Im September leitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft zu dieser zweiten Teilrevision zu. Sie betrifft in erster Linie die Spitalfinanzierung und eine geringfügige Lockerung des Kontrahierungszwangs. Als Beitrag zur Kostendämpfung will der Bundesrat sämtliche Krankenkassen verpflichten, alternative Versicherungsmodelle (HMO, Hausarztmodell) anzubieten. Das Konkordat der Krankenkassen bezweifelte die Umsetzbarkeit dieses Vorschlags; insbesondere kleinere Kassen in abgelegenen Gebieten könnten kaum die dafür notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellen. Auf Widerstand stiess auch die neu vorgesehene Bestimmung, wonach künftig die Gemeinden die von ihren Einwohnern den Krankenkassen geschuldeten Prämien vorstrecken und nachher selber versuchen sollen, das Geld einzutreiben. Dagegen protestierte die Städteinitiative „Ja zur sozialen Sicherung“ mit dem Hinweis auf den unverhältnismässigen administrativen Aufwand, umso mehr, die Prämien der Bezügerinnen und Bezüger von Sozialhilfeleistungen in den meisten Fällen direkt von den Sozialdiensten der Gemeinde bezahlt werden, um Leistungsverweigerungen der Kassen zu vermeiden.

Dossier: Réduction de primes

Der Bundesrat erarbeitete umgehend ein Vertragsmodell zur Aufhebung des Kontrahierungszwangs. Entgegen dem Auftrag der Motion sah er die Aufhebung des Kontrahierungszwangs allerdings vorderhand lediglich für den ambulanten Bereich vor. Demnach sollten sich die Versicherer darauf beschränken können, Tarifverträge nur noch mit ausgewählten Ärztinnen und Ärzten abzuschliessen. Andererseits hätten auch die Leistungserbringenden die Zusammenarbeit mit gewissen Versicherungen verweigern können. Diese Änderung hätte keinen Abbau der kassenpflichtigen Leistungen mit sich gebracht, für die Patienten aber die freie Arztwahl eingeschränkt. Die Kostenübernahme in Notfällen wäre bei allen Ärzten und Spitalambulatorien sichergestellt gewesen. In der Vernehmlassung bildeten sich klare Fronten heraus. Während die Versicherer die Aufhebung des Kontrahierungszwangs als geeignetes Mittel zur Kostendämpfung erachteten, protestierten die FMH und die Patientenorganisationen gegen die Einschränkung der freien Arztwahl. Auch die SVP bezeichnete das Modell als untauglich, weil die Gefahr bestehe, dass nur noch die billigsten Leistungserbringer ausgewählt würden. Die SP brachte ebenfalls Vorbehalte an; ihrer Ansicht nach sollten Bedürfniskriterien und Zulassungsbedingungen Sache des Bundes und nicht der Krankenkassen sein. Von der Wirksamkeit der Massnahme überzeugt zeigten sich hingegen die FDP und die CVP sowie die Stiftung für Konsumentenschutz. Angesichts des breiten Widerstands, der ein Referendum als sehr wahrscheinlich erscheinen liess, verzichtete der Bundesrat schliesslich darauf, den brisanten Vorschlag in die 2. Teilrevision des KVG aufzunehmen. Er schlug lediglich vor, den Kontrahierungszwang für jene Ärzte und Ärztinnen aufzuheben, die das 65. Altersjahr überschritten haben. Zudem möchte er die Krankenkassen verpflichten, gesamtschweizerisch alternative Versicherungsformen wie HMO- und Hausarztmodelle anzubieten. (Die im MediX-Verband zusammengeschlossenen Ärzte, die nach dem HMO- resp. dem Hausarztmodell praktizieren, hatten sich, anders als die FMH, für die Aufhebung des Vertragszwangs ausgesprochen)

Dossier: Réduction de primes

Die Frage der Spitalfinanzierung stand im Zentrum der 2. KVG-Teilrevision. Ausgelöst worden war die Diskussion durch ein Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes (EVG), welches die Kantone verpflichtet hatte, bei ausserkantonalen Behandlungen auch in den privaten und halbprivaten Abteilungen einen Grundbeitrag zu leisten. Die Krankenkassen hatten dies zum Anlass genommen, die Praxis der Kantone, innerkantonal lediglich die öffentlichen Abteilungen der Spitäler mit einem Pauschalbetrag zu subventionieren, als nicht dem Geist des KVG entsprechend anzuprangern, und sie hatten verlangt, dass die Kantone in jedem Fall einen Sockelbeitrag leisten sollten. Auf Vermittlung des BSV war es zu einem „Stillhalteabkommen“ zwischen Kantonen und Kassen für den innerkantonalen Bereich gekommen, allerdings unter der von den Versicherern gestellten Bedingung, dass bis Ende 2000 neue Finanzierungsregeln im KVG definiert würden. Als sich die Vorlage verzögerte, drohten die Krankenkassen, das Stillhalteabkommen gerichtlich anzufechten. Zudem hatten mehrere parlamentarische Vorstösse ebenfalls die gängige Spitalfinanzierung in Frage gestellt. Sie verlangten, die Kantone sollten nicht mehr automatisch die Spitaldefizite abgelten, sondern nur mehr zusammen mit den Versicherungen für je 50% der tatsächlich erbrachten Leistungen, allenfalls mit einer Pauschale resp. mit einem Globalbudget aufkommen.

Mitte September verabschiedete der Bundesrat seine diesbezügliche Botschaft zuhanden des Parlaments. Nach dem neuen Modell sollen sich die Kantone und die Krankenkassen je zur Hälfte in die Vergütung der obligatorischen Leistungen teilen. Die Neuregelung wird für alle Spitäler auf der Spitalliste eines Kantons gelten und für alle Versicherten, unabhängig von deren Versicherungsdeckung. Im Gegenzug sollen sich die Krankenkassen zu 50% an den Investitionskosten der Spitäler beteiligen. Damit soll erreicht werden, dass beide Seiten (Spitäler und Versicherer) für Einsparungen einstehen, anstatt sich gegenseitig die Kosten zuzuschieben. Profitieren werden in erster Linie die Zusatzversicherten, die bisher ihren Spitalaufenthalt ohne Kantonssubventionen allein über ihre Prämien berappen mussten. Die Kantone stellten sich vehement gegen die Pläne des Bundesrates, die sie als für ihre Haushalte völlig untragbar bezeichneten. Sie verlangten zumindest eine Etappierung bei der Einführung der Neuregelung, den Ausschluss der gewinnorientiert arbeitenden Privatkliniken von jeglicher Subventionierung sowie eine Erhöhung der Bundesbeiträge an die Prämienverbilligungen; die hälftige Beteiligung der Kantone an der Finanzierung von teilstationären Einrichtungen sei gänzlich zu streichen. In der zuständigen Kommission des Ständerates, der die 2. Teilrevision als Erstrat behandelt, stiessen die Vorbehalte der Kantone auf Verständnis. Sie trat auf die Vorlage zwar ein, beauftragte aber die Verwaltung, noch andere Wege der Spitalfinanzierung zu prüfen. Aus diesem Grund konnte die Vorlage nicht, wie ursprünglich geplant, in der Wintersession vom Plenum behandelt werden.

Dossier: Réduction de primes

Die mit der 1. KVG-Revision beschlossenen Neuerungen im Medikamentenbereich traten schrittweise in Kraft. Bereits ab Anfang Jahr wurde es den Apotheken freigestellt, ohne ausdrücklichem Vermerk auf der Verschreibung statt eines Originalprodukts ein kostengünstigeres Generikum abzugeben. Damit dies auch vermehrt geschieht, wurde auf den 1. Juli die leistungsorientierte Abgeltung (LOA) eingeführt, die den Anreiz zum Verkauf von besonders teuren Medikamenten abbaut. Neu übernimmt die obligatorische Krankenversicherung die Leistungen der Apotheken unabhängig vom Produktepreis; durch diesen Pauschalzuschlag entfällt ein Teil der bisherigen Margen für Beratung, Vertrieb und Lagerhaltung. Der neue Abgeltungsmodus stiess in der Bevölkerung vorerst auf Unverständnis, da er dazu führte, dass bis anhin kostengünstige Medikamente teurer wurden. Aber auch einzelne Krankenkassen und der Konsumentenschutz verlangten eine Neuverhandlung der Tarifverträge mit den Apotheken. Verglichen zum Ausland fristen die Generika in der Schweiz nach wie vor ein Schattendasein; ihr Anteil am Markt betrug 2000 lediglich rund 3%

Dossier: Réduction de primes

Eine eigenständige und weitreichende Weichenstellung nahm der Ständerat bei der mittelfristigen Zukunft der Spitalfinanzierung vor. In einer neuen Übergangsbestimmung zum KVG verpflichtete er den Bundesrat, innerhalb von fünf Jahren eine Vorlage zu präsentieren, die ein monistisches Finanzierungssystem einführt. Danach sollen die Kantone nicht länger direkt für Investitionen und Defizite der Spitäler aufkommen. Sie müssten den Krankenkassen aber die Hälfte der von diesen zu übernehmenden Gesamtkosten ersetzen – in Form von Subventionen (beispielsweise für die Bildung eines Grossrisikopools), Beiträgen zur Prämienverbilligung oder als Risikoausgleich. Damit würde bei den Kosten endlich Transparenz geschaffen, begründete die vorberatende Kommission ihren Vorschlag zu diesem grundlegenden Systemwechsel; gleichzeitig würde erreicht, dass öffentliche und private Spitäler nicht länger ungleich behandelt werden. Santésuisse (ehemals KSK) als Dachverband der Krankenversicherer begrüsste diese Marschrichtung, die Kantone, die ihre Entmachtung befürchten, zeigten sich skeptisch. Im Dezember überwies der Nationalrat ein Postulat Zäch (cvp, AG) (Po. 01.3604) für einen Bericht über die Einführung der monistischen Spitalfinanzierung

Dossier: Réduction de primes

Was die beiden Parlamentskammern im Vorjahr vorgespurt hatten, setzte der Ständerat bei der Beratung der 2. Teilrevision des KVG um, indem er beschloss, den Vertragszwang zwischen den Kassen und den Leistungserbringern im ambulanten Bereich grundsätzlich aufzuheben, sofern die medizinische Versorgung sichergestellt ist; der Bundesrat hatte dies lediglich für die über 65-jährigen Ärzte vorgeschlagen. Bundesrätin Dreifuss zeigte sich nicht überzeugt von der positiven Wirkung der Massnahme, die sie als Gefährdung der Solidarität in der Grundversicherung erachtet, da der Verlust der freien Arztwahl zu mehr Zusatzversicherungen und somit zu einer Zweiklassenmedizin führen könne; sie vermochte sich mit ihren Argumenten aber nicht durchzusetzen. Am meisten zu Diskussionen Anlass gaben die Kriterien, nach denen die Auswahl jener Ärzte vorgenommen werden soll, die nach wie vor zu Lasten der Grundversicherung praktizieren dürfen. Man einigte sich schliesslich auf die Formulierung, diese müssten ihre Leistungen wirtschaftlich effizient und wissenschaftlich begründet anbieten. Da Konflikte zwischen den Kassen und der Ärzteschaft vorprogrammiert sind, will der Ständerat in diesen Fällen tripartite Kommissionen (Kassen, Ärzte und Kantonsvertreter) zur Schlichtung einsetzen; er vehehlte aber nicht, dass ihm sein Modell noch nicht in allen Punkten ausgegoren scheint, weshalb er auf die Beratung durch den Nationalrat setzt, um die Kriterien stringenter zu formulieren.

Dossier: Réduction de primes

Der Ständerat, der diese Vorlage als Erstrat beriet, beschloss neben Massnahmen im Bereich der Spitalfinanzierung resp. der ambulanten Leistungserbringer die Einführung eines „Sozialziels“ im Krankenversicherungsbereich; demnach soll die Prämienbelastung der Haushalte 8% des Einkommens nicht mehr überschreiten dürfen. Diese Limite war bereits im bundesrätlichen Entwurf zum KVG enthalten gewesen, damals aber vom Parlament abgelehnt worden. Als Ausgang für die Berechnungen bezeichnete die kleine Kammer das Reineinkommen gemäss Bundessteuer, erhöht um einen Zuschlag von 10% des steuerbaren Vermögens. Die Kantone sollen auf die Einhaltung dieses Ziels verpflichtet werden; um finanzschwache Kantone zu entlasten, soll der Bund ab 2004 jährlich 300 Mio. Fr. zusätzlich für die Prämienverbilligungen bereitstellen. Die kleine Kammer sah in der Definition eines Sozialziels einen indirekten Gegenvorschlag zur SP-Volksinitiative „Gesundheit muss bezahlbar bleiben“, die einkommens- und vermögensabhängige Prämien verlangt. Zudem wurde der Bundesrat beauftragt, innerhalb von fünf Jahren Verbesserungen beim Risikoausgleich unter den Kassen vorzuschlagen.

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Anlässlich der Beratung der 2. Teilrevision KVG folgte der Ständerat bei der Spitalfinanzierung in den wesentlichen Punkten dem Bundesrat. Demnach müssen sich Kantone und Versicherer in Zukunft hälftig die Kosten für die Behandlung aller Spitalpatienten (unabhängig von deren Versicherungsdeckung) sowohl inner- wie ausserkantonal sowie die Finanzierung der Investitionskosten der Spitäler teilen. Es werden nicht mehr Institutionen subventioniert, sondern Leistungen abgegolten. Für die Kantone entstehen jährlich Mehrkosten von – je nach Schätzung – 600 Mio bis 1,2 Mia Fr., wobei zur Schonung der Kantone auf Antrag Stadler (cvp, UR) eine vierjährige Übergangsregelung mit steigender Kantonsbeteiligung stipuliert wurde. Die Einigung über die Kostenaufteilung bis zu diesem Zeitpunkt wollte die kleine Kammer den Verhandlungen zwischen den Kantonen und den Versicherern überlassen. Die Politik wurde hier aber erneut vom Eidg. Versicherungsgericht (EVG) eingeholt. Nachdem das vom BSV vermittelte Stillhalteabkommen zwischen den Kantonen und den Versicherern Ende 2000 ausgelaufen war, hatten sich mehrere Kassen an die Gerichte gewandt, um ihre Forderungen auf diesem Weg durchzusetzen. Das EVG entschied Ende Jahr, dass auch bei der innerkantonalen Hospitalisation der Sockelbeitrag zu Gunsten der halbprivat und privat versicherten Spitalpatienten ab 2001 geschuldet ist. Da das EVG-Urteil keine Übergangsfrist vorsah, setzte sich die interkantonale Sanitätsdirektorenkonferenz (SDK) beim Parlament für einen dringlichen Bundesbeschluss ein, um zumindest eine Etappierung und Abfederung der Zusatzbelastung zu erreichen.

Dossier: Réduction de primes

Anlässlich seiner Klausurtagung vom Mai stimmte der Bundesrat grundsätzlich dem Vorschlag des Ständerates zu, wonach im KVG ein Sozialziel für die individuelle Prämienverbilligung verankert werden soll. Die von der kleinen Kammer beschlossene Prämienbelastungsquote von maximal 8% des Einkommens hielt er indessen für untauglich, da sie nach dem verpönten Giesskannenprinzip dazu führen würde, dass auch Personen mit hohem Einkommen entlastet würden. Einer starren Quote wollte er deshalb ein Modell gegenüber stellen, das gezielt Mittelstandsfamilien mit Kindern unterstützt, ohne deshalb Personen, die heute vom Prämienverbilligungssystem profitieren, wieder vermehrt zur Kasse bitten zu müssen. Er beauftragte deshalb das EDI, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und dem EFD Varianten zu erarbeiten und deren Finanzierungsmöglichkeit zu klären. Der Bundesrat schlug schliesslich ein Modell vor, das in ähnlicher Form bereits im Kanton Graubünden praktiziert wird. Im neuen System der Prämienverbilligung sehen die Kantone je mindestens vier Einkommenskategorien für Familien mit Kindern (inkl. Alleinerziehende) und für die übrigen Versicherten vor. Familien mit Kindern im untersten Einkommenssegment sollen künftig höchstens 2% des bundessteuerlichen Reineinkommens (korrigiert um einen Vermögensfaktor von 10%) für die Prämien der Grundversicherung ausgeben; im obersten Einkommenssegment soll der Eigenanteil 10% nicht übersteigen. Mit dem Modell würde schätzungsweise jede zweite Familie entlastet. Für die restlichen Versicherten (Alleinstehende, Paare ohne Kinder) gilt eine um je 2% höhere Bandbreite (4-12%). Der Gesetzesvorschlag sieht im Hinblick auf eine gesamtschweizerische Vereinheitlichung des Prämienverbilligungsanspruchs eine Bundeskompetenz zur Festlegung der für den Anspruch massgebenden Referenzprämie vor. Damit soll auch ein Anreiz dafür geschaffen werden, dass Prämienverbilligungsbezüger und -bezügerinnen zu günstigeren Krankenversicherern wechseln.

Dossier: Réduction de primes

Im Vorjahr hatte der Ständerat bei der Behandlung der 2. KVG-Teilrevision grundsätzlich die Aufhebung des Vertragszwangs zwischen den Kassen und den Leistungserbringern im ambulanten Bereich (insbesondere den Ärztinnen und Ärzten) beschlossen, erhoffte sich aber vom Nationalrat eine konsistentere Formulierung der dafür vorzusehenden Kriterien. Die vorberatende Kommission des Nationalrates machte aus Angst vor einem Referendum von Ärzteseite wieder einen Schritt zurück. Sie beschränkte sich darauf, die Zulassung zur Grundversicherung sanft und ohne Effekt auf die Mengenausweitung zu beschränken, etwa mittels strengerer Anforderungen an die Weiterbildung. Im Plenum war aber vorerst von rechts bis links die Meinung spürbar, dass der Vorschlag der Kommission nicht ausreicht. Daneben lagen drei weitere Modelle vor. Wie bereits im Vorjahr schlug der Bundesrat die Regelung der Ärztezahl durch eine Alterslimite vor. Ärzte, die das 65. Altersjahr überschritten haben, sollten nur noch zu Lasten der Grundversicherung praktizieren dürfen, wenn sie mit einer oder mehreren Kassen einen Vertrag abschliessen können. Eine weitergehende Aufhebung des Kontrahierungszwangs wollte er auf die 3. KVG-Revision verschieben, da die Sache momentan noch nicht reif und die Modelle zu unüberlegt seien. Bundesrätin Dreifuss wiederholte ihre grundsätzliche Kritik an der Vertragsfreiheit: Diese gefährde die freie Arztwahl und die hoch stehende Qualität des Gesundheitswesens. Eine bürgerliche Minderheit um die Nationalräte Widrig (cvp, SG) und Gutzwiller (fdp, ZH) plädierte analog zum Ständerat für die sofortige und umfassende Aufhebung. Die Linke setzte sich dafür ein, den Kontrahierungszwang für Spezialärzte aufzuheben, es sei denn, sie seien einem Hausarztmodell mit Budgetverantwortung angeschlossen. In den Eventualabstimmungen setzte sich vorerst das bürgerliche Modell durch, doch wurde es am Schluss überraschend abgelehnt. Mit 91 zu 76 Stimmen gaben SP, Grüne, eine Mehrheit der CVP und eine Minderheit der FDP dem zurückhaltenden Modell der vorberatenden Kommission den Vorrang, angereichert durch einen Antrag der beiden Berner Baumann (sp) und Suter (fdp) für schärfere Sanktionen gegen die „schwarzen Schafe“. Da die KVG-Revision in der Gesamtabstimmung abgelehnt wurde, sind diese Beschlüsse – zumindest vorderhand – hinfällig.

Dossier: Réduction de primes

Bei der Beratung der 2. KVG-Teilrevision im Nationalrat setzte sich ein Antrag Goll (sp, ZH) durch, welcher verlangte, dass die Ärzte künftig nur noch Wirkstoffe verschreiben dürfen und nicht mehr die einzelnen Produkte. In der Apotheke soll dann bei gleichwertigem Angebot das kostengünstigste Medikament abgegeben werden. Mit dieser gesetzlichen Regelung möchte Goll den Verkauf von Generika (gleichwertige Nachahmerprodukte von Originalpräparaten) ankurbeln, die mit einem Marktanteil von 3% im Vergleich mit den umliegenden Ländern immer noch ein Schattendasein fristen. Der Antrag stiess im bürgerlichen Lager auf Widerstand. Im Namen der FDP-Fraktion erinnerte Egerszegi (AG) daran, dass die Stimmbürger erst 2001 die „Denner-Initiative“ ähnlichen Inhalts verworfen haben. Unterstützung erhielt sie von Drogist und SVP-Nationalrat Stahl (ZH), der vor einer Qualitätseinbusse im Gesundheitswesen warnte. Die CVP äusserte sich nicht, stimmte dann aber fast geschlossen mit der Linken und den Grünen und verhalf so dem Antrag mit 75 zu 73 Stimmen knapp zum Durchbruch. Da die KVG-Revision in der Gesamtabstimmung abgelehnt wurde, ist dieser Beschluss – zumindest vorderhand – hinfällig.

Dossier: Réduction de primes

Bei der Beratung der 2. KVG-Revision war im Nationalrat der Übergang zur leistungsbezogenen, generell hälftigen Spitalfinanzierung durch die Kantone und die Versicherer unbestritten. Analog zum Ständerat im Vorjahr wurde der Wechsel von der dual-fixen zur monistischen Finanzierung, bei der die Versicherungen die alleinige Zahlstelle sind und dadurch mehr Transparenz erlangen, während die Kantone ihre Beiträge an die Versicherer leisten, im Grundsatz zwar gutgeheissen, aber auf die 3. KVG-Revision verschoben. Abweichend vom dringlichen Bundesbeschluss beantragte die vorberatende Kommission, dass neu auch Privatspitäler Kantonsbeiträge erhalten sollen, falls sie auf der Spitalliste der Kantone aufgeführt sind und von diesen einen Leistungsauftrag erhalten haben. Die bürgerlichen Befürworter erklärten, damit würden gleich lange Spiesse geschaffen und der Wettbewerb gefördert. Die Gegner kritisierten, die Spiesse seien gar nicht gleich lang, da die Privatkliniken nicht an die selben Auflagen (etwa punkto Betrieb einer Notfallstation oder qualitativer und quantitativer Standards beim Personal) gebunden seien wie die öffentlichen Spitäler. Ein diesbezüglicher Antrag der SP wurde ebenso abgelehnt wie ein weiterer Antrag, für den ambulanten Bereich der Spitäler Globalbudgets einzuführen. Da die Gesetzesrevision vom Nationalrat in der Gesamtabstimmung verworfen wurde, sind diese Beschlüsse – zumindest vorderhand - hinfällig.

Dossier: Réduction de primes

Im Grundsatz stimmte der Nationalrat bei der 2. KVG-Revision, auf die er mit 123 zu 2 Stimmen eintrat, diesem Modell zu. Zu einem politischen Hickhack führte aber die Frage, wie viele zusätzliche Bundessubventionen für die Umsetzung nötig sind. Der Ständerat hatte die Kosten seines Modells (maximal 8% für alle Versicherten) auf 300 Mio. Fr. veranschlagt. Die Ratslinke vertrat die Auffassung, es brauche mindestens diesen Betrag, damit die Neuregelung der Prämienverbilligung ihr Hauptziel – die Entlastung des Mittelstandes – erreichen könne. Die FDP wollte lediglich 150 Mio. Fr. einschiessen. Sie begründete ihre Haltung damit, dass das Modell des Bundesrates mit den Bandbreiten keinen Giesskanneneffekt mehr habe und damit zwangsläufig kostengünstiger sei. Mit Unterstützung der CVP setzte sich der Antrag auf 300 Mio. Fr. mit 97 zu 89 Stimmen durch. Zur absolut teuersten Lösung wurde diese Variante der Zusatzfinanzierung aber durch einen mit 134 zu 48 Stimmen angenommenen Antrag Borer (svp, SO), die Bundesleistungen fix an den Anstieg der Gesundheitskosten zu koppeln. Borer argumentierte, die Indexierung zwinge den Bund zur stärkeren Beteiligung an den Kosten, die er durch die von ihm bestimmten Ausweitungen der Krankenkassenleistungen verursache. Durch die kumulative Wirkung des Ausgangsbetrages und der Indexierung war das Fuder für die Bürgerlichen aber definitiv überladen. Mit dem Hinweis, der Rat habe in wechselnden Mehrheiten auf alle Vorschläge zur Kostendämpfung – Anhebung von Franchise und Selbstbehalt, Aufhebung des Vertragszwangs zwischen Kassen und Ärzten – verzichtet, erteilten sie der Vorlage, der letzten, welche die scheidende Bundesrätin Dreifuss im Parlament vertrat, eine Abfuhr: In der Gesamtabstimmung wurde die 2. KVG-Revision mit 93 zu 89 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) verworfen. FDP und SVP stimmten fast geschlossen dagegen, SP und Grüne geschlossen dafür, ebenso eine knappe Mehrheit der CVP. Die Linke wertete den Eklat als abgekartetes Spiel der Bürgerlichen. Es sei darum gegangen, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass Dreifuss kein valables Gesetz zustande gebracht habe, weshalb jetzt Bundesrat Couchepin, der ab dem nächsten Jahr das EDI übernimmt, die Sache richten müsse. Die Vorlage geht zurück an den Ständerat.

Mit dem negativen Resultat in der Gesamtabstimmung wurden auch alle anderen vom Nationalrat gefällten Beschlüsse – zumindest vorderhand – hinfällig. Dies betrifft insbesondere die Entlastung der Familie bei den Kinderprämien, die Einführung einer Versichertenkarte, Massnahmen gegen die sogenannten Billigkassen, die eine gezielte Risikoselektion betreiben, sowie die Planungskompetenz des Bundes im Bereich der Spitzenmedizin. Diese Punkte wurden allesamt deutlich angenommen. Abgelehnt wurde hingegen eine freiwillige Hotellerieversicherung in der Grundversicherung, eine interkantonale Spitalplanung sowie eine kantonale Genehmigungspflicht für Hightech-Einrichtungen.

Dossier: Réduction de primes

Nachdem das Revisionsvorhaben in der Wintersession des Vorjahres im Nationalrat in der Gesamtabstimmung gescheitert war, lag der Ball wieder beim Ständerat, der sich umgehend an die Differenzbereinigung machte. In mehreren Sitzungen erarbeitete dessen SGK zusammen mit der Verwaltung neue Lösungen, in der Hoffnung, diese würden bei den involvierten Akteuren auf eine breitere Zustimmung stossen. In der Eintretensdebatte im Plenum führte der Kommissionssprecher aus, man wolle grundsätzlich an den ersten Beschlüssen vom Dezember 2001 festhalten. Die Vorlage sei aber verbessert, Ideen aus dem Nationalrat seien aufgenommen und neue Entwicklungen berücksichtigt worden. In der Detailberatung wurden die Vorschläge der Kommission weitgehend akzeptiert, insbesondere der Übergang zur dual-fixen Spitalfinanzierung sowie die Lockerung des Vertragszwangs im ambulanten Bereich. Bei der Prämienverbilligung schwenkte der Ständerat auf die Lösung des Nationalrates und damit den Vorschlag des Bundesrates um. Die maximale Prämienbelastung wurde nicht fix bei 8% des Einkommens festgelegt, wie dies die kleine Kammer in erster Lesung beschlossen hatte, sondern für Familien mit Kindern je nach Einkommen in einer Bandbreite zwischen 2% und 10% festgelegt, für alle anderen zwischen 4% und 12%. Zusätzlich wurde beschlossen, einem Entscheid des Nationalrats aus dem Vorjahr zu folgen und die Prämie für das erste Kind zur Hälfte und für alle weiteren Kinder vollständig durch Mittel der öffentlichen Hand zu subventionieren. Diese Bestimmung, von Beerli (fdp, BE) als verpönte „Giesskanne“ angeprangert, war allerdings sehr umstritten und wurde mit 18 zu 17 Stimmen nur ganz knapp angenommen. Um diese Entlastung der Familien zu finanzieren, schlug die Mehrheit der Kommission vor, die Bundesbeiträge für die Prämienverbilligung ab 2004 um CHF 200 Mio. zu erhöhen. Beerli beantragte eine Anhebung um lediglich CHF 150 Mio. und setzte sich mit 17 zu 14 Stimmen durch. Gegen einen Antrag Beerli beschloss der Ständerat, dass die jährlichen Bundesbeiträge aufgrund der Kostenentwicklung in der obligatorischen Krankenversicherung und unter Berücksichtigung der Finanzlage des Bundes und der Kantone indexiert werden.

Dossier: Réduction de primes

Bis Ende 2002 mussten die Krankenkassen lediglich einen Beitrag an die in Pflegeheimen und im Spitexbereich erbrachten Leistungen der Grundpflege bezahlen. Durch eine Verordnungsänderung wurden die Leistungen der Versicherer per Anfang 2003 insofern ausgeweitet, als sie verpflichtet wurden, die tatsächlichen Pflegekosten zu übernehmen. Die Krankenkassen schätzten, dass ihnen dies Mehrkosten von rund einer Mia Fr. bescheren würde, was die Prämien entsprechend ansteigen liesse. Bei der Beratung der 2. KVG-Revision wollte der Ständerat den Versicherern insofern entgegen kommen, als er eine Bestimmung ins Gesetz einfügte, die es dem Bundesrat erlaubt hätte, umgehend wieder den Status quo ante herzustellen resp. die Belastung der Versicherer auf dem Stand von Anfang 2003 einzufrieren. Auch der Nationalrat war der Ansicht, dass hier Handlungsbedarf besteht, sprach sich aber gegen die vom Ständerat gewählte, die künftige Entwicklung präjudizierende Formulierung aus. Er beschloss im Sommer, die Klärung dieser Frage auf die 3. KVG-Revision resp. auf eine separate Vorlage zu verschieben.

Dossier: Réduction de primes

In der zweiten Runde der KVG-Revision stimmte der Ständerat mit 21 zu 8 Stimmen einem Antrag der Kommission zu, wonach im Sinn der Kostendämpfung bei gleicher Eignung das preisgünstigere Medikament zu verabreichen sei. Schiesser (fdp, GL) versuchte vergebens, dies zu verhindern. Er machte geltend, dies würde einem „Zwang“ gleichkommen, Generika abzugeben. Auch Bundespräsident Couchepin sprach sich gegen eine derartige Verpflichtung für die Ärzte und Apotheker aus, mit dem Argument, der Spareffekt durch Generika sei derart gering (rund 80 Mio Fr. pro Jahr), dass es sich nicht lohne, dafür die therapeutische Freiheit der Ärzte zu beschneiden. Der Nationalrat ergänzte den Beschluss der kleinen Kammer mit der Bestimmung, dass Apotheken auch bei Verschreibung eines Originalpräparats dieses durch ein Generikum ersetzen können, falls der Arzt nicht ausdrücklich die Abgabe des Originals verlangt. Im Vorjahr hatte er noch knapp einen Antrag Goll (sp, ZH) angenommen, wonach die Ärzte nur noch Wirkstoffe hätten verschreiben dürfen, worauf dann die Apotheken bei gleichwertigem Angebot das kostengünstigste Medikament abzugeben hätten. Goll reichte ihren Antrag erneut ein, scheiterte aber mit 100 zu 56 Stimmen deutlich. Da die KVG-Revision vom Nationalrat letztlich abgelehnt wurde, sind diese Bestimmungen hinfällig.

Dossier: Réduction de primes

Der Nationalrat begann die Beratung der Differenzen in der Sommersession. Gleich zu Beginn machte die bürgerliche Ratsmehrheit der SP klar, dass sie nach dem Scheitern ihrer „Gesundheitsinitiative“ auf kein Entgegenkommen mehr zählen könne. Die Anträge der SP wurden gleich reihenweise abgeschmettert, selbst solche, die im Vorjahr noch angenommen worden waren. So sagte die grosse Kammer Nein zu einem Verbot der Billigkassen, zur Verschreibung der Wirkstoffe anstatt der Originalmedikamente, zu vermehrter Planungskompetenz des Bundes, zur Einführung eines Qualitätsmanagements im ambulanten Bereich, zu einer freiwilligen Hotellerie-Versicherung in der Grundversicherung, zu einkommensabhängigen Franchisen und zur Schaffung eines von Bund, Kantonen und Kassen alimentierten Hochrisiko-Pools, mit dem besonders kostspielige Behandlungen finanziert werden sollten.

Grundsätzlich unbestritten blieb das neue System der Prämienverbilligung mit einem differenzierten Sozialziel. Auf Antrag von Guisan (fdp, VD) fügte der Rat mit 108 zu 33 Stimmen eine Klausel ein, wonach die Kantone für den Anspruch auf Prämienverbilligung ein Höchsteinkommen festzulegen haben. Der Entscheid zur Prämienbefreiung von Kindern wurde mit 84 zu 65 Stimmen bekräftigt. In der Frage der Finanzierung der Prämienverbilligung, bzw. der Erhöhung der Bundesbeiträge nach Inkrafttreten der Gesetzesrevision, standen verschiedene Vorschläge im Raum, nämlich ein Antrag einer bürgerlichen Kommissionsminderheit I auf CHF 150 Mio. sowie der Antrag einer links-grünen Minderheit II auf CHF 500 Mio. Schliesslich setzte sich der Antrag der Kommissionsmehrheit (zusätzliche CHF 200 Mio.) mit 75 zu 67 Stimmen gegen den geringeren und mit 90 zu 52 Stimmen gegen den höheren Betrag durch; die jährliche Indexierung sollte sich, anders als vom Ständerat beschlossen, aber nur auf die Kostenentwicklung in der Krankenversicherung beziehen.

Dossier: Réduction de primes

Bundesrätin Dreifuss hatte den starren Vertragszwang im ambulanten Bereich nur mittelfristig aufheben wollen. Ihr Nachfolger im EDI, Bundespräsident Couchepin, machte hingegen gleich nach seinem Amtsantritt Dampf in dieser Sache. Anstatt einer generellen Aufhebung des Vertragszwangs zwischen Ärzteschaft und Versicherern brachte er ein neues Modell in die Diskussion, das von der vorberatenden Kommission des Ständerates noch verfeinert wurde. Demnach sollten die Kantone festlegen, wie viele Leistungserbringende der einzelnen Sparten es unter Berücksichtigung des Angebots in den Nachbarkantonen auf ihrem Gebiet braucht. Die Krankenversicherer sollten lediglich noch verpflichtet sein, mit mindestens dieser Zahl von Leistungserbringern zusammenzuarbeiten, und zwar mittels Verträgen von jeweils vier Jahren und einer Kündigungsfrist von 18 Monaten vor Auslaufen des Vertrags. Bereits zu Lasten der sozialen Krankenversicherung praktizierende Ärztinnen und Ärzte sollten bei Inkrafttreten der Gesetzesrevision Anrecht auf einen ersten Vertrag von vier Jahren haben. Alte Patientinnen und Patienten mit einer langjährigen Arztbeziehung und einem schweren Leiden sollten ihren Arzt aber auf jeden Fall behalten können. Ärzte, die sich in einem kostengünstigen Netzwerk mit Budgetverantwortung zusammenschliessen, sollten beim Abschluss eines Vertrages von den Versicherern bevorzugt werden. Die Kommission wollte den Übertritt der Versicherten in die Netzwerke dadurch fördern, dass für diese der Selbstbehalt bei 10% belassen, für alle anderen Versicherten auf 20% angehoben werden sollte. Das Plenum des Ständerates, das sich bereits 2001 grundsätzlich für die Aufhebung des Vertragszwangs ausgesprochen hatte, stimmte dem neuen Modell oppositionslos zu.

Der Nationalrat, der im Vorjahr eine Aufhebung des Vertragszwangs noch abgelehnt hatte, sagte nun mit 153 zu 18 Stimmen Ja zum neuen Modell, schwächte die Lockerung allerdings noch etwas ab. Er entschied, dass chronisch Kranke ihren Arzt behalten dürfen, auch wenn dieser mit ihrer Kasse keinen Vertrag mehr hat. Ärztenetze mit Budgetverantwortung sollten von den Kassen nicht nur bevorzugt, sondern automatisch mit einem Vertrag versehen werden. Auf Antrag der SVP, die argumentierte, damit würde die freie Arztwahl „bestraft“, verzichtete er aber mit 134 zu 23 Stimmen auf eine Anhebung des Selbstbehaltes für die Versicherten in traditionellen Versicherungsformen.

Da er den Anreiz für einen Wechsel zu den besonderen Versicherungsformen unbedingt aufrechterhalten wollte, beschloss der Ständerat mit 24 zu 10 Stimmen Festhalten. Er signalisierte aber zuhanden der sich abzeichnenden Einigungskonferenz gleichzeitig seine Bereitschaft, die Verdoppelung des Selbstbehalts nicht im Gesetz zu verankern, sondern nur festzuschreiben, dass eine Differenzierung erfolgen muss, deren Ausmass aber der Kompetenz des Bundesrates zu überlassen. Diese Lösung setzte sich in der Einigungskonferenz dann auch durch. Da die 2. KVG-Revision im Nationalrat definitiv scheiterte, sind diese Beschlüsse hinfällig.

