Wahlkampf und Resultate der FDP bei den eidgenössischen Wahlen 2011

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Ambitioniertes Ziel der FDP bei den Nationalratswahlen war ein Wähleranteil von 20%. Dieses sollte mit der Diskussion über sichere Arbeitsplätze, sichere Renten und mehr Freiraum für die Bürgerschaft erreicht werden. Die Freisinnigen wollten dabei insbesondere auf Kosten der Polparteien zulegen, bei denen sie Verluste erwarteten und denen sie vorwarfen, das Erfolgsmodell Schweiz zu gefährden. Die Abgrenzung insbesondere gegenüber der SVP manifestierte sich auch in der fehlenden Bereitschaft der Partei, Listenverbindungen einzugehen: Lediglich im Kanton Waadt kam es zu einer Listenverbindung des Freisinns mit der SVP. Bei den Wahlen 2007 hatte es solche noch in neun Kantonen gegeben. Das offizielle Wahlkampfbudget wurde auf 2,6 Mio. CHF beziffert, wobei die Kandidierenden zusätzlich grosse eigene Beiträge für ihren Wahlkampf einsetzten. Die Wahlkampfleitung wurde Vincenzo Pedrazzini (SZ) übertragen. Ziel war ein schweizweit einheitlicher Wahlkampf. Parteipräsident Fulvio Pelli (TI) versuchte mit zahlreichen Aktionen schon früh den Wahlkampf anzukurbeln.

Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Ähnlich wie die meisten Parteien betonte auch die FDP im Wahljahr die Schweiz als eigenständigen Wert. Der entsprechende Wahlslogan „Aus Liebe zur Schweiz“ war bereits 2010 lanciert worden. Auf ihrer Wahlplattform, die Mitte Februar präsentiert wurde, setzte die FDP auf drei Themenschwerpunkte: Wirtschaft, Sozialversicherungen und Bürokratie. Die Stärkung der KMU, neue Arbeitsplätze, Reformen in der AHV und der IV sowie ein schlankerer Staat und weniger Steuern waren die Hauptforderungen, auf welche die FDP ihren Wahlkampf aufbaute.

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Bereits im September des Vorjahres hatte die FDP die Bürokratie-Initiative lanciert, mit der sie sich im Wahlkampf zusätzliche Aufmerksamkeit erhoffte. Das Begehren fordert einfache und verständliche Gesetze und unbürokratische Verfahren. Die Unterschriftensammlung verlief allerdings recht harzig und das Ziel, die Initiative noch vor den Wahlen einzureichen, wurde deutlich verpasst. Ende des Berichtjahrs lief die Unterschriftensammlung noch.

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Die ausser in den Kantonen Basel-Stadt und Waadt abgeschlossene Fusion der FDP mit den Liberalen brachte bei den Nationalratswahlen nicht die erhoffte Entspannung und das Wahlziel wurde deutlich verpasst. Erneut mussten die Freisinnigen Wählerverluste in Kauf nehmen. Unter Berücksichtigung der summierten Anteile von FDP und LP bei den Wahlen 2007 ging der Wähleranteil des liberalen Lagers um 2,5 Prozentpunkte zurück und liegt neu bei 15,1% (2007 LP: 1,9%; FDP: 15,8%). Damit konnte der seit 30 Jahren anhaltende Rückgang der Wählergunst erneut nicht aufgehalten werden und die FDP schloss abermals mit dem schlechtesten Resultat ihrer Geschichte ab. In praktisch allen Kantonen musste der Freisinn dabei Verluste verkraften. In den Kantonen Wallis, Neuenburg und Genf allerdings profitierte die FDP von der Fusion mit den Liberalen und sie konnte ihren Wähleranteil hier im Vergleich zu 2007 steigern. Auch in den Kantonen Waadt und Basel-Stadt, wo die Fusion für 2012 geplant bzw. kein Thema ist, konnte die FDP leicht zulegen. Allerdings erreichte die einst stärkste Partei der Schweiz nur noch in zwei Nicht-Majorzkantonen mehr als 20% Wähleranteil: In den Kantonen Tessin und Neuenburg blieb die FDP zudem auch stärkste Partei. Die grössten Verluste musste der Freisinn in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden (-20,5 Prozentpunkte), Uri (-13 Prozentpunkte), Bern (- 6,5 Prozentpunkte), Basel-Landschaft (-5,6 Prozentpunkte), Schaffhausen (-14,4 Prozentpunkte) und Graubünden (-7,2 Prozentpunkte) hinnehmen. In der Romandie (20,3%; 2007: 13,8%) weisen die Freisinnig-Liberalen neu eine etwas stärkere Verankerung auf als in der Deutschschweiz (13,1%; 2007: 15,6%) und sie blieben stark in ihrer traditionellen Hochburg Tessin (24,3%; 2007: 27,6%). Die Wählerverluste resultierten letztlich im Verlust eines Nationalratssitzes. Werden allerdings die Sitzverluste der LP mitgezählt, so verlor das liberale Lager insgesamt fünf Sitze. Den vier Sitzgewinnen in Genf und Neuenburg (jeweils dank der Fusion mit der LP) sowie in Zug und Schwyz, wo die FDP ihre vor acht Jahren an die Grünen bzw. an die SVP verlorenen Sitze dank Listenverbindungen mit der CVP bzw. der BDP zurückerobern konnte, standen die Sitzverluste in Bern, Nidwalden, Graubünden, Thurgau und im Tessin gegenüber. Die FDP verfügte damit in der grossen Kammer neu über 30 Mandate.

