Bundesgesetz über Konsum- und Kleinkredit (BRG 78.043)

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Mit einem neuen Bundesgesetz über den Konsumkredit beabsichtigt der Bundesrat die Verbesserung des Schutzes der Konsumenten vor dem unüberlegten Eingehen von finanziellen Verpflichtungen bei Teilzahlungs- und Mietkäufen sowie bei Kreditaufnahmen. Laut dem Entwurf soll dies bei Abzahlungsgeschäften durch die Erhöhung der minimalen Baranzahlung, die Verlängerung der Widerrufsfrist und, bei bedeutenderen Verpflichtungssummen, durch das Erfordernis der Zustimmung des Ehepartners geschehen. Für die nicht an Warenkäufe gebundene Kleinkreditaufnahme sind ähnliche Restriktionen vorgesehen; zudem soll es nicht mehr gestattet sein, gleichzeitig mehr als einen Kredit aufzunehmen (sogenannte Kettenverschuldung). Während die Konsumentenorganisationen und die Sozialarbeiter den Vorschlag lebhaft begrüssten, kritisierten die Kreditbanken insbesondere das Verbot der Aufnahme von Zweitkrediten. Den vermehrten Schutz der Konsumenten vor unüberlegten Käufen bezweckt auch das vom Nationalrat überwiesene Postulat (78.408) Schwarz (fdp, AG), welches den Verkauf gewisser Waren (z.B. Lexika) unter der Haustür gänzlich verbieten will.

Der bundesrätliche Entwurf für ein neues Konsum- und Kleinkreditgesetz ist vom Parlament auch im dritten Jahr nach seiner Veröffentlichung noch nicht beraten worden; die Volkskammer verschob aus terminlichen Gründen das Geschäft sowohl im Sommer als auch im Herbst auf die jeweils folgende Session. Mit den vor allem von Sozialarbeitern geforderten neuen Bestimmungen will man Konsumenten vor dem Eingehen schwer tragbarer finanzieller Verpflichtungen schützen. Die vorberatende Nationalratskommission pflichtete im grossen und ganzen den Vorschlägen der Exekutive bei, sie beantragt aber doch einige Änderungen. So wird die Kettenverschuldung (d.h. Aufnahme eines Kredits, um einer vorher eingegangenen Verpflichtung nachkommen zu können) nicht gänzlich abgelehnt; der gleiche Kreditnehmer soll gleichzeitig höchstens zwei Darlehen beanspruchen können. Andererseits wird gemäss dem Willen der Kommission die Lohnpfändung bei Rückzahlungsschwierigkeiten nicht mehr gestattet sein.

Ein wichtiges Anliegen des Konsumentenschutzes bildet die Verhinderung des Eingehens schwer tragbarer finanzieller Verpflichtungen. Gerade für sozial ohnehin gefährdete Personen stellen die Angebote der Kleinkreditbanken oft eine unwiderstehliche Versuchung dar. Seit Jahren wird deshalb von Sozialarbeitern und weiteren Interessierten die Verschärfung der Vorschriften gefordert. Der vom Bundesrat 1978 vorgelegte Entwurf für ein neues Konsum- und Kleinkreditgesetz kam im Berichtsjahr vor den Nationalrat. Dieser nahm zwei Lockerungen vor, indem er die maximale Laufzeit von Krediten von 18 auf 24 Monate ausdehnte und von einem gänzlichen Verbot der Aufnahme von Zweitkrediten Abstand nahm. Die Aufnahme eines zweiten Kredites soll zulässig sein, wenn dieser nicht für die Rückbezahlung des ersten verwendet wird; die berüchtigte Kettenverschuldung möchte also auch der Nationalrat untersagen. Neu nahm die Volkskammer ein Verbot der Lohnzession auf. Grundsätzliche Kritik wird gegen das Gesetzesprojekt, bei dem es das richtige Verhältnis zwischen Sozialschutz einerseits und der individuellen Vertragsfreiheit andererseits zu finden gilt, von bestimmten bürgerlichen Kreisen vorgebracht, deren Alternativvorschlag die Ständeratskommission in ihre Beratungen einbezog.

