Loi fédérale sur l'identité électronique et d'autres moyens de preuves électroniques (MCF 23.073)

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Résumé
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Traduction: Marie Del Priore

Après le non lors de la votation populaire du 7 juin 2021 sur l'e-ID et en réponse à six motions identiques transmises par la suite et demandant l'introduction d'une «identification électronique fiable», le Conseil fédéral a présenté en novembre 2023 le message relatif à la nouvelle Loi fédérale sur l'identité électronique et d’autres moyens de preuves électroniques. Outre la procédure de consultation, le projet de loi a été précédé d'une consultation publique avec 60 prises de position reçues. Contrairement au projet échoué en 2021, le nouveau projet considérait la Confédération comme seule émettrice et exploitante de l'infrastructure de la nouvelle e-ID. Les deux chambres se sont accordées sur ce principe et, lors de la discussion détaillée, des précisions techniques ont surtout été apportées, visant à renforcer la protection des données individuelles et la cybersécurité. La nouvelle loi fédérale et les crédits correspondants ont été approuvés par les deux chambres lors de la session d'hiver 2024. Les Amis de la Constitution, Mass-Voll et le Parti Pirate ont lancé avec succès un référendum contre la nouvelle loi fédérale, raison pour laquelle les électeurs et électrices se prononceront aux urnes le 28 septembre 2025.


Chronologie
Consultation publique
Procédure de consultation
Message du Conseil fédéral
Premier examen par le Conseil national
Premier examen par le Conseil des Etats
Elimination des divergences et vote final
Le référendum aboutit
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Nach dem Nein in der Volksabstimmung vom 7. Juni 2021 über die E-ID und in Erfüllung sechs gleichlautender Motionen zur Einführung einer «vertrauenswürdigen staatlichen E-ID» gab der Bundesrat im Juni 2022 das neue Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise in die Vernehmlassung. Bereits im Herbst 2021 hatte das BJ eine informelle öffentliche Konsultation durchgeführt. Aufgrund der 60 dabei eingegangenen Stellungnahmen hatte der Bundesrat einen Richtungsentscheid gefällt, der sich im Vernehmlassungsentwurf niederschlug. In diesem sah der Bundesrat vor, dass der Bund die E-ID herausgeben und deren Nutzung mittels eigener App bei Identitätsnachweisen im Internet oder beim Einkauf von Produkten mit Jugendschutzbestimmungen ermöglichen werde. Dabei werde durch das System selbst (Privacy by Design), durch eine Minimierung der Datenflüsse sowie eine dezentrale Datenspeicherung der grösstmögliche Datenschutz angestrebt und die Nutzerinnen und Nutzer sollten möglichst vollständig über ihre Daten verfügen können (Self-Sovereign Identity). Zudem sollten auch kantonale und kommunale Behörden sowie Private die neu geschaffene Infrastruktur nutzen können. Letztere könnten jedoch entscheiden, ob sie die E-ID zur elektronischen Identifizierung akzeptieren oder nicht. Die Nutzung der E-ID sei freiwillig, kostenlos und sämtliche Dienstleistungen des Bundes würden auch weiterhin analog angeboten, versicherte die Regierung.

