parallelimporten von sowohl marken- oder urheberrechtlich als auch patentrechtlich geschützten Produkten. Erlaubt werden zudem Zwangslizenzen für den Export patentgeschützter pharmazeutischer Produkte in Entwicklungsländer, deren Bevölkerung unter schweren Gesundheitsproblemen leidet, und die selbst über keine ausreichenden Produktionskapazitäten verfügen.

Im Mai unterbreitete der Bundesrat dem Parlament zwei Abkommen zum europäischen Patentsystem und die damit erforderlichen Änderungen des Patentgesetzes. Die Neuerungen betrafen weitgehend technische Aspekte und Verfahrensfragen. Materiell wurde der Schutz weiterer medizinischer Indikationen verankert und dabei die Rechtsprechung des Europäischen Patentamts kodifiziert. Neu kann der Patentinhaber sein Patent in einem einzigen Verfahren mit Wirkung für sämtliche Schutzstaaten ganz oder teilweise beschränken oder widerrufen. Gemäss Revision des Sprachenübereinkommens ist es nicht mehr nötig, ein englischsprachiges Patent in eine schweizerische Amtssprache zu übersetzen, damit es in der Schweiz Wirkung entfaltet. Die Räte genehmigten die Abkommen in der Wintersession: Das Patentübereinkommen mit 44 Stimmen bei einer Enthaltung (Ständerat) respektive 131 zu 17 Stimmen bei 35 Enthaltungen (Nationalrat), das Sprachenübereinkommen mit 45 zu null Stimmen (Ständerat) respektive 167 zu 16 Stimmen (Nationalrat). Die Grünen lehnten die Vorlage ab, während die Mehrheit der SP sich der Stimme enthielt; beide Parteien hatten Vorbehalte gegenüber der Ausweitung medizinischer Indikationen geäussert.

Der Bundesrat beantragte dem Parlament die Genehmigung von zwei Abkommen zum europäischen Patentsystem und die dazu erforderlichen Änderungen des Patentgesetzes. Die Neuerungen betrafen weitgehend technische Aspekte. Das Parlament hiess die Abkommen und die Gesetzesrevision gut. Im November beantragte der Bundesrat dem Parlament eine weitere Revision des Patentrechts. Es ging dabei unter anderem um einige technische Neuerungen bei der Anmeldung und Behandlung von Patenten sowie bei der Bekämpfung von Piraterie an Geistigem Eigentum. Zudem beabsichtigte der Bundesrat, das vom Bundesgericht erlassene Verbot des Parallelimports patentrechtlich geschützter Waren (sog. Kodak-Entscheid aus dem Jahr 1999) ins Patentgesetz aufzunehmen. Eindeutig im Zentrum der Vorlage steht aber die Einführung eines Patentschutzes für biotechnologische Erfindungen. Die angestrebte Balance zwischen dem Schutz der Forschungstätigkeit und ihrer wirtschaftlichen Nutzung einerseits und ethischen Schranken andererseits soll gemäss Bundesrat in enger Anlehnung an die Biotechnologie-Richtlinie der EU geschehen.

