Nach dem Abbau der Defizite soll gemäss den Vorschlägen des Bundesrates eine verfassungsmässige Schuldenbremse sicherstellen, dass der Bundeshaushalt im Gleichgewicht bleibt. Eine solche hatte im letzten Jahr auch der damalige Bundesrat Otto Stich vorgeschlagen, wobei er zwei Varianten - die Ausgabenregel, die das zulässige Ausgabenwachstum an der mittelfristigen Wachstumsrate der Wirtschaft ausrichtet und die Saldoregel, bei der das Ergebnis der Finanzrechnung mit dem Wirtschaftswachstum gekoppelt wird - zur Diskussion gestellt hatte.

Die Vernehmlassung zeigte, dass eine Mehrheit der Parteien, Kantone und Verbände die Ausgabenregelung und damit die «weichere» Variante mit eher indikativem Charakter bevorzugt. Der Bundesrat könnte somit erst gegen Ausgabenbeschlüsse des Parlaments einschreiten, wenn dieses ein Budget mit einem Ausgabenwachstum von mehr als 10% gegenüber der zuletzt angenommenen Finanzrechnung verabschiedet. Stark umstritten war auch die Behandlung der Investitionsausgaben. Beide Varianten verzichten auf eine Sonderbehandlung dieser Ausgabenkategorie, eine starke Minderheit der Vernehmlasser sprach sich aber vehement dafür aus, Investitionen von der Schuldenbremse auszunehmen. SP und LdU möchten die Sozialversicherungen ausklammern. Die detaillierte Botschaft zur Schuldenbremse soll dem Parlament erst nach Inkrafttreten des Sanierungsartikels unterbreitet werden.

Dossier: Schuldenbremse

Der Bundesrat hat im Juli die Botschaft zur sogenannten Schuldenbremse auf Verfassungsebene verabschiedet. Die Schuldenbremse soll das Haushaltsziel 2001 als Steuerinstrument ersetzen. Während das Haushaltsziel 2001 die Eindämmung des strukturellen Defizits zum Ziel hatte, soll die Schuldenbremse verhindern, dass der Bundeshaushalt erneut aus dem Gleichgewicht gerät. Die zulässigen Ausgaben sollen je nach budgetierten Einnahmen und erwarteter Konjunkturentwicklung bemessen werden. Der Bundesrat orientierte sich in seiner Botschaft einmal mehr an einer antizyklischen Ausgabenpolitik. Der Ständerat wird sich als Erstrat in der Frühjahressession 2001 damit befassen.

Dossier: Schuldenbremse

Im Januar veröffentlichte der Bundesrat seinen Zusatzbericht zur Botschaft zur Schuldenbremse, den er anlässlich der Budgetdebatte des Nationalrats im November des Vorjahres angekündigt hatte. Der Bericht zeigte nebst einer Lageanalyse die Folgen verschiedener Szenarien auf die längerfristige Finanzpolitik auf. Obschon das Parlament im Winter 2000 weitgehend den Vorschlägen des Bundesrats gefolgt war, liesse nach Ansicht des Bundesrats die Ausgabendisziplin tendenziell nach, und es würden vermehrt wieder Forderungen nach umfassenden Steuererleichterungen laut. Trotz des guten Rechnungsabschlusses 2000 sei deshalb weiterhin eine konsequente Finanzpolitik angesagt, um die Anforderungen der Schuldenbremse zu erfüllen und die strukturellen Defizite zu beseitigen.

Dossier: Schuldenbremse

Im Frühling behandelte der Ständerat als Erstrat den Bundesbeschuss zur Schuldenbremse und die damit verbundene Revision des Finanzhaushaltsgesetzes. In der Eintretensdebatte betonte Kommissionssprecher Inderkum (cvp, UR) die Notwendigkeit des Instruments und beantragte dem Rat, dass ordentliche Einnahmenüberschüsse explizit auch für die Schuldentilgung eingesetzt werden können. Obschon er der Idee einer Schuldenbremse an sich positiv gegenüberstehe, verlangte der Basler Sozialdemokrat Plattner Rückweisung an die Kommission, weil unklar sei, wie sich das Instrument in einer Rezession auswirke, wie es die Beschäftigungslage, die Volkswirtschaft, die soziale Wohlfahrt oder den Finanzausgleich beeinflusse. Er erhielt Sukkurs vom Freisinnigen Marty (TI), der sich dagegen wehrte, politische Entscheide an die Technokratie zu delegieren; dies käme einem Harakiri des Parlaments gleich. Der Ständerat lehnte den Rückweisungsantrag Plattner mit 30:3 Stimmen ab. In der Detailberatung folgte die Kammer dem Kommissionsvorschlag. Eine von der Staatspolitischen Kommission unterstützte Minderheit sprach sich gegen die im Finanzhaushaltsgesetz vorgesehene Möglichkeit des Bundesrates aus, die Sparvorhaben bestimmen zu können. Dies verstosse gegen das Prinzip der Gewaltenteilung. Der Ständerat hielt jedoch mit 22:15 Stimmen an dieser Bestimmung fest.

Dossier: Schuldenbremse

In der Debatte des Nationalrats kritisierte die SP die Schuldenbremse als technokratische Entmachtung des Parlaments und plädierte vergeblich dafür, das Schuldenloch mit neuen Einnahmen zu stopfen. Auch der Antrag Hofmann (sp, AG), dass das Parlament in Anlehnung an die Ausgabenbremse eine Neuverschuldung mit absoluter Mehrheit solle bewilligen können, fand bei der bürgerlichen Mehrheit kein Gehör.

Dossier: Schuldenbremse

Nachdem der Ständerat diskussionslos zwei kleine Differenzen bereinigt hatte, verabschiedete er die Vorlage mit 34:6 Stimmen (Schuldenbremse) bzw. 35:5 Stimmen (Finanzhaushaltsgesetz). Der Nationalrat stimmte dem Bundesbeschluss über die Schuldenbremse mit 127:64 und der Änderung des Finanzhaushaltsgesetzes mit 130:62 Stimmen zu.

Dossier: Schuldenbremse

Mitten im Endspurt um das Swissair-Milliardenpaket lancierte der Bundesrat Ende Oktober seine Kampagne für die Volksabstimmung über die Schuldenbremse. Bürgerliche Parteien, Wirtschaft, Gewerbe und Arbeitgeberverbände folgten ihm und gaben die Ja-Parole heraus. Lediglich die SP, die Grünen, die PdA und die Lega sowie der Schweizerische Gewerkschaftsbund empfahlen ein Nein. Am 2. Dezember 2001 hiessen die Stimmberechtigten geschlossen mit 85% Ja-Stimmen die Einführung der Schuldenbremse gut. Am meisten Unterstützung erhielt die Vorlage in den Kantonen Nidwalden (90%), Appenzell Innerrhoden und St. Gallen (je 89%), am wenigsten im Tessin und in den Westschweizer Kantonen Genf und Jura (je 75%). Gemäss der Vox-Analyse hatten sogar die Sympathisanten der SP mit Zweidrittelmehrheit zugestimmt.


Abstimmung vom 2. Dezember 2001

Beteiligung: 37,8%
Ja: 1 472 259 (84,7%) / 20 6/2 Stände
Nein: 265 090 (15,3%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja: FDP, CVP, SVP, LP, CSP, EVP, FP, EDU, SD; SGV, Arbeitgeberverband, economiesuisse.
– Nein: SP, GP (1*), Lega, PdA; SGB.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Dossier: Schuldenbremse