Risikoausgleich und Trennung von Grund- und Zusatzversicherung

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Im September des Berichtsjahres präsentierte der Bundesrat einen Entwurf zur Änderung des KVG bezüglich des Risikoausgleichs und der Trennung von Grund- und Zusatzversicherung. Er strebt damit eine stärkere Trennung der Grund- und Zusatzversicherung innerhalb eines Versicherungsanbieters an, indem die beiden Sparten neu von unterschiedlichen juristischen Personen betrieben werden müssen und ein Austausch von Versichertendaten untersagt wird. Ebenfalls soll der Risikoausgleich mit differenzierteren Kriterien verfeinert werden. Der Gesetzesentwurf wurde im Berichtjahr vom Parlament noch nicht behandelt. Bereits wurde aber der Vorwurf geäussert, der Innenminister wolle mit der Trennung von Grund- und Zusatzversicherung Schein-Probleme lösen und bei der Verfeinerung des Risikoausgleichs dem Parlament eine eigene Version vorsetzen, obwohl dieser bereits Gegenstand aktueller Beratungen sei.

In der Frühjahrssession 2015 nahm sich der Ständerat als Erstrat eines Entwurfs des Bundesrats zur Änderung des KVG bezüglich Risikoausgleich und Trennung von Grund- und Zusatzversicherung an. Diverse Elemente einer Vorlage, welche ursprünglich als indirekter Gegenvorschlag zur im September 2014 vom Volk abgelehnten Initiative für eine öffentliche Krankenkasse konzipiert worden war, wurden hierbei aufgenommen. Der Entwurf strebt eine institutionelle Trennung von Grund- und Zusatzversicherung sowie eine Verfeinerung des Risikoausgleichs an. Die Idee der Einrichtung eines Hochrisikopools, welche in der Vernehmlassung besonders kritisiert worden war, war inzwischen fallengelassen worden. Die Kommissionsmehrheit beantragte Nichteintreten, eine Minderheit Stöckli (sp, BE) Eintreten. Die Mehrheit argumentierte, es bestehe kein Handlungsbedarf. Eine Verfeinerung des Risikoausgleichs sei 2014 beschlossen worden und befinde sich in der Umsetzung. Um Geld- und Informationsflüsse zwischen der Grund- und der Zusatzversicherungsabteilung einer Krankenkassengruppe zu unterbinden, bestünden im Krankenversicherungsgesetz und im neuen Aufsichtsgesetz genug Möglichkeiten, und zudem würde das Vorschreiben einer vollkommenen juristischen Trennung einen starken Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit der Versicherer bedeuten. Die Minderheit hielt dagegen, das neue Aufsichtsgesetz könne nur dann greifen, wenn es zu einer Finanztransaktion zwischen den verschiedenen Einheiten einer Versicherungsgruppe komme. Dies sei aber per Definition nicht möglich, da eine Versicherungsgruppe eine einzige Rechtspersönlichkeit bilde. Es sei wichtig, auf die Vorlage einzutreten, um anschliessend den konkreten Umfang der vorzunehmenden Trennung zu diskutieren. Die bürgerliche Mehrheit des Rates sah dies anders und beschloss mit 24 zu 17 Stimmen Nichteintreten.

In der Wintersession 2015 war es am Nationalrat, das Geschäft des Bundesrates zum Risikoausgleich und der Trennung von Grund- und Zusatzversicherung in der Krankenpflegeversicherung zu behandeln. Wie zuvor bereits im Ständerat beantragte auch in der grossen Kammer eine Mehrheit der vorberatenden Kommission Nichteintreten. Eine linke Minderheit Steiert (sp, FR) setzte sich für Eintreten ein. Die Mehrheitssprecherin argumentierte, seit die Vorlage verfasst worden sei, sei viel geschehen, sodass diese nun nicht mehr benötigt werde. Ihre Argumentation deckte sich mit jener, die bereits im Ständerat vorgetragen worden war, insbesondere darin, dass die Verfeinerung des Risikoausgleichs im Vorjahr beschlossen worden war und die Transparenz im Rahmen des neuen Aufsichtsgesetzes und dessen Ausführungsverordnung verbessert werde, womit bloss noch die Trennung der Grund- und Zusatzversicherung auf dem Tisch sei. Diese sei im Übrigen von einer Mehrheit der Kassen, darunter die grossen und mittleren, bereits auf freiwilliger Basis umgesetzt worden. Durch den Zwang zur Auftrennung werde die Wahlfreiheit der Versicherten eingeschränkt, die sich aktuell mehrheitlich dafür entscheiden, Grund- und Zusatzversicherung beim selben Anbieter abzuschliessen. Die Einführung von Informationsbarrieren für die juristische Trennung führe zudem zu einem administrativen Mehraufwand bei Versicherern und Versicherten, welche gemäss einer von Santésuisse in Auftrag gegebenen Studie CHF 400 Mio. jährlich ausmachen würden. Der Minderheitssprecher bestätigte, dass sich die Verfeinerung des Risikoausgleichs und die Verbesserung der Aufsicht mittlerweile erledigt hatten. Die Interpretation der Mehrheit, wonach die Absage der Stimmbevölkerung an die Volksinitiative für eine öffentliche Krankenkasse auch eine Absage an die Trennung von Grund- und Zusatzversicherung gewesen sei, wies er jedoch als einseitig zurück. Der Gegenseite warf er vor, im Abstimmungskampf Versprechungen gemacht zu haben, die nach der Ablehnung der Initiative rasch wieder vergessen oder stark verwässert wurden. Bei Unternehmen, die Grund- und Zusatzversicherung anbieten, sei die Aufsicht erschwert, und eine einzige Rechtspersönlichkeit müsse zwei Rollen erfüllen: Die Zusatzversicherung folgt einer Marktlogik, während die Grundversicherer gemäss einem Bundesgerichtsurteil ausführende Organe des Staates sind. Die Trennung, welche durch eine Mehrheit der Kassen bereits praktiziert werde, auf alle Kassen anzuwenden, sei bloss kohärent. Die zusätzlichen Kosten hätten keineswegs ein Ausmass wie von der Gegnerschaft prognostiziert, und die Vorlage würde auch Einsparungen ermöglichen. Nach weiteren Voten gegen die Vorlage und einem Plädoyer Bundesrat Bersets, der ausführte, dass sich derzeit zwar die juristische Trennung, nicht aber die Informationssperre zwischen den beiden Versicherungszweigen etabliere, schritt man zur Abstimmung. 46 Nationalratsmitglieder stimmten für Eintreten, 127 dagegen, 3 enthielten sich der Stimme. Die Vorlage war damit definitiv vom Tisch.