In der Wintersession nahm der Nationalrat die Beratungen zur Ausführungsverordnung des Patentrechtsvertrags sowie zur Änderung des Patentgesetzes in Angriff. Im Zentrum steht die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen. Alle Fraktionen begrüssten die Vorlage; Grüne, SP und EVP unterlagen jedoch mit ihren Anträgen. Sie wehrten sich vergeblich dagegen, Körperteile zur Patentierung zuzulassen, die technisch bereitgestellt werden, weil dies gegen die Würde des Menschen verstosse. Patentierbar sind auch von einer natürlich vorkommenden Sequenz oder Teilsequenz abgeleitete Gensequenzen, wenn sie technisch bereitgestellt werden und ihre Funktion konkret angegeben wird; die Grünen wollten Entdeckungen von Genen der Allgemeinheit und nicht Privaten zugute kommen lassen. Keine Chancen hatten auch Anliegen, die bereits in der Beratung des Stammzellengesetzes erfolglos blieben: Von der Patentierbarkeit ausnehmen wollten SP und Grüne Tiere mit menschlichen Genen (sie gelten nicht als Mischwesen), ebenso wie nebst unveränderten auch veränderte menschliche embryonale Stammzellen und Stammzelllinien, ferner die Verwendung menschlicher Embryonen generell und nicht nur für nicht medizinische Zwecke sowie alle Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren sowie die so erzeugten Tiere. Auf Ablehnung stiess ferner ein erweiterter Schutz genetischer Ressourcen indigener Völker und von traditionellem Wissen analog der Biodiversitätskonvention, welche die Benennung des Ursprungslandes und nicht der Quelle verlangt. Gemäss Nationalrat erstreckt sich die Wirkung eines Patents auch auf Erzeugnisse, die durch die Vermehrung von biologischem Material gewonnen werden und dieselben Eigenschaften aufweisen, also bspw. auf Saatgut aus Folgegenerationen. Nutzt ein Züchter die Vorteile eines patentierten Produkts kommerziell, soll er Lizenzgebühren bezahlen müssen. Bei den Parallelimporten überwies die grosse Kammer eine Motion der Kommissionsmehrheit und beauftragte die Regierung, bis Ende 2007 eine separate Vorlage zu dieser Frage auszuarbeiten. Die Vorlage passierte die Gesamtabstimmung mit 110 zu 51 Stimmen bei 25 Enthaltungen, der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Patentrechtsvertrages und der Ausführungsverordnung mit 183 Stimmen bei zwei Enthaltungen. Die Mehrheit der SP hatte die Revision verworfen, weil sich ihrer Ansicht nach einseitig die Interessen der Pharma- und der chemischen Industrie durchgesetzt hätten, die Grünen bezeugten mit dem Nein ihren Widerstand gegen Patente auf Leben.

In der Sommersession wurden die Beratungen zur Ausführungsverordnung des Patentrechtsvertrages sowie zur Änderung des Patentgesetzes, welche 2006 aufgenommen worden waren, fortgesetzt und abgeschlossen. Im Zentrum stand bei diesen Vorlagen die Patentierbarkeit von biotechnologischen Erfindungen. Weitere wesentliche Aspekte der Revision waren die Genehmigung des Patentrechtsvertrages zur Harmonisierung der Formalitäten im Patentrecht sowie die Umsetzung der Entschliessung der Welthandelsorganisation (WTO) zur Verbesserung der Verfügbarkeit pharmazeutischer Produkte in Entwicklungsländern.

Während die Vorlage im Nationalrat sehr umstritten gewesen war und die Meinungen weit auseinander gingen, gab die Vorlage im Ständerat weniger zu reden. Dieser stimmte allen Beschlüssen des Nationalrates zu und eine längere Debatte entzündete sich lediglich bei der Frage, ob bei der Erfindung einer Sequenz, die sich von einer natürlich vorkommenden Sequenz eines Gens ableitet, die Wirkung des Patents auch auf Sequenzen in Verbindung mit anderen Funktionen als der zunächst angenommenen bezieht. Aufgrund von Bedenken aus der Wissenschaft beantragte Hansruedi Stadler (cvp, UR) eine Rückweisung von Artikel acht c, welcher den Geltungsumfang von Ansprüchen auf Nukleotidsequenzen (DNA-Sequenzen) festlegt. Diesem Vorhaben leistete der Ständerat allerdings keine Folge.

Während der Ständerat die erste Vorlage (Bundesgesetz über die Erfindungspatente) in der Schlussabstimmung mit 27 zu null Stimmen bei sieben Enthaltungen guthiess und die zweite Vorlage (Bundesbeschluss über die Genehmigung des Patentrechtsvertrages und der Ausführungsordnung) einstimmig annahm, lehnten im Nationalrat die Sozialdemokraten und die Grünen beide Vorlagen ab. Dadurch wurde die erste Vorlage mit lediglich 110 zu 62 Stimmen und die zweite mit 113 zu 44 Stimmen angenommen.