Erster Bericht über das Verbot für die Anwendung der kollektiven Preisbindung und der Kampf dagegen (1999-2002))

Die Wettbewerbskommission (Weko) will den Buchhändlern und Verlegern in der Schweiz die Anwendung der kollektiven Preisbindung für deutschsprachige Bücher verbieten, welche ebenfalls in Deutschland und in Österreich besteht, allerdings auch dort Anlass zu Diskussionen gibt. Auf Grund ihrer Untersuchungen kam die Weko zur Ansicht, es bestehe im Buchmarkt ein hartes Kartell, das den Wettbewerb beseitigt, da es keine Differenzierungen über Preise und Rabatte zulässt. Die Verfügung der Weko erntete umgehend scharfe Kritik von den betroffenen Kreisen, aber auch von der Pro Helvetia, den Gewerkschaften und den Autoren. Der Entscheid wurde als «kulturblind» bezeichnet, da Untersuchungen in Ländern ohne Preisbindung gezeigt hätten, dass dort die Buchpreise tendenziell höher seien; zudem werde diese Massnahme zu einer Konzentration im Schweizer Buchhandel führen, dessen Leidtragende in erster Linie die Leserinnen und Leser ausserhalb der grossen städtischen Agglomerationen sein dürften. Der Schweizerische Buchhändler- und Verlegerverband erklärte, er werde den Beschluss der Weko unter Ausschöpfung aller rechtlicher Möglichkeiten anfechten.

Im Vorjahr hatte die Wettbewerbskommission (Weko) mit ihrer Ankündigung, die kollektive Preisbindung für deutschsprachige Bücher verbieten zu wollen, bei Autoren, Verlagen und Buchhandlungen für helle Aufregung gesorgt. Ein Postulat Widmer (sp, LU) bat den Bundesrat, neben den kartellrechtlichen Überlegungen, die zum Entscheid der Weko geführt hatten, auch kultur- und arbeitsmarktpolitische Aspekte zu prüfen. Der Bundesrat war bereit, das Postulat in dem Sinn entgegen zu nehmen, dass er das BAK zusammen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft beauftragen wird, einen Bericht über die Buchpreisbindung zu erstellen. Der deutsche Bundestag verabschiedete im Juli ein Gesetz, das die nationale Buchpreisbindung festschreibt. Die grenzüberschreitende Buchpreisbindung zwischen Deutschland und Österreich musste hingegen, da nicht EU-konform, aufgegeben werden.

Die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen stützte Ende Mai aus formaljuristischen Gründen das 1999 durch die Wettbewerbskommission (Weko) verordnete Preisbindungsverbot im Buchhandel, stellte aber die Frage, ob die Aufhebung der fixen Buchpreise nicht zu einer Verringerung der Sortimentsbuchhandlungen und damit zu einer Verminderung der Titelvielfalt führen werde. Der Buchhändler- und Verlegerverband (SBVV) zog seine im Vorjahr eingereichte Beschwerde daraufhin ans Bundesgericht weiter; dieses erteilte dem Rekurs die aufschiebende Wirkung, da die Nachteile einer sofortigen Aufhebung der fixen Buchpreise bei einem für die Branche positiven Entscheid kaum mehr gutzumachen wären. In Europa kennen lediglich Finnland, Griechenland, Grossbritannien, Irland und Schweden keine fixen Buchpreise; Italien hat sie 2001 neu eingeführt, obgleich die EU-Wettbewerbskommission sie bekämpft.

Mit einem überwiesenen Postulat wies Nationalrat Widmer (sp, LU) darauf hin, dass der Bundesrat gemäss Art. 8 des Kartellgesetzes ausnahmsweise Preisabsprachen zulassen kann, um überwiegende öffentliche Interessen zu schützen. Er bat den Bundesrat, im Fall der Buchpreisbindung von diesem Recht Gebrauch zu machen und dabei nicht nur die Gesetze von Angebot und Nachfrage zu berücksichtigen, sondern auch die gesamtgesellschaftliche und kulturelle Bedeutung des Buches. In der Fragestunde der Sommersession erklärte der Bundesrat, er habe das BAK und das Seco mit einem Bericht über die kultur- und wirtschaftspolitischen Auswirkungen einer Aufhebung der Buchpreisbindung beauftragt; konkret werde es sich erst nach Vorliegen dieses Berichts zu dieser Frage äussern.