Dossier: Identification électronique

Die 117 eingegangenen Stellungnahmen bei der Vernehmlassung zum Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis E-ID und andere elektronische Nachweise weisen auf reges Interesse hin. Bis zum Ablauf der Frist im Oktober 2022 äusserten sich 24 Kantone, 6 Parteien und 87 weitere Teilnehmende zum neuen Bundesgesetz, wie dem im November 2023 veröffentlichten Ergebnisbericht zu entnehmen ist. Explizit auf eine Stellungnahme verzichtet hatte der SAV. Die grosse Mehrheit der Rückmeldungen fiel grundsätzlich positiv aus und hob besonders die wichtige Rolle des Staates bei der Herausgabe und der Betreibung der E-ID-Infrastruktur hervor. Drei Stellungnahmen (SVP, Datenschützer des Kantons Tessins und die Piratenpartei) lehnten den Gesetzesentwurf insgesamt ab. Während aus Sicht der SVP die – im Ingress aufgeführten – Verfassungsartikel, welche die Bundeshoheit über das Bürgerrecht und die Errichtung öffentlicher Werke beinhalten, eine ungenügende Grundlage für die Einführung einer E-ID seien, lehnten der Tessiner Datenschützer und die Piratenpartei die Vorlage aus grundsätzlichen Datenschutzbedenken ab. Insgesamt umstritten waren insbesondere die Fragen nach dem Kreis der E-ID-Berechtigten, dem Ausstellungsprozess, der Gewährleistung des Datenschutzes und der Barrierefreiheit sowie dem zukünftigen Support für die Kantone. Viele Stellungnehmende, darunter sieben Kantone, die KdK, der Gewerkschaftsbund und das Referendumskomitee der E-ID-Abstimmung von 2021, verlangten diverse Ausweitungen der E-ID-Berechtigung, beispielsweise für Grenzgängerinnen und Grenzgänger, diplomatisches Personal oder Personen ohne geregelten Aufenthaltsstatus (Sans-Papiers). Zum Ausstellungsprozess wurden diverse Änderungen vorgeschlagen. So wollten einige Kantone, die KdK, der HEV und der Gewerkschaftsbund das Alter für einen selbständigen Bezug der E-ID von 14 auf 18 Jahre erhöhen, während andere Stellungnahmen von Nichtregierungsorganisationen aus dem Datenschutzbereich Präzisierungen zum Umgang und der Sicherung der biometrischen Daten verlangten. Ebenfalls viele Eingaben gab es zur bundesrätlichen Absicht, die AHV-Nummer als Bestandteil der E-ID zu verankern. Während beispielsweise die Datenschutzbeauftragten des Kantons Tessin und Freiburg die Erwähnung der AHV-Nummer grundsätzlich ablehnten, forderten der Kanton Schwyz und zivilgesellschaftliche Datenschutzorganisationen technische Vorkehrungen, um deren unrechtmässige Verwendung zu verhindern. Oft wurde zudem das Anliegen geäussert, dass die E-ID nebst online auch an einem öffentlichen Schalter beantragt und ausgestellt werden können müsse. Diverse Behindertenorganisationen forderten zudem die unbedingte Garantie der Barrierefreiheit der E-ID, welche durch eine unabhängige Stelle kontrolliert werden solle. Die im Vorentwurf vorgesehenen Anlaufstellen für Bezugsberechtigte in den Kantonen wurden kritisch beäugt und eine grosse Zahl an Stellungnahmen (unter anderem 10 Kantone sowie eGov Schweiz) forderten einen zentralen Help-Desk des Bundes.

Dossier: Identification électronique

Im November 2023 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zum Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise. Die Vernehmlassung habe gezeigt, dass nur der Bund als Herausgeber und Betreiber der Infrastruktur der neuen E-ID in Frage komme und dass er diese Aufgabe mit dem grösstmöglichen Schutz der Personendaten wahrnehmen soll. Der Bundesrat betonte, dass mit den Verfassungsartikeln zur Bundeskompetenz zur Ausführung des Bürgerrechts und zum Betrieb von öffentlichen Werken eine solide konstitutionelle Basis für das E-ID-Gesetz vorhanden sei und widersprach damit der SVP, die in der Vernehmlassung eine mangelhafte Verfassungsmässigkeit kritisiert hatte. Aufgrund der Vernehmlassung nahm der Bundesrat einige Änderungen in den Gesetzesentwurf auf, darunter die explizite Ermöglichung der E-ID-Ausstellung vor Ort und die festgeschriebene barrierefreie Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung. Zudem wurden Restriktionen und Sanktionen für das unrechtmässige Abfragen von E-ID-Daten bei Dienstleistungen, bei denen dies nicht nötig ist, eingeführt. Schliesslich sollen das Fedpol und das BIT den Nutzerinnen und Nutzern der E-ID einen Support anbieten und damit die Kantone entlasten. Um Kompatibilität mit den EU-Mitgliedstaaten zu erreichen, entschied sich der Bundesrat zudem für die Übernahme der E-IDAS-Verordnung, welche die gegenseitige Anerkennung der elektronischen Identitäten ermöglichen soll. Gleichzeitig beantragte der Bundesrat die Abschreibung der sechs gleichlautenden Motionen für die Einführung einer staatlichen E-ID.

