Änderung der Verordnung über die Prämienregionen für die Krankenversicherung

Als PDF speichern

Im September 2016 schickte das Bundesamt für Gesundheit einen Entwurf für eine Änderung der Verordnung über die Prämienregionen für die obligatorische Krankenpflegeversicherung in die Vernehmlassung. Neu sollen die Prämienregionen nicht mehr auf den Gemeinde-, sondern auf den Bezirksgrenzen beruhen. Somit soll eine kohärentere und ausgewogenere Karte der Prämienregionen entstehen, die per 1. Januar 2018 gültig werden soll. Nebst einer ausgewogeneren Erfassung, die Faktoren wie beispielsweise dem Vorhandensein eines Alters- und Pflegeheims in einer Gemeinde (ein erheblicher Kostentreiber) Rechnung trägt, wurde auch eine formelle Begründung für die Änderung angeführt. Seit 2015 erfasst nämlich das BAG die Versichertendaten nicht mehr nach Gemeinden, sondern nach Bezirken, um die Anonymität der Versicherten zu gewährleisten. Nur eine Handvoll Kantone wird von der Änderung direkt betroffen sein: In Schaffhausen werden die bestehenden zwei Prämienregionen vereint, in Bern, Graubünden, Luzern und St. Gallen werden aus drei noch zwei Regionen. Kostenveränderungen sind jedoch in allen Kantonen möglich. Das Vernehmlassungsverfahren dauert bis Mitte Januar 2017.

Dossier: Prämienregionen in der Krankenversicherung (seit 2003)

Spätestens im Dezember 2016 zeichnete sich ab, dass die vom BAG geplante und sich in der Vernehmlassung befindende Änderung der Verordnung über die Prämienregionen auf Widerstand stossen würde. Die Versicherer kritisierten, die Nivellierung zwischen den städtischen Gebieten, die durch die Revision tendenziell entlastet würden, und den ländlichen Regionen, die mehr bezahlen müssten, verkleinere ohne Grundlage die Prämienunterschiede innerhalb der Kantone und sei ein weiterer Schritt in Richtung kantonaler Einheitsprämien. Insgesamt handelt es sich um eine reine Umverteilung, jedoch drohen gemäss Berechnungen der Krankenkasse CSS in gewissen Gemeinden Aufschläge um bis zu 22%. Bezirke können sehr heterogene Gebilde sein und seien daher die falsche Grundlage für die Einteilung von Prämienregionen, hiess es vonseiten der Santésuisse. Ländliche Regionen mit tiefen Kosten würden die zum selben Bezirk gehörenden Städte, die hohe Kosten haben, quersubventionieren. Auch vonseiten der Gemeinden regte sich Widerstand. Der Entscheid liegt nach der Vernehmlassung nicht beim Gesamtbundesrat, sondern beim EDI-Vorsteher Berset – so steht es im 2016 in Kraft getretenen Krankenversicherungs-Aufsichtsgesetz. Mitte Dezember gingen im Parlament zwei Vorstösse ein (16.494 und 16.4083), um am bisherigen System festzuhalten.

Dossier: Prämienregionen in der Krankenversicherung (seit 2003)

Bei der zwischen September 2016 und Januar 2017 laufenden Vernehmlassung zur Änderung der Verordnung über die Prämienregionen gingen 68 Stellungnahmen ein. Zu Wort meldeten sich unter anderem alle Kantone ausser Basel-Stadt und Jura, die Parteien BDP, CVP, FDP, GLP, SP und SVP, der Gemeinde- (SGV) und der Städteverband (SSV), Wirtschaftsdachverbände, verschiedene Dachverbände von Leistungserbringern und Versicherern sowie Patientenorganisationen, einzelne Gemeinden und Private. Vorbehaltlos stimmte nur eine Minderheit der Vorlage zu, die meisten Vernehmlassungsteilnehmenden, darunter alle Parteien ausser der SP, lehnten die Vorlage ab. Sie kritisierten insbesondere die Einteilung anhand von Bezirken, da diese – anders als die Gemeinden – für die Organisation und Finanzierung der Gesundheitsversorgung nicht relevant seien und nicht in allen Kantonen existierten; Kantone, welche die Verwaltungseinheit «Bezirk» nicht kennen, sollten nicht aufgrund dessen nur über eine Prämienregion verfügen. Zudem sei es nicht fair, ländliche und städtische Gebiete in Prämienregionen zusammenzufassen, wie es durch die Verwendung der Bezirke geschehen würde, da sich diese bezüglich des Versorgungsangebots unterschieden. Umgekehrt begrüsste die GLP diesen Aspekt, da die städtischen Versicherten bisher für die von der Allgemeinheit verursachten Kosten hätten aufkommen müssen. Kritisiert wurde von zahlreichen Teilnehmenden zudem, dass die Orientierung an Bezirken zu einer Kosten- und Prämiennivellierung zwischen den Gemeinden eines Bezirks führe, obwohl das Volk eine Einheitskasse – als Extremform einer solchen Entwicklung – zuletzt 2014 erneut abgelehnt habe. Diese Nivellierung laufe auch der Kostenwahrheit zuwider.
Kritisiert wurden auch weitere Aspekte der Revision: So wurde darauf hingewiesen, dass bei grossen Kostenunterschieden auch in kleinen Kantonen Prämienregionen gerechtfertigt sein können und es durch das Kriterium «Grösse des Versichertenbestandes», dessen Grenzwerte überdies arbiträr festgelegt und nicht begründet worden seien, zu Ungleichbehandlungen zwischen den Kantonen komme. Allgemein wurde schliesslich beanstandet, dass die Revision zu teilweise erheblichen Prämienerhöhungen führen würde, von denen insbesondere die Landbevölkerung betroffen wäre.

Dossier: Prämienregionen in der Krankenversicherung (seit 2003)