Steueramnestie nach Prinzip der straflosen Selbstanzeige

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Nachdem das restriktive Modell einer allgemeinen Steueramnestie des Bundesrates in der Vernehmlassung zerzaust worden war, trat die Rechtskommission des Ständerates auf das Modell der individuellen Selbstanzeige ein. Gemäss Entwurf einer Subkommission wird sowohl natürlichen wie auch juristischen Personen die straflose Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung alle 30 Jahre ermöglicht. Wer bisher nicht versteuerte Vermögen und Einkommen angibt, muss keine Busse bezahlen, sondern lediglich die Nachsteuern samt Zinsen. Auch Erben werden für Steuerhinterziehungen des Erblassers nicht mehr bestraft.

Die Idee einer allgemeinen Steueramnestie hatte im Ständerat vor zwei Jahren keine Mehrheit gefunden. Dessen Rechtskommission schritt anschliessend an die Ausarbeitung einer Vorlage, die eine individuelle Steueramnestie nach dem Prinzip der straflosen Selbstanzeige verfolgt. Die Kommission übergab ihren Entwurf im Berichtsjahr dem Bundesrat zur Vernehmlassung. Der Steuererklärung soll zukünftig eine Spalte zur Deklarierung bisher verschwiegener Einkommen und Vermögen beigefügt werden. Private würden bei Selbstanzeige von einer Strafverfolgung verschont, müssten allerdings die Nachsteuern inkl. Verzugszinsen begleichen. Unternehmen hingegen bliebe ein gerichtliches Verfahren nicht erspart. Trotz den Einwänden kantonaler Finanzdirektoren hielt die Kommissionsmehrheit an ihrer Position fest, Erben nicht für die Steuerhinterziehung des Erblassers zu bestrafen. Dieses Anliegen lag auch der Motion Pelli (fdp, TI) (Mo. 97.3125) zugrunde, die gefordert hatte, bei Vorlage eines vollständigen Inventars der Erbmasse auf Nachsteuer und Busse zu verzichten. Der Nationalrat überwies die Motion als Postulat.

Die geplante Straflosigkeit für Steuersünder bei Selbstanzeige wurde von den bürgerlichen Parteien in der Vernehmlassung durchwegs positiv bewertet. Wer nicht versteuerte Vermögen oder Einkommen nachträglich angibt, soll lediglich die Steuer zuzüglich der Zinsen bezahlen und von einer Strafe verschont bleiben. Entgegen der ständerätlichen Vorlage, die natürlichen Personen einmal im Leben und juristischen Personen alle 30 Jahre eine straflose Selbstanzeige zugesteht, verlangte die SVP als einzige bürgerliche Partei eine allgemeine Steueramnestie. Die SP hingegen wollte die Amnestie nur natürlichen Personen, nicht aber juristischen Personen, zukommen lassen. Unter den Kantonen zeigte sich Nidwalden skeptisch und sprach der Vorlage die Motivationskraft zu einer verstärkten Steuerdisziplin ab.

Ende Juni gab Finanzminister Villiger bekannt, dass der Bundesrat entgegen seiner Ankündigung vorläufig darauf verzichte, eine Vorlage zur Steueramnestie auszuarbeiten, da er sich nicht auf eines der drei zur Auswahl stehenden Modelle hätte einigen können: Bei der umfassenden Amnestie hätten die Steuersünder für offengelegte Kapitalien Nach-, aber keine Strafsteuern zahlen müssen; bei der Amnestie auf Selbstanzeige hätten alle Betroffenen einmal im Leben nicht versteuertes Kapital ohne Strafsteuer offen legen können; und beim im Tessin praktizierten Modell der Amnestie im Erbfall hätten Erben von Verstorbenen nicht versteuerte Kapitalien ohne Straf- und Nachsteuer deklarieren können. Die Bedenken vor allem gegenüber einer allgemeinen straflosen Amnestie hätten derart zugenommen, dass eine Steueramnestie nicht mehr dringlich erscheine.