Dossier: Identification électronique

In der Frühjahrssession 2024 behandelte der Nationalrat als Erstrat das neue Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise. Nachdem die E-ID in einem ersten Anlauf vor dem Stimmvolk gescheitert war, unternahm der Bundesrat mit dem nun vorliegenden Entwurf einen zweiten Versuch zur Einführung der E-ID. Basierend auf sechs gleichlautenden Motionen aus allen Fraktionen schlug er dieses Mal eine rein staatliche Lösung inklusive umfassender Sicherheitsinfrastruktur vor. Die zuständige RK-NR befürwortete diese Stossrichtung und empfahl dem Nationalrat einstimmig bei drei Enthaltungen, das Bundesgesetz zur E-ID sowie einen entsprechenden Verpflichtungskredit für deren Aufbau und Betrieb anzunehmen.
Entsprechend wenig kontrovers verlief die Beratung im Nationalrat. Im Plenum äusserten sich alle Fraktionen grundsätzlich positiv zur neuen Gesetzesvorlage und den Änderungsanträgen der Kommission. Man war sich darin einig, dass der neue Entwurf nun den Sicherheitsbedenken und dem Verlangen nach einer staatlichen Lösung Rechnung trage. Namens des Bundesrates begrüsste Beat Jans alle vorgeschlagenen Ergänzungen der Rechtskommission, woraufhin der Nationalrat einstimmig auf die Vorlage eintrat und alle Änderungsanträge der Kommission stillschweigend guthiess. So führte die grosse Kammer unter anderem die Möglichkeit ein, sich anonym ausweisen zu lassen – zum Beispiel für Altersnachweise im Internet –, und postulierte den unverzüglichen Widerruf der E-ID, sollte die Sicherheit des Systems nicht mehr garantiert werden können. Des Weiteren wurde die Veröffentlichung des verwendeten Quellcodes («Open Source») verlangt und vom BIT regelmässige Sicherheitstests der genutzten Vertrauensinfrastruktur unter Mithilfe von Dritten gefordert. Dabei sollten Richtlinien erarbeitet werden, die den Umgang beim Bekanntwerden von Schwachstellen regeln. Eine weitere Stärkung der Privatsphäre solle zudem dadurch erreicht werden, dass die Nutzenden wählen können, ob die individuelle Historie der Transaktionen mit der E-ID gespeichert wird oder nicht. Die Volkskammer schrieb weiter explizit fest, dass die gesammelten biometrischen Daten während des Ausstellungsprozesses ausschliesslich zur Untersuchung von Identitätsdiebstählen verwendet werden dürfen.
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat den so angepassten Entwurf zum E-ID-Gesetz mit 175 zu 12 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Die ablehnenden Stimmen stammten allesamt aus der SVP-Fraktion, die damit zumindest teilweise ihre grundsätzliche Opposition aus der Vernehmlassung weiterführte.
Der Bundesbeschluss über die Verpflichtungskredite für den Aufbau und den Betrieb der E-ID, der für die Pilotphase CHF 15.3 Mio. und für den regulären Betrieb der E-ID CHF 85.5 Mio. vorsah, wurde mit ähnlichem Stimmenverhältnis genehmigt. Die sechs Motionen zu E-ID wurden stillschweigend abgeschrieben. Das Geschäft geht nun an die Rechtskommission des Ständerats.

Dossier: Identification électronique

In der Herbstsession 2024 behandelte der Ständerat erstmals das neue Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise. Analog zur Volkskammer befürwortete die zuständige RK-SR die neue Vorlage inklusive nationalrätlichen Anträgen grossmehrheitlich und empfahl der Kantonskammer mit nur einer Gegenstimme, das Bundesgesetz über die E-ID anzunehmen. Einstimmig fiel die Empfehlung, den entsprechenden Verpflichtungskredit für deren Aufbau und Betrieb abzusegnen.
Namens des Bundesrates begrüsste Beat Jans alle vorgeschlagenen Ergänzungen der Rechtskommission, woraufhin der Ständerat einstimmig auf die Vorlage eintrat und die Änderungsanträge der Kommission guthiess. So entschied die kleine Kammer unter anderem, dass bei der Erstellung einer E-ID vor Ort der Gesichtsbildabgleich auch maschinell erfolgen können soll und öffentliche Stellen die E-ID in jedem Fall als Identifizierungsmöglichkeit akzeptieren müssen. Zudem wurde der Entscheid des Nationalrates bezüglich Veröffentlichung des Quellcodes («Open Source») dahingehend präzisiert, dass diese nicht mehr möglich sein soll, wenn die Rechte Dritter oder sicherheitsrelevante Gründe betroffen seien. Der Ständerat entschied zudem, dass in Zukunft auch private Anbieterinnen und Anbieter unter Einhaltung strikter – vom Bundesrat zu erlassender – Vorschriften für die Aufbewahrung und Vorweisung der E-ID zugelassen werden können.
Eine Kommissionsminderheit um Pirmin Schwander (svp, SZ) scheiterte mit zwei Anträgen, welche jeweils die Sicherheit gegen Datendiebstahl und Missbrauch hätten erhöhen sollen, wie Schwander im Plenum erläuterte. Konkret sollte die erstmalige Identitätsüberprüfung zur Erstellung der E-ID nicht mittels Online-Verfahren möglich sein und Verifikatorinnen wie beispielsweise Online-Shops unter keinen Umständen die in der E-ID enthaltenen Personendaten verlangen können. Mehrheitssprecher Mathias Michel (fdp, ZG) argumentierte dagegen, dass das Online-Verfahren ausreichend sicher und die Herausgabe der in der E-ID enthaltenen Personendaten nur bei klaren Indizien von Missbrauch und Identitätsdiebstahl möglich sei, was die Datensicherheit für die Besitzerinnen und Besitzer der E-ID zusätzlich erhöhe. Der Ständerat folgte in beiden Fällen mit grosser Mehrheit seiner Kommissionsmehrheit und lehnte die beiden Minderheitsanträge ab.
In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den so angepassten Entwurf zum E-ID-Gesetz mit 43 zu 1 Stimmen an. Der Bundesbeschluss über die Verpflichtungskredite für den Aufbau und den Betrieb der E-ID wurde mit 44 zu 1 Stimmen genehmigt, wobei einzig Schwander bei beiden Vorlagen dagegen votierte. Die sechs Motionen zur E-ID wurden stillschweigend abgeschrieben.
Der Entwurf zum E-ID-Gesetz geht nun zur Differenzbereinigung zurück an die RK-NR.