Mit einer bereits 2000 eingereichten Motion ersuchte Nationalrat Zisyadis (pda, VD) den Bundesrat, vom Prinzip der Handels- und Gewerbefreiheit abzuweichen und in der gesamten Schweiz einen einheitlichen Buchpreis einzuführen. In seiner Antwort erinnerte der Bundesrat daran, dass er in Ausführung eines Postulates Widmer (sp, LU) von 1999 das BAK und das Seco beauftragt hatte, in einem Bericht die kultur- und arbeitsmarktpolitische Bedeutung der Buchpreisbindung darzustellen. Vor der eingehenden Prüfung dieses Berichtes wollte er sich aber auf keine verbindliche Marschrichtung verpflichten lassen, weshalb er erfolgreich Umwandlung in ein Postulat beantragte. Da sich BAK und Seco nicht auf einen gemeinsamen Nenner einigen konnten, beschloss der Bundesrat im Juli, von einem externen Bericht, der die Vorteile der Buchpreisbindung höher wertete als die Nachteile, zwar Kenntnis zu nehmen und ihn zu veröffentlichen, in der Sache selber aber nicht Stellung zu beziehen, sondern das Urteil des vom Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband angerufenen Bundesgerichts abzuwarten. Die Lausanner Richter hiessen die Beschwerde zumindest teilweise gut. Sie hoben den Entscheid der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen auf und wiesen die Sache zur Neubeurteilung an die Wettbewerbskommission zurück. Diese hatte 1999 den Buchhändlern und Verlegern verboten, die Buchpreisbindung aufrecht zu erhalten.

Zweiter Bericht über die kollektive Buchpreisbindung und der erfolgreiche Versuch sie abzuschaffen (2005-2007)

Nachdem das Bundesgericht 2002 einen Rekurs des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbandes betreffend Aufhebung der Buchpreisbindung teilweise gutgeheissen und an die Wettbewerbskommission (WEKO) zur Neubeurteilung zurückgewiesen hatte, erklärte die WEKO im Frühjahr 2005 zum zweiten Mal nach 1999 die flächendeckende Preisbindung für deutschsprachige Bücher für unzulässig. Nach Ansicht der Verleger und Buchhändler verstärkt die Abschaffung der Preisbindung jedoch die Konzentration auf dem Buchmarkt und wird 30-40 Prozent der Läden zum Aufgeben zwingen.

Die Buchpreisbindung geriet noch stärker unter Druck. Die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen bestätigte den Entscheid der Wettbewerbskommission (Weko), die Preisbindung zu untersagen. Das von den Kartellwächtern gerügte System, der so genannte Sammelrevers, verpflichtet die Buchhändler, die von den Verlegern fixierten Ladenpreise einzuhalten. Das hat für die Kunden zwar den Vorteil, dass ein Buch überall in der Schweiz gleich viel kostet, führt aber auch dazu, dass deutschsprachige Bücher im Schnitt rund 16 Prozent teurer sind als in Deutschland oder Österreich. Der von der Weko als ungerechtfertigte Absprache gerügte Sammelrevers wird vom Buchhändler- und Verlegerverband mit höheren Mieten und Löhnen sowie mit «überwiegenden öffentlichen Interessen» gerechtfertigt, für welche der Bundesrat Ausnahmeregelungen erlassen könne. Das Bundesamt für Justiz hat aber bereits signalisiert, dafür gebe es in der Verfassung keine Grundlage. Dennoch gelangte der Verband ans Bundesgericht, welches der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gewährte, bis es in der Materie abschliessend entschieden hat. Vor vier Jahren hatte das Bundesgericht das von den Wettbewerbsbehörden erlassene Preisbindungsverbot aufgehoben, weil mildere Massnahmen nicht geprüft worden seien.

2005 hatte die Wettbewerbskommission die in der Deutschschweiz geltende Buchpreisbindung, den so genannten Sammelrevers, als unzulässige Wettbewerbsabrede qualifiziert. Im März des Berichtsjahres stützte das Bundesgericht diese Auffassung. Der Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband (SBVV) gelangte daraufhin mit einem Ausnahmegesuch nach Art. 8 des Kartellgesetzes an den Bundesrat. Gemäss dieser Bestimmung kann der Bundesrat in Einzelfällen Absprachen zulassen, wenn «sie notwendig sind, um überwiegende öffentliche Interessen zu verwirklichen». Diesen Interessennachweis – beispielsweise eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit guter Literatur – sah der Bundesrat nicht als erbracht an. Er erklärte gegenüber den Medien, er sei davon überzeugt, dass ohne Preisbindung Bücher grundsätzlich billiger würden und die Angebotsvielfalt nicht abnehme. Die kulturpolitischen Interessen, welche die Gesuchsteller anführten, lassen sich laut Bundesrat mit besseren Mitteln als der Buchpreisbindung verwirklichen. Als Beispiel nannte er die Literaturförderung, für die allein auf Bundesebene jährlich CHF 6.7 Mio. ausgegeben werden. Der SBVV zeigte sich vom Entscheid des Bundesrates enttäuscht. Er hatte sich zumindest eine Übergangslösung erhofft, da die WAK des Nationalrates daran ist, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, der die Buchpreise ausserhalb des Kartellgesetzes regeln soll.

