Bei den Nationalratswahlen 2023 im Kanton Schaffhausen kandidierten insgesamt 38 Personen auf 20 Listen für die zwei Schaffhauser Nationalratssitze, wobei der Frauenanteil unter den Kandidierenden im Vergleich zu den Nationalratswahlen 2019 um 10 Prozentpunkte angestiegen war und rund 34 Prozent betrug. Auch die Zahl der eingereichten Listen fiel höher aus als bei den letzten Nationalratswahlen, waren die Parteien 2019 doch noch mit 15 Listen angetreten.

Schon früh zeichnete sich ab, dass grosse Überraschungen ausbleiben dürften, denn unter den zahlreichen Kandidierenden befanden sich auch die beiden bisherigen Nationalratsmitglieder Martina Munz (SP) und Thomas Hurter (SVP). Aufseiten der SP bewarben sich im Herbst 2022 dennoch verschiedene bekannte Exponentinnen und Exponenten aus der kantonalen Politik für die zwei Listenplätze ihrer Partei. Das hatte nicht zuletzt damit zu tun, dass Amtsinhaberin Munz in Absprache mit der Parteileitung einen Rücktritt vor Ablauf der vierjährigen Legislatur in Aussicht gestellt hatte. Wie auch bei der Ständeratskandidatur der SP im Kanton Schaffhausen setzte sich mit Linda De Ventura schliesslich ein ehemaliges Mitglied der Alternativen Liste durch. Wie bereits bei den vergangenen Wahlen schloss sich die SP mit den Grünen zu einer Listenverbindung zusammen.

Während die SP also mit zwei Spitzenkandidatinnen antrat, versuchte die FDP ihr Glück mit einer anderen Strategie: Ganze zehn Kandidatinnen und Kandidaten schickte die Partei auf insgesamt fünf Listen ins Rennen um einen Nationalratssitz, den man der SP streitig machen wollte. Die Liberalen erhofften sich durch eine Listenverbindung mit der SVP ein deutlich besseres Abschneiden als bei den Wahlen 2019. Damals war diese Verbindung aufgrund einer umstrittenen Wahlwerbung der SVP Schweiz und dem darauffolgenden Protest der Jungfreisinnigen ins Wasser gefallen. Für Aufmerksamkeit sorgte die FDP aber vor allem durch ihren Kandidaten Yves Collet, der sich für ein Wahlkampfplakat in seiner Armeeuniform ablichten liess. Angehörige der Armee müssen sich gemäss Dienstreglement der Armee jedoch politisch neutral verhalten, wenn sie Uniform tragen. Die Armee mahnte Collet ab, was diesen in der Folge dazu brachte, das problematische Plakat abzudecken und nicht weiter zu verwenden.

Die SVP portierte als zweiten Nationalratskandidaten ihrer Hauptliste mit Andreas Gnädinger zwar einen bekannten Namen aus der Kantonalpolitik. Der ehemalige Kantonsrat sah seine Wahlchancen angesichts seines arrivierten Mitkandidaten Hurter aber praktisch bei Null und erwartete auch nicht, später für Hurter nachzurutschen. Neben der FDP stieg die SVP auch mit ihrer traditionellen Listenpartnerin, der EDU, Schulter an Schulter in den Wahlkampf ein.

Die GLP hatte eine Listenverbindung mit der FDP bereits nach deren Nein zum Klimagesetz ausgeschlossen und verzichtete auch auf eine solche mit der SP und den Grünen. Erst nach der Einreichungsfrist der Listen im August 2022 gaben die GLP, die Mitte und die EVP ihre Listenverbindung bekannt.

Der Wahlkampf in Schaffhausen verlief insgesamt deutlich ruhiger als 2019. Nur der Antritt der Massvoll-Bewegung sorgte kurz für ein wenig Aufregung. Die zwei Massvoll-Kandidaten wurden von den etablierten Parteien jedoch nicht als Bedrohung gesehen. Weder die SVP noch die FDP erwarteten starke Konkurrenz und schlossen gleichzeitig auch eine Zusammenarbeit in Form einer Listenverbindung aus.

Angesichts der ereignisarmen Vorwochen überraschte das Resultat des Wahlsonntags kaum: Thomas Hurter (12'649 Stimmen) und Martina Munz (8'686 Stimmen) setzten sich bei einer Wahlbeteiligung von 61.6 Prozent (ein Anstieg um 1.9 Prozentpunkte im Vergleich zu 2019) deutlich durch. Sie erhielten aber beide deutlich weniger Stimmen als noch vier Jahre zuvor. Linda de Ventura, die zweite Kandidatin der SP, blieb gar nur 139 Stimmen hinter Munz zurück und zeigte damit, dass sie im Falle eines Nachrückens einen starken Rückhalt in der Schaffhauser Bevölkerung hätte. Die SP gewann nach offiziellen Angaben neue Wähleranteile dazu (+1.9 Prozentpunkte auf 26.6%), rechnet man jedoch die Anteile der Alternativen Liste, die sich 2022 aufgelöst hatte, und der Juso dazu, so verloren die Linksparteien insgesamt rund 1.9 Prozentpunkte. Die SVP liess auf den ersten Blick auf ihrer Hauptliste ebenfalls Federn und verlor trotz des nationalen Hochs deutlich an Wählendenanteilen (-2.4 Prozentpunkte auf 33.0%). Zusammen mit ihren Unterlisten betrug der Nettoverlust jedoch lediglich 0.4 Prozentpunkte. Ein Teil dieser SVP-Wählendenstimmen ging womöglich an die Bewegung Mass-Voll (neu, 3.0%), deren Kandidaten 1'932 Stimmen auf sich vereinten. Obwohl die FDP ihr Hauptziel, der SP ihren Nationalratssitz abzujagen, nicht erreichte, zeitigte ihre Strategie mit diversen Unterlisten und einer Listenverbindung mit der SVP den erhofften Erfolg (+1.2 Prozentpunkte auf 12.2%). Auch die Listenverbindung der drei Mitteparteien zahlte sich aus (insgesamt 10.7%): Die GLP steigerte ihren Wähleranteil auf 5.4 Prozent (+1.1 Prozentpunkte), während die Mitte mit 2.6 Prozent an der 3-Prozent-Marke, dem ursprünglichen Ziel der Partei, vorbeischrammte. Unzufrieden zeigten sich hingegen die Verantwortlichen der Grünen, deren Partei 2.1 Prozentpunkte verlor und damit ihren 2019 gemachten Sprung in der Wählergunst nicht bestätigen konnten.