Dossier: Identification électronique

In der Wintersession 2024 begann der Nationalrat mit der Differenzbereinigung des neuen Bundesgesetzes über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise. Die vorberatende RK-NR hiess dabei mit Ausnahme von zwei technischen Präzisierungen alle Änderungen gut, welche der Ständerat beschlossen hatte. Die erste Differenz präzisierte dabei die Regelung zur (Nicht-)Veröffentlichung des Quellcodes («Open Source»), wonach die Bundesverwaltung regelmässig prüfen muss, ob die Gründe für eine Nichtveröffentlichung des Quellcodes weiterhin bestehen oder nicht. Die zweite Änderung zum ständerätlichen Entwurf betraf sogenannte Wallet-Apps, in welchen die E-ID künftig abgelegt werden soll. Der Ständerat hatte hier entschieden, dass in Zukunft auch private Anbieterinnen und Anbieter parallel zur bundeseigenen Applikation solche Apps anbieten können. Die RK-NR unterstützte diesen Entscheid, beantragte aber die explizite Erwähnung des EJPD als Zulassungsbehörde und eine weitere Präzisierung, wonach diese Öffnung so bald wie technisch möglich stattfinden soll. Damit werde die maximale Sicherheit bei höchstmöglicher Wahlfreiheit der Nutzenden erreicht, so Kommissionssprecher Mauro Tuena (svp, ZH). Auch Bundesrat Beat Jans begrüsste beide Anträge im Rat, worauf der Nationalrat ihnen stillschweigend zustimmte.

Während der Ständerat die technische Präzisierung zur Veröffentlichung des Quellcodes einhellig annahm, stiess die Änderung zur Zulassung privater Anbieter von Wallet-Apps teilweise auf Widerstand. Eine Kommissionsminderheit um Pirmin Schwander (svp, SZ) beantragte, bei der vorgängigen Version des Ständerats zu bleiben, und private Wallets erst durch eine allfällige erneute Gesetzesrevision zu erlauben. Die Änderung des Nationalrats greife technischen Entwicklungen vor und ermögliche eine vorzeitige Öffnung der E-ID gegenüber privaten Firmen, was laut Schwander den Sicherheitsbedenken ungenügend Rechnung trage, welche durch das Nein in der Volksabstimmung 2021 vom Stimmvolk geäussert worden seien. Die Kommissionsmehrheit um Matthias Michel (fdp, ZG) und Bundesrat Beat Jans entgegneten diesen Bedenken, dass private Wallets durch den Bund mit der gleichen Sicherheitsprüfung wie die bundeseigene Lösung zertifiziert werden und die Sicherheit somit gewährleistet sei. Eine Mehrheit des Ständerats folgte dabei dieser Argumentation und übernahm den Antrag des Nationalrats mit 26 zu 14 Stimmen bei einer Enthaltung, wobei die ablehnenden Stimmen aus der SVP-Fraktion und von einzelnen Mitgliedern der FDP.Liberalen-Fraktion stammten.

In der Schlussabstimmung wurde das neue Bundesgesetz zur E-ID vom Nationalrat mit 170 zu 25 Stimmen bei einer Enthaltung und im Ständerat mit 43 zu 1 Stimme (keine Enthaltung) angenommen. In beiden Räten stammten die ablehnenden Stimmen von Mitgliedern der SVP.