Parlamentarische Initiative zur Regulierung der Bücherpreise (Pa.Iv. 04.430)

Im Sommer stimmte, nach der WAK-NR im vergangenen September, auch die ständerätliche WAK einer parlamentarischen Initiative des ehemaligen Nationalrats Maitre (cvp, GE) zu und gab damit grünes Licht zur Ausarbeitung gesetzlicher Grundlagen für eine Regulierung der Bücherpreise. Im Winter präsentierte Preisüberwacher Rudolf Strahm, unterstützt von mehreren Buchhändlern, einen Kompromissvorschlag zwischen vollständiger Preisbindung und vollständiger Liberalisierung. Dieser würde es dem einzelnen Händler erlauben, die Buchpreise bis auf das Niveau des deutschen Ladenpreises zu senken, welcher durchschnittlich 16 Prozent unter dem schweizerischen liegt.

Die WAK des Nationalrats verabschiedete im Oktober mit 13 zu 10 Stimmen einen Gesetzesentwurf für eine staatliche Buchpreisbindung. Damit soll die seit Mai 2007 geltende freie Preisgestaltung im Buchhandel wieder abgeschafft werden. Der Entwurf sieht vor, dass Verleger oder Importeure für jeden Titel einen Preis festlegen. Die Dauer der Preisbindung würde 18 Monate betragen, könnte aber von den Verlegern oder Importeuren verlängert werden. Buchhändler hätten die Möglichkeit Rabatte bis zu 5% zu erteilen. Für den Fall, dass die Preisbindung nicht eingehalten würde, soll ein Schiedsgericht geschaffen werden. Bei Buchpreisen, die markant über jenen im Ausland lägen, hätte der eidgenössische Preisüberwacher einzugreifen.

Als die WAK des Nationalrates im Herbst des Vorjahres einem Vorentwurf zu einem Bundesgesetz über die Preisbindung von Büchern zugestimmt hatte, hatte sie ein Vernehmlassungsverfahren eröffnet, welches bis im Februar des Berichtsjahres andauerte. Knapp zwei Drittel der Kantone sprachen sich für eine Buchpreisbindung aus, neun äusserten sich dagegen. Von den Parteien begrüssten CVP, EVP, SP und die Grünen die Vorlage; FDP, GLP und SVP lehnten sie ab. Nicht umstritten war hingegen die Förderung der Vielfalt und Qualität des Buches, welche ebenfalls in den Gesetzesentwurf aufgenommen wurde. Die WAK-NR nahm von den Ergebnissen Kenntnis und verabschiedete den mit einer redaktionellen Änderung versehenen ursprünglichen Vernehmlassungsentwurf mit 13 zu 10 Stimmen. In seiner Stellungnahme äusserte sich der Bundesrat daraufhin kritisch. Grundsätzlich erachte er einen Markteingriff als sachlich ungerechtfertigt und den Entwurf nicht mit der Wirtschaftsfreiheit vereinbar. Zudem sei der Bund zu einer solchen Regelung gemäss Bundesverfassung nicht ermächtigt. Er beantragte dem Parlament deshalb, nicht auf die Vorlage einzutreten und bei allfälligem abweichendem Entscheid der Rückweisung an die Kommission zuzustimmen. Nach ausgedehnter Diskussion trat der Nationalrat mit 106 zu 78 Stimmen auf die Vorlage ein. Zu diesem Ergebnis trug das von der Kommission vorgetragene Argument bei, dass gemäss UNESCO das Buch nicht nur Wirtschafts-, sondern auch Kulturgut sei und deshalb gewisse Abweichungen von den Marktregeln zulässig seien. Für Eintreten stimmten die Ratslinke und die BDP, eine Mehrheit der CVP und eine Minderheit der SVP. Der Eventualantrag des Bundesrates wurde mit ähnlichem Stimmverhältnis abgelehnt. Eine knappe Mehrheit fanden hingegen zwei Minderheitsanträge von bürgerlicher Seite, was dazu führte, dass Lehrmittel von den Regelungen ausgenommen wurden und der Bundesrat das Gesetz alle drei Jahre einer periodischen Überprüfung unterziehen muss. Ein Antrag der Kommission, welcher für den Endverkaufspreis von importierten Büchern eine Bandbreite von 100 bis 120% des ursprünglichen Verkaufspreises vorsah, fand eine parteiübergreifende Mehrheit. Gegen den Antrag der Kommissionsmehrheit beschloss der Ständerat in der Wintersession mit 23 zu 15 Stimmen, auf die Vorlage einzutreten und wies das Geschäft zur Detailberatung an seine Kommission zurück.

