Die Auseinandersetzungen über den EWR belebten nicht nur die Diskussion über das Regierungssystem, sondern gaben auch neuen Ideen bei der Ausgestaltung der Volksrechte Auftrieb. Angesichts der Tatsache, dass die Schweiz im Rahmen des EWR zukünftig hätte EG-Recht fristgerecht übernehmen müssen, schlugen die SP und später auch die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-NR) die Einführung des konstruktiven Referendums vor. Dieses neue Volksrecht würde es den Gegnern eines Behördenentscheides erlauben, diesen weiterhin mit einem Referendum zu bekämpfen, gleichzeitig aber einen eigenen, allerdings ebenfalls mit dem EG-Recht verträglichen Gegenvorschlag einzubringen. Nach Ansicht der Kommission hätte damit die Schweiz den EWR-Verpflichtungen in bezug auf rasche Gesetzesanpassungen genügen können, ohne die Volksrechte abbauen zu müssen. Da der Nationalrat der Meinung war, dass die EWR-Vorlage nicht auch noch mit der Schaffung von neuen Volksrechten belastet werden sollte, zog die Kommission ihren Vorschlag zwecks weiterer interner Beratung zurück. Die Idee des konstruktiven Referendums ist nicht allein auf Bundesebene im Gespräch. Anlässlich der Totalrevision der bernischen Verfassung beantragte die Verfassungskommission die Einführung dieses neuen, hier Volksvorschlag genannten Instruments. Der Grosse Rat lehnte dies zwar knapp ab, beschloss aber, den endgültigen Entscheid darüber dem Volk als Variantenabstimmung im Rahmen des Entscheids über die neue Verfassung zu überlassen.
- Mot-clés
- Date
- 4 novembre 1992
- Type
- Politique cantonale
- Acteurs
- Sources
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- BZ, 10.9. und 4.11.92. Vgl. auch Lit. „Bolz (1992). Die Volksrechte im Berner Verfassungsentwurf vom 31. Januar 1992. in Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht, 93/1992, S. 433 ff.“
- NZZ, 27.6.92 (SP); Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1397 ff. (Kommission). Siehe auch Lit. „Luthart (1992). Direkte Demokratie und die europäische Integration. in SJPW (Haupt) 32/1992, S. 185 ff.“ und „Möckli (1992) Direkte Demokratie und die Annäherung der Schweiz an die EG. in SJPW (Haupt) 32/1992, S. 205 ff.“
de Hans Hirter
Modifié le 23.05.2017
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