Erstes Massnahmenpaket zur 6. IV-Revision (IV-Revision 6a)

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Der Bundesrat legte im Frühjahr eine Botschaft bezüglich eines ersten Massnahmenpaketes zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vor. Eine weitere Revision des IV-Gesetzes erachtete die Regierung als unumgänglich, da die vom Volk 2009 angenommene Zusatzfinanzierung im Jahr 2018 auslaufen wird und danach das jährliche Defizit wieder auf CHF 1,1 Mrd. ansteigen wird. Eine Sanierung der IV soll in zwei Schritten erfolgen: Die rasch zu behandelnden ersten Massnahmen verfolgen eher kurzfristig zu realisierende Ziele. Weitere längerfristige Massnahmen sollen in einem zweiten Schritt angegangen werden. Die Botschaft betont vier Hauptbereiche: Mit einer eingliederungsorientierten Rentenrevision soll die Wiedereingliederung aktiv gefördert und damit die Zahl der Renten reduziert werden; durch eine Neuregelung des Finanzierungsmechanismus will der Bundesrat den Anteil des Bundes von den laufenden Ausgaben der IV entkoppeln und diesen nur noch nach der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung richten; da die Kosten gegenwärtig zu hoch sind, sollen im Hilfsmittelbereich Preissenkungen erfolgen und schliesslich muss gleichzeitig zur finanziellen Konsolidierung ein kostenneutraler Umbau des Leistungssystem im Bereich der Hilflosenentschädigung (Assistenzbeitrag) erfolgen. Durch die vorgeschlagenen Massnahmen könnten die Kosten nach Ansicht der Regierung beinahe halbiert werden.

Der Ständerat behandelte die Vorlage als Erstrat. Das Eintreten war zwar unbestritten, es gab aber auch Stimmen von linker Seite, welche die 6. IV-Revision für übereilt hielten, weil in ihren Augen erst die Auswirkungen der 5. Revision hätten evaluiert werden müssen. Die kleine Kammer nahm an der Vorlage des Bundesrates nur wenige Änderungen vor. So stimmte sie beispielsweise der veränderten Berechnungsweise des Bundesbeitrages an die IV zu, nahm jedoch eine Präzisierung vor. Nach einer intensiven Diskussion folgte der Ständerat dem Bundesrat und der Kommissionsmehrheit und stimmte gegen den Willen einer sozialdemokratischen Minderheit einer Überprüfung derjenigen Renten zu, die vor 2008 „gestützt auf eine Diagnose von organisch nicht erklärbaren Schmerzzuständen“ ausgesprochen worden waren. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den ersten Teil der 6. IV-Revision mit 24 zu 3 Stimmen an.

Wesentlich umstrittener war die Vorlage im Nationalrat. Hier kam es zu den für sozialpolitische Vorlagen typischen Konfrontationen zwischen dem linken und dem rechten Lager. Während die Bürgerlichen am Sparkurs festhalten wollten, bezeichnete das linke Lager die Revision als Programm des wirtschaftlichen und sozialen Ausschlusses und prangerte die aus seiner Sicht diskriminierenden Massnahmen an. Gegen den Willen dieser links-grünen Minderheit beschloss der Nationalrat schliesslich mit 121 zu 46 Stimmen das Eintreten auf die Vorlage. Eine Rückweisung an den Bundesrat mit dem Auftrag, die Arbeitgeber zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung zu verpflichten und die Streichung von Renten einzuschränken, wurde mit 120 zu 57 Stimmen abgelehnt. Obwohl die grosse Kammer im Vergleich zum Ständerat nur geringfügige Differenzen schuf, kam es doch zu intensiven Diskussionen. Gegen den Willen des Bundesrates und einer Kommissionsminderheit nahm der Nationalrat eine Bestimmung an, welche vorsah, dass zum Zweck der Früherfassung auch die Krankenkassen der IV „verdächtige“ Fälle melden können. Eine links-grüne Minderheit hatte sich aus Datenschutzgründen gegen diese Regelung ausgesprochen. Bei Sanktionen gegen Personen, die sich Wiedereingliederungsmassnahmen verweigern, folgte der Nationalrat mit grosser Mehrheit der Fassung von Bundes- und Ständerat. Heftige Diskussionen löste Artikel 8b aus, welcher vorsah, dass Unternehmen mit über 250 Beschäftigten einen bestimmten Anteil an Personen einstellen müssen, deren Renten im Rahmen der 6. IV-Revision herabgesetzt oder aufgehoben wurden oder die Wiedereingliederungsmassnahmen durchlaufen haben. Die Quotenbefürworter betonten, dass ein gewisses Gleichgewicht zwischen den Anstrengungen, die von den Versicherten verlangt werden und jenen, die von den Arbeitgebern erwartet werden dürfen, hergestellt werden müsse. Die Gegner hingegen hielten Quoten für ineffizient, schwierig durchzusetzen und nachteilig für die kleinen und mittleren Unternehmen. Für die Quotenvariante stimmten die SP, die Grünen und die Hälfte der CVP, was für eine Mehrheit nicht ausreichte. Auch das Thema der Rentenüberprüfung führte wie zuvor im Ständerat zu Diskussionen. Der Nationalrat nahm diese schliesslich mit 116 zu 63 Stimmen an. Nach mehr als sechs Stunden Beratung nahm die grosse Kammer dieses erste Massnahmenpaket der IV-Revision in der Gesamtabstimmung mit 115 zu 63 Stimmen an.

