Paket der SP-Fraktion mit fünf parlamentarischen Initiativen für die Ankurbelung der Konjunktur (1992)

Im Dezember ging die SP-Fraktion endgültig in die Offensive gegen die vom Bundesrat und vor allem von den bürgerlichen Parteien vertretene Strategie, die Krise mit Deregulierungsmassnahmen zu überwinden. Sie reichte ein Paket mit fünf parlamentarischen Initiativen für die Ankurbelung der Konjunktur ein, das mit zusätzlichen Bundesausgaben von jährlich 600 Mio Fr. ein rund zehnmal grösseres Investitionsvolumen auslösen und Beschäftigung für 40-60 000 Personen sichern sollte. Finanzieren liessen sich diese Ausgaben nach Ansicht der Initianten über die damit erzielten Einsparungen bei der Arbeitslosenversicherung. Im einzelnen verlangte die SP ein Investitionsprogramm von 300 Mio Fr. pro Jahr für die energietechnische Sanierung von Altbauten, eine zusätzliche Aufstockung der Kredite für gemeinnützige Bauträger, die Einführung eines Investitionsbonus und einer Innovationsrisikogarantie sowie Beiträge an jugendliche Arbeitslose für Weiterbildungsaufenthalte im Ausland.

Keine neuen staatlichen Konjunkturstützungsmassnahmen 1992

Die Konjunkturpolitik der Schweiz war auch im Berichtsjahr weitgehend Geldmengenpolitik. Nachdem bereits im Vorjahr die steuerbegünstigten Arbeitsbeschaffungsreserven der Unternehmen freigegeben und die Kredite zur Förderung des preisgünstigen Wohnungsbaus aufgestockt worden waren, kam es – trotz der Forderungen der Gewerkschaften und der SP – im Berichtsjahr zu keinen neuen staatlichen Konjunkturstützungsmassnahmen. Allerdings wirkte die öffentliche Hand insofern einer Verschärfung der Krise entgegen, als sie ihre realen Ausgaben sowohl 1992 wie auch im Budget für 1993 leicht ansteigen liess. Die Geldmengenpolitik der Nationalbank liess sich namentlich in der ersten Jahreshälfte weiterhin als restriktiv charakterisieren. Den Hintergrund für diese Politik bildete nicht nur das Festhalten am Ziel der Bekämpfung der Binnenteuerung, sondern auch das Bemühen, die für das Preisniveau der Importgüter wichtige Wechselkursrelation zur Deutschen Mark relativ konstant zu halten. In der zweiten Jahreshälfte erlaubte dann der Rückgang der Inflationsrate und die für den Schweizer Franken positive Entwicklung auf den Devisenmärkten eine leichte Lockerung.

Neuausrichtung der Investitionszuschüsse (1993)

Damit eine konjunkturpolitische Wirksamkeit der Investitionszuschüsse garantiert ist, sollen diese nur für Vorhaben ausgerichtet werden, welche zusätzlich zu den ohnehin vorgesehenen realisiert und bis Ende 1994 abgeschlossen sein werden. Die Beiträge werden gemäss dem Antrag der WAK nur an nicht bereits vom Bund subventionierte Vorhaben geleistet und sind an die Bedingung gekoppelt, dass sie nicht zur Kürzung von Beiträgen anderer öffentlicher Institutionen führen. Der Bundesbeitrag soll 15% der Kosten (für bestimmte Projekte im Energiebereich 20%) der einzelnen Vorhaben ausmachen und für 1993 die Gesamtsumme von 250 Mio Fr. nicht übersteigen. Für die Förderung der Hochbautätigkeit im Rahmen des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes schlug die WAK eine Aufstockung der Mittel für zinsgünstige oder zinslose Darlehen um 100 Mio Fr. für die Jahre 1993 und 1994 vor.

Obwohl sich im Herbst 1992 die von Bundesrat Delamuraz zu Konsultationen eingeladenen Vertreter der Gemeinden noch skeptisch in bezug auf den Erfolg eines Investitionsbonus gezeigt hatten, machten sie nun von dieser ausserordentlichen Subvention für vorgezogene Bauprojekte regen Gebrauch. Besonders gross war die Zufriedenheit in der Westschweiz, da der Bundesrat bei der Zuteilung der zur Verfügung stehenden Summe nicht bloss die Grösse eines Kantons, sondern auch seine Arbeitslosenrate berücksichtigt hatte. Die SP wie auch die Gewerkschaft Bau und Industrie forderten eine Aufstockung um weitere 200 Mio Fr., was aber von den bürgerlichen Regierungsparteien abgelehnt wurde.