Dossier: Identification électronique

Am 7. Mai 2025 bestätigte die Bundeskanzlei das Zustandekommen des fakultativen Referendums gegen das neue Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise (E-ID-Gesetz). Die Gegnerschaft der Vorlage reichte Mitte April 55'683 Unterschriften ein, wovon laut Bundeskanzlei 55'344 gültig waren. Somit werden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger abschliessend über das E-ID-Gesetz entscheiden. Die Einreichung der Unterschriften führte indessen innerhalb der am Referendum beteiligten Organisationen zu heftigen Konflikten. So hatte laut SRF Online ein Komitee, bestehend aus den Covidmassnahmen-kritischen Vereinigungen Freunde der Verfassung, Aufrecht Schweiz und dem Verfassungsbündnis Schweiz, bereits 20'000 Unterschriften eingereicht, ohne Absprache mit Mass-Voll und der Piratenpartei, welche ebenfalls getrennt Unterschriften gesammelt hatten. Dies führte zu gegenseitigen öffentlich erhobenen Vorwürfen über den Zeitpunkt und die Art und Weise der Unterschriftenübergabe. Auch über die Gründe für das Ergreifen des Referendums herrschte Uneinigkeit: Während die Piratenpartei laut Tages-Anzeiger vor allem generelle Datenschutzbedenken geltend machte und sich von einigen Aussagen der Referendumspartner distanzierte, warnten die anderen Organisationen vor einer «elektronischen Überwachung» durch den Staat.

Dossier: Identification électronique

Mitte Juni 2025 startete der Abstimmungskampf zum neuen Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise (E-ID-Gesetz) mit der Medienkonferenz des Unterstützungskomitees. Dieses setzte sich aus nationalen Parlamentarierinnen und Parlamentariern aller Fraktionen zusammen, welche mitunter die der Vorlage zugrundeliegenden Motionen für eine staatliche E-ID eingereicht hatten. Dabei wurde die vorliegende Lösung laut SRF Online als «sichere, staatliche und zukunftsweisende Infrastruktur für die Schweiz» gepriesen. Während beispielsweise Marcel Dobler (fdp, SG) die Bedeutung der E-ID zur Vereinfachung digitaler Prozesse zwischen Unternehmen, Kunden und Behörden hervorhob, sprach Gerhard Andrey (gp, FR) von «völlig neue[n] Massstäbe[n] für den Datenschutz». Das Komitee zeigte sich davon überzeugt, im Gegensatz zur gescheiterten Vorlage von 2021 (BRG 18.049) nun mit einer staatlichen Umsetzung die Sicherheitsbedenken der Stimmbevölkerung aufgenommen zu haben, so Franz Grüter (svp, LU) an besagter Medienkonferenz. Und tatsächlich sprachen sich breite Kreise für die bundesrätliche Vorlage aus: Nebst den Parteien Mitte, FDP, GLP, Grüne und SP auch der Schweizer Städteverband, der SGV, die KDK sowie verschiedene Wirtschaftsverbände (Economiesuisse, SGV), Gewerkschaften (SGB und Travail.Suisse) und zivilgesellschaftliche Organisationen (beispielsweise die Stiftung für Konsumentenschutz oder Inclusion Handicap). Diverse Stimmen, die sich bei der ersten Vorlage noch gegen die E-ID ausgesprochen hatten, äusserten sich nun medial positiv, darunter Demokratieaktivist und Gründer von WeCollect Daniel Graf sowie Eric Schönenberger, Direktor der Digitalen Gesellschaft Schweiz.

Gegen die Vorlage positionierten sich gleich drei verschiedene Abstimmungskomitees. Das Gegenkomitee «E-ID-Gesetz Nein» setzte sich aus Vertreterinnen und Vertretern der EDU, der Jungen SVP und der covidmassnahmenkritischen Vereinigung «Freunde der Verfassung» sowie der neuen Partei «Digitale Integrität Schweiz» zusammen. Letztere ging aus ehemaligen Mitgliedern der Piratenpartei hervor, welche ebenfalls Unterschriften fürs Referendum gesammelt hatte und als eigenes Gegenkomitee auftrat. Wie der Tages-Anzeiger berichtete, gingen der Abspaltung der Digitalen Integrität Schweiz von der Piratenpartei interne Machtkämpfe und Unstimmigkeiten voraus – dies insbesondere rund um die Einreichung der Referendumsunterschriften bei der Bundeskanzlei, wobei die Gründungsmitglieder der neuen Partei die von der Piratenpartei gesammelten Unterschriften für sich reklamierten. Der Eklat, bei dem die Koordination untereinander misslang und die verschiedenen Gruppierungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Unterschriften eingereicht hatten, veranlasste überdies die covidmassnahmenkritische Bewegung «Mass-Voll» dazu, eigenständig als drittes Gegenkomitee aufzutreten.
In den Medien zeigte vor allem das Gegenkomitee «E-ID-Gesetz Nein» Präsenz, welches erstmals Anfang August die Argumente gegen die Vorlage öffentlich vorlegte. Mit der E-ID würden die Grundlagen für die kommerzielle Nutzung von Schweizer Passdaten durch grosse Tech-Konzerne geschaffen und sie könnte gleichzeitig zu mehr staatlicher Kontrolle führen, zitierte «Le Temps» die Mitglieder des Komitees. Nebst diesen Bedenken zum Datenschutz äusserten die Gegnerinnen und Gegner überdies laut AZ und NZZ die Befürchtung, dass die E-ID nicht in jedem Fall freiwillig bleiben werde und für analoge behördliche Dienstleistungen künftig höhere Gebühren verlangt werden könnten. Bedenken wurden auch ausserhalb des Komitees geäussert, so zitierte die WOZ etwa eine Informatikprofessorin, welche insbesondere künftig mögliche E-ID-Abfragen durch private Unternehmen «ohne echte Notwendigkeit» kritisierte.

