Im August 2020 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur erweiterten Europäischen Grenz- und Küstenwache. Ziel der neuen EU-Verordnung sei laut Bundesrat die Verbesserung der Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen und der Rückführungen von rechtswidrigen Aufenthalterinnen und Aufenthaltern. Da die Schweiz sich verpflichtet hatte, jegliche Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands zu übernehmen, war es nun Sache der Bundesversammlung, den Notenaustausch zu genehmigen.
Die neue Verordnung war entstanden, als die EU im Rahmen der Migrationskrise 2015 beschlossen hatte, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex zu stärken. In den folgenden Jahren sei es laut Botschaft aber immer wieder zu finanziellen und personellen Engpässen gekommen. Durch eine 2019 erlassene EU-Verordnung sollte Frontex ein stärkeres Mandat erhalten, um die europäischen Aussengrenzen effizient kontrollieren zu können, ausreisepflichtige Personen in ihr Herkunfts- oder Heimatsland rückzuführen und grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen.
Die Verordnung besagt unter anderem, dass eine ständige personelle Reserve von bis zu 10'000 Grenz- und Küstenschützerinnen und Küstenschützern aufgebaut werden soll. Auch der Grundrechtsschutz soll gestärkt werden, indem ein unabhängiger Grundrechtsbeauftragter oder eine unabhängige Grundrechtsbeauftragte und 40 Grundrechtsbeobachtende die Arbeit der Agentur überwachen. Das Mandat von Frontex im Bereich der Rückkehr und der Zusammenarbeit mit Drittstaaten soll ebenfalls ausgebaut werden, sodass Frontex die Schengen-Staaten während aller Phasen der Rückführung von ausreisepflichtigen Personen unterstützen kann und eine verstärkte Zusammenarbeit mit Drittstaaten etabliert wird. Die Entscheide über Rückführungen und Administrativhaft bleiben aber in der Verantwortung der jeweiligen Staaten, welche auch weiterhin primär für den Schutz ihrer Aussengrenzen verantwortlich sind.
Laut Bundesrat entsprechen diese Massnahmen dem Interesse der Schweiz und sind ein wichtiger Bestandteil der Schweizer Migrationspolitik. Frontex unterstütze die Schengen-Staaten an den Aussengrenzen und harmonisiere damit die Grenzkontrollen, was Rechtssicherheit schaffe. Des Weiteren erklärte der Bundesrat in seiner Botschaft, dass diese Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes eine Anpassung des AIG nötig mache. Eine neue AIG-Bestimmung würde regeln, in welcher Art und Weise der Bund mit Frontex zusammenarbeite; dazu gehöre die Erarbeitung von Planungsinstrumenten (zum Beispiel nationale Lagebilder zu Grenzübertritten oder grenzüberschreitender Kriminalität) zuhanden der Agentur. Unabhängig von diesen Massnahmen wolle der Bundesrat – auf Empfehlung der Europäischen Kommission im Rahmen der 2018 vorgenommenen Schengen-Evaluierung – sowieso eine Präzisierung im AIG vornehmen, um sicherzustellen, dass ausreisepflichtige asylsuchende Personen ausdrücklich zum Verlassen des Schengen-Raums und zur Weiterreise in ihren Herkunftsstaat verpflichtet werden. Die Schweiz werde sich weiterhin gemäss Kostenschlüssel an der Finanzierung von Frontex beteiligen, so der Bundesrat. Da die EU diese jedoch mit einem höheren Budget auszustatten gedenke, dürften sich diese Beiträge etappenweise erhöhen und 2024 entweder CHF 36 Mio. oder CHF 68 Mio. betragen. Eine genauere Einschätzung sei nicht möglich, da der mehrjährige Finanzrahmen der EU noch nicht fertig verhandelt sei und auch die Ergebnisse der Überprüfung 2023 das Budget noch beeinflussen könnten.