Mit seiner Motion brachte Ständerat Hans Altherr (fdp, AR) in der Woche nach Annahme des Burkaverbots im Kanton Tessin die Einführung eines Toleranzartikels erneut auf die politische Agenda. In Anlehnung an eine kurz nach Annahme der Minarettinitiative von zwei Rechtsprofessoren geäusserte Idee verlangte Altherr eine Ergänzung des Verfassungsartikels zur Glaubens- und Gewissensfreiheit, welche Religionsgemeinschaften dazu auffordern würde, "ihr Auftreten im öffentlichen Raum auf ein allgemein verträgliches Mass" zu reduzieren. Gemäss den beiden Juristen wäre die Betonung der Religionsfreiheit versehen mit einem Gebot auf Rücksichtnahme zielführender als "diskriminierende und unverhältnismässige" Artikel. Noch vor der Beratung der Motion im Ständerat äusserten freikirchliche Gruppierungen Bedenken, dass der Toleranzartikel das Aufhängen von Kruzifixen in öffentlichen Schulen und Universitäten verbieten könnte. Der Bundesrat zeigte Verständnis für die Motion, erachtete es jedoch als zwingend, dass die Religionsgemeinschaften den Impuls für eine Verfassungsänderung geben würden. Bei diesen Akteuren bestünde im Moment jedoch kein Konsens, weswegen der Bundesrat die Motion ablehnte. In der kleinen Kammer verlangte ein Ordnungsantrag Stöckli (sp, BE) die Rückweisung an die Kommission, um das allgemein formulierte Anliegen unter Beiziehen von Staats- und Kirchenrechtlern zu beraten. Nach vier ablehnenden Voten aus den Reihen der CVP, FDP und GLP unterlag der Ordnungsantrag deutlich, worauf der Motionär sein Anliegen zurückzog. Altherr sah durch die abgelehnte Rückweisung an die Kommission sein Ziel verhindert, eine breite Diskussion zum Thema zu führen, um so einer möglichen Vermummungsverbots-Initiative zuvorzukommen.