Förderung der öffentlichen Investitionen (Pa.Iv. 93.400)

Die WAK übernahm wesentliche Elemente aus den im Dezember 1992 von der SP-Fraktion eingereichten fünf parlamentarischen Initiativen in der Form von zwei eigenen Initiativen für den Erlass von zwei dringlichen Bundesbeschlüssen. Die eine verlangte einen Bonus für Bauinvestitionen der Kantone, Gemeinden und öffentlichen Institutionen sowie zusätzliche Investitionen im Bereich der energietechnischen Sanierung von Gebäuden. Die andere forderte eine befristete Aufstockung der Mittel für die staatliche Unterstützung des Wohnungsbaus und des landwirtschaftlichen Hochbaus. Nicht berücksichtigt wurden von der WAK hingegen die Forderungen der SP nach Zinszuschüssen für Risikokapital und nach finanziellen Ausbildungshilfen für jugendliche Arbeitslose.

Ende 1992 waren von der sozialdemokratischen Fraktion fünf parlamentarische Initiativen hinsichtlich eines dringlichen Investitionsprogramms zur Linderung von Arbeitslosigkeit und zur Entlastung der Arbeitslosenkasse eingereicht worden, deren Forderungen von der zuständigen Kommission des Nationalrats im Januar 1993 in zwei eigene Kommissionsinitiativen übernommen worden waren. Ziel der Initiativen war einerseits die Schaffung eines Investitionsbonus für Kantone, Gemeinden und öffentliche Institutionen und Investitionen für die energetische Sanierung von Gebäuden, andererseits ein zeitlich befristetes Investitions- und Beschäftigungsprogramm im Wohnungsbau. Mit letzterem sollten die im Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz festgelegten Mittel für die Jahre 1993/94 um zusätzliche CHF 50 Mio. erhöht werden. Die Gelder sollten allen Bauträgern offenstehen und zur Deckung des Wohnungsbedarfs benötigte, aus Finanzknappheit nicht in Angriff genommene Projekte in Milliardenhöhe auslösen. Beide Räte stimmten den Anträgen mit leichten Abänderungen zu.

Die anhaltende Rezession und dabei vor allem die sich weiter verschlechternde Lage auf dem Arbeitsmarkt veranlassten das Parlament, nun doch noch Massnahmen zur Wiederankurbelung der Wirtschaft zu beschliessen. Den wahren Hintergrund dazu bildete allerdings ein Kompromiss zwischen den Vertretern der bürgerlichen Bundesratsparteien und der SP in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK). Die SP hatte ihre Unterstützung für die Einführung der Mehrwertsteuer zu einem Satz von lediglich 6,5% von der Verabschiedung eines Konjunkturförderungsprogramms abhängig gemacht.
Im Nationalrat beantragten die Liberalen und die AP erfolglos Nichteintreten, da die Stützungsmassnahmen zu spät wirksam und den gerade im Baugewerbe notwendigen Strukturbereinigungen entgegenlaufen würden. Zudem vertrügen sich diese zusätzlichen Ausgaben von 300 Mio Fr. schlecht mit dem gegenwärtigen Zustand der Bundesfinanzen. Diese Bedenken wurden zwar grundsätzlich auch von den Fraktionssprechern der FDP, der SVP und des LdU geteilt. Um die Vereinbarung mit der SP über die Einführung der Mehrwertsteuer nicht aufs Spiel zu setzten, unterstützten sie das Paket aber gleichwohl. Bundesrat Delamuraz sprach sich, allerdings ohne Enthusiasmus, ebenfalls für die Ankurbelungsmassnahmen aus. In der Detailberatung passierten beide Vorlagen ohne Änderungen.
Der Ständerat akzeptierte das Programm ebenfalls, nahm allerdings einige Modifikationen vor. So beschloss er auf Antrag Beerli (fdp, BE), dass auch Investitionen, die bereits über die Berggebietshilfe (IHG) unterstützt werden, vom Bonus sollen profitieren können. Zudem stimmte er einem im Nationalrat von Bühler (svp, GR) erfolglos vertretenen Antrag zu, den für den Investitionsbonus vorgesehenen Betrag um 50 Mio Fr. zu kürzen und im Gegenzug neben dem Wohnungsbau auch die landwirtschaftlichen Hochbauten mit dieser Summe zusätzlich zu unterstützen. Im weiteren verlängerte er die Realisierungsfrist der unterstützungswürdigen Projekte um ein halbes Jahr auf Mitte 1995. In der Differenzbereinigung schloss sich der Nationalrat den Entscheiden der kleinen Kammer an.