«Freiwillig, sicher und kostenlos», fasste Justizminister Beat Jans die Vorlage an einer Medienkonferenz Mitte August zusammen. Der Bundesrat betonte dabei die vielen Anwendungsbereiche, in denen die E-ID künftig genutzt werden könnte. So führte Jans laut dem «Corriere del Ticino» unter anderem die Bestellung eines Fahrausweises oder den Altersnachweis im Internet als Beispiele an. Um den Sicherheitsbedenken und der Kritik aus der ersten Abstimmung Rechnung zu tragen, habe man zudem auf einen breit abgestützten, partizipativen Erarbeitungsprozess geachtet, ergänzte Michael Schöll, Leiter des BJ. Die Personendaten würden daher dezentral gespeichert und die Nutzenden könnten selbst entscheiden, welche Informationen an Behörden und Unternehmen weitergegeben werden sollen. Zudem würde jeweils nur die für die Transaktion notwendige Information abgefragt, beispielsweise das Alter.

Der Fög-Abstimmungsmonitor identifizierte zwei Narrative in der öffentlichen Debatte: Die Notwendigkeit der Digitalisierung auf der einen und Datenschutzbedenken auf der anderen Seite. Die Vorlage habe in der Medienberichterstattung gesamthaft aber nur wenig Resonanz ausgelöst. Dies deckte sich mit der APS-Zeitungs- und Inserateanalyse, wonach die Vorlage im Vergleich zu anderen Abstimmungen unterdurchschnittlich in den Medien diskutiert und mittels Inseraten beworben wurde. Die Pro-Seite schaltete dabei dennoch deutlich mehr Inserate als die Gegenseite. Dies deckte sich mit den unterschiedlichen Kampagnenbudgets, wobei die Befürwortenden bei der EFK verfügbare Gelder von CHF 670'000 und die Gegnerinnen und Gegner CHF 140'000 deklarierten.

Für mediale Aufmerksamkeit sorgte wenige Tage vor dem Abstimmungssonntag die Einreichung von Abstimmungsbeschwerden im Kanton Zürich, nachdem publik wurde, dass die Swisscom für die Pro-Kampagne CHF 30'000 gespendet hatte. Die Digitale Integrität Schweiz und Mass-Voll traten als Beschwerdeführende auf und kritisierten die Spende als Verstoss gegen die politische Neutralität von staatsnahen Unternehmen, wie die NZZ und der Tages-Anzeiger berichteten. Verlangt wurde eine Verschiebung oder eine komplette Aufhebung der Abstimmung sowie die Offenlegung aller Kampagnenaktivitäten der Swisscom.

Im August identifizierten verschiedene Umfragen erste Abstimmungstrends: Während eine erste Umfrage von gfs.bern im Namen der SRG relativ deutliche Vorteile für ein Ja postulierte (60% Ja, 36% Nein), zeigte sich bei der Umfrage von Tamedia ein leicht knapperes Resultat (56% Ja, 40% Nein). Die zweite Umfragewelle im September bestätigte nahezu unverändert den Ja-Trend aus der ersten Welle (GFS: 59% Ja, 36% Nein; Tamedia 55% Ja, 43% Nein). Beide Umfrageinstitute stellten parteipolitische Unterschiede in der Abstimmungsabsicht fest: Während sich einzig die SVP-Sympathisierenden überwiegend ablehnend zur E-ID positionierten, stiess die Vorlage bei GLP-Sympathisierenden auf die stärkste Zustimmung. Überdies zeigte sich in beiden Umfragewellen ein Geschlechtergraben, weil die Zustimmung bei den Männern (Tamedia: 61% Ja; GFS: 64% Ja) deutlicher ausfiel als bei den Frauen (Tamedia: 48% Ja; GFS: 53% Ja).

