Das Geschichtsbild der Schweiz war im Berichtjahr auch Gegenstand einiger medialer Debatten. Anfang Juni veröffentlichte die Sonntagspresse eine harsche Kritik von Historikern, die eine vom EDA verantwortete Darstellung der Schweizer Geschichte unter dem Landeskunde-Portal Swissworld.org als skandalös und kreuzfalsch bezeichneten. Es werde ein überholtes, mythologisches Geschichtsbild der Schweiz gezeigt, dass nicht dem aktuellen Forschungsstand entspreche. Die pro Monat von rund 250 000 Nutzern besuchte Seite wurde in der Folge revidiert. Anlass zu grösseren nationalen Diskussionen lieferte ein im November vom Schweizer Fernsehen SRG in vier abendfüllenden Filmen ausgestrahlter Themenschwerpunkt mit dem Titel „Wir Schweizer“. Die an „Wir Deutschen“ angelehnte Sendung sollte die historischen Wurzeln der Schweiz beleuchten. Noch vor der Ausstrahlung wurde eine grosse Kontroverse geführt. Kritisiert wurde vor allem die Auswahl der historischen Figuren, da es sich samt und sonders um Männer handelte: Werner Stauffacher, Niklaus von der Flüe, Hans Waldmann, Guillaume-Henri Dufour, Alfred Escher und Stefano Franscini. Neben Frauenfeindlichkeit wurde der SRG auch ein überholtes, weil mit Mythen belastetes Geschichtsbild mit elitezentrierten Heldengeschichten vorgeworfen. Die Auswahl wurde allerdings auch verteidigt, da sie sprachregional ausgewogen sei und sich die Personifizierung für die Illustration historischer Fakten für ein breites Fernsehpublikum eigne. Zudem seien für die Produktion der Filme Historiker beigezogen worden. Die kritischen Stimmen wurden bei der Ausstrahlung der vierteiligen Doku-Fiktion, die mit Radiosendungen, Dokumentarsendungen, Expertengesprächen und interaktiven Umfragen umrahmt wurde, etwas leiser. Die Einschaltquoten für die vier Hauptsendungen lagen bei rund 30%, was als solid bis gut bezeichnet wurde; in der Romandie lagen sie gar noch ein wenig höher. Kontrovers diskutiert wurde zudem im Berichtjahr die Zahl im Zweiten Weltkrieg an der Schweizer Grenze abgewiesenen Juden. Der Bergier-Schlussbericht von 2002 geht von rund 20 000 abgewiesenen jüdischen Flüchtlingen aus; laut Anfang Jahr publizieren Recherchen von Serge Klarsfeld müsse diese Zahl nach unten korrigiert werden. Prompt reichte Perrin (svp, NE) eine Motion ein, die vom Bundesrat eine neue Kommission zwecks Neuaufarbeitung der Daten verlangte. Die Regierung lehnte die Motion ab mit der Begründung, dass dies Aufgabe der Wissenschaft sei. Aufgrund des Ausscheidens von Perrin aus dem Rat wurde die Motion in der Folge abgeschrieben.

Die 2013 im Fernsehen SRF ausgestrahlte Themenreihe zur Geschichte der Schweiz hatte nicht nur für einige Kontroversen gesorgt, sondern auch eine Beschwerde nach sich gezogen, die mt einem Entscheid vom 20. Juni 2014 von der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) abgewiesen wurde. Die Kritik, es seien lediglich männliche Persönlichkeiten dokumentiert, ein veraltetes Geschichtsbild vermittelt und Gewalt verherrlicht worden, wurde von der UBI mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass es sachliche Gründe für die untergeordnete Position der Frauen in der Schweizer Geschichte gebe und dass die Gewalt keinem Selbstzweck gedient habe. Für die Frage nach der Art der Geschichtsvermittlung sah sich die UBI mit Blick auf die Programmautonomie von SRF nicht zuständig. Die 2014 ausgestrahlte siebenteilige Histotainment-Serie „Anno 1914“ konnte nicht mehr an den Erfolg von 2013 anknüpfen.

Mit den zahlreichen, 2015 anstehenden historischen Jubiläen – die Schlacht am Morgarten (1315), die Eroberung des Aargau (1415), Marignano (1515) und der Wiener Kongress (1715) – wurde die Geschichte der Schweiz mit einiger Wucht Gegenstand politischer Debatten. Kontrovers wurde die Bedeutung dieser Ereignisse für die Entstehung der modernen Schweiz diskutiert. Auf nationalkonservativer Seite, vor allem vertreten durch Exponenten der SVP und sekundiert durch die BaZ und die Weltwoche, wurde auch in eigens dafür organisierten (Wahl-)Veranstaltungen die mythische Bedeutung der historischen Ereignisse betont. Morgarten, Marignano und der Wiener Kongress seien die Wurzeln von Schweizer Neutralität und Unabhängigkeit, die es deshalb auch heute noch zu bewahren gelte. Einer Entmystifizierung redete hingegen die Linke das Wort, die den Ursprung des Bundesstaates mit 1848 gleichsetzt und – wenn schon historisch gefeiert werden solle – moderneren Ereignissen wie etwa dem siebzigsten Jahrestag des Endes des 2. Weltkrieges gedenken wollte. Auch Historiker mischten sich in die Debatte ein, wobei die moderne Geschichtswissenschaft gegenüber der Bedeutung von Einzelereignissen sowie deren Überlieferung eher skeptisch ist. Objektiv-historisch betrachtet dürften die Jubiläums-Ereignisse – insbesondere die beiden Schlachten – wohl nicht die geschichtlichen Wendepunkte der Eidgenossenschaft darstellen. Sie können jedoch als zentrale Elemente der Erinnerungskultur und der nationalen Identität betrachtet werden.
Im Rahmen einer durch eine Interpellation Stöckli (sp, BE) angeregte ständerätlichen Debatte zum Thema schaltete sich auch Bundesrat Alain Berset in die Diskussion ein. Er störte sich an der Art und Weise der Debatte, die, statt befruchtend zu wirken, eher zu einer unnötigen Spaltung in zwei sich konkurrierende Schweizen führe. Der Kulturminister gab zu bedenken, dass alle Erzählungen zu einer grossen gemeinsamen Geschichte gehörten. Man müsse sich aber stets bewusst sein, dass sich ein Geschichtsbild entwickle und dessen Interpretation Veränderungen unterworfen sei. Er rief deshalb zu mehr Zurückhaltung und Bescheidenheit auf.
Auch wenn die SVP die Jubiläen in ihren Wahlkampf einbaute und versuchte, ihr Narrativ des Abwehrkampfes eines kleinen Landes gegen fremde Übermächte zu instrumentalisieren, und auch wenn sich einzelne Historiker – allen voran Thomas Maissen – gegen diese Deutung auflehnten – eine wirklich breite öffentliche Debatte entwickelte sich kaum. Der Streit zwischen Mythos und Wahrheit blieb auf Elitenebene. Das öffentliche Interesse am Thema verflachte dagegen relativ schnell.