Eurolex: Änderung im Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (92.057.28)

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Viel zu reden gab die Änderung im Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (BVG), wonach Ausländerinnen und Ausländern, welche die Schweiz verlassen und sich in einem EWR-Land niederlassen, der obligatorische Teil der beruflichen Vorsorge nicht mehr bar ausbezahlt werden soll, es sei denn, sie würden sich selbständig machen. Die betreffenden Gelder sollten bis zum Erreichen des Pensionierungsalters blockiert bleiben. 'Dieser Vorschlag sorgte in der ausländischen Arbeitnehmerschaft für viel Unruhe, da in der Vergangenheit diese Summen sehr oft zur finanziellen Absicherung einer vorzeitigen Rückkehr in die Heimat verwendet worden waren. Es kam zu Demonstrationen und zu massiven Kündigungsdrohungen per Ende Jahr. Arbeitgeber und Gewerkschaften bildeten eine ungewohnte Allianz und beschworen das Parlament, hier eine Lösung zu finden, da eine Kündigungswelle von oftmals langjährigen Mitarbeitern die Schweizer Unternehmen hochgradig in Schwierigkeiten bringen würde.

Dossier: Eurolex (BRG 92.057)

Der Ständerat schloss sich vorerst der konsequenten Linie des Bundesrates an. Ein Kompromissvorschlag Onken (sp, TG), die Situation durch eine fünfjährige Übergangsfrist zu entschärfen, scheiterte an der Warnung Cottis, Brüssel werde dies nicht zulassen, da es einer Nachverhandlung zum EWR-Vertrag gleichkäme. Die vorberatende Kommission des Nationalrates nahm den Gedanken aber wieder auf und verlangte einstimmig – nachdem sie Gewerkschaften, Gastarbeiterorganisationen, Arbeitgeber und Pensionskassenfachleute angehört hatte –, dass der Bundesrat in Verhandlungen mit der EG-Kommission eine Übergangslösung finden müsse. Dieser Haltung schloss sich auch das Plenum an. Es befand, das Parlament habe bis anhin die Umsetzung von EWR-Recht mustergültig vorgenommen; bloss wegen einer bis ins hinterste Detail einwandfreien Vertragsauslegung Tausenden von Gastarbeitern unversehens einen Strich durch ihren Lebensplan zu machen, gehe aber zu weit. Unter dem Druck der für einmal gemeinsam marschierenden Sozialpartner lenkte Bundesrat Cotti ein und versprach, sich – analog zum freien Personenverkehr – auch hier für eine fünfjährige Übergangsfrist einzusetzen. Brüssel signalisierte dann tatsächlich Bereitschaft zum Einlenken. Unter dieser Bedingung nahmen beide Kammern die Gesetzesänderung an.

Dossier: Eurolex (BRG 92.057)

Die Bestimmung, wonach verheiratete oder vor der Heirat stehende Frauen, die aus dem Berufsleben ausscheiden, ihre Pensionskassengelder nicht mehr bar ausbezahlt erhalten, wurde hingegen praktisch diskussionslos angenommen. Diese Gesetzesänderung, welche einen späteren beruflichen Wiedereinstieg erleichtern soll, ist ohnehin in der BVG-Revisionsvorlage des Bundesrates vorgesehen, da die heutige Regelung dem Gleichheitsartikel in der Bundesverfassung widerspricht.

Dossier: Eurolex (BRG 92.057)