Dossier: Identification électronique

In der Volksabstimmung vom 28. September 2025 wurde das Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise (E-ID-Gesetz) mit 50.4 Prozent Ja-Stimmen knapp angenommen. Das Ständemehr hätte die Vorlage jedoch nicht erreicht, nur 7 1/2 Kantone stimmten ihr mehrheitlich zu. Die höchste Zustimmung erreichte das E-ID-Gesetz im Kanton Waadt mit 57.2 Prozent Ja-Stimmen, am stärksten abgelehnt wurde die Vorlage im Kanton Uri, wo nur 40.7 Prozent der Stimmberechtigten ein «Ja» einlegten. Die Stimmbeteiligung lag schweizweit bei 49.6 Prozent.
Das ausgesprochen knappe Resultat wurde von den Medien wahlweise als «Achtungserfolg für die Verlierer» (Blick), als «Krimi ohne Ansage» (AZ) oder als «Fotofinish» (CdT) bezeichnet, was die allgemeine Überraschung zum Abstimmungsausgang ausdrückte. So hatten mehrere Meinungsforschungsinstitute im Vorfeld eine eindeutigere Zustimmung zur Vorlage ausgemacht. Obwohl bis auf die SVP alle grossen Parteien die Ja-Parole beschlossen hatten und die Vorlage das Parlament grossmehrheitlich unbestritten passiert hatte, habe sich in dieser Abstimmung eine breite Digitalisierungsskepsis in der Bevölkerung gezeigt, mutmassten mehrere Medien wie der Tages-Anzeiger oder 24Heures. Die NZZ hingegen interpretierte das Resultat als «Misstrauensvotum» gegenüber den Kompetenzen des Staates, ein solches Digitalisierungsprojekt stemmen zu können. Der breite mediale Tenor sah aufgrund des Resultates überdies nun den Bundesrat in der Verantwortung, die Bedenken der Gegenseite bezüglich Datenschutz und Freiwilligkeit ernst zu nehmen.

Justizminister Beat Jans zeigte sich vor den Medien erleichtert über die Annahme und stellte in Aussicht, die E-ID im kommenden Jahr 2026 einzuführen. Er versprach laut AZ zudem, «die offensichtlich sehr starken Bedenken ernst zu nehmen». Die Referendumsführenden selbst sahen sich durch das knappe Abstimmungsresultat bestätigt und verwiesen nach der Resultatsverkündung auf ihre hängigen Abstimmungsbeschwerden im Kanton Zürich. So hatten das Nein-Komitee sowie Mass-voll bereits eine Woche vor dem Abstimmungssonntag je eine Abstimmungsbeschwerde eingereicht, welche sich gegen eine Spende der Swisscom an die Ja-Kampagne in der Höhe von rund CHF 30'000 richtete. Aus der Sicht der Gegnerinnen und Gegner stelle dies eine unzulässige Einmischung eines staatsnahen Betriebes in den Abstimmungskampf dar. Drei Tage nach der Abstimmung folgte eine Abstimmungsbeschwerde der EDU mit derselben Begründung im Kanton Bern und zwei Wochen später eine weitere von Mass-voll in Zürich, die den dem Pro-Komitee zur Verfügung gestellten Werberaum durch die Medienunternehmen TX Group und Ringier kritisierte.

Medial viel beachtet wurden zudem die Unterschiede im Abstimmungsverhalten zwischen den ländlichen und städtischen Regionen der Schweiz: Während die ländlichen Regionen die E-ID mehrheitlich ablehnten, stiess die Vorlage in den städtischen Gebieten auf deutlich höhere Zustimmung. So titelte «La Liberté»: «Les villes à la rescousse», und die NZZ beobachtete eine «tief gespaltene Schweiz». Eine Erklärungsansatz für den knappen Abstimmungsausgang lieferte indes eine Politologin in der Republik: Die Mobilisierung der eher konservativ-ländlichen Stimmbevölkerung – welche gegenüber der E-ID eine kritischere Einstellung zeige –, sei aufgrund der zweiten Abstimmungsvorlage zur Liegenschaftssteuer auf Zweitwohnungen (Pa.Iv. 22.454) besser gelungen als die der urbanen Wählenden.


