Als führende Organisation der Arbeitnehmer feierte der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) 1980 sein 100jähriges Bestehen. Dies bot in einer breiteren Öffentlichkeit Anlass, Entwicklung und Bedeutung des Gewerkschaftswesens zu würdigen. Der SGB begnügte sich freilich nicht mit einer Rückschau, sondern gab sich nach zwanzig Jahren erstmals wieder ein neues Arbeitsprogramm. Im Unterschied zu 1960/61, als Wachstum, Marktwirtschaft und Sozialpartnerschaft im Vordergrund standen, betonte man nunmehr Qualität vor Quantität, Humanisierung vor Technik, demokratische Kontrolle und Planung neben Wettbewerb sowie Mitbestimmung, ja Selbstverwaltung. Besondere Akzente des Programms bilden Vorbehalte gegenüber der Atomenergie, Forderungen nach völliger Gleichstellung der Frau und nach Befreiung der Medien von Wirtschaftsinteressen und gar Bereitschaft zu Wohlstandseinbussen zugunsten der Dritten Welt. Ein doppeltes Vernehmlassungsverfahren trug zur Profilierung des Dokuments bei, das von den einen als Bestätigung des marktwirtschaftlich-kapitalistischen Systems, von andern als Zuwendung zu Planwirtschaft und Kollektivismus interpretiert wurde.
Man hörte freilich Klagen, dass die Programmrevision bei den Mitgliedern wenig Echo gefunden habe. Um den Dachverband in direkten Kontakt mit der Basis zu bringen, wurde im Januar die 1978 beschlossene SGB-Seite in den Organen der Unterverbände eingeführt. Fünf Teilorganisationen vereinbarten für 1981 die Herausgabe eines gemeinsamen Monatsmagazins. Der Rückgang des Mitgliederbestandes, der nach dem Rezessionsboom von 1974–1976 eingesetzt hatte, konnte aufgefangen werden: Mitgliederbestand des SGB Ende 1980: 459'852 (1979: 458'978 ; 1976: 474'725). Die Mitgliederzahl des CNG stieg stärker an (1980: 103'324; 1979: 101'350; 1976: 106'970).
Die Ausrichtung auf immaterielle Werte im neuen Arbeitsprogramm, die auch die Festredner des Jubiläumskongresses, SGB-Präsident Richard Müller und Bundesrat Ritschard, bestätigten, hinderte allerdings die Branchenverbände nicht am Einsatz für Lohnbegehren. So drohten die Delegierten des Föderativverbandes (FöV) mit Demonstrationen, wenn die Landesregierung dem Bundespersonal die geforderte Reallohnerhöhung weiterhin verweigere. Die neue Gewerkschaft Druck und Papier, die sich zu Beginn des Jahres aus den Organisationen der Typographen und der Buchbinder gebildet hatte (im Gegensatz zum Schweizerischen Typographenbund und zum Schweizerischen Buchbinder- und Kartonager-Verband blieb der Schweizerische Lithographenbund abseits; den Vorsitz übernahm der Präsident des Typographenbundes, Erwin Gerster; Ziel ist eine Industriegewerkschaft unter Einschluss der Lithographen und der Journalisten), schritt für materielle wie immaterielle Forderungen sogar zum Streik, der allerdings zu inneren Spannungen und zu einem bloss geringen Erfolg führte.