Rumantsch Grischun als Amtssprache im Kanton Graubünden

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Mit der Übersetzung eines der sieben bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU – jenem über das Beschaffungswesen – in Rumantsch grischun lag erstmals ein internationaler Vertrag in der vierten Landessprache vor.

Die Regierung des Kantons Graubünden hatte bereits bei mehreren Gelegenheiten bekundet, für alle kantonsumfassenden Fragen auf die «Retortensprache» Rumantsch grischun setzen zu wollen. Das 1997 revidierte Schulgesetz des Kantons Graubünden, verpflichtet die Grundschulenin deutschsprachigen Gemeinden, ab der 4. Klasse als Zweitsprache Italienisch oder Romanisch einzuführen. Neu beschloss der Regierungsrat, neben den fünf regionalen Idiomen auch Rumantsch grischun zuzulassen. Inskünftig werden auch das Bündner Rechtsbuch sowie alle kantonalen Abstimmungsunterlagen in Rumantsch grischun und nicht mehr wie bisher in Ladin und Sursilvan publiziert.

Die Bündner Regierung beschloss, «Rumantsch Grischun» als Amtssprache weiter zu stärken. Ab 2001 sollen Abstimmungsunterlagen nur noch in der Einheitssprache erscheinen. Auch die laufende Nachführung des romanischen Rechtsbuches soll allein in Rumantsch Grischun erfolgen. Dieses soll die bisher als Amtssprachen verwendeten rätoromanischen Idiome Ladin und Sursilvan ablösen. Der Grosse Rat, in dem sich in den letzten Jahren verschiedentlich vehementer Widerstand gegen die als «Bastard» bezeichnete Integrationssprache manifestiert hatte, stimmte ohne nennenswerte Opposition zu.

Annähernd 65% der Bündner Stimmberechtigten genehmigten den Antrag der Kantonsregierung, die Einheitssprache Rumantsch grischun künftig als Amtssprache für die Abstimmungsbotschaften des Kantons und das rätoromanische Rechtsbuch zu verwenden. Mit Ausnahme der CVP hatten alle grösseren Parteien die Ja-Parole ausgegeben. In den romanisch-sprachigen Gebieten waren die Mehrheiten eindeutig knapper; vier Kreise in der Surselva sprachen sich gegen die Vorlage aus.

Ab 2010 sollen die traditionellen romanischen Idiome aus allen Schulen in Graubünden verschwinden und der Einheitssprache Rumantsch Grischun (RG) Platz machen. Gemäss Beschluss der Bündner Regierung, die im Rahmen eines Sparpakets entschied, ab 2005 Lehrmittel nur noch in der Einheitssprache herzustellen, soll RG im Jahr 2007 in ersten Pioniergemeinden eingeführt werden, drei Jahre später dann flächendeckend im ganzen Kanton. Die bisherigen Idiome werden als gesprochene Unterrichtssprache (und als Sprache der «klassischen» romanischen Literatur) zwar weiterhin ihren Platz in den Schulen haben, doch als zu erlernende Schriftsprachen werden Sursilvan, Sutsilvan, Puter und Vallader dannzumal endgültig der Vergangenheit angehören.

Der Bündner Regierungsrat verabschiedete die Grundsätze zu einer schrittweisen Einführung von Rumantsch Grischun in der Schule ab 2007. Die gemeinsame romanische Schriftsprache soll dazu beitragen, die vierte Landessprache zu erhalten und zu fördern. Dazu kann der Kanton zwar die Lehrmittel vorschreiben, doch die Wahl einer der sechs romanischen Schriftsprachen liegt bei den Gemeinden, von denen sich viele ablehnend äusserten. Die sechs Gemeinden des Münstertals beschlossen, Rumantsch Grischun als Unterrichtssprache in der Volksschule zu benutzen.