Die kleine Kammer beschäftigte sich im Berichtsjahr als Zweitrat mit dem Entwurf zum Bundesgesetz über die Buchpreisbindung, welcher für den Buchverkauf während einer Mindestdauer von 18 Monaten eine obligatorische Preisanbindung an einen von Verleger oder Importeur festgelegten Fixpreis vorsieht. Im Sinne der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK), welche argumentierte, dass sich das Gesetz zwar auf den Strukturpolitik-, jedoch nicht auf den Kulturförderungsartikel stützen könne, strich der Ständerat den Verweis zur Kulturpolitik aus der Präambel. Weiter wurde einem Antrag Frick (cvp, SZ) zugestimmt, welcher entgegen der vorberatenden Kommission dafür eintrat, auf aus dem Ausland zugestellte Bücher und auf den in der Schweiz getätigten Internethandel keine Preisregulierung vorzusehen. Die Befürworter dieses Zusatzes äusserten Bedenken zur Praktikabilität einer Preisregulierung des Internethandels und waren der Ansicht, dass dies gegen das Freihandelsabkommen verstossen würde. Ein Antrag Sommaruga (sp, BE), welcher sich gegen diese Ausnahmeregelung stellte, da dies eine Wettbewerbsbenachteiligung für den Schweizer Buchmarkt darstelle, unterlag mit 16 zu 23 Stimmen. Die Kantonskammer schuf eine weitere Differenz zum Nationalrat – in diesem Fall auf Anraten ihrer Kommission: Da es in den Augen der Mehrheit dem Preisüberwacher überlassen sei, den Buchpreis zu regulieren, sprach sich der Rat bei importierten Büchern gegen die Festlegung einer fixen Preisbandbreite von 100 bis 120 Prozent des ursprünglichen Verkaufspreises aus. In letzterem Punkt schloss sich der Nationalrat, welcher das Geschäft zur Differenzbereinigung in der Wintersession behandelte, denn auch dem Ständerat an. Er blieb aber bei seiner Version der Präambel, mit der Begründung, dass das Buch nicht nur Wirtschafts-, sondern auch Kulturgut sei. Was die Ausnahmeregelungen von der Preisregulierung betraf, sprach er sich erneut für eine abweichende Lösung aus. Er folgte mit 106 zu 73 Stimmen dem Antrag einer Kommissionsminderheit Hassler (bdp, GR), welche sich für die Streichung des betreffenden Zusatzes und somit für eine vollständige Preisregulierung aussprach. Dieses Anliegen wurde insbesondere von den Grünen, der SP und von einem Grossteil der CVP unterstützt.

In der Frühjahrssession beschäftigte sich die Kleine Kammer mit den beiden verbliebenen Differenzen im Bundesgesetz über die Buchpreisbindung, welches das auf Papier gedruckte und gebundene, nicht aber das elektronische Buch erfasst. Strittig war erstens die jeweils im Ingress eines Gesetzes erwähnte Verfassungsgrundlage. Der Nationalrat hatte die Ansicht vertreten, dass das vorliegende Gesetz nicht nur struktur- sondern auch kulturpolitisch zu begründen wäre. Entsprechend sollte daher neben Art. 103 BV auch Art. 69, Abs. 2 BV Erwähnung finden. Der Ständerat hingegen hatte sich ursprünglich lediglich auf die strukturpolitische Aufgaben des Bundes berufen. In der Differenzbereinigung empfahl seine WAK Festhalten. Aber ein Antrag Seydoux (cvp, JU), in der Frage dem Nationalrat zu folgen, vermochte sich mit 21 zu 14 Stimmen durchzusetzen. Umstrittener war die zweite Differenz über den Geltungsbereich des Gesetzes bzw. die davon erfassten Absatzkanäle. Dabei ging es konkret um die Frage, ob über das Internet gehandelte Bücher von der Buchpreisbindung explizit auszunehmen seien. Die Mehrheit der WAK-SR wollte an der umfassenden Ausnahme des für den Privatgebrauch bestimmten Online-Büchermarkts festhalten. Die Kommissionsminderheit sah dadurch den inländischen, über die Buchhandlungen laufenden und bei Inkraftsetzung des Gesetzes in jedem Fall an die Buchpreise gebundenen Buchhandel gegenüber dem ausländischen und inländischen Online-Bücherversandhandel benachteiligt. Deshalb schlug sie vor, nur für den Eigengebrauch eingeführte Bücher, unbesehen von ihrer Handelsform, von der Buchpreisbindung auszunehmen. Nach einer für Ständeratsverhältnisse leidenschaftlich geführten (Grundsatz-)Debatte endete die Abstimmung in einem Patt (je 21 Stimmen). Mit Stichentscheid des Ratspräsidenten stellte sich der Rat schliesslich gegen die Ausnahme des Onlinehandels von der Buchpreisbindung. Knappe Schlussabstimmungen in beiden Räten widerspiegelten die verbreitete Skepsis gegenüber der gesamten Vorlage, wobei sich Westschweizer Abgeordnete tendenziell eher für das Gesetz aussprachen. Im Nationalrat stimmten BDP (eine Enthaltung), Grüne und Linke einstimmig dafür, die FDP-Fraktion geschlossen, die SVP überwiegend, die CVP mit rund einem Drittel ihrer Abgeordneten dagegen.