Noch bevor die parlamentarischen Beratungen abgeschlossen waren, beschloss die Ärztekammer der FMH, wegen der Lockerung des Vertragszwangs das Referendum zu ergreifen

Dossier: Réduction de primes

Nach umfangreichen Hearings beantragte die Kommission des Ständerates dem Plenum, die Pflegefinanzierung nicht mit der laufenden Revision zu ändern, um nicht die gesamte Vorlage wegen dieser Frage scheitern zu lassen. Sie legte aber eine Motion vor, welche den Bundesrat beauftragte, dem Parlament bereits 2004 die Botschaft zu einer neuen Finanzierung der Krankenpflege in Koordination mit der Leistungspflicht anderer Sozialversicherungen einschliesslich der Ergänzungsleistungen zur AHV zu unterbreiten. Die Motion wurde vom Ständerat angenommen, vom Nationalrat aber abgelehnt, weil sie das heutige Finanzierungsvolumen der Krankenversicherer festschreiben wollte. Stattdessen überwies der Nationalrat eine Motion seiner SGK mit gleichem Wortlaut, allerdings ohne Einfrieren der Tarife.

Dossier: Réduction de primes

Einen Hauptbestandteil der 2. KVG-Revision bildete die Überführung dieser Regelung in geltendes Recht, d.h. der definitive Übergang zu leistungsbezogenen Pauschalen und zu einer dual-fixen Spitalfinanzierung, bei der Kantone und Versicherer zu gleichen Teilen für die Investitions- und Betriebskosten der öffentlichen und privaten Listenspitäler aufkommen. Im Ständerat, der die Vorlage als Erstrat behandelte, wollte eine Minderheit Stähelin (cvp, TG) bereits in dieser Revisionsetappe zur monistischen Finanzierung übergehen, bei der es nur noch eine Zahlstelle (Kassen) gibt und die kantonalen Subventionen nicht mehr an die Leistungserbringer, sondern an die Zahlstelle fliessen. Obgleich Einigkeit darüber herrschte, dass die monistische Finanzierung dereinst kommen soll, war der Ständerat doch der Ansicht, dieser Systemwechsel wäre im heutigen Zeitpunkt zu abrupt, weshalb er den Antrag mit 22 zu 16 Stimmen ablehnte. Der Nationalrat stimmte der Neuregelung diskussionslos zu. Da die KVG-Revision im Nationalrat definitiv scheiterte, sind diese Beschlüsse hinfällig.

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In der zweiten Runde der Differenzbereinigung schloss sich der Ständerat bei der Erhöhung der Bundesbeiträge dem Nationalrat an (+ CHF 200 Mio.). Da in der Zwischenzeit die kantonalen Finanzdirektoren bei der Kommission vorstellig geworden waren und auf die enormen Kosten verwiesen hatten, die auch auf sie zukommen würden, entschied er diesmal mit 22 zu 19 Stimmen, auf die zusätzliche einkommensunabhängige Subventionierung der Kinderprämien zu verzichten. Im Nationalrat setzte aber eine Koalition aus CVP, SP und Grünen mit 92 zu 90 Stimmen durch, dass daran festgehalten wurde. Mit 10 zu 12 Stimmen schloss sich die Einigungskonferenz dem Ständerat an; sie lehnte auch einen Kompromissvorschlag ab, der die Kinderprämien nur für Familien mit einem Einkommen bis CHF 126'000 übernehmen wollte. Der Ständerat stimmte den Anträgen der Einigungskonferenz diskussionslos zu.

Dossier: Réduction de primes

Im Nationalrat wiederholte sich dann aber das Debakel des Vorjahres – allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. SP und Grüne lehnten die Vorlage geschlossen ab, weil ihrer Meinung nach für das neue Modell der Prämienverbilligung zu wenig Geld gesprochen wurde und weil sie mehr Planung statt mehr Wettbewerb wünschten. Die CVP enthielt sich wegen der gestrichenen Kinderrabatte ebenso geschlossen der Stimme. Besonders in der neuen Zusammensetzung der grossen Kammer hätte diese Allianz allein nicht genügt, um die Vorlage bachab zu schicken. Auch die je vier Abweichler in FDP (die drei Waadtländer Favre, Vaudroz und Guisan, der formell den Antrag auf Ablehnung stellte, sowie Markwalder, BE) und SVP (die drei Zürcher Kaufmann, Keller und Maurer sowie Dunant, BS), welche die Revision gegen den Willen der Fraktionsmehrheit ablehnten, hätten nicht unbedingt zum Kippen der Vorlage führen müssen. Ausschlaggebend waren letztlich Absenzen: Auf der linken Seite fehlten nur zwei Nationalräte, während bei der FDP acht und bei der SVP neun Mitglieder abwesend waren. FDP-Fraktionschef Pelli (TI) äusserte sich entsprechend enttäuscht über seine Leute, die andere Termine dieser wichtigen Abstimmung vorgezogen hätten. Pelli ortete aber auch ein «Problem Couchepin»: im Nationalrat habe dieser zwar noch mit einem dringlichen Appell versucht, die Vorlage zu retten; tags zuvor habe er sie im Ständerat aber scheinbar lustlos verteidigt und erklärt, bei einem Referendum würde es zwar nicht unmöglich, aber schwierig, das Volk von dieser Revision zu überzeugen. Die Vorlage wurde mit 71 zu 66 Stimmen verworfen. Da sie in rund drei Jahren das ganze parlamentarische Verfahren durchlaufen hatte, war sie damit definitiv gescheitert.

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