Für Aufruhr sorgte im Sommer ein Bundesgerichtsentscheid, der zwei Schülerinnen mazedonischer Herkunft Recht gab und damit das von der Thurgauer Sekundarschule verhängte Kopftuchverbot im Schulunterricht im konkreten Fall als unzulässig erklärte. Kantonale CVP- und SVP-Sektionen reagierten postwendend mit der Einreichung von parlamentarischen Vorstössen oder erwogen gar die Lancierung von Volksbegehren für generelle Kopftuchverbote auf kantonaler Ebene. Zur Frage, ob ein solches Verbot an Schulen mit der Bundesverfassung vereinbar wäre, äusserte sich das Bundesgericht nicht.

Das sankt-gallische Au-Heerbrugg beschloss an einer Urnenabstimmung im Februar mit einer Zweidrittelmehrheit ein Kopftuchverbot im Schulunterricht. Bei der Abstimmungsvorlage handelte es sich um ein von der kantonalen SVP ergriffenes Referendum, das als Reaktion auf die von der Schulbehörde beschlossene Aufhebung eines 2010 vom St. Galler Erziehungsrat empfohlenen Kopftuchverbots zu Stande kam. Die beiden somalischen Mädchen, deren Weigerung zur Ablegung des Kopftuchs den Schulrat zum Umdenken bewogen hatte, gaben bekannt, den Entscheid mit ihrem Anwalt, dem grünen Nationalrat Daniel Vischer (gp, ZH), anfechten zu wollen. Vischer hatte im Vorjahr bereits die beiden thurgauischen Schülerinnen mazedonischer Herkunft erfolgreich vor dem Bundesgericht vertreten.
Im November überwies der sankt-gallische Kantonsrat mit deutlicher Mehrheit eine SVP-Motion, die den Kanton beauftragt, gesetzliche Regelungen für Bekleidungsvorschriften in Schulen zu erlassen. Zwei Wochen zuvor stützte das Verwaltungsgericht in St. Gallen die Beschwerde eines weiteren muslimischen Mädchens aus Sankt Margrethen. Ein Kopftuchverbot wäre zum jetzigen Zeitpunkt unverhältnismässig. Die kopftuchtragende Schülerin sei weder ein Störfaktor in der Schule noch verhindere die Kopfbedeckung die Integration der 13-Jährigen. Im Kanton Thurgau, wo das Bundesgericht im Vorjahr aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen ein von einer Schulgemeinde verhängtes Kopftuchverbot als unzulässig erklärte, scheiterten die Versuche der SVP im Grossen Rat, mittels Motion die rechtliche Basis zu schaffen. Des Weiteren scheiterte im Kanton Aargau eine Motion der CVP-Fraktion, die ebenfalls das Tragen des Kopftuchs im Schulunterricht verbieten wollte, aufgrund fehlender Unterstützung ausserhalb der CVP und SVP.

In der Frage nach dem Kopftuchverbot im Schulunterricht für das muslimische Mädchen aus St. Margrethen (SG) wollte die Schulgemeinde den Entscheid des Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2014 nicht hinnehmen und entschied sich, vor Bundesgericht zu rekurrieren. Die Richter der II. öffentlichen Abteilung lehnten die Beschwerde aber mit vier zu einer Stimme ab. Die von der Schulgemeinde aufgezeigte Argumentation sei nicht überzeugend genug gewesen; in diesem konkreten Fall könne man weder den Religionsfrieden noch die Gleichberechtigung der Geschlechter oder die Schuldisziplin als Grundlage für das Verbot anbringen.
Die sankt-gallische SVP zeigte sich empört über den Richterspruch und verstand das Urteil als einen Rückschlag für die Integrationsbestrebungen in der Volksschule. Das islamische Kopftuch sei als ein Indiz für die fundamentalistische Auslegung der Religion zu betrachten. In diesem Sinne könnten ebendiese Kreise das vorliegende Urteil als einen Freifahrtschein für Forderungen auslegen. Die Föderation islamischer Dachorganisationen Schweiz (FIDS) hingegen zeigte sich äusserst erleichtert über das Urteil und nahm den Entscheid als unterstützende Grundlage für den Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften an. Der Grundtenor war aber im Wesentlichen der Gleiche: Das Bundesgerichtsurteil sei als richtungsweisend zu verstehen, denn es stelle sich nun die Frage, wie noch offene, aber bereits vor dem Entscheid eingereichte Vorstösse – wie beispielsweise in der Nachbargemeinde Au-Heerbrugg – umgesetzt werden sollten.
In der Zwischenzeit hatte sich auch die Walliser SVP des Themas angenommen. Anfangs des Jahres lancierte sie eine Initiative, welche ein Verbot von jeglicher Kopfbedeckung im Schulzimmer forderte, wobei sie aber keinen Hehl daraus machte, dass das Verbot primär auf das Kopftuch ausgerichtet sei. Jean-Luc Addor (VS, svp), Co-Präsident des Initiativkomitees, wies zwar darauf hin, dass das Kopftuch im Wallis noch keine weiträumige Verbreitung gefunden habe, das Credo in dieser Angelegenheit aber laute: Lieber vorbeugen als bekämpfen! Im März 2015 reichte zudem die Walliser CVP beim kantonalen Parlament eine Motion ein mit dem Titel "Kopfbedeckungsverbot an der Schule: für eine pragmatische Lösung". Diese solle insbesondere für die jeweiligen Schulleitungen eine Rechtsgrundlage für das Ergreifen entsprechender Massnahmen – bis hin zum Verbot – schaffen. Die Motion wurde mit 90 zu 18 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen und zur Stellungnahme dem Regierungsrat überwiesen.
Um ein Gegengewicht zur SVP-Initiative zu bilden, formierten sich im April einige muslimische Bürgerinnen und Bürger zur Gruppierung V.I.V.E (pour Valaisan-ne-s contre l'Interdiction du Voile à l'Ecole). Während mehrerer Monate bereitete die Gruppe ein Manifest vor, welches schliesslich am 20. November (Tag der Kinderrechte) im Internet freigeschaltet und all jenen zur Unterschrift freigestellt wurde, welche sich für den Zugang zur Bildung für alle und gegen eine weitläufige Verbreitung der Islamophobie einsetzen wollten.