Bereits vor der Schlussabstimmung war klar, dass die Jungfreisinnigen, unterstützt von ihrer Mutterpartei, der Jungen SVP, einzelnen SVP-, CVP- und GLP- Exponenten, dem Konsumentenforum, dem Schweizerischen Gewerbeverband und einzelnen Branchenvertretern (z.B. die Migros-Tochter Ex Libris, aber auch kleinere Buchhändler) das Referendum ergreifen würden. Dieses kam mit 60'124 gültigen Unterschriften im Juli des Berichtsjahrs zustande. Die Abstimmung wird im März 2012 stattfinden.

Im März des Berichtjahres stimmte die Schweizer Bevölkerung über die Wiedereinführung der 2007 abgeschafften Buchpreisbindung ab, weil ein Komitee im Juli 2011 bestehend aus JFDP, JSVP, JGLP das Referendum ergriffen hatte. Ein überparteiliches, bürgerliches Komitee lancierte den Abstimmungskampf unter dem Motto „Buchpreisdiktat Nein“. Im Zentrum der Kampagne der Gegner standen die Argumente, eine Buchpreisbindung führe zu höheren Preisen für die Konsumenten und nütze nur ausländischen Verlegern. Auf der Seite der Befürworter kämpften Buchhändler, Autoren und Verleger für die Wiedereinführung der festen Ladenpreise. Eine staatliche Regulierung sichere die Vielfalt und stärke kleinere Schweizer Verlage und unbekannte Autoren, so die Hauptargumente. Bis zuletzt unklar blieben die Fragen, ob auch der private Online-Buchkauf im Ausland der Preisbindung unterstehe und wie die Kontrolle der Preise aussehen sollte. Dies war mit ein Grund, so die Vox-Analyse, weshalb die öffentliche Meinung im Verlauf der Kampagne in Richtung Nein kippte. Am 11. März 2012 wurde die Buchpreisbindung an der Urne recht deutlich mit 56,1 Prozent der Stimmen verworfen. Besonders auffällig war der Unterschied zwischen der Deutschschweiz – welche geschlossen auf den Markt setzte – und der Romandie – welche geschlossen für die staatliche Regulierung votierte. So fand die Vorlage die grösste Zustimmung im Kanton Jura (71.2%), in Genf (66.6%), in Neuenburg (63.0%), im Waadtland (60.6%), im Wallis (57.7%) und in Freiburg (57.5%). Ausserdem spielte auch die Parteigebundenheit eine gewisse Rolle beim Stimmentscheid. Parteisympathisanten von SP und den Grünen sagten deutlich Ja zur Vorlage, während die Anhänger der bürgerlichen Parteien sowie die Parteiungebundenen die Vorlage grösstenteils ablehnten. Schliesslich wies die Vox-Analyse auch darauf hin, dass insgesamt 13 Kantonalparteien der CVP von der Meinung der nationalen Delegiertenversammlung abwichen und ins gegnerische Lager wechselten. Dies stellte einen weiteren Unsicherheitsfaktor dar, welcher zur Ablehnung der Vorlage führte.


Abstimmung vom 11. März 2012

Beteiligung: 44,9%
Ja: 966 633 (43,9%) / 6 Stände
Nein: 1 234 222 (56,1%) / 14 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: CVP (13), EVP, Grüne, SP, CSP (1), EDU, SGB, TravS.
– Nein: FDP, BDP (1), SVP, GLP, eco, SGV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen