Im Berichtsjahr wurde auf Bundesebene zweimal das Referendum ergriffen (Strassenverkehrsgesetz und Entkriminalisierung der Militärdienstverweigerung). In der Volksabstimmung setzte sich beim Strassenverkehrsgesetz der Parlamentsbeschluss durch; über die Militärvorlage wird 1991 abgestimmt werden. Die beiden 1989 eingereichten Referenden waren erfolgreich: sowohl die Reorganisation der Bundesrechtspflege als auch der Rebbaubeschluss fanden in der Volksabstimmung keine Mehrheit.

Das um siebzehn Jahre ältere Referendumsrecht erlebte im Berichtsjahr eine neue Blüte. Nach der Herbstsession wurde gegen nicht weniger als neun Vorlagen das Referendum ergriffen (NEAT; IWF-Beitritt (2 Vorlagen); bäuerliches Bodenrecht; Stempelabgaben; Parlamentsreform (3 Vorlagen); ETH-Gesetz). Nur gerade das letzterwähnte kam nicht zustande, alle anderen vermochten die nötigen 50 000 Unterschriften innerhalb von drei Monaten beizubringen, wenn auch im Fall der NEAT nur mit äusserster Mühe. Da zuvor bereits zwei Referenden eingereicht worden waren (Gewässerschutzgesetz und Sexualstrafrecht), betrug die Gesamtzahl der mit dem Referendum bekämpften Vorlagen insgesamt zehn. Damit wurden im Berichtsjahr 18% aller dem fakultativen Referendum unterstellten Parlamentsbeschlüsse vor das Volk gezogen. Diese Quote war deutlich höher als in der Periode 1981-90 (5,4%) und sie übertraf auch den Spitzenwert des Jahrzehnts 1881-90 (10,6%), welches durch die vehemente Opposition der Katholisch-Konservativen gegen die freisinnige Einparteienregierung gekennzeichnet war. Es bestätigte sich die Erfahrung der letzten Jahre, dass das Referendumsrecht nicht mehr vorwiegend das Instrument konservativer, politisch rechter Kreise ist: dasjenige gegen die Stempelsteuergesetzrevision stammte von einer Bundesratspartei (SP), bei drei weiteren wurden die Unterschriften von politisch an sich gegensätzlichen Kreisen gesammelt (NEAT und IWF- resp. Weltbank-Beitritt).

Als 1991 eine Rekordzahl von Referenden lanciert worden war, sprachen einige bereits von einem Beweis für den Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Behörden. Die Abstimmungsresultate zeigten nun, dass die grosse Zahl der Referenden wohl eher damit zu tun hatte, dass im heutigen Kommunikationszeitalter mit Leichtigkeit die erforderlichen Unterschriften gesammelt werden können, als mit einer breiten Opposition gegen die Parlamentsmehrheit. Während im langjährigen Mittel jedes zweite fakultative Referendum zu einer Ablehnung des Parlamentsbeschlusses führt, sank die Erfolgsquote für die Opposition in diesem Jahr auf weniger als einen Viertel. Bei den neun infolge eines fakultativen Referendums zur Abstimmung gelangenden Vorlagen konnten die Gegner nur gerade zweimal – bei der Verbesserung der Entschädigung resp. der Infrastruktur für die Parlamentarier – eine Mehrheit der Stimmbürger hinter sich scharen. Im Berichtsjahr wurden nur noch gegen zwei Parlamentsbeschlüsse (Treibstoffzollerhöhung bzw. Krankenkassen) das Referendum lanciert.

Im Berichtsjahr wurde sechs Referenden gegen Beschlüsse der Bundesversammlung eingereicht (davon zwei gegen Beschlüsse aus dem Jahre 1992). Die Opposition kam dreimal von der linken und ebenfalls dreimal von der rechten Seite des politischen Spektrums. In den drei Fällen, wo die Volksabstimmung noch im gleichen Jahr erfolgte, setzte sich jeweils der Parlamentsbeschluss durch. Das Volk stimmte auch allen sieben Entscheidungen der Bundesversammlung zu, die ihm im Rahmen des obligatorischen Referendums vorgelegt worden sind.

Im Berichtsjahr fanden fünf mit Referenden verlangte Volksabstimmungen über Beschlüsse der Bundesversammlung statt (davon eine zu einem Entscheid aus dem Jahr 1993). Ein Referendum war erfolgreich (UNO-Blauhelme), bei den anderen vier mit Referenden verlangten Abstimmungen (Luftfahrtgesetz, Anti-Rassismusgesetz, Krankenversicherung, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht) folgte das Volk dem Parlament.

1995 fanden vier mit Referenden verlangte Volksabstimmungen statt; drei Referenden (Milchwirtschaftsbeschluss, Solidaritätsbeiträge im Landwirtschaftsgesetz, Lex Friedrich) waren erfolgreich, einmal fand der Parlamentsbeschluss Zustimmung (10. AHV-Revision). Für zwei Referenden wurde zwar die Unterschriftensammlung lanciert, später aber erfolglos abgebrochen (WTO, Revision Arbeitslosengesetz). Bei einem Referendum (gegen Staatssekretäre) waren zwar die Unterschriften bis Jahresende beisammen, sie wurden aber erst im Januar 1996 eingereicht (s. oben, Regierung).

Im Berichtsjahr fanden zwei mit Referenden verlangte Volksabstimmungen statt (Staatssekretäre und Arbeitsgesetz). In beiden Fällen lehnten die Bürgerinnen und Bürger den Beschluss der Bundesversammlung ab, wobei beim Arbeitsgesetz auch der Bundesrat nicht hinter der vom Parlament beschlossenen Lösung stand.

Im Berichtsjahr kam es zu einer mit einem fakultativen Referendum verlangten Volksabstimmung. Die Bürgerinnen und Bürger lehnten den Dringlichen Bundesbeschluss des Parlaments vom Dezember 1996 über Sparmassnahmen bei der Arbeitslosenversicherung ab. Mit einem zustandegekommenen Referendum wurde zudem ein Parlamentsbeschluss des Berichtsjahres bekämpft (Schwerverkehrsabgabe); die Volksabstimmung darüber wird 1998 stattfinden. Die Unterschriftensammlung gegen zwei weitere Beschlüsse blieb hingegen erfolglos (Staatsschutzgesetz, PTT-Reform).

Im Berichtsjahr kam es zu zwei mit einem fakultativen Referendum verlangten Volksabstimmungen (Schwerverkehrsabgabe und Arbeitsgesetz). Die Bürgerinnen und Bürger stimmten beiden Vorlagen zu.