Im Jahr nach den eidgenössischen Wahlen standen in acht Kantonen Gesamterneuerungswahlen an: in Aargau, Basel-Stadt, Schaffhausen, Schwyz, St. Gallen, Thurgau, Uri und Waadt. Im Zentrum des Interesses stand unter anderem die Frage, ob sich die Resultate der nationalen Wahlen – Gewinne für die neue Mitte aus BDP und GLP, Verluste von FDP, CVP und GP, Stagnation der SVP und Erholung der SP – auch auf kantonaler Ebene zeigten. Nimmt man alle acht Wahlen zusammen, so lässt sich der nationale Trend zumindest teilweise wiederfinden: die neue Mitte legte in der Tat deutlich zu. Die GLP gewann insgesamt 18 zusätzliche Mandate, davon sieben alleine im Kanton Waadt. Auch die BDP konnte zulegen und total neun zusätzliche Sitze gewinnen. Allerdings schaffte sie es nur in zwei Kantonen (SG und TG), in denen sie neu angetreten war, auch zu Mandaten. In den Kantonen Basel-Stadt, Schwyz und Waadt ging sie hingegen leer aus. Den nationalen Trend widerspiegeln auch die Verluste der CVP und der GP. In den acht Kantonen verlor die CVP per Saldo sieben Sitze, vier davon im Kanton St. Gallen. Im Kanton Uri konnte sie ihre Vormachtstellung allerdings mit lediglich einem Sitzverlust halten. Die Grünen mussten wohl auch aufgrund der Erfolge der GLP Federn lassen. Per Saldo verlor die Partei zehn Sitze. Trösten konnte sie sich einzig mit dem Gewinn jeweils eines Sitzes in den Kantonen St. Gallen und Schwyz. Nicht ganz in das Bild der nationalen Wahlen vom Vorjahr passen die hohen Gewinne der SP, die Trendumkehr bei der FDP und die teilweise sehr hohen Verluste der SVP. Die Sozialdemokraten legten per Saldo um elf Sitze zu. In keinem Kanton kam es für die SP zu Sitzverlusten. Einzig in den Kantonen Aargau und Schaffhausen konnten die Genossen nicht zulegen. Die FDP konnte sich 2012 per Saldo über einen Sitzgewinn freuen. Ein verlustreiches Jahr hatte die SVP zu verzeichnen. Nicht weniger als 22 Mandate musste sie in den Kantonen im Berichtsjahr per Saldo abgeben. Im Kanton Thurgau gab es einen Verlust von zehn Sitzen und in den Kantonen Schwyz und St. Gallen musste die erfolgsverwöhnte Partei jeweils sechs Mandate abgeben. Freilich bleibt die Volkspartei in fünf der acht Kantone (AG, SH, SZ, SG, TG) mit teilweise grossem Abstand stärkste Partei. Ihre Verluste kommen also durchaus auch einer gewissen Normalisierung gleich. Ihre einzigen verbleibenden kantonalen Sitze verloren die Schweizer Demokraten im Kanton Aargau. Die SD, die Ende der 1980er Jahre über 50 Sitze in den kantonalen Parlamenten belegten, waren zum Schluss des Berichtsjahres in keiner einzigen kantonalen Legislative mehr vertreten.
Freilich verdecken die per Saldo-Gesamtresultate die Tatsache, dass kantonale Wahlen in ihrem jeweiligen Kontext grosse Unterschiede hinsichtlich der Entwicklungen in den Parteienlandschaften zeitigen können, die im Berichtjahr nicht zuletzt auch dem Umstand geschuldet sind, dass in drei der acht Kantone (AG, BS, TG) die Wahlen nach Reformen der Wahlregime durchgeführt wurden (vgl. auch die entsprechende Debatte im Kanton Schwyz). Dies führte etwa im Kanton Aargau zu einer eigentlichen Flurbereinigung: waren vor den Wahlen elf Parteien im Grossen Rat, hatten nach den Wahlen nur noch neun Parteien Mandate. Interessant ist auch das kantonsspezifische Abschneiden der FDP, die in vier Kantonen neun Sitze gewann (AG, BS, SZ, UR), wobei das gute Abschneiden auch dem frischen Wind durch den neuen Parteipräsidenten Philipp Müller zugeschrieben wurde. Die grössten Sitzverluste der Freisinnigen fanden just in jenen Kantonen statt (SH, VD), in denen die SVP zulegen konnte, wobei im Kanton Waadt mit der nach den Wahlen stattfindenden Fusion zwischen FDP und LP ebenfalls eine spezielle Ausgangslage herrschte. Die hohen Verluste der Volkspartei konzentrierten sich auf jene drei Kantone, in denen sie in