Der Staatsvertrag in Sachen DBA/UBS regelte zwar nur den Einzelfall UBS, sah aber im Sinne eines Präzedenzfalls Verhandlungen über ein ähnliches Abkommen vor, sollte eine weitere Unternehmung in vergleichbarem Ausmass („gleiches Handlungsmuster unter gleichen Umständen“) US-Recht gebrochen haben wie die UBS. Ein solches Abkommen hätte bei entsprechendem Abschluss ebenfalls rückwirkende Datenlieferung im Zusammenhang mit fortgesetzter, schwerer Steuerhinterziehung ausgelöst. Die USA nutzten diese Präzedenzwirkung um im Berichtsjahr Druck auf die ebenfalls systemrelevante Credit Suisse (CS) aufzubauen. Die US-Behörden beschuldigten die Bank, ähnlich wie die UBS gehandelt zu haben und forderten sie dazu auf, ebenfalls rückwirkend, Kundendaten zu liefern. Weil im Bundesbeschluss vom September 2010 betreffend rückwirkende Datenlieferungsoption nur der Einzelfall UBS erfasst war, hätte eine entsprechende Anwendung des genannten Passus erneut via Staatsvertrag und Absegnung durch das Parlament erfolgen müssen. Dies löste unter allen grossen Parteien starken Wiederstand aus, wenngleich anerkannt wurde, dass eine US-Strafklage gegen die CS ebenfalls existenzbedrohendes Ausmass annehmen würde. Der Bundesrat schloss einen neuerlichen Staatsvertrag mit rückwirkender Amtshilfe dezidiert aus, weil er das Verhalten der CS als ungleich weniger gravierend einstufte als jenes der UBS. Dabei äusserte er rechtsstaatliche Bedenken bezüglich der Rückwirkung. Genannter Passus konnte nur bis zur Erfüllung des UBS-Staatsvertrags angewendet werden, was zum Zeitpunkt der US-Drohungen schon fast vollständig der Fall war (vollständig spätestens ab September 2011). Weil der Bundesrat eine erneute Anwendung von Notrecht kategorisch ausschloss, schien es jedoch ungeachtet der Vorgeschichte möglich, dass die Schweiz erneut den Weg via Staatsvertrag nehmen musste, wenn entsprechender Druck aus den USA im Falle der CS stark und glaubwürdig ansteigen würde.

Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) après la crise financière 2008