Abstimmung vom 28. September 2025

Beteiligung: 49.55%
Ja: 1'384'549 (50.39%)
Nein: 1'363'283 (49.61%)

Parolen:
– Ja: Mitte, SP, FDP, GLP, GP, EVP, MCG; economiesuisse, SGV, KDK, SGB, SGV, SSV, Travail.Suisse, Stiftung für Konsumentenschutz, Fédération romande des consommateurs, Inclusion Handicap (Dachverband der Behindertenorganisationen), Agile, HotellerieSuisse, SVV, SwissICT, Swico, Digitalswitzerland, Digitale Gesellschaft Schweiz, Verband Schweizer Medien (Verlegerverband), asut (Telekommunikations-Branchenverband), Centre Patronal, Swiss Cigarette, Schweizer Brauerei-Verband, CSP OW, ML-CSP FR, Gruppe für Innerrhoden
– Nein: SVP (*4), EDU, PdA (*1), SD; Freunde der Verfassung, Mass-voll, Piratenpartei, Digitale Integrität Schweiz
– Stimmfreigabe: -
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

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Gemäss der VOX-Nachbefragung zu den eidgenössischen Abstimmungen vom September 2025 deutete das knappe Resultat – eine Zustimmung von 50.4 Prozent zur Einführung einer staatlichen E-ID – auf eine gespaltene Haltung der Bevölkerung gegenüber einer staatlichen digitalen Identität hin. Dabei verliefen die Unterschiede unter anderem entlang von parteipolitischen Sympathien: Die Sympathisierenden der GLP (79% Ja), SP (69% Ja), Grünen (67% Ja) und FDP (61%) stimmten (gross)mehrheitlich für das E-ID-Gesetz, während die Sympathisierenden der Mitte (53% Ja) und insbesondere der SVP (24% Ja) deutlich kritischer eingestellt waren. Nebst politischen Grundhaltungen entpuppte sich laut Studie das Vertrauen in staatliche Institutionen als zentraler Faktor fürs Stimmverhalten: Je höher das Vertrauen der Befragten in den Bundesrat oder den EDÖB war, desto eher wurde das neue Gesetz unterstützt. Überdies korreliere eine positive Einstellung gegenüber der Digitalisierung mit der Zustimmung zur Vorlage.

Als Hauptmotive für die Zustimmung zum Gesetz identifizierte die Studie persönliche Erwartungen an die praktische Nützlichkeit der E-ID, die Wahrnehmung einer solchen als notwendigen Digitalisierungsschritt sowie einen erhofften volkswirtschaftlichen Nutzen daraus. Bei den Motiven zur Ablehnung dominierten Datenschutzbedenken, generelle Digitalisierungsängste sowie die Befürchtung eines indirekten Zwangs zur Nutzung des neuen Angebots. Dabei stiessen sowohl die Pro- als auch die Kontra-Argumente bei den Stimmberechtigten auf breite Resonanz. So zeigte sich eine Mehrheit der Befragten beider Abstimmungslager mit dem Argument der Befürwortenden einverstanden, dass eine staatliche Lösung der Abhängigkeit von privaten Konzernen vorzuziehen sei. Das stärkste Kontra-Argument, wonach die Einführung der E-ID analoge Behördendienstleistungen verdrängen könnte und weniger digitalaffine Personen benachteilige, wurde von 74 Prozent der Nein-Stimmenden und 49 Prozent der Ja-Stimmenden unterstützt.

Die Nachbefragung zeigte laut Studienautorinnen und -autoren teilweise deutliche Unterschiede im Abstimmungsverhalten nach soziodemographischen Merkmalen auf. Frauen etwa lehnten die Vorlage mit 46 Prozent Zustimmung im Gegensatz zu Männern (55% Zustimmung) mehrheitlich ab. Personen mit einem tiefen Bildungsgrad lehnten das Gesetz ebenfalls mehrheitlich ab, während die Zustimmung mit zunehmendem Bildungsgrad anstieg und bei Personen mit einem tertiären Bildungsabschluss eine Mehrheit von 67 Prozent erreichte. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich beim Haushaltseinkommen, wobei die Zustimmung mit höherem Einkommen zunahm und die Vorlage von Personen ab einem Einkommen von CHF 9'000 bis CHF 11'000 (64% Zustimmung) mehrheitlich angenommen wurde. Überdies lehnten Personen über 60 Jahren die Vorlage mehrheitlich ab, dies im Gegensatz zu allen jüngeren Personen. Schliesslich stimmten auch Personen, die sich primär online über das Internet oder zu etwa gleichen Teilen online und offline informierten, der Vorlage mehrheitlich zu. Dies im Gegensatz zu denjenigen Stimmberechtigten, welche vorwiegend Offline-Medien konsumierten – sie lehnten die Einführung der E-ID mehrheitlich ab.

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