Sehr harzig geht es mit der Erarbeitung eines neuen Gesetzes über das Konsum- und Kleinkreditwesen voran. Sechs Jahre nach der Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs legte die Ständeratskommission ihrem Plenum einen Gegenentwurf vor. Dieser enthält gegenüber der 1982 vom Nationalrat verabschiedeten Fassung – und erst recht gegenüber dem ursprünglichen Projekt des Bundesrates – einige materielle Entschärfungen. Die wichtigste betrifft die Ausdehnung der höchstzulässigen Laufdauer von 24 auf 36 Monate. An einem Verbot der Kettenverschuldung (Aufnahme von Krediten zur Rückzahlung von früheren Darlehen) möchte hingegen die Kommission festhalten. Obwohl mit dieser auch stilistisch gestrafften Form die meisten Anliegen der Banken und des Gewerbes berücksichtigt waren, zeigte eine starke Minderheit der Standesvertreter gar keine Lust, überhaupt auf dieses Geschäft einzutreten. Sie begründeten ihre Haltung damit, dass sich dank der freiwilligen Regelungen der Banken das Problem entschärft habe. Nötig ist heute ihrer Meinung nach lediglich die Missbrauchsbekämpfung und nicht mehr allgemeine Vorschriften, die einen unverhältnismässigen Eingriff in die Vertragsfreiheit des Einzelnen darstellten. Trotz dieser Argumente entschied sich der Ständerat mit knappem Mehr für den Alternativvorschlag seiner Kommission.

Das sich seit Jahren im Stadium der parlamentarischen Verhandlungen befindende neue Gesetz über das Konsum- und Kleinkreditwesen soll gemäss der Kommission des Nationalrats weiter entschärft werden. Die maximal zulässige Laufzeit will sie gegenüber dem Ständeratsbeschluss um ein weiteres Jahr auf 48 Monate (in wirtschaftlichen Notlagen gar 60 Monate) ausdehnen. Der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrats hatte auf 18 Monate gelautet, der Nationalrat hatte sich 1982 für zwei Jahre entschieden. Als zusätzlicher Streitpunkt kristallisierte sich die Frage der Unterstellung der Kreditkarten heraus. Nach Ansicht der Konsumentenorganisationen müssten zumindest jene Karten einbezogen werden, bei denen die Rechnungen nicht innert Monatsfrist vollständig zu begleichen sind. Bei einem Verzicht darauf würde die Gefahr bestehen, dass die für Abzahlungsgeschäfte vorgesehenen Bestimmungen (z.B. Minimalanzahlung, Rücktrittsmöglichkeit) mit diesen neuen Zahlungsmitteln umgangen würden.

Dem Parlament gelang es – allerdings auf überraschende Art – sich der ältesten Bundesratsvorlage auf seiner Traktandenliste zu entledigen. Der 1978 von der Regierung vorgelegte Entwurf für ein neues Gesetz über das Konsum- und Kleinkreditwesen wurde im Laufe des Berichtsjahres von beiden Kammern zu Ende beraten. In der Schlussabstimmung in der Wintersession versagte ihm jedoch der Ständerat die Zustimmung. Bevor es zu diesem Eklat kam, hatte der Nationalrat weitere Entschärfungen vorgenommen, denen sich im Differenzbereinigungsverfahren auch der Ständerat anschloss. So verlängerte er gegen den Widerstand der Regierung die maximale Laufzeit auf 48 Monate. Die Bedenken von Bundesrätin Kopp, dass mit dieser Streckung der Rückzahlungsfrist die Attraktivität von Kleinkrediten gesteigert werde, fanden kein Gehör. Die Volkskammer strich zudem das Verbot, mehr als zwei Kredite zur selben Zeit aufzunehmen. Anstelle dieser Vorschrift, die den Zweck hatte, sozial Schwache vor untragbarer Verschuldung zu schützen, setzte das Parlament eine vermehrte Sorgfaltspflicht für die Krediterteiler bei der Auswahl ihrer Kunden. Da mit diesen Abänderungen den wichtigsten Einwänden der Banken Rechnung getragen wurde, kam die negative abschliessende Stellungnahme des Ständerats überraschend. Eine Diskussion im Plenum fand vor dem Entscheid nicht statt; allerdings hatte zu Sessionsbeginn der Urner Ständerat F. Muheim (cvp), der auch im Verwaltungsrat einer Grossbank sitzt, das Gesetz in einem Aufsatz massiv kritisiert. Grosses Bedauern löste der mit 25:11 Stimmen gefällte Entscheid nicht aus. Nach der weitgehenden Opferung des ursprünglichen Leitgedankens des Sozialschutzes zugunsten der Vertragsfreiheit mochte die Linke ohnehin nicht mehr richtig zu dem neuen Gesetz stehen. Das praktisch einzige wertvolle Element, das in der Vorlage verblieben wäre, hätte ihrer Ansicht nach das Verbot der Lohnzession gebildet. Nationalrat Eggli (sp, ZH) reichte denn auch sofort eine parlamentarische Initiative für eine diesbezügliche Revision des Obligationenrechts ein.