Teuerung nur ausgleichen, wenn Teuerung anfällt

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In der Wintersession 2016 behandelte der Ständerat die von Josef Dittli (fdp, UR) im September 2016 eingereichte Motion mit dem Titel „Teuerung nur ausgleichen, wenn Teuerung anfällt". Mit der Motion wurde beanstandet, dass bei Rahmen- und Verpflichtungskrediten nicht die tatsächliche Teuerung abgerechnet wird, sondern Beträge entsprechend den Teuerungsannahmen bezogen werden. Dies führte bei mehrjährigen Finanzbeschlüssen in den letzten Jahren aufgrund der zu hoch geschätzten Teuerung zu Mehrausgaben und ermöglichte eine Verwendung allfälliger teuerungsbedingter Minderausgaben bei Mehrjahreskrediten als taktische Reserven, wodurch Mehrjahreskredite gegenüber jährlich aufgeführten Krediten bevorteilt werden. Bereits im Juni 2016 hatte die FDP-Fraktion eine ähnlich lautende Motion mit dem Titel „Teuerung nur ausgleichen, wenn es eine Teuerung gibt" (Mo. 16.3451) eingereicht, die bisher von den beiden Räten noch nicht behandelt wurde. Sie sieht vor, Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen im Umfang der veranschlagten Teuerung so lange zu sperren, bis sich die zugrundeliegende Teuerungsannahme bewahrheitet. Bei der Behandlung der Motion Dittli verwies der Bundesrat auf seine Antwort zur Motion der FDP-Fraktion, in der er argumentiert hatte, dass die Teuerungsproblematik bei mehrjährigen Finanzbeschlüssen entschärft werde, indem die schwach gebundenen Ausgaben in verschiedenen Programmen (KOP 12/13, KAP 2014, Voranschlag 2016, Stabilisierungsprogramm 2017-2019) gegenüber früheren Planungen gekürzt wurden. Zudem treffe der Bundesrat verschiedene Massnahmen zur Verbesserung der Überprüfung der Teuerung und der diesbezüglichen Berichterstattung. Eine konkrete Abrechnung der Teuerung sei aber zum Beispiel bei den Verpflichtungskrediten kaum möglich, da diese aufgrund von Werkverträgen abgerechnet werden. Grundsätzlich bestehe zudem die Gefahr, dass in Zukunft die Forderung nach einem automatischen, laufenden Ausgleich der Teuerung laut werde, wodurch Regierung und Parlament bezüglich des Budgets weiter an Freiheit verlieren würden. Entsprechend beantragte Bundesrat Maurer, „bei einem zwar unvollkommenen, aber praktikablen System zu bleiben." Der Ständerat folgte diesem Antrag jedoch nicht und nahm die Motion mit 27 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung an. In der Frühjahrssession 2017 wird sich der Nationalrat mit dieser Problematik befassen.

In der Behandlung der Motion DittliTeuerung nur ausgleichen, wenn Teuerung anfällt" durch den Nationalrat in der Sondersession 2017 bezweifelte Albert Vitali (fdp, LU) im Namen der Kommission die Lösungsbereitschaft des Bundesrates, da dieser die in seinem Bericht vom Mai 2016 vorgeschlagenen Massnahmen bisher nicht in Angriff genommen habe. Für die Minderheit der Kommission verteidigte Philipp Hadorn (sp, SO) die Anstrengungen des Bundesrates. Mit den Kürzungen der schwach gebundenen Ausgaben in Voranschlägen und dem Stabilisierungsprogramm, der Teuerungskorrektur im Voranschlag 2018 und dem Finanzplan 2019-2021, der angekündigte Prüfung von Korrekturen bei zu hoher Differenz zwischen angenommener und effektiver Teuerung sowie der Verbesserung der Berichterstattung seien zahlreiche Massnahmen ergriffen worden. Zudem hätten vom Teuerungsausgleich in der Vergangenheit vor allem die Bildung und die Landwirtschaft profitiert, wogegen die Parlamentsmehrheit kaum etwas einzuwenden hätte. Überdies seien gerade von langjährigen Finanzbeschlüssen vielfach Löhne betroffen, die das Parlament kaum senken wolle.
Bundesrat Maurer erinnerte den Nationalrat zudem daran, dass es das Parlament war, das in den letzten Jahren auf die vom Bundesrat vorgeschlagenen Kürzungen zur Korrektur der Teuerung insbesondere in den Bereichen Bildung, Landwirtschaft und Armee verzichtet hatte. Entsprechend erachtete er es als sinnvoller, dem Bundesrat und dem Parlament die Handlungsfreiheit zu bewahren und die Korrektur des Teuerungsausgleichs von Fall zu Fall zu beurteilen. Dennoch sprachen sich 133 Nationalrätinnen und Nationalräte für die Motion Dittli aus, 55 waren dagegen (keine Enthaltungen). Befürwortet wurde die Änderung geschlossen von der SVP-, BDP-, GLP- sowie mehrheitlich von der FDP- und CVP/EVP-Fraktion, abgelehnt wurde sie geschlossen von der SP- und Grünen-Fraktion. Aufgrund des Erfolgs der Motion Dittli entschied sich die FDP-Fraktion zudem dazu, ihre Motion „Teuerung nur ausgleichen, wenn es eine Teuerung gibt" (Mo. 16.3451), die ein sehr ähnliches Anliegen verfolgte, zurückzuziehen.

In seinem Bericht zu den Motionen und Postulaten des Jahres 2019 erläuterte der Bundesrat im März 2020 seine Umsetzung der Motion Dittli (fdp, UR) «Teuerung nur ausgleichen, wenn Teuerung anfällt»: Er habe ein Konzept entwickelt, mit dem in Voranschlag und Finanzplan jährlich sämtliche schwach gebundenen Ausgaben systematisch an die Teuerung angepasst werden. Dabei werden die Ausgaben bei tieferer Teuerung gekürzt und bei höherer Teuerung aufgestockt. Dieses neue Konzept hatte bereits bei den Voranschlägen 2019 und 2020 Anwendung gefunden und in beiden Fällen für viel Gesprächsstoff gesorgt. Damit erachtete der Bundesrat die Motion als erfüllt. Dem pflichtete das Parlament in der Herbstsession 2020 bei, als National- und Ständerat die Motion stillschweigend abschrieben.