Die SP hatte bereits im Herbst des Vorjahres - unter anderem mit einer parlamentarischen Initiative - eine Aufstockung des anfangs 1993 beschlossenen Bonus für öffentliche Investitionen sowie eine Ausweitung seines Geltungsbereichs auf öffentliche Beschaffungen, namentlich für Verkehrs- und Kommunikationsmittel verlangt. Im Februar übernahm die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK) einen Teil dieser auch von der Bauwirtschaft mitgetragenen Forderungen, worauf die SP ihre Initiative zurückzog. Die WAK beantragte dem Plenum eine Aufstockung um 100 Mio Fr., die aber im Gegensatz zum letztjährigen Beschluss nur noch für An- und Umbauten, jedoch nicht mehr für Neubauprojekte auszurichten seien. Die Frist zur Realisierung der neu bewilligten Projekte sollte um ein halbes Jahr auf Ende 1995 verlängert werden. Wie bereits beim letztjährigen Beschluss machte die WAK ihren Antrag wieder von einem finanzpolitischen Gegengeschäft abhängig: Damals hatte sie von der SP die Unterstützung der Mehrwertsteuer zu einem Satz von bloss 6,5% gefordert, jetzt verlangte sie vom Bundesrat, in der MWSt-Verordnung den Vorsteuerabzug für Investitionen bereits auf den 1. Juli zuzulassen. Damit könnte ihrer Ansicht nach verhindert werden, dass geplante Vorhaben bis zur allgemeinen Einführung der Mehrwertsteuer anfangs 1995 zurückgestellt werden.

Der Bundesrat selbst sprach sich im Nationalrat aus formalen Gründen gegen eine Verknüpfung eines Parlamentsbeschlusses (Investitionsbonus) mit dem in seine eigene Kompetenz fallenden Entscheid über den Vorsteuerabzug aus. Er lehnte aus materiellen Gründen aber auch die Weiterführung des Investitionsbonus ab. Dieser habe sich zwar in seiner Erstauflage bewährt, angesichts der schlechten Finanzlage und den günstigeren Prognosen für die Konjunkturentwicklung sei eine Verlängerung aber nicht angebracht. Im Nationalrat fand eine von Blocher (svp, ZH) angeführte Kommissionsminderheit, welche sich aus ordnungspolitischen Gründen gegen den Investitionsbonus aussprach, zwar bei der SVP, den Liberalen und der FP Unterstützung, unterlag aber mit 113 zu 50 Stimmen. Nachdem die von Baumberger (cvp, ZH) beantragte Entkoppelung der beiden Vorlagen auch keine Mehrheit fand, stimmte der Nationalrat dem Paket zu. Gleich anschliessend lehnte der Rat eine Motion des Zürcher Bauwirtschaftsvertreters Hegetschweiler (fdp) ab, welche verlangte, dass der Investitionsbonus auch dann verlängert werde, wenn der Bundesrat den Vorsteuerabzug nicht vorzieht.

Der Ständerat konnte sich mit der vom Nationalrat beschlossenen politischen Verknüpfung der beiden Geschäfte nicht anfreunden. Zudem lehnte er eine Neuauflage des Investitionsbonus ohnehin ab. Begründet wurde dieser mit 23:16 Stimmen gefällte Entscheid mit den Argumenten, dass die Finanzlage des Bundes keine zusätzlichen Subventionen zulasse und sich der Bonus jetzt bereits prozyklisch auswirken würde. Die nationalrätliche Kommission beantragte darauf, die Vorlage ebenfalls fallen zu lassen. Im Plenum konnte sich aber die vom gewerkschaftlichen Flügel der CVP unterstützte Linke, welche am ursprünglichen Beschluss festhalten wollte, mit knappem Mehr (66:63) durchsetzen. Als sich der Ständerat in der Sommersession wieder mit der Angelegenheit befassen musste, hatte der Bundesrat bereits entschieden, den Vorsteuerabzug nicht auf den 1. Juli vorzuziehen. Damit war die vom Nationalrat formulierte politische Voraussetzung für eine Weiterführung des Investitionsbonus nicht mehr gegeben. Der Ständerat hielt an seinem Nichteintretensentscheid fest, womit das Geschäft begraben war.

Kantonale Volksinitiativen für staatliche Beschäftigungsprogramme (1994)

Die von der SP und den Gewerkschaften in mehreren Kantonen eingereichten Volksinitiativen für staatliche Beschäftigungsprogramme (sog. Solidaritätsinitiativen), welche mit Steuerzuschlägen auf mittleren und hohen Einkommen und Vermögen finanziert werden sollten, fanden bei den Stimmbürgern keine Gnade. Sowohl in St. Gallen als auch in Schaffhausen wurden sie deutlich (je 81%) abgelehnt.

Kantonale Volksinitiativen für die Einführung von Sondersteuern für hohe Einkommen zur Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmassnahmen (1996)

Wie bereits in den Vorjahren scheiterten auch 1996 kantonale Volksinitiativen der Linken und der Gewerkschaften für die Einführung von Sondersteuern für hohe Einkommen zur Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmassnahmen. In Bern, Genf und der Waadt sprach sich das Volk mit Zweidrittel-Mehrheiten dagegen aus, in Neuenburg war die Ablehnung mit 58% Nein-Stimmen etwas schwächer.