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Auch bei den Wahlen in den Ständerat musste die FDP Verluste hinnehmen. Mit neu elf Mandaten in der kleinen Kammer musste der Freisinn zwar im Vergleich zu 2007 per Saldo lediglich einen Sitzverlust verkraften. Dies bedeutete aber erstens ein Rekordtief und zweitens gleich viele Sitze wie die SP, die zusammen mit der FDP neu die zweitstärkste Kraft in der kleinen Kammer stellt. Verteidigen konnte der Freisinn seine Ständeratssitze in den Kantonen Zürich (Gutzwiller), Luzern (Theiler), Obwalden (Hess), Glarus (Freitag), Appenzell Ausserrhoden (Altherr), Aargau (Egerszegi) und Neuenburg (Comte). Neu in den Ständerat zogen – den freisinnigen Sitz in ihrem jeweiligen Kanton verteidigend – Karin Keller-Sutter (SG), die trotz einer gegen sie gerichteten Kampagne der Weltwoche einen grossen Erfolg feierte, Joachim Eder (ZG) und – wenn auch nur äusserst knapp mit 763 Stimmen Vorsprung – Fabio Abate (TI). Im Kanton Graubünden konnte zudem der Sitz der nicht mehr angetretenen SVP erobert werden (Martin Schmid). Historische Niederlagen musste die FDP hingegen in den Kantonen Solothurn und Schaffhausen hinnehmen. In beiden Kantonen konnte der Ständeratssitz, den man in Solothurn seit 163 Jahren inne gehabt hatte, nicht gehalten werden. Mit dem Verlust in Schaffhausen war der dortige Freisinn erstmals seit 1848 nicht mehr in Bern vertreten. Keine Chance auf einen Sitzgewinn hatten die Freisinnigen Kandidierenden schliesslich in den Kantonen Bern (weder im Frühjahr für die Ersatzwahl von Bundesrätin Sommaruga noch im Herbst), Schwyz, Freiburg, Basel-Stadt, Thurgau, Waadt, Wallis, Genf und Jura.

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Die Atomkatastrophe in Fukushima wurde in den Medien auch als Menetekel für die Bundesratswahlen herangezogen. Da die FDP sich weniger dezidiert gegen die Atomenergie geäussert habe, sei nicht so sehr der Sitz von BDP-Bundesrätin Widmer-Schlumpf gefährdet, die auf die Unterstützung der Anti-Atomkraft-Parteien zählen könne, sondern einer der beiden FDP-Sitze. Als besonders wacklig wurde der Sitz von Johann Schneider-Ammann betrachtet, da dieser aufgrund seiner Kommunikation in der Frankenkrise stark kritisiert wurde. Bei den Wahlen Mitte Dezember erfolgte denn auch ein Angriff der SVP auf den Sitz von Schneider-Ammann, der jedoch wie zuvor sein Parteikollege in der Exekutive, Didier Burkhalter, im ersten Wahlgang bestätigt wurde. Damit verfügten die Freisinnigen nach wie vor über zwei Bundesratssitze.

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