Immunität der Nationalräte Schlüer und Waber (2007)

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Nach längerer Zeit hatte sich das Parlament wieder einmal mit Gesuchen um die Aufhebung der Immunität seiner Mitglieder zwecks Eröffnung eines Strafverfahrens auseinander zu setzen. Es ging zum einen um den Zürcher Nationalrat Schlüer (svp) (06.088), der in dem von ihm als Chefredakteur geleiteten Blatt „Schweizerzeit“ eine Person des Denunziantentums bezichtigt hatte und in der Folge von dieser angezeigt worden war. Der Nationalrat beschloss gegen den Widerstand der Ratslinken, auf das Gesuch einzutreten, es abzulehnen und damit die Immunität zu gewähren. Der Ständerat teilte diese Haltung nicht, sondern folgte seiner Rechtskommission, welche der Ansicht war, dass kein enger Zusammenhang zwischen dem nicht namentlich gezeichneten Presseartikel und dem politischen Amt von Schlüer bestehe. Da damit die Grundvoraussetzung für die Gewähr der Immunität nicht gegeben war, beschloss er mit 20 zu 7 Stimmen, nicht auf das Gesuch einzutreten und den Behörden freie Bahn für ein Strafverfahren zu geben. Im September schloss sich der Nationalrat in der Differenzbereinigung auf Antrag seiner Rechtskommission diesem Entscheid an. Praktische Relevanz kommt ihm allerdings keine mehr zu, da Schlüer im Oktober als Nationalrat abgewählt wurde und damit ohnehin kein Immunitätsprivileg mehr geniesst.

In einem zweiten Fall ging es um Nationalrat Waber (edu, BE). Dieser hatte in einem Zeitungsinterview im Zusammenhang mit der von ihm mitgetragenen Volksinitiative für ein Minarettverbot den Islam und seine Vertreter massiv kritisiert und war deshalb von einer Privatperson wegen Verstosses gegen das Antirassismusgesetz angezeigt worden. Der Nationalrat erkannte einen engen Zusammenhang zwischen dem politischen Amt von Waber und dem Interview und trat deshalb auf das Gesuch der Zürcher Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Immunität ein. Auf Antrag seiner Rechtskommission beschloss er dann ohne Gegenstimme, dem Gesuch keine Folge zu geben. Gemäss der Argumentation der Rechtskommission sei die freie Meinungsäusserung des Politikers Waber in diesem Fall höher zu werten als die nicht besonders schwerwiegenden Anschuldigungen.

Wie im Vorjahr der Nationalrat lehnte nun auch der Ständerat das Gesuch um die Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Nationalrat Waber (edu, BE) ab.