den letzten Jahren sehr stark zugelegt hatte (TG, SG, SZ). Ähnlich wie bei den nationalen Wahlen gingen die verlorenen Sitze der SVP allerdings nur zu einem Teil an die BDP, welche ihrerseits eher der CVP das Leben schwer zu machen schien. Die GLP hingegen machte vor allem den Grünen die Wählerschaft abspenstig. Überall dort wo die GLP zulegen konnte, verlor die GP (AG, TG, VD), wo die GLP hingegen stagnierte oder nicht antrat (BS, SH, SZ, UR), musste die GP keine (BS) oder nur leichte Verluste (SH, UR) hinnehmen bzw. konnte sogar zulegen (SZ); einzige Ausnahme bildete der Kanton St. Gallen, wo sowohl die GP als auch die GLP Sitze gewannen. Die kleinen Parteien schnitten unterschiedlich ab. Die EVP konnte ausser im Kanton Basel-Stadt, wo sie aufgrund der neuen Quoren gleich drei ihrer vier Sitze abgeben musste, ihre Mandate halten (AG, SH, SG). Die EDU konnte im Kanton Thurgau von den hohen Verlusten der SVP profitieren und um drei Sitze zulegen und ihre Mandate im Kanton Aargau halten. Kein Erfolg war der EDU in den Kantonen St. Gallen und Basel-Stadt beschieden. In Schaffhausen resultierte ein Sitzgewinn während im Kanton Waadt der einzige Sitz verlustig ging. Eine Erstarkung von links- und rechtsextremen Gruppierungen konnte in den Kantonen Schaffhausen und Basel-Stadt beobachtet werden. In Schaffhausen scheint sich die Alternative Liste zu einer ernst zu nehmenden Kraft zu entwickeln, gewann sie doch zwei Sitze und verfügte neu über Fraktionsstärke. Im Kanton Basel-Stadt sorgte mit Eric Weber ein alter Bekannter der rechtsextremen Szene für eine Überraschung: mit seiner Volksaktion erzielte er auf Anhieb zwei Sitze im Grossen Rat.
Die Betrachtung aller 26 kantonalen Parlamente Ende 2012 vermag die Verschiebungen im Berichtjahr ein wenig zu relativieren. Rund 80% aller 2559 kantonalen Parlamentssitze (exklusive AI) befanden sich in der Hand der vier grossen Parteien: Angeführt von der SVP (544 Sitze, 21,3% aller kantonalen Parlamentssitze), gefolgt von der FDP (524 Sitze, 20,5%) und der CVP (469 Sitze, 18,3%) verfügten dabei die bürgerlichen Parteien gesamthaft über eine deutliche Mehrheit. Die SP (460 Sitze; 18,0%) und die GP (191 Sitze, 7,4%) waren hingegen in allen Kantonen auf Unterstützung angewiesen. Nimmt man alle Kantone zusammen, so war die BDP Ende 2012 in den kantonalen Legislativen ein wenig stärker verankert (86 Sitze, 3,4%) als die GLP (71 Sitze, 2,7%). Allerdings konzentrierte sich die Stärke der BDP vor allem auf die drei Gründerkantone (GL: 10 Sitze; BE: 25 Sitze; GR: 26 Sitze).
Zu den Verliererinnen gehörten im Berichtjahr die Frauen. Im Vergleich zu den Vorwahlen wurden per Saldo 6 Sitze weniger von Frauen besetzt. In fünf Kantonen (BS, SZ, SG, TG, UR) wurden weniger Frauen gewählt als bei den Wahlen zuvor, in den Kantonen Basel-Stadt und Schwyz verloren die Frauen sogar je sechs Sitze. Nur in den Kantonen Aargau (+8 Sitze), Schaffhausen und Waadt (je +1 Sitz) nahm der Frauenanteil zu. In allen acht Kantonen waren weniger als ein Drittel der Mandate von Frauen besetzt. Dies war – werden alle 26 Kantone betrachtet – Ende 2012 lediglich in Zürich (60 von 180 Sitzen) und in Basel-Landschaft (32 von 90 Sitzen) der Fall. Insgesamt lag die Frauenquote in allen kantonalen Parlamenten zusammen bei 25,1% und war damit im Vergleich zum Vorjahr (25,3%) erneut leicht zurückgegangen.
In sechs der acht Kantone hatte die Wahlbeteiligung im Vergleich zu den letzten Gesamterneuerungswahlen zugenommen. Einzig in den Kantonen Waadt und Thurgau war die Partizipation rückläufig. In den Kantonen Aargau und Thurgau nahm dabei nicht einmal ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger ihr Wahlrecht wahr. Im Schnitt beteiligten sich im Berichtjahr 41,4% an den Parlamentswahlen, wobei die Partizipationsrate von 31,9% (AG) bis 54,0% (SH) variierte.