Le parlement a continué le traitement du premier volet de la sixième révision de l’AI (Révision 6a) présentée par le Conseil fédéral l’année précédente visant à consolider financièrement l’assurance au vu du 1,1 milliard de déficit prévu en 2018. Au Conseil des Etats, les sénateurs ont maintenu certaines divergences avec le Conseil national. Ainsi, ils ont rejeté la possibilité introduite par le Conseil national d’autoriser les offices AI à former des commissions consultatives pour soutenir les mesures d’insertion. De même, ils ont refusé de donner la possibilité aux autorités de l’AI de lancer un recours contre un assuré bénéficiant d’un placement à l’essai si celui-ci a commis une simple infraction par négligence. En revanche, ils ont rejeté par 24 voix contre 7 une minorité Fetz (ps, BS) proposant au gouvernement de dresser une liste des diagnostics potentiellement visés par un réexamen de rente. Ils ont de la sorte adhéré à la décision du Conseil national de réexaminer toutes les rentes, sauf celles des plus de 55 ans et celles datant de plus de quinze ans, et de déterminer lesquelles peuvent être réduites ou supprimées au profit d’une réinsertion sur le marché du travail. Le Conseil national a adhéré à la proposition du Conseil des Etats. Au vote final, la chambre haute a adopté le projet par 33 voix contre 7 et la chambre basse par 125 voix contre 57. La gauche s’est très majoritairement opposée au projet. Les organisations de défense des handicapés ont menacé de lancer un référendum.

Im Berichtsjahr trat das im Vorjahr beschlossene erste Massnahmenpaket der Revision der Invalidenversicherung (Revision 6a) in Kraft. Das Presseecho blieb relativ gering. Als bedeutende Veränderung positiv hervorgehoben wurden einzig die neu beschlossenen Assistenzbeiträge. Diese erlauben es Bezügern einer Hilflosenentschädigung, welche zu Hause und nicht im Heim leben, eine Assistenzperson zur Unterstützung bei ihren täglichen Verrichtungen einzustellen. Im Februar lancierte die IV zudem eine Kampagne zur Information der Firmen über die vorhandenen Instrumente für die Integration Behinderter.

Im Oktober 20117 zog der Bundesrat in einer Medienmitteilung Bilanz zum Assistenzbeitrag der IV. Das Ziel dieser neuen Leistung nach IVG besteht darin, die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung der IV-Bezügerinnen und IV-Bezüger zu fördern, indem sie für ihre Unterstützung im Alltag direkt eine Assistenzperson einstellen können.
Fünf Jahre nach Einführung habe eine Evaluation eine sehr hohe Zufriedenheit mit dem Assistenzbeitrag gezeigt, die grosse Mehrheit der insgesamt 2'171 Bezügerinnen und Bezüger sei mit ihrer Lebensqualität, Pflegesituation und Selbstständigkeit zufrieden oder sehr zufrieden, teilte der Bundesrat mit. Der Assistenzbeitrag erhöhe die Eigenständigkeit von Menschen mit Behinderungen, erleichtere ihre berufliche und soziale Integration und trage zur Entlastung der Angehörigen bei. Dennoch liege die Nachfrage unter der Zahl der erwarteten 3'000 Bezügerinnen und Bezüger, steige aber kontinuierlich an. Dabei seien Personen mit Hilflosenentschädigung über- und Personen mit psychischen Problemen beim Bezug von Assistenzbeiträgen untervertreten. 2016 seien CHF 44 Mio. als Assistenzbeiträge ausbezahlt worden. Verbesserungspotenzial sahen die Betroffenen gemäss Bericht beim administrativen Ablauf und beim anerkannten Hilfebedarf.